THEMA: Weihnachten 2009 - Teil 3 - Löwen in der Bitterpan
14 Mär 2010 08:12 #133284
  • Southerndreams
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  • Southerndreams am 14 Mär 2010 08:12
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Teil 2 findet ihr hier: namibia-forum.ch/for...iel-bei-kij-kij.html

26.12.2009

Wir sind früh auf und packen zusammen, Dikbaardskolk und die Löwin in der Toilette rufen. Und natürlich Bitterpan. Um 6 Uhr fahren wir an Kij Kij vorbei, wie erwartet ist das Liebespaar weg. Na ja nach 3 Tagen ausdauerndem Liebesspiel müssen die drei (ja es sind drei, aber die Löwin Nr. 2 war immer nur am Rande aktiv) ja auch mal wieder etwas fressen. Nur die Schakale tummeln sich wie immer rund um das Wasser.



Nach eineinhalb Stunden sind wir bei Dikbaardskolk angekommen und sehen – Nichts – zumindest keinerlei Aktivitäten der Parkverwaltung, keine Schilder, kein Absperrband, kein Ranger – nichts. Aber mitten in der Picknick Area liegen eine Löwin und ein Jungtier, sie genießen die ersten Sonnenstrahlen. Ob da wirklich noch eine Löwin in der Toilette ist?



Nun wir stellen uns unterhalb der Toilette auf und warten. Nicht lange, denn ein Wagen fährt vor, ja die Löwin soll noch drin sein und sie wurde in den letzten Tagen verschiedentlich gesehen. Beide Türen der eigentlich raubtiersicheren Toiletten stehen offen, obwohl die Schiebetüren eigentlich automatisch zurollen sollten. Nun, wir warten einfach mal weiter.



Eine halbe Stunde lang tut sich nichts, außer einem weiteren Wagen, der mit Karacho um die Ecke biegt und die Löwin und das Jungtier fast überfährt, sie retten sich ins tiefe Gebüsch, genau da, wo meine Lieblings-Mongoose-Familie eigentlich wohnt. Aber so oder so wären wir wohl eher nicht ausgestiegen, um nach ihnen zu schauen. Nach und nach sind wir sicher, dass da in der Toilette nichts mehr sein kann. Das wäre ja mehr als fahrlässig von der Parkverwaltung, nicht einmal ein Schild aufzuhängen oder das ganze Areal abzusperren. Die Zweifel nagen und die Neugier siegt, ich rangiere den Wagen hoch zur Toilette und stelle ihn parallel zum Häuschen und zwänge mich durchs Fenster, um einen Blick in die Toilette zu erhaschen. Die Türe schlägt mit dem Wind hin und her, aber da ist tatsächlich, mir stockt der Atem, eine Löwin in der Herrentoilette. Meine Finger zittern, als ich zwei, drei Bilder schieße, eigentlich unnötig, denn von drin kommt keinerlei Reaktion.



Ich zwänge mich wieder in den Wagen (vom Beifahrersitz geht das dann doch einfacher) und fahre den Wagen wieder den kurzen Hügel hinunter. Wir stellen uns wieder in Position und ich montiere die Digicam mit dem Fensterstativ am Fahrerfenster. Und wir warten weiter. Nach und nach kommen einige Autos, man sieht genau, ob die Insassen etwas wissen oder nicht. Ein Geländewagen fährt mit Schwung den kleinen Hügel hinauf und ich denke noch, der weiß Bescheid, als ein kleines Mädchen auf dem Rücksitz die Türe öffnet. Ich rufe den Insassen zu, „There’s a Lion in the Toilet“, der Fahrer dreht sich zu mir um und fragt „Can you repeat that?“ Er schaut mich mit großem fragenden Augen an. Ja, in der Männertoilette sind Löwen, auf der Frauenseite konnte ich nicht hineinschauen.



Er ist deswegen hochgefahren, weil die Kleine furchtbar dringend muss, ich schicke sie zu einem Aussichtspunkt in der Nähe, da kann sie gefahrlos, weil überschaubar, aussteigen und ihr Geschäftchen erledigen. Nach 10 Minuten ist der Wagen wieder da und wir unterhalten uns, es sind Südafrikaner und auch sie können nicht verstehen, warum die Parkverwaltung die Besucher nicht zumindest warnt. Denn die weiß definitiv Bescheid, die Löwin ist schon mehrere Tage da drin, da liegen wir doch nicht so ganz daneben, wenn wir meinen, das Ganze sei unverantwortlich. Auch wenn wir auf eigene Gefahr aussteigen und auf die Toilette gehen, ein Schild könnte man doch erwarten? Mit unserer deutschen Vorstellung hatten wir einen Massenauflauf, Absperrbänder, Reporter und bewaffnete Ranger erwartet.



Wir rechnen uns aus, wie lange wir maximal bleiben können, denn bis Bitterpan sinds schon noch einige Kilometer, 13 Uhr ist unser Limit. Und wir warten und warten und warten. Ein Wagen nach dem anderen kommt vorbei, es werden wohl so 15 gewesen sein, wir ernten meist ungläubige Blicke und die wenigsten glauben uns, aber keiner steigt aus und schaut nach. Das Löwenjunge steht irgendwann einmal auf und verschwindet in der Toilette, nach 15 Minuten ist es wieder da, wenn die anderen 4 Jungen genauso groß sind, ist es da drin ziemlich eng. Leider passiert sonst nichts mehr und um 11 fahren wir weiter in Richtung Nossob, die Wahrscheinlichkeit, dass die Löwin in der Hitze herauskommt, ist verschwindend klein, es hat über 40°.



In Nossob angekommen, verlange ich nach dem Campmanager, er soll grade rausgefahren sein nach Dikbaardskolk, ja, man wisse von dem Problem, nein, er hat keinen Funk im Wagen (was für ein Zufall). Ich schreibe meinen Kommentar ins Besucherbuch und bin sicher, der Angestellte wird dem Campmanager nichts davon mitteilen. Wir tanken, lassen Luft ab und machen uns auf den Weg nach Bitterpan. Endlich, seit fast zwei Jahren will ich da hin.



Die Strecke führt um das Nossob Camp herum, die Camper winken uns zu und die nächsten 2 Stunden genießen wir einfach die tolle Landschaft. Dank des auf 1 Bar herabgelassenen Reifendrucks brauchen wir nur einmal den 4x4 Antrieb und den ersten Gang auf einer der ersten Dünen hinter Nossob, danach gleiten wir einfach im Auf und Ab des Weges dahin, wir kreuzen die Trasse des Ecotrails und freuen uns jetzt schon auf April, wenn wir den Ecotrail zum zweiten Mal fahren, das erste Mal fuhren wir 2009 von Nossob nach Twee Rivieren, nun wollen wir anders herum fahren. Der Trail wechselt jeden Monat die Richtung, maximal 5 Fahrzeuge dürfen teilnehmen, die Camps sind basic, kein Zaun, ein Buschklo, Wasser muss man selbst mitbringen. Zurück zur Bitterpan. Am Wegesrand stehen Schilder zu zwei Wasserlöchern, Klein Stofpan und Namabies, doch die Windräder sind zerstört und die Plastikwannen leer. Schade….



Kurz vor Bitterpan sehen wir einen White-backed Vulture hoch ein einem Baum, er ist zu weit weg für ein gutes Foto, vielleicht können wir ja morgen dorthin laufen. Denke wir uns so. Bitterpan ist toll gelegen, vier kleine Zelte, alles auf Stelzen, mit Blick auf die Pan, die Wege zwischen den einzelnen Abteilen haben Geländer. In der Mitte eine Gemeinschaftsküche und ein Aufenthaltsraum, davor ein riesiger Feuerplatz. Der Ranger on duty heißt Willem, sein Zelt steht etwas nach hinten versetzt, er hat eine hübsche Vogeltränke angelegt. Wir richten uns ein und treffen die ersten Mitbewohner, Geraldine und Mervyn aus Cape Town sind schon einen Tag länger da, beide sind in den 70ern, aber fit und fröhlich. Das ist das Schöne an Bitterpan, man hat keine eigene Küche, wie in den anderen Wilderness Camps und lernt auch mal die anderen Bewohner kennen. Nach einer schnellen Dusche setzen wir uns zu den beiden, Mervyn erzählt eine weitere haarsträubende Geschichte: Am Vorabend waren noch Freunde da und man war grade dabei das Abendessen zu bereiten, als Willem um Hilfe bat, weil ein angekündigtes Paar vermisst wurde, was schon längst da sein sollte. Warum man von Nossob aus nicht suchen konnte, konnte er nicht erklären. Mervyn und seine Kollegen erklärten sich bereit, mit zwei Autos nach Nossob zu fahren und nachzuschauen. Jeweils zwei Männer in einem Auto, die Frauen blieben mit Willem im Camp. Da es bereits dunkel war, konnten sie einigermaßen gefahrlos fahren, man sieht die Scheinwerfer meilenweit, bei Tageslicht hätte es zur Kollision kommen können, die Strecke ist eine Einbahnstraße und die Dünenkämme muss man mit Schwung nehmen. Bis Nossob war kein liegengebliebener Wagen zu finden, im Camp angekommen, muss erst einmal jemand mit Schlüssel zum Tor gefunden werden, tanken mussten sie auch noch. Das dauert. Doch das verschwundene Paar ist inzwischen aufgetaucht, die 4x4 Neulinge sind mit vollem Luftdruck auf den Reifen gleich stecken geblieben und umgedreht, weil sie sich den Rest des Weges nicht zutrauten. Sie kampieren in Nossob, haben sich da wohl auch gemeldet, die Nachricht ist aber nicht nach Bitterpan gelangt. In tiefer Nacht fährt Mervyn mit seinen Kollegen wieder zurück nach Bitterpan, sie sind etwas empört über die mangelnde Kommunikation im Park und dazu mussten sie den Sprit auch noch voll bezahlen. Derweil im Camp ängstigen sich die Frauen nach mehreren Stunden, Willem erreicht niemanden per Funk doch nach Mitternacht treffen die Männer wohlbehalten ein und am nächsten Tag entschuldigt sich sogar der Campmanager von Nossob per Funk.

Zwei weitere Gäste treffen ein, Tony und Ursula. Tony ist noch völlig aufgelöst, obwohl es Stunden her ist, er war in Dikbaarskolk auf der Toilette, gegen 14 Uhr, kein Schild, kein Campmanager und ahnungslos ging er zur Toilette, öffnete die Tür und sah - die Löwin mit den Jungen. Ein Tourism Manager aus dem Twee Rivieren Camp traf nach ihnen ein und versuchte vergeblich, die Löwin zu vertreiben. TIA. This is Africa......



Wir erzählen unsere Löwengeschichten, passend dazu erscheint das hauseigene Löwenrudel auf der Bildfläche, marschiert am Camp vorbei zum Wasserloch und hinab in die Pan, hier sind schon zwei Schakale unterwegs, eine Oryxherde will ans Wasser, doch sie trauen sich nicht, die 3 Löwinnen sind zu nahe. Wir grillen gemeinsam außerhalb des Geländers, ab und an werfen uns die Löwinnen einen gelangweilten Blick zu, es wird dunkel und zum Essen verziehen wir uns nach drinnen, begleitet von einem phantastischen Sonnenuntergang, der Himmel brennt in Knallrot.



Die Löwen verständigen sich untereinander mit dem typischen Brüllen, vor uns die Löwinnen in der Pan, hinter uns wohl der Pascha in den Dünen, die Schakale geben ihren Kommentar ab und gegen 20 Uhr vervollständigen die Hyänen noch das Kalahari-Konzert. Ein ereignisreicher Tag geht zuende und nicht ohne Willem Bescheid gegeben zu haben, er solle uns alle wecken, wenn etwas los ist, gehen wir ins Bett, alle Fenster weit geöffnet, das Stativ mit Kamera steht bereit auf dem Balkon. Ab und an ertönt noch das Löwengebrüll in der Ferne, während wir sanft entschlummern.

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