Wir haben den nördlichen Teil des Chobe National Parks in Botswana über das Ngoma Gate verlassen. Bis zur Savute Region dem südlichen Teil des Parks verlaufen die nächsten achtzig Kilometer außerhalb in der Chobe Forest Reserve. In dem riesigen Gebiet liegen vier kleine Dörfer, Muchenje, Mabele, Kavimba und Kachikau. Es ist bereits später Nachmittag bis in die Savute Region schaffen wir es zeitlich nicht mehr, deshalb müssen wir irgendwo im Busch campen.
In einem Dorf wollen wir nicht bleiben, weil Samstag ist und das wöchentliche Besäufnis stattfindet. Ggf. sind Missverständnisse mit Betrunkenen nicht auszuschließen. Ungefähr drei Kilometer außerhalb des kleinen Dorfes fahren wir einige hundert Meter von der Piste weg durch lockeres Buschland bis zum Rand des Schwemmlandes. Dieses Gebiet ist tausende von Quadratkilometern groß, weitgehend unbewohnt und erstreckt sich bis tief bis nach Namibia hinein. In der Nähe eines großen Busches halten wir.
Das aufklappen der Dachzelte dauert nur wenige Minuten. Da es schon relativ spät ist bleibt die Küche kalt. Oben im Zelteingang zu sitzen und in die Unendlichkeit zu schauen, sind besondere Momente. In knapp fünf Minuten ist die Sonne untergegangen.
Die Dämmerungsphase ist kurz.
Auf namibischem Gebiet sehen wir eine mehrere Kilometer breite Feuerfront. Am Ende der Trockenheit wird das hohe Gras und Ried abgebrannt.
Bereits um 21:00 Uhr schlafen wir tief und fest.
Gegen zwei Uhr werde ich wach. Die über den Dachzelten liegende Regenschutzplane schlägt gegen die Zeltwand. Nichts ungewöhnliches, wenn der Wind sie bewegt. Also nachschauen was da los ist. Der Mond ist verschwunden. Über der Marsch hängen Nebelschwaden und darin bewegen sich schemenhaft, wie Wesen aus einer anderen Welt, unzählige Elefanten. Breit gefächert, fast lautlos. Nur ein leises schlurfen im Gras ist zu hören.
Es ist völlig windstill. Was bewegt die Regenschutzplane? Mehrmaliges wütendes Trompeten und schlagen mit dem Rüssel in den Busch ist Antwort genug. Und hinten? Die gleiche Situation. Um den Busch herum sind drei oder vier Elefanten die wütend sind, weil unser Auto auf der einen Seite den Zugang zum einem Busch versperrt. Mit den Rüsseln betasten zwei Elefanten die Dachzelte. Der ca. drei Meter hohe Busch muß sehr schmackhaft sein. Ganze Äste werden abgerissen. Das zermahlen ist ganz deutlich zu hören. Vorn und hinten stehen sich zwei Elefanten gegenüber.
Der Abstand zwischen unserem Fahrzeug und dem Busch beträgt etwa zwei Meter. Einer der Elefanten könnte an die schmackhaften Blätter gelangen. Problem scheint zu sein, dass sich keiner traut oder keiner dem anderen den Zugang ermöglichen will.
Im Auto ist ein Wassertank mit einem Außenhahn. Elefanten tun alles um an Wasser zu gelangen, doch hier dürfte das kein Risiko sein weil es Wasser im Überfluss gibt.
Sehr vorsichtig versuche ich Olaf zu wecken. Lärm würde die Elefanten nur noch wütender machen. Vergeblich, Olaf schläft fest und tief – vielleicht auch besser so.
Was kann ich tun?
Da ich mich in besonderen Gebieten voll bekleidet schlafen lege, die Schuhe habe ich zwischenzeitlich, angezogen, könnte ich die Leiter herunter und in die Marsch laufen. Wie werden die Elefanten reagieren die direkt am Auto sind?
Wie werden die durch die Marsch ziehenden Elefanten reagieren, wenn ich zwischen ihnen durchlaufe? Das kann nicht gut gehen, besonders im Hinblick auf Olaf, da zu befürchten ist die Elefanten werden das Auto demolieren/attackieren. Auch der schwere Geländewagen ist für Elefanten nur eine Sardinenbüchse.
Es gibt nur eine Möglichkeit, still sitzen bleiben und abwarten. Irgendwann geht jeder Spuk zu Ende.
Zum ersten Mal spüre ich, ich bin völlig hilflos, den Ereignissen ausgeliefert. Ich kann nichts, aber auch gar nichts tun. Das ist der Nährboden für Furcht und Todesangst.
Manchmal hilft nur beten.
Im Nachhinein denke ich, es war die Ohnmacht nichts tun zu können. Die Situation nicht mehr zu beherrschen – beeinflussen zu können, nach dem Motto: Du hast keine Chance darum nutze sie.
Sigi