THEMA: Mit Öffis durch Ostafrika u. Ost-Kongo
24 Mär 2017 19:19 #468872
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Teil 3

Von Ruanda nach Malawi


Nachdem wir den Kongo hinter uns gelassen haben, zieht es uns langsam aber sicher Richtung Malawi. Wir planen von Gisenyi über Kibuye nach Kigali zu fahren und von dort weiter Richtung Kigoma in Tansania. Kigoma besitzt einen Bahnhof und ist Endhaltestelle der Tanganjikabahn, die Kigoma mit Daressalam verbindet. Die Tanganjikabahn wurde 1904 von der Kolonie Deutsch-Ostafrika erbaut. Die Strecke ist insgesamt 1250 km lang.

Mit diesem Zug wollen wir von Kigoma bis Dodoma, der Hauptstadt Tansanias, fahren und von dort überland weiter Richtung Malawi bzw. Malawisee. Offen ist noch die Frage, wie von Kigali nach Kigoma kommen. Es gibt keine direkte Busverbindung und die Straße auf tansanischer Seite führt durch eine dünnbesiedelte und ziemlich unwegsame Gegend. Aber zuerst relaxen wir noch ein paar Tage am Kivusee.



Zwei oder dreimal pro Woche fährt morgens um 7 Uhr ein Schiff(chen) von Gisenyi nach Kibuye. Alternativ kann man auch den Bus nehmen, der täglich auf einer Erdstraße die Strecke in ca. 6 Stunden zurücklegt. Im Jahre 2013 fuhren wir mit diesem Bus durch eine der schönsten Landschaften Ruandas. Die Straße ist auch Teil des Congo Nile Trails, einer 227 km langen Trekkingstrecke.

Diesmal jedoch nehmen wir das Schiff. Die Abfahrtsstelle liegt etwas außerhalb des Zentrums, sodass wir ein Taxi brauchen um dort hinzukommen. Als wir gegen 6 Uhr 30 über einen wackligen Steg an Bord klettern, sind schon alle Sitzplätze von mit orangenen Rettungswesten bekleideten Ruandern belegt. Das Schiff ist nicht besonders groß und es herrscht ein ordentliches Gedränge. Während ich so herumstehe und überlege, wo wir es uns halbwegs bequem machen könnten, spricht mich ein Schiffsangestellter an. Er sagt, es gäbe einen VIP-Raum im hinteren Teil des Bootes. Weil die Passage im VIP-Raum 4000 RWF statt der 2500 RWF Normalpreis kostet, sind dort noch freie Plätze. Der Aufpreis lohnt sich, man sitzt in bequemen Clubsesseln in einem Extraraum.


Lake-Kivu Ferry


Lake-Kivu Ferry


Nyiragongo

Als wir die Bucht von Gisenyi verlassen, zeigt sich der Nyiragongo ein letztes Mal im Morgendunst. Eine dünne Rauchfahne steigt aus seinem Krater, dunkle Wolken sammeln sich um seinen Gipfel. Falls heute wieder eine Gruppe hochsteigt, müssen sie mit einem ordentlichen Unwetter rechnen. Glücklicherweise bleiben die dunklen Wolken im Kongo, sodass wir die warmen Strahlen der ruandischen Morgensonne genießen können.

Wir sitzen also in unseren VIP-Clubsesseln während das Schiff, nie allzu weit vom ruandischen Ufer entfernt, gemächlich Richtung Süden tuckert. Das kongolesische Ufer auf der anderen Seeseite versteckt sich derweilen im Dunst. Tiefeingeschnittenen Buchten, grüne Inseln und kleinen Siedlungen ziehen vorbei. Einmal legen wir kurz an, um Passagiere ein- bzw. aussteigen zu lassen.

Vielerorts sind die ruandischen Fischerboote mit ihren ewig langen Holzstangen unterwegs. Diese Holzstangen bewegen sich beim Fischen langsam auf und ab, erinnern dadurch an die Antennen riesiger Langusten.


Fischerboote auf dem Kivu-See


Fischerboote auf dem Kivu-See


Fischerboote auf dem Kivu-See


Fischerboote auf dem Kivu-See


Fischerboote auf dem Kivu-See


Kivu-See






Ankunft in Kibuye


Ankunft in Kibuye

In Kibuye verlassen wir das Schiff. Zwei Motorradtaxis bringen uns zum Home St. Jean. Das Home liegt etwas außerhalb auf einem Hügel und man hat von dort einen wunderbaren Blick auf den Kivusee. Wir haben vor drei Jahren schon einmal hier gewohnt. Leider haben die Preise deutlich angezogen, teilweise verdoppelt. Ein DZ kostet jetzt knapp 50 USD. Das ist reichlich für die kleinen, spartanisch eingerichteten Zimmer und vielleicht sind deshalb kaum Gäste da. Aber was soll‘s, man kommt wegen der Lage her, der Landschaft, dem Panorama. Und das Panorama ist immer noch grandios.

Nachdem wir uns eingerichtet haben, gehen wir erst mal ins Town-Center. Das ist zu Fuß in ca. 10 Minuten zu erreichen. Kibuye-Town besteht mehr oder weniger aus einem Straßenzug, in dem sich einige Geschäfte, Restaurants, eine Tankstelle und mehrere Banken befinden. Auch die Busse Richtung Kigali fahren direkt im Town-Center ab.

Da wir seit unserer Abfahrt in Gisenyi nichts mehr gegessen haben, suchen wir ein Restaurant auf. Die Restaurants haben in der Regel eine Art Büfett aufgebaut. In Metallbehältern, die von unten beheizt werden, befinden sich verschiedene Speisen. Man bekommt einen Teller in die Hand gedrückt, auf den man sich schöpft, was der Teller fassen kann.

Meistens gibt es Reis, Nudeln, Süßkartoffeln, gekochte Bananen, Bohnen, gekochten Mais, Kasawa, ein grünes, bitteres spinatähnliches, Gemüse und im letzten Topf das Fleisch. Ohne Fleisch kostet so ein Teller 1000 RWF, also etwa 1 Euro. Will man Fleisch, kostet jedes Fleischstück 300 Centimes extra. Das Fleisch kann man sich allerdings meistens sparen, da es meistens zäh wie Hosenleder ist. Man braucht wirklich viel Kaukraft um das zu essen. Entweder sind ruandische Rinder von Natur zäh, oder sie werden erst geschlachtet, wenn sie längst im Rentenalter sind.


Lake Kivu vom Home Saint Jean


Lake Kivu – Die Bucht von Kibuye

Wir bleiben drei Tage in Kibuye. Wir lümmeln ein wenig am Beach herum oder spazieren durch die Gegend. Der schmale Strand gibt, außer um mal ein kaltes Bier in Wassernähe zu trinken, nicht allzu viel her. Sonntags verwandelt er sich in eine Freiluftdisco mit überlauter Musikbeschallung und betrunkenen Ruandern.

Wir werden mehrmals angesprochen. Am Beach, auf der Straße, man will uns Bootsfahrten zu nahegelegenen Inseln verkaufen. Den Beschreibungen nach, gibt es drei Inseln, die man unbedingt besuchen sollte: Bat Island, Monkey Island und Peace Island.

Wir verabreden für den nächsten Tag eine Inseltour. In einem geräumigen Holzboot mit Außenbordmotor fahren uns zwei Guides zu den nahegelegenen Inseln.

Auf Bat-Island leben große Flughund Kolonien. Tagsüber hängen sie in den Ästen der Bäume. Die Guides klatschen laut in die Hände, worauf sie sich in kreischenden Schwärmen aus den Bäumen erheben. Es ist ein interessantes Schauspiel, wenn hunderte oder sogar tausende Flughunde über der Insel kreisen, aber ich frage mich, in wie weit wir den Tierchen durch unseren Besuch nicht schaden.

Auf Monkey Island gibt es tatsächlich nur einen einzigen einsamen Affen, der sich vermutlich zu Tode langweilt. Als wir anlegen, stürmt er auf unser Boot, stibitzt eine Banane und verschwindet wieder.

Peace-Island, das wir zuletzt besuchen, ist eine hübsche Insel mit Sandstrand und knorrigen Bäumen. Hier soll man Frieden finden können, leider haben wir nicht mehr genug Zeit dazu, denn die Bootstour geht dem Ende zu und wir müssen zurück.


Auf Bat-Island


Auf Bat-Island

Nach drei Tagen Fun and Sun in Kibuye wird es ernst. Wir müssen aufbrechen. Vor uns liegt eine ziemlich lange Strecke bis Malawi und wir können noch nicht abschätzen wieviel Zeit uns das kosten wird. Wir kaufen also ein Busticket und fahren nach Kigali. Dort mieten wir uns im Isimbi-Hotel ein. Das liegt sehr zentral und ist auch sonst ok. DZ 40 USD.

Später am Busbahnhof. Ich möchte herausfinden, was es für Verbindungen Richtung Tansania gibt. Wir fragen in mehreren Büros und sprechen mit den Ticket-Vermittlern, die man immer auf Busbahnhöfen antrifft. Alle sagen das Gleiche, es gibt nur einen Direktbus nach Daressalam, aber nichts nach Kigoma. Bleibt also nichts anderes übrig, als einen Bus zur Grenze zu nehmen und dort nach weiteren Transportmöglichkeiten zu suchen.

Am nächsten Morgen lassen wir uns von zwei Motorradtaxis vom Hotel zum Busbahnhof bringen. Mit dem Gepäck und je zwei Personen sind die Motorräder gut beladen. Die Strecke ist abschnittsweise ziemlich abschüssig. Mein Fahrer nimmt das sportlich und ich habe manchmal Mühe, mich auf dem Sitz zu halten. Plötzlich schießt ein PKW mit hoher Geschwindigkeit aus einer Seitenstraße, kreuzt unsere Fahrbahn und verfehlt uns nur um wenige Zentimeter. Einen Moment glaube ich, mein letztes Stündchen habe geschlagen. Selbst mein sportlicher Fahrer wird blass und das will bei einem Afrikaner einiges heißen.

Am Busbahnhof angekommen finden wir schnell den Bus zur Grenze. Wir müssen noch eine halbe Stunde warten, während sich das Fahrzeug mit Menschen und Gepäck füllt. Während wir sitzen und warten, klopfen ständig Bettler gegen die Scheiben, zeigen verstümmelte Gliedmaßen, in schmutzige Tücher gewickelte Babys, oder strecken die Hand ins Innere. Wir verteilen unser letztes ruandisches Kleingeld und ich bin froh, als es gegen 8 Uhr endlich losgeht.
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28 Mär 2017 20:18 #469354
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Kigali – Kigoma

Die Straßen Kigalis sind um diese morgendliche Zeit vollgestopft mit Fahrzeugen aller Größen, PKWs, LKWs, Busse und jede Menge Motorräder. Dazwischen strömen Fußgänger, Frauen mit Körben auf dem Kopf und Babys im Wickeltuch. Unser Bus, eigentlich mehr ein Kleinbus, kommt nur langsam voran, immer wieder sind die Straßen verstopft, heißt es warten.

Kigali habe ich als recht angenehme Stadt erlebt. Die Stadt ist flächenmäßig sehr groß, zieht sich über zahllose Hügel hin. Zumindest die Viertel der Stadt, die wir besucht haben, wirken sauber und ordentlich, fast europäisch. Es fehlen Gestank und Chaos anderer afrikanischer Großstädte. Im Zentrum werden Bankhäuser und riesige Einkaufszentren aus dem Boden gestampft. Irgendwo las ich einmal, Kigali träume davon „zum Singapur Afrikas aufzusteigen“.


Bus zur Grenze

Bis zur Grenze nach Tansania (Rusumo) liegen 160 km, oder ca. drei Stunden Fahrt vor uns. Die Straße ist ordentlich, trotzdem zieht sich die Fahrt über fünf Stunden hin. Das liegt an den häufigen Stopps. In jedem Kaff fahren wir einen Busbahnhof an. Das kostet Zeit. Je weiter wir uns von Kigali entfernen, umso einfacher und ärmlicher werden die Häuser. Auch der Verkehr nimmt ab.

Da wir keine Zeit zum Frühstück hatten, kaufen wir ein paar Samosas. Verhungern ist in afrikanischen Bussen so gut wie unmöglich, sobald sie irgendwo anhalten, stehen Händler bereit, die was zu futtern verkaufen.

Grenze. Gegen 13 Uhr sind wir endlich am ruandisch/tansanischen Grenzübergang bei den Rusumo Falls. Die Grenzanlage ist neu und wirkt, da es kaum Grenzverkehr gibt, überdimensioniert. Vielleicht hat man hier für die Zukunft geplant. Von der ruandischen Grenzstation zur tansanischen Grenzstation muss man ca. 2 km zurücklegen. Man hat unterwegs die Chance, den beeindruckenden Rusumu Wasserfall zu sehen.


Rusumo Falls


Rusumo Falls

Kaum steigen wir aus dem Bus, werden wir sofort von Geldwechslern und Motorradfahrern umringt. Ruandisches Geld haben wir praktisch keines mehr, die letzten Ruanda-Francs und 20 USD tausche ich in Tansanische Shilling. Mir ist schon klar, dass der Kurs nicht der Beste ist, aber ganz ohne tansanisches Geld möchte ich auch nicht bleiben.

Dann fahren wir mit den Motorradboys über die Brücke zur tansanischen Grenzstation. Auch hier ist alles neu und weitläufig gebaut. Auch hier gibt es aber kaum Grenzgänger. Die Gebäude und Hallen sind menschenleer, hinter den Schaltern sitzen gelangweilt gähnende Beamte. Nachdem ich den üblichen Papierkram ausgefüllt und 50 USD bezahlt habe, bekomme ich den Einreisestempel in meinen Pass. In einem anderen Raum, auch hier sitzt ein ganzer Trupp Uniformierter gelangweilt um einen Tisch, wird unser Gepäck oberflächlich gecheckt und wir dürfen weiterreisen.

Als wir aus dem Gebäude treten, regnet es in Strömen. Es sieht nicht so aus, als ob der Wolkenbruch bald nachlassen würde. Soweit ich es durch die Regenschleier erkennen kann, gibt es nirgendwo einen Bus, Daladala, Matatu oder sonst etwas, was nach öffentlichem Transport aussieht. Während wir leicht fröstelnd unter dem Vordach des Zollgebäudes stehen, spricht mich ein Mann an. Er habe ein Sammeltaxi und wenn wir wollen, könne er uns bis Nyakasanza mitnehmen. Das ist der nächste Ort und von dort gäbe es wahrscheinlich einen Bus. Natürlich wollen wir. Mit ein paar weiteren Fahrgästen quetschen wir uns in das Taxi.

Die Fahrt nach Nyakasanza dauert nicht sehr lange. Dort angekommen, setzt er uns auf einem ziemlich verlassen wirkenden Areal ab. Ein paar einfache Schuppen stehen um einen ungeteerten Platz herum. Bis auf einen sind sie geschlossen. Das sei der Busbahnhof meint der Taxifahrer. Allerdings sehe ich nirgendwo einen Bus und auch sonst gibt es wenig, was Hoffnung macht, dass bald ein Bus kommen könnte.

Wir fragen die einzigen zwei Menschen, die sich auf dem Platz finden lassen nach Bus, aber sie zucken nur mit den Schultern und sagen unbestimmte Dinge, wie „Ja ein Bus wird kommen“ oder „Setzt euch und wartet bis ein Bus kommt“ usw.

Tatsächlich bringen sie aus einem der Schuppen zwei wacklige Plastikstühle hervor, auf die wir uns setzen sollen. Meine Frau setzt sich, ich beschließe mal zur Straße zulaufen und zu schauen, ob sich etwas ergibt. Vor dem Busbahnhof lungern ein paar Leute um einen PKW herum. Ich frage sie nach Bus, Taxi, Daladala, doch sie schütteln nur den Kopf. Ich gehe wieder zurück und setze mich auf den anderen Plastikstuhl, der unter meinem Gewicht beinahe in sich zusammenbricht.

Wir sitzen eine Weile, nichts passiert. Nach einer weiteren Weile, in der auch nichts passiert, ruft plötzlich einer der herumlungernden Männer: „Kommt schnell es gibt ein Auto nach Nyakanazi“. Keine Ahnung wo das ist, aber besser weiterfahren, als in Nyakasanza verkümmern. Wir springen auf, mein Stuhl bricht endgültig in sich zusammen, schnappen unsere Rucksäcke und eilen zur Straße. Dort steht ein verstaubtes und verbeultes Sammeltaxi. Wir quetschen uns zu acht weiteren Personen in den PKW. Unterwegs werden weitere Fahrgäste aufgenommen. Die Fahrt dauert so ein oder zwei Stunden. Plötzlich, ohne dass ein Grund erkennbar wäre, hält das Taxi an einer staubigen Kreuzung und alle Fahrgäste steigen aus, packen ihre Bündel und verschwinden in unterschiedliche Richtungen.

Ich frage den Fahrer, ob wir schon in Nyakanazi seien. Immerhin sieht man in der Ferne ein paar Hütten. Der schüttelt den Kopf und deutet in eine etwas unbestimmte Richtung. Dort drüben gäbe es einen „Bus-Stop“, wo wir auf einen Bus warten könnten.

Die Stelle auf die er zeigt, ist ein paar hundert Meter entfernt. Mit dem Gepäck auf dem Rücken laufen wir die staubige Straße entlang zum Bus-Stop.. Außer, dass ein paar Leute herumstehen, deutet nichts darauf hin, dass hier Busse abfahren würden. Wir stellen uns zu den Leuten dazu und stehen auch eine Weile herum. Meine Frau versucht von den Wartenden Infos über Transportmöglichkeiten zu bekommen, aber auch hier ist keine eindeutige Information zu bekommen. Zudem ist die Verständigung schwer, Englisch spricht kaum jemand, Swahili klappt auch nicht so recht und örtlich Dialekte spricht keiner von uns.


Sammeltaxi in Nyakanazi

Plötzlich taucht ein Fahrzeug auf. Wir, und ein paar andere Fahrgäste sprinten hinter dem bremsenden PKW her. Wenn viele Leute auf eine Fahrgelegenheit warten, ist es nicht immer einfach einen Platz zu ergattern. Wir quetschen uns auf die Rückbank und fragen erst dann den Fahrer, wohin er fährt. Wir haben Glück, er fährt tatsächlich nach Nyakanazi.

Inzwischen habe ich Nyakanazi auf meinem Handy per GPS gefunden. Das Städtchen liegt an der Verbindungsstraße Mwanza – Kigoma. Von dort aus müsste es deutlich bessere Transportmöglichkeiten geben. Da es inzwischen schon später Nachmittag ist, rechne ich damit, dass wir eventuell in Nyakanazi übernachten müssen. Nach Nyakanazi beginnt eine 300 km lange Staubstraße durch dünn besiedeltes Land. Wir wurden schon mehrfach gewarnt, diese Strecke bei Dunkelheit zu fahren.

Als wir in Nyakanazi ankommen, ist aus dem späten Nachmittag bereits früher Abend geworden. Ich schwanke zwischen Hotel suchen oder weiterfahren, als, eine dicke Staubfahne hinter sich herziehend, ein etwas größerer Bus heranrauscht. Er stoppt direkt neben uns. Der Beifahrer springt auf uns zu ruft „Kibondo, Kibondo“.

Kibondo liegt knappe 100 km Richtung Kigoma. Das könnten wir noch schaffen. Wir fragen den Busfahrer, wie es in Kibondo so mit Übernachtungsmöglichkeiten aussieht und ob man leicht nach Kigoma weiterkommt. Alles „no problem“ sagt der Fahrer und drückt mir zwei Bustickets in die Hand. Der Bus ist halb leer, was in diesem Teil Afrikas eher ungewöhnlich ist.

Obwohl der Bus von außen recht groß aussieht, ist er innen eng und unbequem. Die Sitze sind völlig durchgesessen, alles wirkt kaputt und zerschlissen. Da der Busfahrer nach verlassen Nyakanazis mit Vollgas über die Waschbrettpiste brettert, fallen diverse Gepäckstücke aus der Ablage den darunter sitzenden Leuten auf die Köpfe. Bald ist alles ist mit einer rötlichen Staubschicht bedeckt. Vor allem bei entgegenkommendem Verkehr füllt sich der Bus mit feinem Staub der einen ständigen Hustenreiz auslöst.


Zwischen Nyakanazi und Kibondo


Zwischen Nyakanazi und Kibondo


Zwischen Nyakanazi und Kibondo


Zwischen Nyakanazi und Kibondo

Hinter Nyakanazi wird die Gegend zunehmend einsamer, Siedlungen werden seltener, auch sind kaum noch Fahrzeuge unterwegs. Ab und zu hält der Bus kurz um ein paar Leute ein- oder aussteigen zu lassen. Schnell wird es dunkel. Es ist eine mondlose, finstere Nacht.

Auch Kibondo ist dunkel, als wir ca. zwei Stunden später dort ankommen. Es gibt kaum so etwas wie Straßenbeleuchtung, lediglich aus den Häusern dringt hier und da schummriges Licht. Irgendwann meint der Busfahrer jetzt sei Endstation. Wir fragen ihn, ob es noch ein Weiterkommen Richtung Kigoma gäbe. Er meint es wäre nachts schwierig ein Fahrzeug zu finden und wir sollten besser hier übernachten.

Er macht uns mit einem Kollegen bekannt, der ebenfalls Busfahrer ist und am nächsten morgen mit seinem Bus nach Kigoma fahren wird. Dieser andere Busfahrer zeigt uns eine Hotel, indem wir die Nacht verbringen können. Er verspricht, uns am nächsten Morgen um 5.30 Uhr dort mit seinem Bus dort abzuholen.

Das Hotel ist ziemlich einfach, man könnte sagen, eine Absteige, aber zum Übernachten reicht es. Der Hotelmanager ist sehr freundlich, einen Mzungu bekommt er bestimmt nicht oft als Gast. Die Dusche ist ein Eimer, der sich mit rötlichem Wasser füllt, wenn man den Wasserhahn aufdreht. Der Hotelmanager bringt uns sogar einen Eimer mit heißem Wasser, was schon an Luxus grenzt...
Letzte Änderung: 04 Feb 2018 17:50 von Gu-ko.
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30 Mär 2017 21:14 #469556
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Am nächsten Morgen sind wir um 5 Uhr wach. Viel Schlaf war das nicht. Schnell mache ich mit unserem kleinen Reisetauchsieder Wasser heiß und braue einen Tee. Den Tauchsieder habe ich auf Reisen immer dabei. Er ist sehr nützlich, wenn man unterwegs ist. Oft fahren Busse sehr früh los, oder man kommt spät irgendwo an und so kann man sich schnell einen Kaffee oder Tee zubereiten. Ich habe ihn auch schon benutzt, um Wasser zu desinfizieren. Zu essen gibt es lediglich die restlichen Samosas vom Vortag.

Gegen sechs Uhr ist vom Bus noch nichts zu sehen. Meine Frau hat die Telefonnummer des Fahrers in ihrem Handy gespeichert. Als sie ihn anruft, sagt er, er sei schon unterwegs und komme gleich. Tatsächlich klopft es kurz darauf an die Zimmertür und der Hotel-Manager ruft: „Der Bus ist da.“

Wir nehmen unser Gepäck und eilen auf die Straße. Dort reibe ich mir erst mal verwundert die Augen. Der ‚Bus‘ ist ein uraltes, verbeultes Daladala, heruntergewirtschaftet, staubig, mit mindestens einer Million Kilometer auf dem Buckel. Die besten Sitze sind schon besetzt, sodass wir uns auf die vorletzte Hinterbank quetschen müssen.

Bevor es wieder auf die Piste Richtung Kigoma geht, kreuzt unser Daladalafahrer noch eine halbe Stunde durch Kibondos Straßen, um weitere Passagiere zu gewinnen. Mit jedem neuen Passagier wird es enger. Als wir Kibondo endlich verlassen, dämmert bereits der Morgen. Zwischen den Büschen und Baumgruppen entstehen ausgedehnte Nebelbänke, was im Morgenlicht zauberhaft aussieht. Auch regnet es leicht, sodass sich die rote Staubstraße in eine rote Matschstrasse verwandelt.

Um diese Zeit ist es noch recht kühl, erst Stunden später, als die Sonne schon deutlich höher steht, wird es wärmer.


Zwischen Kibondo und Kigoma


Daladala - Zwischen Kibondo und Kigoma


Daladala - Zwischen Kibondo und Kigoma

Der Innenraum ist so niedrig, dass ich ständig aufpassen muss, bei den Schlaglöchern, die wir reichlich durchfahren, nicht mit dem Kopf an die Decke zu knallen. Ich mache mich im Sitz so klein wie möglich. Gleichzeitig muss ich aufpassen, dass ich meine Knie nicht an scharfkantigen Metallteilen der vorderen Sitzbank aufschlitze.

Zeitweilig zähle ich bis zu 22, mit den Babys sogar 24 Personen im Daladala. Alle paar Kilometer steigt jemand ein oder aus. Jeder hat mindestens ein Gepäckstück dabei. Säcke werden zwischen die Sitzbänke geschoben, Körbe auf den Füßen der Mitreisenden abgestellt.

Bei den vielen Stopps strömen Händler herbei, bieten allerhand Waren an. Selbstgemachte Getränke in Plastikflaschen oder Plastikbeutel, Süßigkeiten, Kekse, gegrillte Maiskolben, Bananen, aber auch Zwiebeln und Karotten, eben alles, was die örtliche Landwirtschaft so hergibt. Manchmal wird das Fahrzeug regelrecht umlagert. Frauen und Kinder strecken mit lautem Geschrei ihre Waren durch die Fenster.

Natürlich bin ich als Mzungu besonders interessant. Vor allem für die Kinder, die sich, wenn sie mich entdeckt haben, vor meinem Fenster versammeln und mich neugierig anstarren. Manchmal schieben sie das Fenster von außen auf und halten mir ihre Waren unter die Nase. Mit Zwiebeln und Karotten kann ich wenig anfangen, gelegentlich kaufe ich ein paar Erdnüsse oder gekochte Maiskolben. Die sind lecker und machen satt.

Als wir einmal auf freier Strecke halten, steht plötzlich ein Polizist neben dem Daladala. Er sieht mich und meine Kamera und kommt sofort ans Fenster.

Polizist: „Good morning Sir, how are you? How is your morning? “
Ich antworte: „Thank you, everything is fine.“
Polizist (auf meine Kamera deutend): “What are you recording?”
Ich: “Oh, only the beautiful landscape”
Polizist (streng): “It is not allowed to take pictures in this area.”

Ich weiß ja nicht, welche Geheimnisse die „Area“ verbirgt, soweit ich sehen kann, gibt es nur Busch, ein paar Bäume und eine schlammigen Erdstraße. Bevor ich ihn jedoch nach dem ‚warum‘ fragen kann, fährt das Daladala schon wieder los und ich mache noch schnell ein Foto. ;)


„No Foto“ - Zwischen Kibondo und Kigoma


Zwischen Kibondo und Kigoma


Zwischen Kibondo und Kigoma


Busbahnhof in Kasulu


Busbahnhof in Kasulu


Busbahnhof Kasulu


Busbahnhof Kasulu


Busbahnhof in Kasulu


Busbahnhof Kasulu


Zwischen Kasulu und Kigoma


Kurz vor Kigoma

Irgendwann gegen Vormittag landen wir auf einem Busbahnhof in einem Ort namens Kasulu. Hier ist Endstation mit dem Daladala. Aber kein Problem, unser Driver übergibt uns einem anderen Daladaladriver, sodass wir nicht lange suchend umherirren müssen. Allerdings vergeht noch gut ein Stündchen bevor es weitergeht. Diesmal haben wir die Sitze vorne neben dem Fahrer, was sehr viel bequemer ist und man hat natürlich die bessere Sicht.

Bis Kigoma sind es noch ca. drei Stunden. Die Straße ist immer noch Piste, aber recht gut befahrbar. Je näher wir Kigoma kommen, umso mehr Menschen und Fahrzeuge sind unterwegs. Als wir gegen Mittag in Kigoma aus dem Daladala steigen, sind wir von einer rötlichen Staubschicht überzogen. Unser Gepäck ist rot, unsere Kleider und Schuhe sind rot, alles ist rot.

Mit den allerletzten tansanischen Schillingen chartern wir ein Taxi vom Busbahnhof ins Zentrum Kigomas. Wir müssen ein bisschen herumsuchen, bis wir schließlich ein Zimmer in einem netten kleinen Hotel finden.
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Kleine Statistik der Strecke Kigali – Kigoma:

Gesamtstrecke ca. 600 km, davon ca. 330 Erdstraße

Benötigte Fahrzeuge 9 (von Hotel Kigali zu Hotel Kigoma):
1. Motorradtaxi Hotel Kigali zum Busbahnhof Kigali
2. Bus Kigali – Grenze
3. Sammeltaxi Grenze – Nyakasanza
4. Sammeltaxi – Nyakasanza – Kreuzung
5. Sammeltaxi Kreuzung – Nyakanazi
6. Bus Nyakanazi – Kibondo
7. Daladala Kibondo – Kasulu
8. Daladala Kasulu – Kigoma Busbahnhof
9. Taxi Kigoma Busbahnhof - Hotel

Zeit: ca. 30 Stunden
davon geschlafen: ca. 8 Stunden
Nettofahrtzeit: 22 Stunden
Durchschnittsgeschwindigkeit: 27 kmh

Fazit: Sehr interessante Strecke durch nichttouristisches Afrika.
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Dodoma – Makambako - Mbeya

Nächster Morgen, 6 Uhr in der Frühe. Wir sitzen in einem Bus von Dodoma nach Makambako. Unser Tagesziel ist eigentlich Mbeya, einem Städtchen im Dreiländereck Tansania, Sambia, Malawi. Von dort wollen wir zum Malawisee weiterreisen.

Gestern Abend, direkt nach unserer Ankunft in Tansanias Hauptstadt, versuchten wir noch ein Busticket nach Mbeya zu bekommen. Dabei half ein netter Taxifahrer, der uns von einer Busgesellschaft zur anderen brachte. Busbahnhöfe und Büros der Busgesellschaften liegen in Ostafrikas Städten oft weit auseinander und wenn man sich nicht auskennt, schwer zu finden. Das Ergebnis unserer Suche war enttäuschend, alle Direktbusse waren ausgebucht. Es sind wohl gerade Ferien angebrochen und alle wollen verreisen. Die einzige Möglichkeit der Weiterreise, die man uns anbot, war, einen Bus nach Makambako zu nehmen, und von dort, so versicherte man uns, gäbe es sicher Anschlussbusse Richtung Mbeya.


Landschaft unweit von Dodoma


Landschaft unweit von Dodoma

Es wird langsam Tag. Die Gegend ist immer noch flach und trocken, die Vegetation besteht hauptsächlich aus Unmengen Baobab-Bäumen. Dazwischen ärmliche Häuser, Steine, rotbraune Erde und blattlose Trockenbüsche. Die Straße ist gut, wir kommen flott voran. Einmal werden wir aufgeschreckt, als der der Busfahrer wild hupend eine Beinah-Vollbremsung hinlegt, aber es sind nur ein paar magere Rinder, die nicht schnell genug von der Straße gesprungen sind.

Eine Frau, die eine große Schüssel bei sich trägt, steigt unterwegs zu. Sofort durchzieht ein herber Fischgeruch den Bus. In der Schüssel schwappt eine dunkle Brühe, in der kleine, tote Fische schwimmen. Sie läuft durch den Bus um die Fische zu verkaufen. Bei dem Geruch wird mir beinahe übel, acht Uhr morgens ist einfach noch nicht die Zeit für stinkenden Fisch. Soweit ich sehe geht es den anderen Reisenden ähnlich, keiner im Bus interessiert sich für Fisch.

Etwas später steigt ein Prediger zu. In seinen Händen hält er eine abgegriffene Bibel. Er stellt sich in den Mittelgang und beginnt zu predigen. Auf Swahili. Zunächst noch ganz moderat, redet er sich nach und nach in Rage. Irgendwann brüllt er nur noch, den Arm mit der Bibel drohend erhoben, als wolle er sie dem nächsten Sünder um die Ohren hauen. Da er direkt vor mir steht, schmerzen mir die Ohren. Ich überlege, ob ich mir etwas in die Ohren stopfen soll, aber dann befürchte ich, das wäre zu unhöflich. Wer nach dieser Predigt noch nicht bekehrt ist, dem ist nicht mehr zu helfen. ;)

Je näher wir Makambako kommen, umso schlechter wird die Straße. Baustellen, Umleitungen, Schotterpiste. Und dann beginnt es heftig zu regnen. Aus Erdstraßen werden Matschstraßen. Makambako erreichen wir gegen 14 Uhr mit zwei Stunden Verspätung.

Auf dem Bushalteplatz steht abfahrbereit ein Anschlussbus nach Mbeya. Wir schnappen unser Gepäck und klettern in den Bus. Aber der Bus ist so voll, dass nicht mal mehr eine Maus hineinpassen würde. Wir müssen wieder aussteigen.

Die Bus-Leute schicken uns zu einem Büro der Busgesellschaft, welches gleichzeitig Warteraum für die Fahrgäste ist. Dort sitzen schon ca. zehn Personen, die alle nach Mbeya wollen. Ich kaufe Bustickets nach Mbeya, auf mein mehrmaliges Fragen, wann der Bus käme, meint der Angestellte immer nur:

„Bus is coming“, „Bus is coming“

Wir setzen uns zu den Wartenden. Eine Stunde vergeht. Es regnet immer noch in Strömen. Plötzlich erscheint am anderen Ende des Bushalteplatzes ein großer, alter, dreckiger Reisebus. Jemand ruft:

„Sieben Plätze frei nach Mbeya“

Alle springen auf, packen ihr Gepäck und rennen los. Wir natürlich auch. Es sind mehr als sieben Personen, die da rennen. Es ist klar, wer zuerst im Bus ist, darf mit. Trotz meines nicht ganz leichtern Rucksackes bin ich einer der ersten, die den Bus erreichen. Ich klettere sofort in den Bus, ganz hinten auf der Rückbank sind noch zwei Sitzplätze frei. Das war Glück.

Bis Mbeya sind es noch 170 km. In Tansanias Bussen finden neben Predigten auch gerne Verkaufsveranstaltungen statt. Oft werden Seifen oder andere (Wunder-)Kosmetikartikel verkauft. So auch in diesem Bus. Ein Verkäufer positioniert sich im Mittelgang und hält einen langen Vortrag über die wunderbaren Wirkungen seiner Produkte. Seine Kräuterseife z.B. hilft so ziemlich gegen jedes Hautproblem, Zahnpasta für strahlend weiße Zähne, Öl gegen rheumatische Beschwerden usw. Seine Creme macht jedes Gesicht mindestens 20 Jahre jünger. Zum Beweis cremt er sich das Gesicht weiß ein, lediglich die Augenhöhlen bleiben dunkel, wodurch er einem Zombies ziemlich ähnlich wird. Dann wischt er die Creme wieder ab. Ich finde er sieht genauso aus wie zuvor, bloß glänzt er jetzt mehr. Wir kaufen eine Kräuterseife. ;)

Wir sitzen auf den letzten Plätzen. Die Straße ist teilweise ungeteert, es gibt Umleitungen über Schotterpisten und bei jeder größeren Bodenwelle fliegen wir fast bis an die Decke. Vorne im Bus flimmern auf einem Monitor schwachsinnige Videos, aber den Leuten scheint es zu gefallen.

Irgendwann sind auch in tansanischen Bussen 170 km zurückgelegt, in diesem sind etwa vier Stunden vergangen, als wir Mbeya erreichen.

Direkt gegenüber vom Busbahnhof liegt das New Millennium Inn Hote. Sie haben nur noch ein einziges, winziges Zimmer frei. Das Zimmer ist tatsächlich so klein, dass es von dem Doppelbett fast komplett ausgefüllt wird. Nachdem wir unserer Rucksäcke auf dem Boden abgestellt haben, können wir uns kaum noch bewegen. An den Wänden des Zimmers sitzen unzählige blutrünstige Moskitos. Zum Glück hängt über dem Bett ein Moskitonetz, fast ohne Löcher. Wir sind müde und wollen gleich morgen früh weiter nach Malawi, deshalb mieten wir uns trotzdem ein.

Ich wäre am liebsten sofort ins Bett gekrochen, aber wir müssen noch die morgigen Abfahrtszeiten der Busse zur Grenze checken. In Tansania fahren die Busse oft in den frühesten Morgenstunden los. Wir gehen also nochmals zum Busbahnhof. Wir fragen die dort herumlungernden Busbahnhofboys nach Bussen Richtung Malawi, ernten aber nur Kopfschütteln und Schulterzucken. Endlich führt uns einer zu einem kleinen Büro, in dem sich zwei Schreibtische und mehrere gelangweilt herum sitzende Personen aufhalten. Wir bekommen die Auskunft, dass morgen früh um 5 Uhr ein Bus nach Kasumulu, einem Ort nahe der Grenze, führe. Von dort könne man mit Mototaxis die Grenze erreichen.

Erstaunlich hoch ist der Preis von 35000 TZS, soviel kostet nicht mal die Fahrt bis Daressalam. Ich frage mehrmals nach, doch der Mann hinter dem Schreibtisch beharrt darauf, dass dies der reguläre Preis sei. Die anderen Anwesenden beobachten uns schweigend. Da wir keine Alternative haben, kaufen wir zwei Tickets. Bevor wir in unser moskitoverseuchtes Zimmerchen zurückgehen, essen wir in einem schäbigen Mini-Restaurant ein zähes Chicken-with-Rice Gericht.
Letzte Änderung: 04 Feb 2018 17:54 von Gu-ko.
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18 Mai 2017 12:25 #475434
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  • Gu-ko am 24 Mär 2017 19:19
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Am nächsten Morgen sind wir um 4:30 Uhr auf den Beinen. Schnell alles zusammenpacken und los zum Busbahnhof. Frühstück gibt es um diese Zeit sowieso noch nicht, deshalb reicht eine halbe Stunde und wir stehen wie abgemacht um 5 Uhr vor dem Ticket-Büro im Busbahnhof. Im Büro brennt ein trübes Licht. Auf einem Bänkchen davor kauert eine in eine Decke gehüllte Gestalt. Sonst ist niemand da.

Der Busbahnhof ist nur spärlich beleuchtet, im Halbdunkel sehe ich mehrere große Reisebusse, die mit laut aufheulendem Motor ihre Abfahrtbereitschaft signalisieren. Es sind schon einige Leute unterwegs. Mit Koffern und Bündeln beladene Reisende laufen zwischen den Fahrzeugen umher, Angestellte der Busgesellschaften verstauen Gepäckstücke in den Laderäumen. Wir fragen mehrere Personen, wo der Bus zur malawischen Grenze sei, doch sie wissen nichts. Einer schaut sich unser Ticket an und sagt dann, wir sollen vor dem Büro warten. Wir warten also ein Weilchen und befürchten schon, einem Ticketbetrüger auf den Leim gegangen zu sein, als plötzlich unser Ticketmann von Gestern auftaucht.

Er fordert uns auf ihm ihm folgen und führt uns zu einem der kleineren Busse. Wir fahren quer durch die Stadt zu einer anderen Busstation. Dort führt er uns zu einem Kleinbus. Das sei der Bus zur Grenze, sagt er und verschwindet.

Inzwischen ist uns klar geworden, was hier läuft. Die Tickets, die er uns gestern teuer verkauft hatte, sind natürlich fake. Statt uns auf dem ersten Busbahnhof (Mbeya Bus Terminal) zu informieren, dass die Busse zur Grenze vom Mwanjelwa Busstop fahren, verkaufte er uns ein Fantasieticket zum Fantasiepreis…

Davon abgesehen verläuft die Fahrt bis zur Grenze ohne Probleme. Die Strecke führt uns durch eine grüne, teils bergige Landschaft. Während sich in den Schatten der Täler noch einzelne Nebelbänke halten, beginnen die Berggipfel im warmen Licht der Morgensonne zu leuchten. Gerne wäre ich hier ausgestiegen und hätte die schöne Gegend genossen, aber Malawi ist nicht mehr weit, und wir hoffen, heute noch zum See, wenn möglich bis Nkhata Bay zu kommen.

Im Grenzort Kasumulu ist Endstation. Bis zur eigentlichen Grenze sind es noch ca. 2 km. Sofort werden wir von Mototaxis umringt. Alle reden auf uns ein. Einige Fahrer versuchen uns das Gepäck aus der Hand zu reisen um uns als Kunden zu gewinnen. Um aus dem Tumult herauszukommen handle ich mit einem der Motoboys schnell einen Preis für die Fahrt zur Grenzstation aus. Kurz vor der Grenzstation werden wir von einer Horde Geldwechsler beinahe genötigt Geld zu wechseln. Ich wechsle einige Dollars und unsere letzten tansanischen Schillinge in Malawische Kwachas. Wir wissen nicht, was uns jenseits der Grenze erwartet und wo und wann eine Bank oder ein Geldautomat auftauchen wird.

Malawi

An der Grenze geht es ruhiger zu. Nach der Ausreise aus Tansania begrüßt mich die Zollbeamtin auf malawischer Seite mit freundlichem Lächeln:

„Good morning, Sir, how can I help you?“

Komische Frage, natürlich möchte ich ein Visum. Nachdem ich die üblichen Formulare ausgefüllt habe, muss ich 75 USD bezahlen. Ganz schön teuer für so ein kleines Land, denke ich, sage aber nichts. Ich gebe ihr einen 50 USD Schein, einen Zwanziger und fünf 1-Dollar-Scheine. Den Fünfziger untersucht sie lange auf Echtheit, die 1-Dollar-Scheine gibt sie mir wieder zurück.

„We dont accept one-dollar-notes“

Ich habe noch einen 10 USD Schein, den ich ihr gebe. Auf einem Bänkchen sollen wir auf das Wechselgeld warten. Eine halbe Stunde vergeht und ich befürchte schon, das Wechselgeld sei in den Weiten des Zollgebäudes verlorengegangen, als sie plötzlich vor uns steht und mir das Wechselgeld überreicht.

„Have a nice stay in Malawi“, sagt sie mit strahlendem Lächeln.

Wir sind in Malawi. Auf der malawischen Seite befindet sich kein Ort, es gibt auch keinen Grenz-Bus zur nächsten Stadt, keine Motorradtaxis, oder ähnliches. Wir müssen warten und schauen ob sich eine Transportmöglichkeit ergibt.

Wir warten noch nicht lange, als uns ein Mann anspricht. Er fragt meine Frau, ob wir ein Taxi bräuchten. Die Fahrt bis Mzuzu würde 6000 Kwacha kosten. Er führt uns zu einem nagelneuen japanischen Kleinwagen. Außer dem Fahrer warten zwei weitere Fahrgäste. Mit uns sind wir zu fünft und es kann losgehen. Der Fahrer fährt bis Lilongwe, aber soweit wollen wir nicht. Unser Ziel ist Mzuzu, bzw. das nahe gelegene Nkhata Bay.

Die Fahrt beginnt flott und bequem. Der Kleinwagen flitzt über Malawis Landstraßen, wir haben genug Platz um uns auszustrecken. Doch nach wenigen Kilometern stoppen wir. Der Fahrer steigt aus und verschwindet in einem Häuschen am Straßenrand. Etwa eine halbe Stunde später kommt er zurück, er musste noch duschen und was Frisches anziehen, meint er. Und geht es flott weiter. Eine Viertelstunde später halten wir erneut an. Diesmal ist es eine Polizeikontrolle.

Nachdem die Polizisten die Papiere des Fahrzeugbesitzers genauestens gecheckt haben, stellen sie fest, dass etwas fehlt. Irgendeine Bescheinigung, die der Fahrer an der Grenze vergessen hat. Einer der Polizisten telefoniert mit der Grenzstation. Wir müssen warten, bis das nächste Fahrzeug von der Grenze kommt und das Dokument mitbringt. Wieder eine halbe Stunde warten.

Und es geht weiter. Der Fahrer gibt ordentlich Gas und ich bekomme schon Angst, dass der Kleinwagen von der Straße hüpft. Aber es macht auch Spaß, so flott voranzukommen. Reisen ist in Afrika oft eine eher langsame Angelegenheit.

Aber schon 10 Minuten später stehen wir schon wieder. Die nächste Polizeikontrolle. Diese Kontrollen laufen immer nach dem gleichen Schema ab. Ein Polizist nähert sich dem Auto, schaut sich nacheinander jeden einzelnen Fahrgast an, sagt zu jedem in etwa:

„Good morning/afternoon, how are you/are you fine?
Where are you going?
You have all your travel documents?“
usw.

Dann Pass-/Ausweiskontrolle. Bei meiner Frau finden sie keinen Einreisestempel. Einen Moment lang glauben sie, sie wäre illegal eingereist. Sie soll aussteigen und mitkommen. Während der Polizist immer weiter in ihrem Pass blättert, steigen wir aus. Ich befürchte schon, unsere flotte Fahrt sei hiermit beendet, als der Polizist plötzlich den Stempel findet. Allgemeines erleichtertes Aufatmen.

Und weiter geht es.

Bis zur nächsten Polizeikontrolle. So langsam nerven die Kontrollen. Wenn es so weitergeht, erreichen wir Mzuzu heute nicht mehr. Aber glücklicherweise ist es die letzte Kontrolle.

Ist Malawi in der Grenzgegend recht flach, wird die Landschaft allmählich bergiger. Das Sträßchen windet sich den einen oder anderen Bergrücken empor. Ab und zu sehe ich Affen am Wegesrand hocken. Plötzlich, nach einem steilen Anstieg sehen wir das Ziel unserer Reisei: Den Malawisee! Da es gerade wieder zu regnen beginnt, blicken wir zunächst nur auf eine durch Regenschleier verschleierte graue Wasserfläche. Später kommt die Sonne durch und wir haben tolle Ausblicke auf den See.

Dank der flotten Fahrweise unseres Fahrers erreichen wir Mzuzu am späten Nachmittag. Der Ort macht einen quirligen Eindruck. Wir fragen uns zu einem Minibus durch, der und die letzten 50 km bis Nkhata Bay bringen soll.

Während wir auf die Abfahrt warten, kaufen wir Samosas und andere Snacks von den Händlern, die den Minibus umlagern. Jetzt merke ich erst, wie hungrig ich bin. Wir sind ja heute Morgen ohne Frühstück in Mbeya losgefahren und unterwegs bis Mzuzu gab es keine Gelegenheit Nahrung zu finden.

Die Straße nach Nkhata Bay ist zum Teil eine zähe, rote Schlammpiste. Kurz vor dem eigentlichen Ort steigen wir aus. Hier liegt das Big-Blue-Backpacker. Die Adresse habe ich mal irgendwo aus dem Internet notiert.

Von der Straße kommend steigen wir einen schmalen Weg zu den Rezeptionsgebäuden ab. Das Gelände wirkt verlassen und irgendwie düster. Die Bungalows, eigentlich sind es eher Hütten, sind über das felsige, mit Bäumen bewachsene Gelände verteilt. Ein paar stehen direkt am kleinen Strand. Der Strand könnte ganz schön sein, wenn er nicht so verdreckt wäre. Überall Plastikmüll, Dosen, Flaschen und anderer Unrat.


Big Blue Backpacker - Malawisee


Big Blue Backpacker - Malawisee


Malawisee


Malawisee


Malawisee

Vielleicht hat die Anlage einmal bessere Zeiten gesehen, aktuell wirkt sie nicht sehr einladend. Da es schon Nacht wird, und wir einen langen Tag hinter uns haben, beschließen wir, erst mal zu bleiben. Fast alle Hütten sind frei, sodass wir uns eine direkt am Strand aussuchen können. Es ist eine einfache Bambushütte mit Strohdach. Die Einrichtung ist mehr als spartanisch: Ein Bett mit Moskitonetz und sonst nichts. Für Dusche und Toiletten muss man einen felsigen Hang hochklettern.

Natürlich fällt der Strom die meiste Zeit aus, wodurch das ohnehin dunkle Gelände noch dunkler wird. Auf dem Strandabschnitt vor unserer Hütte bewegen sich schemenhafte Gestalten, meist Jugendliche, die mit ihren Angeln vom Fischen kommen.

Der Malawisee gehört nicht gerade zu den sichersten Orten Afrikas, man liest immer wieder von nächtlichen Überfällen auf Touristenunterkünfte. Unsere Hütte bietet diesbezüglich keinerlei Sicherheit, Türe und Fensterläden werden lediglich durch rostige Nägel verschlossen. Von Angestellten oder Wächtern hab ich nachts nichts gesehen.

Irgendwann in der Nacht fängt es wieder heftig zu regnen an. Um vier Uhr früh werde ich durch eine laute Sirene geweckt. Ich vermute das Signal kommt von einer Fischfabrik oder ähnlichem in der Nähe. Dann höre ich tropfende Geräusche. Im Schein meiner Taschenlampe sehe ich, dass Wasser an mehreren Stellen durch das Strohdach tropft. Ich stelle unsere Rucksäcke an eine trockene Stelle, während sich ringsherum große Wasserpfützen auf dem Boden bilden.

Langsam wird es hell. Nicht wirklich hell, eher hellgrau. Kleine Passagierboote kreuzen durch die Bucht. Die Menschen darauf schützen sich mit Schirmen gegen den Regen.

Um zur Toilette zu kommen, muss ich einen steinigen Hang emporklettern. Durch den Regen haben sich die Wege in schlammige Sturzbäche verwandelt. Um meine Schuhe nicht gänzlich zu ruinieren, gehe ich barfuß. Als ich wieder zurückkomme, bin ich durchnässt und meine Füße voller Schlamm.


Malawisee - Nkhata Bay bei Regenwetter




Malawisee - Nkhata Bay bei Regenwetter
Letzte Änderung: 04 Feb 2018 17:55 von Gu-ko.
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