Moin zusammen,
die hier bisher getätigten Äußerungen sind sehr stark emotional geprägt. Ich will hier keine abschließende Bewertung abgeben, sondern auf einige Punkte hinweisen, zu denen man sich in diesem Zusammenhang weiter informieren sollte.
1. Zunächst möchte ich den Begriff „Reparationen“ betrachten, den die Herero-Führer häufig benutzen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Reparation
\"Reparationen (von lat. reparare = wiederherstellen) sind Kriegsentschädigungen und Wiedergutmachungsleistungen. Das Wort \"Reparationen\" wird, außer in einigen zusammengesetzten Wörtern (z. B. in \"Reparationszahlung\"), nur in der Mehrzahl gebraucht.
Der Begriff bezeichnet wirtschaftliche Wiedergutmachungsleistungen bzw. Schadensersatz in finanzieller oder materieller Form, die von einem besiegten Land für angebliche oder tatsächliche Kriegsschäden an ein anderes, siegreiches Land zu leisten sind. Reparationen sollen die Lasten des Krieges den Verlierern auferlegen (also helfen, entstandene Schäden zu \"reparieren\"). Zu den Kriegslasten gehören die Schäden an Vermögen, Immobilien und Menschen. Art und Umfang von Reparationen sind in der Regel Gegenstand eines Friedensvertrages, der den Konflikt beenden soll.\"
Selbst, wenn man den seinerzeitigen Zustand Südwestafrikas als Land (i.S.v. Staat) betrachtet, so ist doch die Frage, inwieweit der in der Nachfolge des deutschen Kaiserreichs (nach Weimarer Republik und Drittem Reich) dritte Staat deutscher Nation hier noch zur Entschädigungsleistung verpflichtet werden kann. Dies insbesondere, da unmittelbar Geschädigte wohl kaum noch zu finden sein dürften. Reparationen jedenfalls können es nach der Definition nicht sein.
Wenn man nun bejahte, dass Nachfolgestaaten eine Verpflichtung zu Entschädigungszahlungen hätten, wo soll man die zeitliche Grenze ziehen? 100 Jahre, 200 oder 300? Soll Deutschland von Frankreich Entschädigungszahlungen verlangen, weil Ludwig XIV. seinerzeit die Pfalz verwüstet hat?
Wie steht es mit den Völkern/Volksgruppen/Stämmen, die von den Herero und Nama bei ihrer Eroberung des heutigen Namibias vertrieben und ihrer Besitztümer beraubt wurden? Geben sie ihrerseits von einer ggf. erhaltenen Entschädigung Beträge insbesondere an die San weiter?
2. Zum Argument, dass es sich seinerzeit nicht um einen damals durchaus üblichen Kolonialkrieg sondern um Völkermord gehandelt hätte:
http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord
Man beachte die Vorbemerkung zur Auflistung. Ein Vergleich mit der Vernichtung der europäischen Juden während der Nazi-Herrschaft, wie er manchmal aus Herero-Führungskreisen angestellt wird, verniedlicht die industriell organisierte Ermordung von mehr als sechs Millionen Menschen nur wegen ihrer Religionszugehörigkeit.
Ein Vergleich mit den Wiedergutmachungsmaßnahmen gegenüber dem Staat Israel verkennt den politischen Nutzen, den diese dem bundesdeutschen Staat brachte. Es war, drastisch gesagt, aus staatlicher Sicht in erster Linie ein Freikauf zur Erweiterung des politischen Handlungsspielraums.
3. Ist die Änderung der seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland von dieser eingenommen Haltung vielleicht der Eitelkeit einer am Ende ihrer Laufbahn in einem politisch bedeutungslosen Ministerium gelandeten Berufspolitikerin geschuldet? Interessant wäre sicherlich auch die Reaktion der Klientel der Linkspartei, wenn diese dann erfährt, dass auf Initiative ihrer Partei bis zu 500 Millionen Euro nach Namibia fließen.
4. Die innenpolitische Gemengelage in Namibia lassen die hiesigen Beteiligten häufig außer Betracht. Die Haltung der Bundesrepublik ist, dass zusätzliche Mittel über den namibischen Staat -denn nur der kann Ansprechpartner der Bundesrepublik sein- in Entwicklungsprojekte für die seinerzeit betroffenen Volksgruppen fließen sollen. Dies ist nicht notwendigerweise das Interesse der ovambo-dominierten SWAPO-Regierung. Und die Herero-Wortführer scheinen die geforderten Gelder –wenn sie denn flössen- eher als ein Mittel zu sehen, sich der politischen Marginalisierung durch die SWAPO zu entziehen. Die Linkspartei jedenfalls scheint sich darüber keinerlei Gedanken zu machen und instrumentalisiert die Ansprüche der Herero für eigene Zwecke.
5. Was glaubt ihr, was passiert, wenn die politische Führungsschicht eines Volkes in Schwarzafrika eine solche Menge Geld in die Finger bekäme?
Gruß, Michael