THEMA: Eine Nacht am Khwai
29 Nov 2007 23:41 #54099
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  • Gforce am 29 Nov 2007 23:41
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:)

Die Tiere standen prächtig. Wir mussten nur leicht unseren Standort wechseln. Jetzt hatten sie die trinkenden Elefanten direkt vor der Linse. Ein Traumbild: der aufgewirbelte Staub verschleierte die tiefstehende Sonne. Die dicken, grauen Freunde standen nun still am Wasser. Drumherum Geier, Schakale, Kudus, ein Adler und andere, vielfältige Vogelschar. Alle wollten an das Wasser.

Ich wurde, trotz allem, langsam ungeduldig. Wir hatten auf dem kurzen Weg vom Campingplatz in North Gate bis hierher unglaublich viel gesehen. Mein Plan, irgendwo hier ein ruhiges Plätzchen zu finden, erschien mir nun kaum noch wahrscheinlich. Doch selbst die ganz Hartnäckigen gaben nun klein bei. Als wir weiterfahren könnten, bogen noch drei Löwinnen aus dem Wald zum Wasser hin.

Nicht ganz weit weg erstreckte sich auf der anderen Seite des Wasserlaufs eine schöne Graslandschaft. Es war zwar leicht schräg und die Büsche vor dem dahinterliegenden Wald waren auch schlecht einsehbar, aber als Übernachtungsstätte für heute sollte es genügen.

:silly:

Wir sind mittlerweile ein eingespieltes Team und wissen genau, wo jeder anzufassen hat um unser Camp rasch aufzubauen. Mein Zelt steht. Ich helfe Heike rasch, das von ihr und ihrem Mann genutzte, ebenfalls mitaufzubauen. Wir habe jetzt kaum noch Licht, um etwas genau zu sehen. Also schnappe ich mir Heike, damit sie, mit einer starken Taschenlampe dir Büsche ableuchtet, während ich rasch Feuerholz einsammele. Als Heike mir nach geraumer Zeit zumurmelt, „welche Tiere haben grün leuchtende Augen“, bin ich mit dem einsammeln fertig.

John und Erica, die beiden südafrikanischen Guides, und Kurt, Heikes Ehemann, haben inzwischen den Rest des Camps fertig gestellt und sind am Brutzeln des Abendessens. Bärbel und Holger fummeln auch im Küchentrakt herum. Heike und Holger sind Geschwister.

;)

Es ist war bisher an jedem Abend, das Essen war einfach wundervoll. Aus der Gegend, wo wir heute am Spätnachmittag die letzten Fotos machten, ertönten einige Geräusche. Nach einigen animierenden Getränken, sollte sich das Abwaschen anschließen. Nun aber wurde die Geräuschkulisse von der anderen Wasserseite dramatisch lauter. Wir alle schauten uns an. Ich sagte schließlich, „ich fahre da noch mal hin, kommt jemand mit?“ Aber alle anderen hatten die nötige Bettschwere und eigentlich keine Lust, mich zu begleiten.

:blink:

Als ich mit meinem Wagen über das Gras holperte, merkte ich erst, wie dunkel es so in einer Neumondnacht im Freien wirklich ist. Ich sah außer dem Scheinwerferlicht nichts! Also bin ich langsam in Richtung des Lärms geschlichen. Ui - da flitzte keine 10 Meter vor mir eine Löwin von rechts nach links vorbei! Ich vorsichtig hinterher, damit mir die Scheinwerfer Erhellung geben würden. Zuff - eine Elefantenkuh rast in dieselbe Richtung wie die Löwin! Ich habe unverzüglich angehalten. Was nun? Gerade wollte ich langsam zurücksetzen, da rannte die Elefantin wieder an mir vorüber. Diesmal in die andere Richtung. Gaaanz langsam folgte ich mit dem Scheinwerferlicht. Da – endlich sah ich, was passiert war. Die Löwinnen hatten den Elefanten eine Falle gestellt. Erst ein falscher Angriff auf die Großen und als die sich in Panik erschreckten, griffen sich die Raubkatzen das Junge in der Mitte der Elefanten Gruppe. Bis die Dickhäuter bemerkten, was genau passiert war, lebte das Junge schon nicht mehr. Nun hatten die Löwinnen alle Zeit der Welt. Die Elefantenmutter und ihrer drei Schwestern konnten die Löwinnen attackieren wie sie wollten. Das Baby war tot.

:blush:

Ich hatte genug gesehen und bin umgehend zurück zu unserm Camp gefahren. Als ich unserer Gruppe erklärte, was ich gesehen hatte, waren alle unverzüglich munter und sprangen auf das Autodach (John mit starkem Suchscheinwerfer und Kurt) oder in den Wagen. Ab gings.

Mit dem Zusatzscheinwerfer war es gespenstig was wir nun sahen. Immer ein erwachsener Elefant versuchte eine Löwin, die sich dem toten Körper des Babys näherte, zu vertreiben. Während sie die Raubkatze verscheuchte, probierte eine andere das Gleiche. Doch auch diese wurde dann von einer der Elefanten Schwester verjagt. So ging das hin und her. Der Lärm lockte auch andere Räuber an. Langsam tauchten Hyänen und Schakale aus dem Schatten der Bäume auf und schauten sich das Spektakel an.

Je länger wir dort standen und dem Irrsinnstreiben völlig fasziniert zuschauten, desto höher stieg die Wasser Temperatur meines Landrovers an. Ich beschloss jedoch, der Motor bleibt am Laufen. Ich wusste ja nicht, was noch alles passieren könnte. So beobachteten wir, wie die Familie des Babys sich vergebens abmühte, das Kleine vor den Löwenmäulern zu retten. Immer wieder schoss ein Dickhäuter in knapper Distanz am Auto vorbei! Wir waren alle wie paralysiert und wagten kaum zu Atmen.

:ohmy:

Und doch wurde diese Spannung empfindlich gestört. Heike konnte ihre Ängste nicht mehr unterdrücken und schluchzte hemmungslos. Als sie wieder etwas Luft hatte erklärte sie uns welche Angstzustände sie durchlebte, wenn die Elefanten wie Geschosse an unseren Wagen vorbeirannten. All´ unsere Argumente, ob der Einmaligkeit dieser Situation, halfen nichts. Wir mussten zurück in unser Camp. Heike beruhigte sich wieder. Nun trank jeder noch ein wenig Wein, Bier oder anderen Alkohol, um sich etwas zu beruhigen Wir saßen noch lange am Lagerfeuer und diskutierten das Gesehene. Irgendwann verabschiedeten wir uns zum Schlafen.

:silly:

Als ich am nächsten Morgen das Zelt aufmachte, durfte ich einen besonders schönen Anblick erleben: in ca. 10 Meter Entfernung lagen einige Löwinnen im Gras und genossen das frühe Sonnenlicht. Wundervoll! Ich rief den anderen Zelten diesen Anblick zu. Daraufhin öffnete sich der Reißverschluss an Bärbel und Holgers Zelt ganz langsam und ein Teleobjektiv erschien. Erica und John kamen sofort aus ihrer Schlafstätte hervor und beide standen staunend im Sonnenlicht bei diesem Anblick. Heike und Kurt verhielten sich sehr ruhig. Irgendwann verließen uns die Katzen und das Frühstück konnte beginnen.

Als wir den Platz hinter uns ließen, mussten wir natürlich noch am Ort des Geschehens vorbei schauen. Es war ein trauriger Anblick. Im Laufe der Nacht hatten die Löwen ihren Hunger am Körper des Babys gestillt. Es war fast nur noch die Hülle übrig geblieben. Um die stritten sich nun die kleineren Räuber.

Wir verließen diesen Ort.

ae

:kiss:
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30 Nov 2007 00:06 #54100
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  • Dagut am 30 Nov 2007 00:06
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WOW! Wir waren vor kurzem in Savuti nur Ohrenzeuge einer solchen Szene, was wirklich passiert war, sahen wir erst am nächsten Morgen, aber allein die Geräuschkulisse war äußerst beeindruckend, dazu hatten wir auch noch ein Gewitter und einen ständig grummelnden Löwen rund ums Zelt.
Aber so was live beobachten zu können ist nicht jedem vergönnt.
Wo war das denn genau?
Anhang:
Letzte Änderung: 30 Nov 2007 00:07 von Dagut.
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30 Nov 2007 00:13 #54101
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Hallo Dagut,

ich schätze mal, es war so ca. 3 km nach Osten?

:huh:

Jedenfalls kurz bevor die Tiefsandstrecke durch den Wald anfängt. Es ist aber schon ein Weilchen her.

;)

Mir wird durch deine Frage erst bewußt, woran ich mich genau erinnern kann und wo es dann doch hapert. Lustig!

:silly:

LG
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30 Nov 2007 00:20 #54103
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  • Dagut am 30 Nov 2007 00:06
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Gforce schrieb:
Hallo Dagut,

ich schätze mal, es war so ca. 3 km nach Osten?
Ich dachte, nur die Löwen in Savuti schaffen so was...
Mir wird durch deine Frage erst bewußt, woran ich mich genau erinnern kann und wo es dann doch hapert. Lustig!
Geht mir auch so, deswegen nehme ich mir immer vor, direkt nach dem Urlaub einen ausführlichen Reisebericht zu verfassen, und sei´s nur für mich ganz allein, einfach, um solche Dinge nicht zu vergessen, aber letztendlich wird es - wenn überhaupt - dann doch nur ein lauer Abklatsch des Erlebten und man stellt später fest, dass man so Vieles vergessen hat zu erwähnen.

Übrigens: sind gar nicht so weit voneinander weg; ich winke mal nach FFM rüber...

LG
Daniel
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30 Nov 2007 00:28 #54104
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Hallo Daniel,

:)

nein, du wohnst ja wirklich nicht weit weg. Hab dich eben auch winken gesehen. Danke schö und danke für dein tolles Foto!

;)

Ich wollte speziell diesen Bericht schon ewig geschrieben haben. Aber.....
Du beschreibst es ja anschaulich, wie es meistens ist.

:lol:

Gute Nacht und
LG

Achim
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