THEMA: Für Delta Freunde
05 Okt 2007 23:44 #50109
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  • Gforce am 05 Okt 2007 23:44
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Die Nacht des Amadeus

Die Gewässer des Okavagodeltas sind von trügerischer Ruhe. Doch unter der Oberfläche leben Kreaturen, von denen man sich tunlichst fernhält.
Der Manager eines Camps bei Xakanaxa stand kürzlich auf dem Anlegesteg seiner Lodge und angelte. Es war ein heißer Nachmittag. Als er zu einem erneuten Versuch anhob, bemerkte er aus den Augenwinkeln einen Schatten unter der Wasseroberfläche. Ohne nachzudenken sprang er aus dem Stand nach hinten und rannte ans Ufer. Aus dem Wasser stieg - wie in Zeitlupe - ein monströses Krokodil empor und landete krachend auf dem Bootssteg, genau da, wo er eben noch gestanden hatte.Der Steg zerbrach unter der Wucht des Aufpralls. Leise gurgelnd kräuselte sich die Wasseroberfläche. Nur einige Holzteile trieben als Zeugen der Attacke langsam mit der Strömung davon.
Der Mitarbeiter eines Nachbarcamps, der mit der Reinigung eines der Boote beschäftigt war, entging dem Angriff eines Krokodils nur knapp. Als die Schnauze am Bootsrand auftauchte, warf er sich instinktiv auf den Boden des Bootes. Der eingedrückte Bootsrand war der einzige Schaden, der an diesem Tag entstand.
Die Flusspferdbullen in diesem Gebiet werden liebevoll mit wohlklingenden Namen aus dem Bereich der Musik versehen. Da leben als direkte Revier Nachbarn, Pavarotti neben Amadeus. Beide liefern sich häufig derart heftige \"Gesangsduelle\", dass einem die Bauchdecke vibriert. Durch dieses Verhalten melden die Bullen ihren Gebietsanspruch an. Besonders nachts beeindrucken diese \"Arien\".
Nach einem Tag voll aufregender Eindrücke ist es eine schöne Tradition, mit Sundownern bewaffnet um das Lagerfeuer zu sitzen und die Erlebnisse auszutauschen. In die behaglichen Safaristühle gelehnt, bekommt man die tollsten Geschichten zu hören. Der Alkohol in der Stunde der Dämmerung beflügelt einige Erzähler. Das Feuer erwärmt nicht nur die Füße. Wenn es richtig dunkel ist, rufen die Trommeln zum Abendessen.
Zufrieden und mit vollen Bäuchen nehmen wir anschließend wieder unsere Plätze am Feuer ein. Die Gespräche sind nun ruhiger, die Teilnehmer haben jetzt mehr Muße. Nun kommen die Erlebnisse der Camp-Bewohner an die Reihe. Wer über Monate in einem Gebiet lebt, in dem der Mensch nur Gast in der Natur ist, der kann wahrlich berichten. Gerade als wir die Geschichte von einem Elefanten hören, der sich durch einen laut hupenden Reisebus gestört fühlte, daraufhin die große Frontscheibe zerschlug und das Lenkrad mit dem dranhängenden Fahrer herauszog und auf dem Boden zermalmte - sagte der Camp-Manager leise, aber unüberhörbar: \"Still jetzt, Amadeus kommt!\". Gleichzeitig tritt er das Feuer auseinander, damit es nicht mehr so hell leuchtet.
Unsere Köpfe fliegen herum. Nur knapp zehn Meter entfernt ist das Wasser. Dort hebt sich deutlich der Schädel eines Flusspferdbullen ab. Er taucht ab. Kurze Zeit darauf erscheint er wieder, diesmal dichter am Ufer. Ganz leise und vorsichtig steigt Amadeus aus dem Wasser. Groß ist er, wird immer größer, je weite er aus dem Wasser kommt. Dasa fahle Mondlicht scheint auf diesen Koloss, der auf uns wie ein Monster der Nacht wirt. Keiner sagt ein Wort.
Als Amadeus endlich an Land ist, genehmigt er sich erst mal ein paar Happen Gras. Malmend schaut er in unsere Richtung, er scheint zum Greifen nahe, obwohl es noch gute fünf Meter sind. Er dreht ab und markiert mit den üblichen Geräuschen seinen Revieranspruch an einem Pfahl. Dann verschwindet er gemütlich schaukelnd zwischen den Hütten, um sich auf den Weg zu seinen Weideplätzen zu machen.
Wie atmen tief durch und bestellen eine weitere Runde Drinks.
Als der Morgen dämmert, kommt Amadeus wieder zurück. Alle werden wach, weil er grunzend und mampfend um die Hütten wandert. Nach und nach treffen alla am Feuerplatz ein und schildern ihre Eindrücke. Bei der ersten Tasse Kaffee erscheint die Sonne am Horizont. Kann man einen Tag besser beginnen?
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