Wir wünschen euch ein fröhliches Weihnachtsfest und gemütliche Feiertage mit euren Lieben !
Nicht wirklich afrikanisch und Edit meint, er liegt auf der Seite, aber glaubt mir, im Wohnzimmer steht er fest und sicher auf dem Boden
Meine Lieblingsgeschichte (nebst Försters Frau v. Loriot):
Typisch Hüsch:
DIE BESCHERUNG
»Daß mir keiner ins Schlafzimmer kommt«,
alle Jahre wieder ertönt dieser obligatorische
Imperativ, wenn es darum geht, am Heiligen Abend Pakete
und Päckchen in geschmackvolles Weihnachtspapier zu
schlagen, wenn es darum geht, den Rest der Familie in
Schach zu halten, damit auch ja keiner einen voreiligen Blick
auf die Geschenke werfen kann.
Ich dagegen habe es etwas einfacher:
Ich schmücke den Baum! Punkt 17 Uhr begebe ich mich
auf die Terrasse und hole den schönen Baum herein.
Es ist ein wirklich schöner Baum, sagt die Frieda. Doch,
doch, sage ich, der Baum ist schön. Dann kommt die kleine
Frieda und auch noch, daß der Baum schön ist. Nachdem
wir alle noch ein paar mal um den schönen Baum
herum gegangen sind, sagt die Frieda: Mein Gott, es ist ja
schon halb sechs!
Und damit beginnt offiziell in allen Familien, die sich bei
diesem Fest noch bürgerlicher Geheimnistuerei bedienen,
der nervöse Teil der Bescherung.
Deshalb stecke ich mir vorbeugend zunächst mal eine
Zigarre an, einmal im Jahr und überlege in aller Ruhe,
welche formalen Prinzipien ich diesmal zur Ausschmückung
meines schönen Baumes anwende. Habe ich dann den
Baum nach einigen Schnitzereien endlich mit dem
Sägemesser glücklich in den Christbaumständer gezwängt,
weiß ich auch schon, wie ich´s mache:
Diesmal werde ich endlich dem Prinzip huldigen:
Je schlichter, desto vornehmer. zwei bis drei Kugeln,
vier bis fünf Kerzen, hier und da einen Silberfaden, aus!
Schluß. Ende. Schließlich ist das ja ein Baum und keine
Hollywoodschaukel. Das soll natürlich nicht heißen, daß wir
nicht genügend Kugeln und Kerzen, Lametta und Engel-
haar, Glöckchen und Trompeten hätten. Im Gegenteil. Ich
könnte damit drei Bäume, pardon, drei schöne Bäume
schmücken. Und schon erhebt sich die Frage: Nur bunte
Kugeln oder nur silberne Kugeln? Nur weiße Kerzen oder
nur rote Kerzen? Engelhaar oder kein Engelhaar? Ja, was
sollen meine intellektuellen Freunde denken, wenn die zu
Besuch kommen und sehen dann meinen Misch-Masch aus
Sentimentalität und Kunstgewerbe. Schockschwerenot!
In diese meine präzisen ästhetischen Überlegungen hinein
platzt die Frieda mit dem Ruf: Wie weit bist du? Um sechs
Uhr ist Bescherung! Das schaffe ich nicht, rufe ich zurück,
ich kann ja den Baum nicht übers Knie brechen. Wir haben
zu Hause, sagt die Frieda, immer um sechs Uhr die Bescherung
gehabt. Wir haben die Bescherung, sage ich, immer um
halb acht gehabt. Wir haben sie um sechs gehabt,
sagt die Frieda, Um sechs Uhr schon Bescherung, sage ich,
warum dann nicht gleich schon um vier Uhr oder schon im
Oktober, wir haben die Bescherung immer um halb acht
gehabt, manche Leute haben ja die Bescherung erst am
anderen Morgen. Und wann sollen wir essen, fragt die
Frieda: Nach der Bescherung, sage ich. Also um neun Uhr,
sagt die Frieda, bis dahin bin ich ja verhungert, wer hat
übrigens das Marzipan, das hier auf der Truhe lag, geges-
sen? Ich nicht, ruft die kleine Frieda aus der Küche. Also,
sagt die Frieda, also wenn du den Baum nicht in einer
Viertelstunde fertig hast, dann könnt ihr euch eure ganze
Bescherung sonstwo hinstecken.
Vielleicht fängt schon mal einer an zu singen, sage ich,
desto leichter geht mir der Baum von der Hand. Und alle
ästhetischen Überlegungen nun über den Haufen werfend,
überschütte ich den schönen Baum mit allem, was wir
haben, so daß man schließlich vor lauter Glanz und Gloria
keinen Baum mehr sieht und die Frieda kommt wieder rein
und sagt, nun hast du´s ja doch wieder so gemacht, wie im
vorigen Jahr, das nächste Mal schmücke ich den Baum.
Ja, sage ich, wenn ihr mir keine Zeit laßt, kann natürlich kein
Kunstwerk entstehen. Nun steh hier mal nicht im Weg, sagt
und halte dumme Reden, geh jetzt hier mal raus, ich muß
jetzt hier die Geschenke packen und aufbauen. Ja, wo soll
ich denn hingehen, frage ich, darf ich vielleicht ins Wohn-
zimmer? Nein, ruft da meine Schwägerin, die inzwischen
eingetrudelt ist, daß mir keiner ins Wohnzimmer kommt, ich
bin noch nicht fertig. In die Küche darf ich auch nicht, da
bastelt nämlich die kleine Frieda noch an diesen entzücken-
den Kringelschleifen für jedes Päckchen herum. Die Frieda
kommt aus dem Christbaumzimmer und ruft: Augen zu!!!
Ich halte mir die Augen zu und sage: Ins Bad nur über
meine Leiche, da hab ich nämlich meine Geschenke
versteckt. Und so geht das die ganze nächste halbe
Stunde: Dreh dich mal um, guck nur nicht unter den
Teppich, wer hat den Schlüssel vom Kleiderschrank, ich
brauche noch geschmackvolles Weihnachtspapier, der
Klebestreifen ist alle, willst du wohl von der Tür da weg-
gehen, such lieber mal die Streichhölzer, meine Mutter hat
das alles alleine gemacht, das ist gemein, du hast geguckt,
die paar Minuten kannste wohl noch warten! Bis es dann
endlich soweit ist, aber auch dann kommt keine Ordnung
zustande, dann heißt es: Wer packt zuerst aus? Du! Nein,
ich doch nicht, zuerst das Kind, dann du. Nein, du dann.
Wieso ich? also, dann du und dann ich. Ich zuletzt, bitte.
Nun werden Sie vielleicht mit Recht fragen, sagen Sie mal,
wird denn bei Ihnen gar nicht gesungen, wird bei Ihnen nur
eingepackt und ausgepackt. Doch, doch, natürlich, wir
singen auch, erste Strophe und so, aber dann fällt´s
meistens auseinander, aber wissen Sie, beim Einpacken
und Auspacken, da sind wir alle so nervös und verlegen,
dabei merkt man die Liebe und den Frieden und den
Menschen ein Wohlgefallen viel viel stärker als beim Singen
Und auch der Baum, der kann dann sein, wie er will,
groß oder klein, dürr oder dicht, bunt oder schlicht,
alle sagen dann jedesmal: Also der Baum…,
also der Baum…, der Baum ist wunderschön.
von Hanns Dieter Hüsch