Auf dem Rückweg zum Hotel werden wir noch Zuschauer eines Heimspiels des FC Toamasina in der Hafen-Arena:
In der Nacht haben wir trotz fehlendem Straßenfest wieder schlecht in der düsteren Kammer geschlafen und sind froh, als es endlich Morgen wird. Eine klapprige Anordnung von Fahrzeugbauteilen, die mal ein Peugeot 205 war (das Modell, welches meine Generation schon während der Abiturzeit schon runtergeschrubbt hat) holt uns vor dem Hotel ab und bringt uns zum Flughafen. Wir sind sehr früh da und müssen uns noch eine Weile gedulden. Als wir endlich einchecken können, kommt das, was wir befürchtet haben aber wo wir immer dachten, wir kommen drum herum
– alles wird
gewogen, einschließlich uns selbst. Erst die großen Taschen, die waren nur ein bißchen zu schwer. Dann mein Fotorucksack, der mit stolzen 13kg die zulässige Masse fast um 100% überschreitet. Dann ich selber, da meckern sie komischerweise aber nicht. Am Ende werden wir zur Kasse gebeten und müssen für das Übergepäck blechen. Uns rutscht der Magen in die Hose und voller Entsetzen zählen wir die Nullen hinter der zwei auf der Quittung. Es sind vier. Zwanzigtausend Ariary!!! Das muss man sich mal reinziehen. Ok ok, es sind etwa sechs Euro
und erleichtert bezahlen wir, holen unsere Bordkarte ab und gehen durch die – haha –
Sicherheitskontrolle, natürlich mit Handgepäck. Diese besteht aus einem Metalldetektor, bei dem der Stecker nicht mal in der Steckdose war. Aber wir müssen durch. Vorschrift ist Vorschrift. Wenn er angeschaltet gewesen wäre, hätte es mit meinem Fotorucksack wahrscheinlich die Sicherung herausgehauen oder ich hätte einen EMP ausgelöst. So warten wir gespannt, wann unser fliegendes Buschtaxi ankommt. Da kommt sie schon, unsere Twin-Otter. Mit dem Geräusch einer zornigen Hummel schwebt sie herein und rollt sportlich heran, ähnlich wie wir das damals in
Tulear erlebt hatten.
Ein erste Sichtkontrolle ergibt, dass noch alle wichtigen Bauteile dran sind. Nicht einmal die Lackierung weist Makel auf. Wir dürfen einsteigen. Mit dabei ist eine rüstige alte Oma, die noch mit großem Tamtam von der Familie auf dem Flughafen verabschiedet wird. Sie ist klapperdürr und mit ihren augenscheinlich 99 Jahren (wahrscheinlich sind es in Wirklichkeit 66) begibt sie sich furchtlos an Bord und findet problemlos auf dem schmalen Sitz ihren Platz. Bei mir ist das anders, eine Hinterbacke muss frei schwebend im Gang Platz nehmen. Das Interieur der Twin Otter strahlt, obwohl das Flugzeug ein
Westprodukt ist, strammen DDR-Charme aus, irgendwo zwischen Tatra-Straßenbahn und Ikarus-Bus, aber ohne Halteschlaufen.
Das Anlassen der Triebwerke und ist erstaunlich unspektakulär, wir rollen los und nach einer Startstrecke, die gefühlt in einen Großstadt-Vorgarten gepasst hätte, heben wir ab. Kürzer geht's nur noch mit einem Hubschrauber. Jetzt, wo die Kiste unter Beweis gestellt hat, dass sie fliegt, lehnen wir uns entspannt in unseren Sitzen zurück, bzw. wir würden es tun, wenn wir könnten, denn die Rückenlehnen sind sehr kurz.
Dank der dünnen Kabinenwand habe ich GPS-Empfang und messe 290km/h Reisegeschwindigkeit.
Dieses Bild zeigt die effiziente Verstauung von Fracht und Gepäck. Hier hat sich übrigens auch der
Fehlerteufel eingeschlichen. Wer findet ihn?
Über den Wolken...
Moose hatte ja ziemlichen Bammel vor diesem Flug aber ich hatte aus meiner Kindheit noch die Shuttle-Flüge in Nigeria zwischen Kano und Kaduna in Erinnerung, in dieser elenden Dornier Skyservant, wo einem von dem Gekreische der primitiven Kolbenmotoren fast die Zähne ausgefallen sind. Dagegen ist so eine Twin Otter mit ihren Turboprops schon Luxus.
Im
SturzSinkflug beschleunigen wir dann noch mal kurz auf 320 Sachen und nach einer scharfen Rechtskurve visiert der Pilot schon die Landepiste an und setzt mit einem satten Rumms in Maroantsetra auf. Elegant wie mit einem Sportwagen schlenkert er um die Kurve und kommt vor der Ankunfts
hallebaracke zum stehen. Es riecht nicht mehr nach stickiger Hafenstadt, sondern nach Wildnis. Wir falten unsere zerknautschten Körper auseinander und torkeln erleichtert die
GangwayKlapparatur herunter aufs Rollfeld. Auch die Oma hat den Flug hervorragend überstanden, wahrscheinlich auch dank der Schweizer Mitreisenden, die sie dank ihrer Französischkenntnisse aufmuntern konnten.