3. Tag
Montag, 17. Juli 2017
Kibale National Park (Uganda) - Kibale Guest Cottage
Am heutigen Tag ist ein Schimpansen-Tracking im Kibale Forest National Park geplant. Die Permits dafür haben wir lange im Voraus für jeweils 150 USD bei Douglas gebucht.
6:00 Uhr : Der Wecker klingelt.
7:00 Uhr : Es gibt Frühstück.
7:30 Uhr : Wir fahren los.
Nach circa 10 Minuten kommen wir am Headquartier an. An dem Anmeldestand zeigen wir unsere Permits und wollen uns in die Liste eintragen, als die nette Dame uns sagt, dass unsere Permits für das Nachmittag-Tracking sind. Waaaas? Ich wusste gar nicht, dass es ein Tracking nachmittags gibt! Und wir haben keine Nachmittags-Permits gebucht! Sie schlägt vor, zu warten und falls nicht zu viele Touristen kommen, können wir doch teilnehmen. Auch das kommt mir merkwürdig vor, sie müsste doch wissen, wieviele Anmeldungen vorliegen, da die Permits lange im Voraus bestellt werden.
Nach ca 20 Minuten fragen wir sie nochmal nett und vorsichtig und sie sagt, wir können uns in die Liste eintragen. Sie fragt, mit welcher Company wir sind und ist ziemlich sprachlos, als wir antworten, dass wir selbst fahren. Ihr Kollege möchte unsere Namen auf eine andere Liste eintragen und hat ziemlich große Schwierigkeiten, meinen 5-stelligen Nachnamen zu schreiben. Oh Gott, bei Matthias sind auch 5 Buchstaben und das wird richtig zum Problem. Da hat er plötzlich eine Idee, die uns alle rettet: "I write Adriana and when I say Adriana, I mean you both, ok?". So soll es sein!
Gleich gehts in den Breefing-Room und ein Ranger, der sich Joe nennt, macht das Breefing mit uns allen. Er erzählt ziemlich viel und ich verstehe ungefähr die Hälfte, aber da ich schon im Voraus viel über diese Trackings gelesen habe, weiß ich schon das Wichtigste: wir dürfen keinen Müll im Wald hinterlassen, wir dürfen im Wald nicht essen, wir sollen immer dicht beim Ranger bleiben, wir sollen uns ruhig verhalten, die Tiere nicht provozieren usw. Etwas für mich Neues gibt es doch: "Don’t imitate the Chimps!". Jetzt könnte man sich fragen, ob es wirklich Leute gibt, die das in Erwägung ziehen würden. Das weiß ich nicht, aber den beiden Teenagern, die direkt vor uns genervt sitzen, würde ich sowas zutrauen.
Dann werden wir in 4 Gruppen a 6 Personen eingeteilt. Der Ranger von der Anmeldung liest von der Liste die Namen der Reisegruppen vor, d.h. den Namen der Company und bei uns sagt er einfach "Adriana 2". Wir wissen Bescheid. In unserer Gruppe ist noch ein asiatisches und ein amerikanisches Pärchen und unser Ranger heißt Gordon.
Um genau 8:30 starten wir. Wir müssen noch ein Stück mit den Autos fahren und Gordon ist auch ziemlich sprachlos, als er erfährt, dass wir selbst fahren. Er steigt bei uns ins Auto und fährt mit. Unterwegs sagt er uns, dass es eigentlich viel besser ist, selbst zu fahren, man kann alles selbst entscheiden und man ist nicht auf andere angewiesen.
Nach einer kurzen Fahrt parken wir die Autos und steigen aus. Gordon erzählt uns noch ein paar interessante Sachen über Schimpansen und erklärt uns noch, warum er und seine Kollegen bewaffnet sind. Falls wir auf Elefanten treffen, was er wirklich nicht hofft, dann muss er einen Warnschuss in die Luft geben, weil die Waldelefanten sehr aggressiv sind.
Wir gehen los und schon hat uns der Wald geschluckt! Große, hohe Bäume nehmen uns die Sicht, alles ist grün und feucht. Der Untergrund ist flach, man kann eigentlich ziemlich gut laufen und alle halten das Tempo mit. Die anderen Gruppen haben sich auf unterschiedliche Pfade verteilt und die Ranger bleiben per Funk miteinander in Kontakt, um alle zu informieren, wenn man die Schimpansen gefunden hat.
Nach circa einer halben Stunde hören wir ein Affengeschrei. Die Schimpansen haben uns entdeckt und kommunizieren untereinander, es wird immer lauter, ohrenbetäubend und über uns leben die Bäume! Wir sind auf eine Schimpansen-Gruppe mit circa 40 Mitgliedern gestoßen und Gordon sucht einen passenden Platzt für uns, wo wir Fotos machen können. Die Schimpansen essen nur das saftige Fruchtfleisch und schmeißen den Rest runter, sodass wir darauf achten müssen, nicht getroffen zu werden. Inzwischen hat Gordon seine Kollegen über Funk informiert und es kommen auch andere Touristen. Ich muss aber sagen, dass die Ranger alles gut organisieren und darauf achten, dass jeder einen guten Beobachtungsplatz hat, dass es nicht zu eng wird.
Die Schimpansen beruhigen sich und beachten uns nicht mehr, sie kehren zu ihren normalen Tagesaktivitäten: die Mütter spielen mit den kleinen Babys, andere betreiben gegenseitig Körperpflege, viele laufen elegant über die Äste und alle essen nebenbei noch eine Menge Früchte.
Wir beobachten sie und machen Fotos, so gut wir können, jedoch ist es extrem schwierig, die ganze Zeit mit dem Kopf im Nacken zu stehen und zwischen den Ästen und Blättern bei der Höhe ein gutes Foto zu schießen. Ich hatte gehofft, die Affen würden mehr auf dem Boden sein, ist aber nicht so.
Nach einer Stunde ist es Schluß und Gordon bricht mit uns auf. Er geht vor unserer Gruppe, ich bin direkt hinter ihm, als er plötzlich aber ruhig stehen bleibt. Ich schaue über seine Schulter und mir bleibt das Herz stehen: keine 3 Meter vor uns entfernt ist ein großer Schimpanse runter geklettert, er erreicht gerade den Boden. Er ist groß, riesen groß, hat einen breiten Rücken und bewegt sich ruhig und langsam, für mich wie in der Zeitlupe. Dann dreht er sich um und geht weg. Gordon geht hinter ihm und unsere 6-er Gruppe hinter Gordon. Der Schimpanse geht sehr gemütlich, aber seine Schritte müssen riesig sein, denn wir haben Mühe in dem dichten Wald mit ihm mitzuhalten. Wir gehen ungefähr eine Viertel Stunde hinter ihm, dann erreichen wir einen breiten Pfad. Er geht noch circa 5 Minuten auf diesem Pfad, dann bleibt er stehen, dreht sich um, schaut uns lange an, richtet sich auf die Beine auf, macht eine Pose, dann verschwindet er links in dem dichten Wald. Was für ein Erlebnis! Wir sind alle hin und weg.
Gordon wird von seinen Kollegen informiert, dass in unserer Nähe eine große Gruppe von Schimpansen ist und er macht sich mit uns auf den Weg dahin. Wir müssen uns beeilen, weil das gesamte Tracking keine 3 Stunden überschreiten darf. Auf dem Weg wird Gordon wieder informiert, dass Schimpansen sich auf uns zu bewegen. Ist das wahr? Wir bleiben stehen und schauen in die Richtung. Es ist nichts zu sehen, nichts zu hören. Auch über uns sind die Äste ruhig. Plötzlich taucht aus dem dichten, dunklen Wald ein großer, richtig großer Schimpanse auf und kommt in unsere Richtung. Wir machen die Fotoapparate bereit, ich zumindest will das machen, gehe in die Hocke, suche Halt auf dem feuchten Boden und will den Riesen fotografieren, als ich merke, dass er direkt auf uns zu rennt und ich meine wirklich direkt auf uns zu! Ich bin ganz vorne, kriege Panik und will aufstehen. Aus dem Augenwinkel merke ich, dass auch die anderen Angst bekommen, zumindest versuchen die Amerikanerin und die Asiatin auch, weg zu kommen. Gordon versucht uns zu beruhigen, wir sollen keine Angst haben, ruhig bleiben und Platz machen. Zu spät, der Riese ist zu schnell, er macht sich den Weg mitten durch unsere Gruppe frei, schubst die Amerikanerin zum Boden und rennt gegen einen großen Baum, wo er drauf haut und laut schreit. Er zeigt dadurch seine Stärke, seine Überlegenheit. Plötzlich hören wir Gordon "Give him place!", der nächste Riese hat uns erreicht und rennt auch mitten durch unsere Gruppe. Er nimmt sich den nächsten großen Baum, haut sich dagegen und schreit laut. Dann klettern die beiden in die Bäume hoch, wo ein Kampf beginnt. Es ist ohrenbetäubend und über die Bäume kommen andere Affen, auch laut schreiend.
Wir kommen langsam zu Ruhe, zum Glück ist niemand verletzt und beobachten eine Weile noch die Affen über uns.
Kurz nach 11 Uhr sagen wir den Chimps auf Wiedersehen und machen uns auf den Rückweg, kommen zu den Autos, geben Gordon sein verdientes Trinkgeld, bedanken uns und fahren zurück zu unserer Lodge. Das Tracking war nicht so schwierig, ein Spaziergang durch den Wald, alles Flachland.
Wir haben das Tracking mit den emotionalen Erlebnissen voll genossen und entscheiden uns für einen ruhigen, faulen Nachmittag auf der Terrasse unseres Cottages. Später gehen wir noch ins Restaurant, wir sind heute die einzigen Gäste in der ganzen Lodge und plaudern entspannt mit dem Manager.
Am späten Abend geht Matthias nochmal zum Auto, weil wir das Mücken-Spray nicht mehr finden. Große Freude, das Spray ist im Auto! Und noch größerer Schreck, wir haben einen Platten! Wie ist das möglich, nach nur einem Fahrtag?? Matthias zieht sein T-Shirt aus und macht sich an die Arbeit, den Reifen wechseln. Der Manager kommt zu uns, schaut sich das Unglück an und ruft sofort jemanden an, der uns helfen könnte. Gegen 19 Uhr kommt der Angerufene auf einem Boda-Boda (Motorrad-Taxi). Zusammen wechseln wir den Reifen. Es ist bald dunkel, aber wir möchten morgen nicht ohne intakten Ersatzreifen fahren und der nette Helfer macht von sich aus den Vorschlag, den kaputten Reifen zu reparieren. Zu zweit inklusive Ersatzreifen fahren sie zurück auf dem kleinen Motorrad-Taxi und kommen gegen 21 Uhr zurück. Der Reifen ist repariert und wir können beruhigt schlafen gehen.
Morgen gehts weiter nach Süden, zum Queen Elizabeth National Park.