Landrover der Sechziger mit faszinierender Geschichte

Landrover aus den 60ern
Ein Schmuckstück: Seit Ende 2018 ist der Landrover der Serie 109” IIA fast wie neu. Foto: Brigitte Weidlich

Ein vernachlässigter Landrover der berühmten 109” IIA Serie aus den sechziger Jahren, der dem Sohn eines deutschen aristokratischen Nazi-Gegners gehörte, ist nach langen Jahren auf einer Farm in der Kalahari-Wüste wieder entdeckt und restauriert worden.

Der Landrover erregte 2007 die Aufmerksamkeit eines Oldtimer-Liebhabers, als der blaublütige Eigentümer verstarb und der Nachlass abgewickelt wurde. Es dauerte bis 2018, das Autowrack zu restaurieren.

Aus Alt mach Neu

Nachdem Fürst Friedrich Wilhelm zu Solms-Baruth Anfang 2006 gestorben war, verkauften seine beiden Söhne dessen Farm Dabib im Süden Namibias. Während der Nachlass-Abwicklung besuchten Vertreter der Anwaltskanzlei die Farm. Dabei entdeckte einer der Anwälte, Claus Hinrichsen, den alten, hellblauen Landrover mit Ladefläche, der in Vergessenheit geraten war. Nachdem die Farm einige Zeit später verkauft war, verhandelte Hinrichsen mit dem neuen Besitzer, ebenfalls ein Farmer, über den Verkauf des Autowracks. Der Farmer war einverstanden.

Landrover auf Anib
Der Landrover hatte 50 Jahre auf dem Buckel und war stark vernachlässigt, als er auf der Farm Anib entdeckt wurde. Foto: Mannfred Goldbeck

„Der Wagen war in einem schlechten Zustand, sogar das Chassis war gebrochen“, erinnert sich Hinrichsen. „Es war auch schwierig, die Originalpapiere von diesem Landrover aufzuspüren, was nur teilweise gelang. Das Baujahr ist immer noch nicht ganz geklärt,“ sagt der passionierte Landrover-Liebhaber.

Festgestellt werden konnte bisher nur, dass der Wagen vor 1969 vom Fließband lief, da die Scheinwerfer des Oldtimers vorn in der Mitte links und rechts vom Kühler sind. Erst ab Februar 1969 hatte die Rover Company die Scheinwerfer vorn in die Kotflügel versetzt, damit sie einen größeren Abstand voneinander hatten.

Chassis
Der Landrover wurde komplett auseinandergenommen und in seine Einzelteile zerlegt; hier das Chassis. Foto: Claus Hinrichsen

Hinrichsen konnte im Westkap in Südafrika eine Firma finden, die sich auf das Restaurieren von Landrovern spezialisiert hat. 2016 wurde der Wagen dorthin gebracht. Es dauerte zwei Jahre bis Ende 2018, um das Mammutwerk abzuschließen. „Es ist keine hundertprozentig authentische Restaurierung. Die Werkstatt hat das Machbare und Praktische hinbekommen, damit der Landrover wieder fahren kann“, sagt Hinrichsen.

Auf die Frage, was ihn das ganze Vergnügen gekostet habe, antwortet er schmunzelnd: „Darüber reden wir lieber nicht, es war nicht billig – jetzt sieht er aber wieder schön aus, das ist die Hauptsache.“

Landrover innen
So sieht die spartanische Ausstattung innen aus. Foto: Brigitte Weidlich

Wenn der Landrover erzählen könnte…

Die Farm Dabib bei Mariental war ursprünglich 49.582 Hektar groß. In den sechziger Jahren wurden drei große Teile der Farm abgetrennt und einzeln verkauft. Eines der abgetrennten Areale war 10.000 ha groß und wurde die Farm Anib. Einige Jahre später wurde Anib weiterkauft und gelangte schließlich in den Besitz des Tourismusunternehmens Gondwana Collection Namibia. Daraus wurde der Gondwana Kalahari Park mit der Anib Kalahari Lodge, auf der Touristen und Reisende übernachten können.

Siebzig Jahre vorher hatte Friedrich Hermann zu Solms-Baruth, Vater von Friedrich Wilhelm, Dabib im Jahre 1937 gekauft. Der Stammbaum der Familie reicht einige hundert Jahre zurück bis nach Unterschlesien und Baruth östlich von Berlin. Der Fürst war ein Gegner des Dritten Reiches und der Nazis, die 1933 an die Macht kamen. Fürst zu Solms-Baruth sah eine dunkle Zukunft für Deutschland und seine eigene Familie herannahen. Er kannte den prominenten Geschäftsmann Albert Voigts in Südwestafrika (heute Namibia), der dienstlich oft in Deutschland war. Voigts empfahl dem Fürsten, eine Farm in Namibia zu kaufen, was dieser auch tat. So wurde er Eigentümer von Dabib.

Der Zweite Weltkrieg verändert alles

Die Familie zu Solms-Baruth besaß große Ländereien östlich von Berlin. Ohne Wissen der Familie hatten die Nazis während des Zweiten Weltkriegs im Wald auf einem der Güter ein Lager für russische Kriegsgefangene eingerichtet. Als ein Angestellter dies meldete, eilte Fürst Friedrich Hermann sofort hin und protestierte vehement gegen das unrechtmäßig angelegte Lager und gegen die unmenschliche Behandlung der Kriegsgefangenen. Das machte ihn bei den Nazis sehr unbeliebt. Er stand auch dem Kreisauer Kreis der Nazi-Gegner wie Ludwig Beck und Graf Claus von Stauffenberg nahe. Diese Gruppe hatte das Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 geplant.

Das Attentat misslang, Hitler überlebte. Die Nazis verhafteten hunderte Personen, auch den Fürsten. Er musste Monate in Einzelhaft verbringen. Dank seiner familiären Verbindungen zum schwedischen und britischen Königshaus und aus Mangel an Beweisen wurde der Fürst im März 1945 kurz vor Kriegsende freigelassen. Er wurde aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Die Familie wurde enteignet und verlor ihren gesamten Besitz in Deutschland.

Auswanderung nach Namibia

Die Familie fand vorübergehend eine Unterkunft, der einzige Ausweg nach Kriegsende war jedoch auszuwandern. Wie gut, dass 1937 die Farm in Namibia (damals Südwestafrika) gekauft wurde! Die Einwanderungsanträge wurden gestellt. Südafrikas damaliger Premierminister Jan Smuts setzte sich persönlich dafür ein, dass die Familie Visa erhielt, da Solms-Baruth ein Nazi-Gegner gewesen war. Die Familie landete 1948 mit dem 22jährigen Sohn Friedrich Wilhelm mit dem Schiff in Walvis Bay.

Aus Dabib wurde einige Jahre später eine erfolgreiche Schaf-Farm, was der Fürst jedoch nicht mehr miterlebte. Er starb schon 1951 nach einer schweren Operation und wurde an seinem Lieblingsplatz auf Dabib in der Nähe eines Viehpostens beerdigt, der später „Solmscher Posten“ genannt wurde. Dieser Teil der Farm wurde in den sechziger Jahren verkauft und heißt heute Anib. Ein Grabstein erinnert am „Solmschen Posten“ an den Fürsten.

Sein Sohn Friedrich Wilhelm erbte den Fürstentitel und bewirtschaftete die Farm weiter. 1963 heiratete er, zwei Söhne wurden geboren.

Der Landrover wird gekauft

In den sechziger Jahren wurde der Landrover der Serie 109“ IIA mit langer Ladefläche angeschafft. Von Interesse ist, dass die Ladefläche stark umgeändert wurde, die neuen Seiten erhielten sogar noch ein Geländer (siehe Fotos).

Rostig und räderlos: der Solmsche Landrover vor seiner Restaurierung. Foto Mannfred Goldbeck

Das genaue Baujahr kann nicht mehr ermittelt werden, auf der Plakette in der Fahrzeugkabine steht: „Manufactured by the Rover Co. Ltd, Solihull, England.” Auf einer zweiten, kleineren Plakette unterhalb des Tachos ist “Rover South Africa, Manufacturing Pty Ltd, Port Elizabeth” zu lesen.

Die Landrover Zweier-Serie war die erste Erneuerung der ursprünglichen Bauform und prägte das charakteristische Landrover-Fahrzeug. Dafür war es jahrzehntelang weltweit bekannt, bis 2016 das letzte Defender-Modell vom Band lief.

Fahrzeuge der „IIA“-Serie hatten einen 2,5 Liter Benzinmotor und ein Chassis von 109-Zoll (2.769mm) Länge. Die Exportfahrzeuge waren die ersten, die einen 2,6 Litermotor erhielten und nur zwischen 1966 bis 1971. Eine weitere Veränderung war die Einführung des Ein-Tonner Landrovers 1968. Diese Modelle sahen genau wie die üblichen Dreiviertel-Tonner Modelle der 109“ IIA-Serie aus, hatten jedoch verschiedene Verstärkungen für den Transport schwerer Lasten.

Brigitte Weidlich

Original Link:

https://namibiafocus.com/landrover-der-sechziger-mit-faszinierender-geschichte/