2. Kapitel: Von Delhi zum Jim-Corbett-Nationalpark
Ähnlich gut wie das Abendessen ist auch das Frühstück im Eros Hotel. Mit gut gefüllten Bäuchen treffen wir CB und Mr. Satdev in der Lobby des Hotels. Schnell werden unsere Koffer wieder auf das Autodach gewuchtet und sicher vertäut. Und dann verlassen wir Delhi. Das ist ein sehr kurzer Satz für einen länger andauernden Prozess. Denn heute ist Montag und auch zu recht früher Stunde ist der Verkehr bereits um einiges lebendiger als am Vortag. Dazu kommt, dass sich Delhi natürlich extrem ausdehnt und so fahren wir noch eine ganze Weile vorbei an quirligem Leben und riesigen Hochhauskomplexen. So gibt es immer etwas zu sehen.
Die Fahrt von ca. 270 Kilometern Länge wird insgesamt etwa sechs Stunden dauern. Zuerst folgen wir einem gut ausgebauten Highway, später wird es über kleinere Straßen durch vielerlei Siedlungen gehen. Mittagsrast machen wir an einer Dharma. Das ist eine typische Raststätte, von denen sich zahlreiche an den großen Straßen Indiens finden. CB hat für uns heute die Shiva-Dharma ausgewählt. Das Lokal ist gut gepflegt, es gibt leckeres Essen und wir probieren zum ersten Mal den typischen würzig-süßen Chai. Und auch die Waschräume der Raststätte sind u.a. westlich ausgestattet und dazu noch blitzsauber – das wird übrigens bei allen Orten, an denen wir eine Pause einlegen, so sein. Eine schöne Unterbrechung des langen Wegs.
Durch landwirtschaftlich geprägte Gegend (mit der Vorbeifahr-Sichtung unserer ersten Nilgauantilopen auf den die Straße säumenden Feldern) legen wir den weiteren Weg bis zu unserem Ziel am Rand des Jim-Corbett-Nationalparks zurück. Die Fahrt zieht sich dabei durchaus.
Der Corbett-Nationalpark liegt im indischen Bundesstaat Uttarakhand am Fuß des Himalaya, dessen hohe Gebirgszüge man aber von dort nicht sehen kann. Er ist nach dem britischen Jäger und Naturschützer Jim Corbett benannt, der 1936 maßgeblich daran beteiligt war, dass dieser erste Nationalpark in Indien eingerichtet wurde.
Wir wohnen die nächsten drei Nächte im River Edge Resort, einer kleinen Hotelanlage direkt am Ufer des Kosi-Flusses.
Die Unterkunft umfasst etwa zehn Zimmer, die in fünf zweistöckigen Häusern über ein kleines Gartenareal verteilt sind. Dazu gibt es einen Pool (ganz wichtig für die Kids!) und ein wirklich exzellentes Restaurant, das optisch zwar eher schlicht daherkommt, kulinarisch aber mit zum Besten auf unserer Reise gehört. Wir haben hier Vollpension und können gar nicht so viel essen, wie uns hier zu drei Mahlzeiten am Tag angeboten wird…
Nachdem wir unser schlichtes Zimmer bezogen haben, möchten die Kinder unbedingt den Pool erkunden. Dieser ist jedoch aktuell fest im Besitz einer Rhesusaffenfamilie, die immer wieder auf einen etwa drei Meter hohen Baum am Rand des Schwimmbeckens klettert, um dann wie von einem Sprungbrett aus mit lautem Klatschen ins kühle Nass zu springen. Was sind die verspielten Makaken doch für überraschend geschickte Schwimmer! Wir beobachten höchst amüsiert. Als wir aber endlich die Kameras aus dem Zimmer geholt haben, ist der Affen-Badespaß leider beendet und wir können die Tiere nur im Ruhezustand ablichten.
Nachdem die Makaken von der Bildfläche verschwunden sind, machen schließlich unsere Kinder den Pool unsicher. Bei der herrschenden Hitze des Nachmittags ist das Wasser eine wirklich willkommene Abkühlung. Da kann man die Affen schon verstehen.
Nach dieser Pause unternehmen wir am fortgeschrittenen Tag noch einen lohnenswerten Ausflug zum nahen Garjia Tempel, der sich inmitten des Kosi-Flusses auf einem schroffen Felsen erhebt.
Der kleine Tempel liegt absolut malerisch. Um ihn herum ist eine Menge los. Es gibt bunte Stände, an denen die Pilger diverse Devotionalien kaufen können. Und Pilger gibt es hier zahlreich. Es wird im Fluss gebadet und geduldig angestanden, um die steilen Stufen zum Tempel hinaufzusteigen.
Mittendrin trotten heilige Kühe umher. Wir sind die einzigen Westler und werden entsprechend beäugt.
Das zu dieser Jahreszeit weitgehend trockene Flussbett nutzen wir zu einem kleinen Birding-Spaziergang. Wir hoffen auf Ibisbills, können die schönen Vögel aber leider nicht entdecken. Dafür zeigen sich Common und White-Breasted Kingfisher. Über unseren Köpfen fliegen Great Hornbills hinweg. Was sind das doch für riesige und schöne Tiere! Leider sind die genannten Vögel entweder weit weg oder sitzen im schlimmsten Gegenlicht. Die fotografische Ausbeute ist daher etwas schmaler. Immerhin ein paar andere Vögel können wir im Flussbett jedoch festhalten.
River Lapwing (Flusskibitz)
White-browed Wagtail (Weißbrauenstelze)
Common Greenshank (Grünschenkel)
Bis zum Sonnenuntergang bleiben wir hier und genießen die Vogelwelt und das lebendige Treiben rund um den kleinen Tempel.
Gern würden die Kinder eines der Tücher als Souvenir erwerben, die von den Gläubigen als Opfergabe im Tempel dargebracht werden. Da aber keines der Stoffstücke im Rahmen der reichhaltigen Verzierung aus nachvollziehbaren Gründen auf die Swastika als religiöses Glücksymbol verzichtet, sehen wir aus ebenso nachvollziehbaren Gründen von einem Kauf ab.
Nach Einbruch der Dunkelheit erreichen wir das River Edge und genießen zum Tagesabschluss ein wunderbares Dinner. Hier wird ganz authentisch nordindisch gekocht. Masala Paneer und Co wissen auf ganzer Linie zu überzeugen und sind so gewürzt, dass auch der sensible Mitteleuropäer mit Genuss speisen kann.
Bald geht es dann in die bequemen Betten, denn um kurz vor fünf wird die Nacht bereits wieder vorbei sein. Wir werden zu unserer ersten indischen Safari in den Corbett-Nationalpark aufbrechen.