Nachmittags bin ich wieder nach Tortuguero Town gefahren, meine Frau blieb in der Lodge, sie hat es nicht so mit den Fotos. So konnte ich ausgiebig und in Ruhe meinem Hobby nachgehen. Das Faultier hatte den Baum gewechselt, der Guide wies auf die Stelle im Baum hin wo es jetzt hing, ich habs auch mit Hilfe des Teleobjektivs gefunden, aber ein gutes Bild war bei bestem Willen nicht möglich. Dann halt von diesem juvenilen Basilisken.
Worauf ich in Vorbereitung dieser Reise eine besondere Vorfreude entwickelt hatte, waren die Leaf-cutter ants / Blattschneiderameisen. Sie sind eigentlich überall im Land anzutreffen, nur im höheren Gebirge ab 2.000m scheinen sie sich nicht wohl zu fühlen. Die ersten Vertreter ihrer Art liefen uns am Bootsanleger in Tortuguero über den Weg. Man kann diese kleinen Tiere gar nicht übersehen, denn trotz ihrer geringen Größe machen sie durch ihre über ihrem Körper getragenen, meist grünen Last auf sich aufmerksam, und wenn man sie trifft, dann sieht man gleich tausende auf ihrer Strasse dahin laufen – der Wald scheint in Bewegung zu sein.
Die Ameisen scheinen sich am Geruch ihrer Artgenossen zu orientieren, denn kommt eine Ameise vom rechten Weg ab, irrt sie orientierungslos umher.
Sie wurden beim ersten Anblick auch meine fotografische Obsession, denn es war eine Herausforderung sie auf den Sensor zu bannen. Meine 840mm fungierten als Makro, das geht bei dem Oly-Objektiv, da die Naheinstellungsgrenze bei nur 1,4 Metern liegt. Die Ameisen hielten aber nicht still, sondern sie rannten mit ihren Blättchen mit einer irren Geschwindigkeit durch den Bildausschnitt, so dass ich zunehmend verzweifelte. Da hilft nur: auf gut Glück draufhalten und hinterher die halbwegs brauchbaren Fotos selektieren. Bei den Kolibris ist es übrigens nicht anders.
Diese Ameisen können das zehnfache des eigenen Gewichts tragen. Wenn ich das könnte, wäre ich mit meiner Mittelgewichtsklasse mit weitem Abstand Olympiasieger beim Superschwergewicht und würde den aktuellen Weltrekord (265kg) um ein vielfaches übertreffen. Und so ein Gewichtheber rennt noch nicht einmal durch den Wald mit seiner Hantel über der Schulter.
Ich reiße mich von dem Gekrabbel am Boden los und schaue in den Himmel. Über dem Strand kreisen wieder die Geier und halten Ausschau, hier die Sandkuhlen der Schildkröten, die Objekte der Begierde. Der Strand war durchzogen von den Sandkuhlen. Noch wenige Wochen oder Tage, dann geht das große Gerenne ums Überleben der Kleinen los.
Wer eine Schildkröte tötet, hat mit bis zu 3 Jahren Haft zu rechnen, erklärte uns der Guide. Diese Strafe gilt übrigens nicht für die Jaguare, die nachts den Strand nach Schildkröten absuchen in der Eiablage-Saison. Trotz dieses Risikos, so meinte unser Guide, landen immer noch einige Schildkröten in den Küchen der Einheimischen. Apropos Jaguare: wir haben leider keinen gesehen. Der Guide meinte, die ziehen sich eher zurück in das Innere des Nationalparks, südlich von Tortuguero Town, und dort dürfen die Touristenboote nicht hinfahren. Na toll. Immerhin soll es in diesem Nationalpark wieder etwa 25 Jaguare geben, vor einigen Jahrzehnten waren sie wohl fast verschwunden. Augen auf, vielleicht habt ihr ja mehr Sichtungsglück.
Ahhhhhrrghh – ich stürze ab!
Egal wo in Costa Rica, wenn man gen Himmel schaut, ist es eigentlich nicht möglich, keine Geier zu sehen. Sie kreisen überall, ob am Meer, über landwirtschaftlich genutzter Fläche oder in den Bergen. Man kann ihnen nicht entkommen. Dabei sind sie nicht einmal majestätisch, sie sind relativ klein und benötigen viele Flügelschläge bei ihrem Flug, ihre Gleitphase finde ich relativ kurz.
Tortuguero Town