Ohne Herrn Appendix auf Sir Ernest Shackletons Spuren
- Reisebericht Südgeorgien & Antarktika -
Prolog
Irgendwann in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sah ich die erste Dokumentation über Südgeorgien. Diese Dokumentation, insbesondere die dort gezeigte unglaublich große Population von Königspinguinen, weckte ihn mir die große Sehnsucht, einmal diese Gegend der Erde mit eigenen Augen zu sehen. So stand für mich fest, falls ich mir jemals eine Reise in die Antarktis erfüllen könnte, dann wäre Südgeorgien ein absolutes Muss auf der Route.
In den vergangenen Jahren ließ ich des Öfteren mal bei meinem Mann diesen Reisewunsch fallen, aber aufgrund der Preise und des Wissens um meinen nicht gerade als seetauglich zu bezeichnenden Gleichgewichtssinn, haben wir dieses Ziel dann nie richtig ernsthaft verfolgt.
Vor wenigen Jahren stolperte ich dann mal eher zufällig über eine Reise mit der MS Delphin. Die Preise waren um einiges niedriger als bei anderen Schiffen, die ich mir bisher so angeschaut hatte. Dafür wurde dann mit einer höheren Zahl an Passagieren gefahren, aber irgendwo muss der Preisunterschied begründet sein.
Dann erfuhr ich, dass die MS Delphin nicht mehr unter Hansakreuzfahrten fuhr, somit schob ich diese Wunschreise ein weiteres Mal nach hinten, ohne es jedoch in meiner Wunschreiseliste von einem der vordersten Plätze zu streichen. Irgendwann würde sich hoffentlich die Möglichkeit ergeben und ich hoffte sehr, wenn es dann soweit wäre, dass uns auch der Gesundheitszustand meines Mann und mir keinen Strich durch die Pläne machen würde. Denn jeder, der in die Antarktis reist, muss vorab einen medizinischen Fragebogen ausfüllen, aufgrund dessen dann entschieden wird, ob man reisetauglich für dieses Zielgebiet ist. Eine medizinische Hilfe in diesem abgelegenen Gebiet ist nicht so einfach möglich, so kann z. B. kein Helikopter die Strecke vom südamerikanischen Festland in die Antarktis zurücklegen. Gerade dieser Punkt, den ich aber bis vor einiger Zeit zur Kenntnis genommen, aber nicht besonders tief bedacht hatte, wird wohl aufgrund unserer persönlichen Erfahrung auf der vorhergehenden Namibiareise zukünftig leider noch mehr in unsere Reisevorbereitungen einfließen.
Nun hatten wir schon ein gutes Jahr im Voraus unsere Reise ins südliche Afrika für den Herbst gebucht und als ich dann die Reiseroute der MS Delphin, die wieder ihre Reisetätigkeit - nun unter Passatkreuzfahrten - aufgenommen hatte, Ende des vorletzten Jahres in den Händen hielt, fragte ich meinen Mann. Eigentlich dachte ich nicht, dass er zustimmen würde, da nur wenige Wochen zwischen beiden Reisen lag, aber er schaute sich alles an und sagte „Ja, okay, lass‘ es uns machen, aber vergiss‘ nicht, dass Du Probleme mit Mr. Seasick bekommen könntest.“ Die Erfahrungen mit Reisen auf dem Wasser, die wir bisher gemacht haben, egal für wie lange und auf welchem Boot oder Schiff jeglicher Größe, haben gezeigt, dass sich Mr. Seasick immer hat blicken lassen. Ich war jedoch wild entschlossen, den Kampf mit Mr. Seasick für mein Wunschziel aufzunehmen.
Daraufhin buchte ich sofort; allerdings die Kreuzfahrt und noch eine kurze Verlängerung am Ende in Ushuaia und in Buenos Aires sowie auch die Flüge separat. Wir wollten nicht direkt vom Schiff in den Flieger nach Buenos Aires steigen, der schon fast 4 Stunden nur für die Strecke Ushuaia – Buenos Aires benötigt, dort den Flughafen wechseln und anschließend weiter nach Hause. So hängten wir noch wenige Tage dran, mehr wollten wir zu Jahresanfang auch nicht gleich von unseren Urlaubstagen verplanen. Darüber hinaus entschieden wir uns auch nach einigem Überlegen für eine bessere Kabinenkategorie. Schließlich sollte dies auch unser Zuhause für mehr als zwei Wochen sein und diese Reise würde wohl auch eher unter die Kategorie „einmal im Leben“ fallen. Diese Entscheidung sollten wir auch nicht bereuen.
Dann kam aber leider Herr Appendix dazwischen, sodass wir uns noch bis wenige Wochen vorher, genauer gesagt, bis zur nächsten Stornokostenstufe offen gelassen haben, ob wir die Reise nicht noch möglicherweise absagen müssen. Aber zum Glück ging es mir dann wieder gut und nach Rücksprache mit meinem Arzt und auch insbesondere im Hinblick darauf, dass die Erholung im südlichen Afrika gleich Null war, entschieden wir dann Anfang Dezember, dass wir die Reise machen werden.
Die Vorfreude, die nach dem Verlust von Herrn Appendix eine Weile nicht vorhanden war, kam dann auch wieder ganz schnell und genauso stark zurück, wie wir es kannten, als wir noch gemeinsam mit Herrn A. reisten.
Ein bisschen Skepsis begleitete uns jedoch, da wir nicht richtig einschätzen konnten, wie uns eine Kreuzfahrt, auch wenn es eine „Expeditionskreuzfahrt“ ohne Kleidungszwang bei Essen u. ä. und mit interessanten, wissenschaftlichen Vorträgen statt vieler Unterhaltungsprogramme werden sollte, gefallen würde. Na ja, ganz ohne Kleidungszwang ist wohl falsch beschrieben, Gummistiefel, die auch für diese Temperaturen beschaffen sein sollten sowie dicke, wasserdichte Hosen hatten wir schon vor Monaten angeschafft. Wir waren also gerüstet und zumindest mit unseren Gummistiefeln besser ausgestattet als zu seiner Zeit Sir Shackleton für unsere Reise auf den 6. Kontinent.