THEMA: Alaska-Canada - Zwischen Pazifik und Polarmeer
14 Mai 2021 08:58 #615905
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  • BikeAfrica am 14 Mai 2021 08:58
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Ich benötigte einen Gabelflug nach Zentralalaska und zurück aus Vancouver in Canada. Die ganze Aktion mit einem Fahrrad im Gepäck war damals derart umständlich, dass sich Hin- und Rückflug aus jeweils sechs Flügen zusammensetzen und jeweils etwa 24 Stunden dauerten. Ich flog also über Canada wieder nach Süden und kreuz und quer über die südlichen Staaten der USA nach Alaska und kam aus Richtung Südosten nach Alaska. Der Flug ging über die schneebedeckten Berge des weitgehend unberührten Wrangell St. Elias Nationalparks und die Chugach Mountains nach Anchorage und ließ erste Zweifel aufkommen, ob die Idee zur Reise zu meinen besseren Ideen gehören könnte.
Der Wrangell St. Elias Nationalpark ist der größte Nationalpark der USA (überhaupt liegen die fünf größten Nationalparks der USA alle in Alaska) und von den 13 höchsten Bergen der USA liegen alleine 9 in diesem Park.

In Anchorage stieg ich um und flog weitere 500 km nach Norden bis Fairbanks. Den gesamten Flug über sah ich zwischen Anchorage und Fairbanks kein einziges Haus, keine Straße, keine Brücke - nur Wald, Flüsse und schneebedeckte Berge. Irgendwie sah alles ungefähr so lebensfeindlich aus, wie ich es mir früher immer vorgestellt hatte. Nur die Eisbären fehlten.

Meine Zweifel wichen der sich immer mehr verstärkenden Gewissheit, dass mein Vorhaben scheitern würde. Was ich nicht wusste, war der Verlauf der Flugroute, die quasi direkt über der Straße verlief. So konnte ich weder die Straße noch die wenigen Siedlungen entlang dieser sehen.
Auf dem Flughafen machte ich mein Fahrrad reisefertig. Ein halbes Dutzend anderer Passagiere schauten zu und ein paar andere drückten sich in der Gegend rum und "lasen" ein paar Aushänge mit Infos, schauten aber ständig "heimlich" zu mir rüber.
Irgendwann sprach mich einer der Zuschauer an und meinte:
"Weißt du eigentlich, wo du bist? Du bis in A-l-a-s-k-a. Was hast du mit dem Fahrrad vor?".
- "Ich will den Alaska Highway fahren", antwortete ich.
"Mit dem Fahrrad? Du musst verrückt sein. Viel Glück", sagte er und verschwand.

Nach den vorangegangenen Eindrücken des Fluges brauchte ich solche "aufmunternden Worte" jetzt genauso dringend wie ein Loch im Kopf, aber jetzt war ich nun mal dort und musste zusehen, wie ich zurecht kam. In sechs Wochen würde mein Rückflug in Vancouver starten und irgendwie musste ich dort hinkommen.

Gruß
Wolfgang
Mit dem Fahrrad unterwegs in Namibia, Zambia, Zimbabwe, Malawi, Tanzania, Kenya, Uganda, Kamerun, Ghana, Guinea-Bissau, Senegal, Gambia, Sierra Leone, Rwanda, Südafrika, Eswatini (Swaziland), Jordanien, Thailand, Surinam, Französisch-Guyana, Alaska, Canada, Neuseeland, Europa ...
Letzte Änderung: 14 Mai 2021 09:07 von BikeAfrica.
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15 Mai 2021 11:37 #616022
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  • BikeAfrica am 14 Mai 2021 08:58
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Für 24 Stunden Flug und 12 Stunden Zeitverschiebung war ich erstaunlich munter, als ich um fünf Uhr morgens den Flughafen verließ und bereits von einem Empfangskomitee, bestehend aus einem Kampfgeschwader Moskitos, erwartet wurde. Auf dem Weg nach Fairbanks kam ich am Freizeitpark Alaskaland vorbei (dazu folgt ein gesonderter Beitrag und dann endlich auch mit Fotos) und hielt mich längere Zeit dort auf. Der Park war damals rund um die Uhr zugänglich (ich meine, das ist heute noch so) und so war ich frühmorgens geraume Zeit der einzige Besucher.

Anschließend fuhr ich in die Stadt, fand einen unglaublich gut bestückten Supermarkt und kaufte einige Lebensmittel und Dinge, die ich sonst noch benötigte. Wie ich dank meiner raschen Auffassungsgabe bereits erkannt hatte, würde ein Mückenmittel hilfreich sein und Reinbenzin für meinen Kocher brauchte ich auch (notfalls funktioniert er natürlich auch mit normalem Benzin, rußt dann aber halt wie ein Heizöl-Ferrari). Dummerweise beschloss ich, dass Sonnencreme nicht nötig sein würde, da ich ja praktisch die gesamt Zeit durch Wald radeln würde.
Weit gefehlt.
Zwar radelte ich praktisch die ganze Zeit durch Wald, aber die Bäume waren meist nur so 7-8 Meter hoch und beidseits der Straße war fast überall ein mehrere Meter breiter Streifen gerodet, damit Autofahrer die Möglichkeit hatten, Bären und Elche rechtzeitig zu sehen. Ich fuhr also nahezu die gesamte Zeit in der prallen Sonne.

Als ich zufällig an einer Tourist Information vorbeikam, ging ich hinein und fragte, ob mein Vorhaben realisierbar sei. Ich bekam zur Antwort, dass das alles kein Problem sei und das öfter mal jemand macht. Das beruhigte mich doch ungemein und wie sich später rausstellte, war es auch tatsächlich alles kein Problem.

Danach suchte ich nach einem Campingplatz und wurde bald fündig. Ich stellte mein Zelt auf und ging duschen. Als ich vom Duschen zurückkam, hatte sich ein Squirrel schon zielsicher durch eine der Packtaschen bis zum gerade gekauften Brot durchgefressen. Die teuren wasserdichten Taschen (für hinten, vorne und den Lenker hatte ich ziemlich genau 500 DM bezahlt) hatte ich erst im Vorjahr gekauft und jetzt hatte sich das wasserdicht bereits bei einer Tasche erledigt. Ich nahm das angefressene Brot und warf es in die Mülltonne, da ich nicht wusste, ob Squirrels irgendwelche unangenehmen Krankheiten übertragen. Ich wartete, bis das gierige Tier in die Tonne kletterte und legte den Deckel drauf. Am nächsten Morgen wollte ich es wieder freilassen und hob den Deckel runter. Es war kein Squirrel mehr in der Tonne. Entweder hatte das Squirrel gute Beziehungen zu David Copperfield oder ein anderer Camper hatte etwas weggeworfen und wurde kräftig von einem herausspringenden Squirrel erschreckt.
In der Zwischenzeit hatte es aber ganz ordentlich was gefressen. Wieso kann so ein kleines Tier fast so viel essen wie ich?

Gruß
Wolfgang
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