An der Laguna Huayna Khota, die bis auf ein paar Bläßhühner, Enten und ferne Flamingos vogelleer ist, treffen wir den Franzosen wieder. Wir laden ihn zu einem Kaffee ein und ratschen, am Ufer der Lagune sitzend ein bisschen. Unglaublich, was manche Leute so machen! Neun Monate ist er – nachdem er sich mit seiner Freundin zerstritten hat – allein mit dem Fahrrad unterwegs. Also für mich wäre das nichts!
Unser nächstes Ziel ist der berühmte Quenua-Wald, der fast überall bereits dem menschlichen Rodungseifer zum Opfer gefallen ist. Hier gibt es noch einen solchen Wald. Die Bäume heißen eigentlich Polylepis und gehören zu den Rosengewächsen. Sie bilden, wo sie noch übrig sind in den Anden die natürliche Baumgrenze und wachsen bis 5200m Höhe! Wir können uns alle für Bäume begeistern und verbringen den restlichen Vormittag mit spazieren gehen und fotografieren.
Mario und Anna, unsere Sportler packen sich etwas zum Essen ein und brechen zu einer Wanderung auf. Sie wollen erst abends wieder zu uns stoßen.
Es ist wunderbar einsam hier und die papierartige rote Rinde der Bäume fasziniert uns, ebenso wie ihr knorriger Wuchs. Toll sind auch die Zwillingsvulkane Parinacota (6348m) und Pomerape (6222m), die schon in Chile liegen.
Parinacota (links) und Pomerape
Der Parinacota ist ein echter Bilderbuchvulkan!
Als wir gerade unser Picknick auspacken erscheint wie aus dem Nichts(!) eine uralte Indigéna. Sie nickt uns freundlich zu uns setzt sich in unserer Nähe auf den Boden. Mit Händen und Füßen fragen wir zumindest nach ihrem Namen – wir verstehen „Rosahora“ und dass sie zahlreiche Kinder und Enkelkinder hat.
Sie nimmt ihr buntes Tuch vom Rücken und breitet diverse Kräuter vor sich aus, zeigt auf dieses und jenes und nennt die Namen dazu – das nehmen wir zumindest an. Das Wort „Pachamama“ zumindest verstehen wir
– gehen also davon aus, dass die Kräuter für die Erdgöttin bestimmt sind. Schade, dass wir uns nicht besser verständigen können. Während des gesamten Picknicks leistet sie uns Gesellschaft, außer einer Mandarine und einem Stück Schokolade will sie aber nichts. Nach dem Essen bereiten Gabi und ich auf einem Esbit-Kocher (wir legen noch ein paar trockene Zweiglein unter) einen echt italienischen Espresso
– das scheint sie sehr faszinierend zu finden – sie will den Kaffee allerdings nicht probieren. Erst als wir ihr einen Instant-Kaffee-Stick anbieten, lässt sie diesen blitzschnell in ihrer Schürzentasche verschwinden.
Wir schenken ihr auch noch die restliche Schokolade für ihre Enkel und nach dieser netten Begegnung machen wir uns auf den Weg. Rosahora verschwindet genauso lautlos, wie sie gekommen ist.
Die Begegnung hat uns so fasziniert, dass wir nicht einmal gefragt haben, ob wir ein Foto machen dürfen… Aber Pachamamas fotografiert man lieber sowieso nicht!