Bei Jankho Kala biegen wir auf die 12er in Richtung West-Nordwest, bei Turco schließlich auf die 27, die zum Sajama Nationalpark führt. Wir sind noch ca. 40 km vor dem Ziel und überqueren gerade ein ausgedehntes Flussbett.
Plötzlich sehe ich dort unten jemanden mit beiden Armen winken...
Ich glaube da braucht jemand Hilfe!!
M. bremst und dreht um, auch Stefan und Gabi folgen. Als wir das Flussbett erreichen kommt uns schon ein recht verzweifelt wirkender junger Mann entgegen. Ein Franzose mit seiner Frau und dem 5jährigen Sohn haben sich mit ihrem Pickup-Camper hoffnungslos im weichen Sand des Ufers festgefahren.
Der Franzose hat bereits große Löcher an allen 4 Reifen gegraben und ein Bolivianer steht mit seinem Jeep bereit um ihn herauszuziehen, hat es aber augenscheinlich alleine nicht geschafft. Trotzdem sitzt er stoisch in seinem Auto und wartet auf weitere Hilfe!
O.K. Das kriegen wir schon hin – während die Männer mit vereinten Kräften die weitergraben und Schmutzfangmatten unter die Reifen schieben, anschließend Alt und den bolivianischen Jeep vorspannen und es so schaffen, den Camper wieder flott zu kriegen, trinken wir Frauen gemütlich Kaffee und unterhalten uns mit der Französin. Sie schimpft wie ein Rohrspatz über ihren Mann, beruhigt sich aber als sie sieht, dass die Männer gut vorankommen und erzählt uns einiges über ihre Abenteuer – 2 Jahre sind die 3 in Südamerika unterwegs – beneidenswert!
Wir wollen uns gerade auf den Weg machen – nach zahlreichem Schulterklopfen, einem kühlen Bierchen für die Männer und noch ein bisschen Ratsch, da fällt mein Blick auf Uralt, der unbeteiligt daneben stand – oh nein!!!
Bei unserem Auto läuft irgendwas aus!!!
Waaaas???
Das kann doch wohl nicht wahr sein! Ein Blick unter die Motorhaube zeigt, dass der Kühler praktisch leer ist. Shit!
Kann es wirklich Zufall sein, das der soeben gerettete Franzose Hobbymechaniker ist??? Er bietet uns sofort seine Hilfe an und findet das Problem – ein Schlauch hat ein Loch. Mit Hilfe eines Stückes von unserem Benzinschlauch, der zum Reservekanister auf dem Dach gehört, repariert er unser Auto!
Wie viel Glück kann man eigentlich haben?? Dabei zieht sich der Arme auch noch eine Brandwunde zu,
da Uralts Motorblock noch ziemlich heiß ist… Wenigstens kommt so Stefans 1. Hilfe Set mal zum Einsatz!
Auf alle Fälle sind wir richtig froh, genau wie die Franzosen und nach weiterem Schulterklopfen machen wir uns auf den Weg, während die Familie beschließt am Flussufer zu übernachten!
Wir erreichen am Spätnachmittag die Zufahrt nach Sajama und in den Nationalpark, wo wir den Eintritt bezahlen. Dort warten 2 vollbepackte Indigenas auf eine Mitfahrgelegenheit. Klar könnt ihr mitfahren. Wir rutschen zusammen und die beiden quetschen sich dazu – Platz ist auch im engsten Auto.
Wir sind nur noch rund 4 km vor dem Ziel, da „würgt“ plötzlich Uralts Motor, dann… Stille.
Nichts geht mehr.
Uralt rollt aus und wir stehen.
O.K. Inzwischen sind wir Kummer gewöhnt.
Keiner regt sich auf. Unsere Mitfahrerin quetscht sich auch noch mit in Alt, dann fahren die anderen Voraus um Hilfe zu organisieren. Anna, Mario, M. und ich machen uns mit dem restlichen heißen Wasser zwei Tassen „Heiße Zitrone“.
Der Sajama beherrscht die Szenerie!
Wir genießen den Blick auf eine Alpakaherde im Abendlicht.
Die Viecher beäugen uns misstrauisch, was Mario auf die Idee bringt, sie streicheln zu wollen.
Gesagt getan.
Er steigt, mit Keksen bewaffnet aus und nähert sich den Alpakas mit forschem Schritt.
Die sind eher skeptisch und wollen weder gestreichelt werden, noch Kekse fressen…
Mario wirft ihnen die verschmähten Gaben zu und trifft eines der Alpakas am Hals.
Wir lachen uns im Auto halb tot!
Irgendwann gibt Mario auf und kehrt zu uns zurück. Kurz darauf nähert sich eine Staubfahne in Gestalt eines Jeeps. Stefan hat wiedermal einen der stets hilfsbereiten Guides aufgetrieben und wir werden kurzerhand abgeschleppt.
Als wir Sajama(Dorf) erreichen, glüht der gleichnamige Berg im letzten Abendlicht.
Uns erwartet eine unerfreuliche Überraschung.
Die anderen haben es noch nicht geschafft unsere Zimmerschlüssel zu organisieren und sind etwas verzweifelt.
Ich krame den spanischen Email-Verkehr mit dem Hostal Sajama aus dem Rucksack und klingle energisch an der Tür. Die öffnet sich einen Spaltbreit und ich halte dem Mann den Wisch unter die Nase. Zum Glück kann er lesen – Begeisterung sieht allerdings anders aus. Scheinbar gibt es zu wenige Zimmer. O.K. Eine Lösung wird sich schon finden lassen. Schließlich bekommen wir zwei „gute“ Zimmer, während Mario, Anna, M. und ich über Hühnerleitern zu zwei Zimmer in einem Nebengebäude gelangen. Sechs Betten stehen eng nebeneinander, sonst nichts. Handtücher gibt es keine, geschweige denn warmes Wasser.
Durch die Fenster zieht es wie Hechtsuppe.
Mir schwant, dass hier sonst wahrscheinlich die armen Guides schlafen müssen. Gemütlich ist jedenfalls anders, aber eine andere Wahl haben wir nicht, da es inzwischen dunkel ist. Auf meine Frage nach warmen Wasser zeigt uns der Angestellte einen Boiler mit einem Gashahn, den er kurzerhand aufdreht. Als wir mit dem Gepäck zurückkommen, stinkt es im ganzen Obergeschoss nach Gas!
Oh mein Gott!!!! Wir drehen sofort den Hahn zu und reißen alle Fenster auf!!! Der Angestellte meint das ist normal und kein Problem!!!
Während wir uns solchermaßen herumärgern, erklärt sich der nette Guide bereit, sich Uralt mal anzuschauen. Blitzschnell hat er das Problem gefunden. Der Benzinfilter ist total verstopft!
Bevor wir uns dieses Problems annehmen, wollen wir aber erstmal schauen, ob wir noch was zum Essen ergattern können. Das wenigstens geht, auch wenn es eher mittelmäßig schmeckt – der Hunger treibt die Suppe, Spagettipampe und ein abgepacktes Schokotörtchen rein! Erst der heiße Tee erweckt unsere Lebensgeister wieder. Hier ist es so kalt, dass wir alle, auch die große Gruppe Italiener am Nebentisch mit dicken Daunenjacken und Mützen beim Abendessen sitzen. Nach dem Essen machen sich Stefan, M. und der hilfsbereite Guide daran, mit Stirnlampen bewaffnet den Benzinfilter auszubauen und zu reinigen – die Armen basteln fast 2 Stunden herum, schließlich zeigt der Guide den „Daumen hoch“ und erhält diesmal ein extra fettes Trinkgeld!
In unserem Zimmer bin ich trotz Schlafsack und diverser Decken ein Eisklumpen
– wenigstens der Gasgestank hat sich aber verzogen. Wir beschließen allerdings, lieber auf warmes Wasser zu verzichten, als den unfreiwilligen Gastod zu finden.
Hurra!!! Hier haben wir für 3 Nächte reserviert!
Bisher die schlechteste Unterkunft der gesamten Reise. Irgendwann wird es aber dank Schlafsack doch warm und wir schlafen ein.
Fortsetzung folgt...