THEMA: Reisebericht: Mit Fahrrad, Bus und Zug durch Kuba
30 Aug 2020 19:54 #594132
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Bartolomé Masó – Bayamo

Und wieder einmal bin ich früh auf den Beinen. Den Sonnenaufgang über der Sierra Maestra möchte ich keinesfalls verpassen. Zunächst sind Berge und Täler in dicke, graue Nebelbänke gehüllt, die Luft ist ungewohnt frisch. Aber schon bald färben die ersten Sonnenstrahlen die Landschaft in zarte Rosa- und Orangetönen.


Am nächsten Morgen


Die Sierra Maestra am frühen Morgen

Nachdem sich die Nebel verzogen haben verabschiede ich mich von der Sierra Maestra und mache mich auf den Weg nach Bayamo. Die knapp 50km bis Bayamo kann man in 3 Stunden gut schaffen. Unterwegs mache ich ein paar mal Halt, um an kleinen Cafeterias Nahrung zu fassen. Die Auswahl ist überall gleich überschaubar:

„Pan con Queso“ (Brot mit Käse),
„Pan con Jamon“ (Brot mit Schinken).
„Pan con Queso y Jamon“ (Brot mit Käse und Schinken

Zum Glück gibt es hin und wieder Guarapo-Stände, so dass ich mich mit flüssigem Zuckerrohr tunen kann.


Frühstück in der Cafeteria

Als ich wieder auf die Hauptverbindungsstraße Manzanillo – Bayamo einbiege, nimmt der Verkehr stark zu. Manchmal wird es bedrohlich eng, wenn gleichzeitig ein Fahrzeug entgegenkommt und ein Camion sich von hinten nähert. Ich höre dann hinter mir das Aufheulen des Motors, wenn der Fahrer herunterschaltet, um dann, sobald die Fahrbahn frei ist, wieder voll beschleunigend an mir vorbeizurasen. In solchen Situationen bleibt mir nichts anderes übrig, als soweit irgend möglich am rechten Fahrbahnrand zu fahren und zu hoffen, dass die Bremsen der Fahrzeuge funktionieren und, dass die Fahrer ihr Handwerk beherrschen.

Definitiv keine Traumstrecke für Radfahrer.


„29 Unfälle, 5 Tote, 42 Verletzte“


Kleiner Rast mit Che

Gegen Mittag rolle ich wohlbehalten in Bayamo ein.
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07 Sep 2020 16:35 #594389
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Bayamo


Bayamo Parque Cespedes

Einst war der Parque Cespedes in Bayamo einer der schönsten Kubas. Im Schatten uralter, mächtiger Laubbäume spielten Kinder, trafen sich Alt und Jung, um tagsüber der Hitze der Straßen zu entkommen. In den Blättern Bäume zwitscherten tausende Vögel. Ich habe es selbst erlebt, als ich im Jahre 2008 Bayamo besuchte.

Eines Tages beschlossen die für Stadtplanung zuständigen Funktionäre, dass sämtliche Laubbäume im Rahmen einer Neugestaltung des Parks entfernt werden sollen. Man stelle sich diesen Wahnsinn vor, 60-80 Jahre alte, gesunde, schattenspendende Bäume wurden gefällt, weil sie der Neugestaltung des Parks im Wege standen. Die Argumente für die Fällung waren, dass Laubbäume zuviel Schmutz verursachen, dass ihre Wurzeln die neugangelegten Wege beschädigen könnten und das sie die Wi-Fi-Verbindung stören würden.

Im Jahre 2017 war es dann soweit, alle Bäume wurden abgeholzt. Heute lässt die unerbittliche Sonne dort niemanden mehr auf den Bänken sitzen, tagsüber ist der Park wie ausgestorben.

Entsprechend der Schock, der mich trifft, als ich Bayamo gegen Mittag erreiche und mir erst einmal ein schattiges Plätzchen im Parque suchen möchte. Außer einer handvoll schlanker Palmen, die zwar hübsch anzusehen sind, aber als Schattenspender überhaupt nicht taugen, gibt es keinen einzigen Baum mehr. Dafür flimmernde Hitze und gleißende, spiegelnde Bodenplatten.


Bayamo – Der Parque im Jahr 2008, Treffpunkt für jung und alt.


Bayamo – Der Parque im Jahr 2008 mit altem Baumbestand.

In Bayamo bleibe ich nur eine Nacht. Da die Strecke Bayamo – Santiago stark befahren und auch landschaftlich nicht so reizvoll ist, packe ich am nächsten Morgen mein Fahrrad in den Bus und lasse mich nach Santiago fahren. Die kubanischen VIAZUL-Busse nehem problemlos Fahrräder mit, was sehr angenehm ist, hat man mal keine Lust eine bestimmte Strecke zu fahren, steigt man einfach in den Bus.

Bayamo – Santiago – Siboney


Unterwegs

Als wir gegen Mittag in Santiago ankommen, habe ich plötzlich keine Lust mehr auf Lärm, Hitze und Stadt. Ein paar Strandtage wären deutlich verlockender. Vor dem Terminal de Autobus frage ich einen der Maquina-Fahrer, ob er mich ins ca. 15 km entfernte Siboney fahren würde. Siboney ist ein kleiner Küstenort und quasi der Hausstrand Santiagos. Vor allem an Wochenenden zieht es viele Santiagueros nach Siboney, unter der Woche ist ist es dort eher ruhig.

Nachdem ich mit dem Fahrer einen akzeptablen Preis ausgehandelt habe, laden wir das Fahrrad in die Maquina. Sie ist so geräumig, dass wir das Fahrrad auf die Rückbank stellen können, ohne das Vorderrad abzumontieren. Immer wieder erstaunlich, wie geräumig diese US-Oldtimer konstruiert wurden.

Vamos a la playa. :)
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07 Sep 2020 16:39 #594390
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Siboney (bei Santiago)


Siboney

Der Strand von Siboney ist nichts Besonderes, aber gut genug, um mal zwei oder drei Tage dort abzuhängen. Er wird hauptsächlich von Kubanern besucht, ausländische Touristen sind selten.

Da ich das Fahrrad in zwei Tagen zurückgeben muss, mache ich noch ein paar Ausflüge in die Umgebung.

Das Museo Nacional de Transporte befindet sich knapp 10 km Richtung Osten. Es besitzt eine Sammlung von Oldtimern, unter anderem Autos aus dem ehemaligen Besitz von Batista und den Castros. Das behauptet zumindest mein Reiseführer.

Man kann sich fragen, warum überhaupt in Kuba ein Automobilmuseum besuchen, schließlich fahren genug Oldtimer auf den Straßen herum. Aber im Umkreis von Siboney gibt es nicht wirklich viel, was man besuchen kann. Also fahre ich da hin.


Auf dem Weg zum Museum gelingen mir ein paar Tierbeobachtungen… B)


Museo Nacional de Transporte


Museo Nacional de Transporte


Museo Nacional de Transporte - Maya Cuba

Auch kann man in diesem Museum das einzige Auto bewundern, das Kuba jemals produziert hat. Ein winziges, einzylindriges Gefährt Namens Maya Cuba, von 1963. Irgendwie sieht es aus, als hätte man es aus diversen Schrottteilen zusammengebaut…


Museo Nacional de Transporte

Die Rückgabe des Fahrrades an die Mitarbeiter von Profil-Cuba-Reisen in Santiago verläuft problemlos. Das Fahrrad wurde bei dem Unfall nicht beschädigt, lediglich eine meiner Ortlieb-Taschen hat ein paar Risse und ein Loch bekommen. Vermutlich hat die Tasche das meiste abgefangen.

Auch den Unglückshut gebe ich zurück. La Abuela hatte mir ja ausdrücklich eingeschärft:

„Prestado no es regalado“ (Geliehen ist nicht geschenkt) ;)

Und ich will sie keinesfalls enttäuschen. Als ich sie aufsuche um ihr den alten, fleckigen Hut wieder zurückzugeben, freut sie sich sehr. Als sie meine aufgeschürften Arme und Beine sieht, muss ich natürlich erzählen, was mir passiert ist. Die alte Frau ist so nett und voller Mitgefühl, dass ich die verhängnisvolle Rolle des Huts nicht erwähne.
Letzte Änderung: 10 Sep 2020 19:04 von Gu-ko.
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07 Sep 2020 16:41 #594391
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Und wie geht es weiter?

Ich habe noch knapp zwei Wochen Kuba vor mir. Nach einigem hin und her überlegen habe ich beschlossen, von Santiago mit dem Bus nach Baracoa weiterzufahren. Baracoa liegt im sogenannten „tropischen Osten“ der Provinz Guantanamo. Ihre größte Sehenswürdigkeit ist die üppige, reiche Natur, die die Stadt umgibt.

Ich will versuchen dort noch einmal ein Fahrrad für eine kürzere Tour zu mieten.
Letzte Änderung: 07 Sep 2020 16:42 von Gu-ko.
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10 Sep 2020 19:59 #594585
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Santiago – Baracoa

Am nächsten Morgen sitze ich im VIAZUL-Bus Santiago - Baracoa. VIAZUL ist eine ursprünglich auf ausländische Touristen ausgerichtete Busgesellschaft, die alle größeren Städte und auch die meisten Touristenzentren anfährt. In den letzten Jahren wird die Buslinie zunehmend auch von den Kubanern genutzt, die sich die vergleichsweise teuren Tickets leisten können. Die andere große staatliche Busgesellschaft wird unter der Marke ASTRO betrieben und ist Kubanern vorbehalten. Da die Fahrpreise staatlich subventioniert werden, kosten die Tickets nur etwa ein Drittel der VIAZUL-Preise. Dafür gibt es oft wochenlange Wartelisten und wer früher verreisen will muss die Ticketverkäufer bestechen.


Küstenstraße zwischen Santiago und Baracoa

Die Fahrt von Santiago nach Baracoa dauert gut sechs Stunden. Erster und einziger Stopp ist nach knapp zwei Stunden Fahrzeit in Guantanamo. Der Bus ist gut besetzt, aber nicht voll. Die meisten Fahrgäste sind Touristen-Pärchen, altersmäßig so Anfang bis Mitte Zwanzig. Ein paar Kubaner sind auch dabei, aber sie sind deutlich in der Minderzahl. Verwunderlich ist das mangelnde Interesse der Touristen (und der Kubaner) an der Landschaft, die wir durchfahren. Die meisten sitzen hinter zugezogenen Vorhängen, schlafen, oder tippen auf ihren Smartphones herum.


Küstenstraße zwischen Guantanamo und Baracoa


Küste zwischen Guantanamo und Baracoa




Sierra de Purial

Die gut ausgebaute Straße schlängelt sich mal entlang der felsigen Küste, dann durchs karge Hinterland und durch kleine, schläfrige Ortschaften. Obwohl ich die Strecke schon von früheren Reisen kenne, bin ich immer wieder fasziniert von der staubtrockenen, wüstenartigen Landschaft, die hinter Guantanamo beginnt. Auf den steinigen Böden wachsen fast nur noch Kakteen und dornige Büsche. Alles ist auf Hitze und Trockenheit eingestellt. Als ich bei einer kurzen Rast den klimatisierten Bus verlasse, kann ich kaum glauben, dass man bei diesen Backofentemperaturen leben kann.


Die Passstraße „La Farola“ Richtung Baracoa

Hinter Cajo Babo beginnt die enge und teilweise steile Passstraße „La Farola“ über die Sierra de Purial. Mit jedem Höhenmeter ändert sich die Vegetation von halbtrockener, wüstenähnlicher Kaktuslandschaft hin zu tropisch-grüner Bergwelt. Die Luft wird schwüler und feuchter, Wolkenbänke füllen die Täler. Wir haben ein paar schöne Ausblicke auf die umliegenden Bergketten, bevor es in vielen Kurven wieder bergab nach Baracoa geht.


La Farola – Die Passstraße


La Farola – Die Passstraße
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10 Sep 2020 20:00 #594586
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Baracoa

Baracoa ist die tropischste Stadt Kubas. Sie ist von Bergketten umgeben, deren steilen Hänge mit Regenwäldern bedeckt sind. Hier wächst alles, was warm und feucht braucht, Palmenwälder, Bananen, Kaffee, Kakao. Baracoa ist für sein heißes Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit berühmt. Für Naturliebhaber gehört die Landschaft um Baracoa zu den schönsten Kubas. Zu den sehenswerten Destinationen gehört der Alexander-von-Humboldt-Nationalpark, der Tafelberg El Yunke, mehrere Flüsse (Rio Moa, Rio Toa, Rio de Yumurí) und abgelegene Strände.


Baracoa


El Yunque, der Tafelberg und Wahrzeichen Baracoas

Im Baracoa-Busterminal werden wir von einer Schar Casa-Besitzer erwartet. Alle reden durcheinander, preisen ihre Unterkünfte an, oder strecken den Ankommenden bebilderte Heftchen hin, auf denen ihre Casas zu sehen sind. Die Konkurrenz scheint groß zu sein.

Eine Señora hält mir ein Fotoalbum unter die Nase.

„Casa con vista al mar“ (Haus mit Meeresblick) "Solo 15 CUC" (nur 15 CUC) sagt sie.

Meeresblick hört sich für mich gut an. Da man in Kuba immer ein bisschen handeln kann, frage ich:

„Con desayuno?“ (Mit Frühstück?)

Sie nickt, und ich sage: „OK“.

Die meisten anderen Touristen im Bus haben wohl schon Unterkünfte vorreserviert, sie werden mit Namensschildern erwartet.


Casa mit Meeresblick.

Tatsächlich kann ich von der oberen Terrasse meiner Casa, wenn ich mich auf die Zehenspitzen stelle, den versprochenen Meeresblick genießen. ;)

Während wir zur Casa laufen erzähle ich meiner Casa-Wirtin von meinem Vorhaben, ein Fahrrad auszuleihen, um zur Playa Maguana zu radeln. Sie gibt mir die Adresse eines örtlichen Fahrradverleihers. Sobald ich in die Casa eingecheckt habe, gehe ich dorthin.

Camilo, ein sympathischer junger Kubaner, betreibt den „Baracoa Bike Rental“ (baracoabikerental.com), Fahrradverleih und Reparatur. Wer schon mal versucht hat, in Kuba ein gutes Bike auszuleihen, weiß, dass das nicht einfach ist. Ok, in den letzten Jahren hat sich das Angebot deutlich verbessert, trotzdem ist es immer noch ein ziemliches Glücksspiel.

Aber bei Camilo werde ich fündig. Für 10 CUC (2 Tage) bekomme ich ein ordentliches Fahrrad. Schaltung funktioniert, Bremsen sind ok, nur die Kette rutscht manchmal ein bisschen durch, wenn ich zu stark „Gas“ gebe. Aber ich will nicht zu kritisch sein…

Erstaunlich wie vertrauensvoll Camilo die Fahrradübergabe gestaltet. Kein Dokument muss unterschrieben werden, keine Kaution hinterlegt, er fragt mich lediglich nach meinem Namen und in welcher Casa ich wohne.


Baracoa


Baracoa


Jeden Tag regnet es mindestens einmal


El Yunque

Tja und am nächsten Morgen bin ich schon wieder unterwegs. In der vergangenen Nacht hat es heftig geregnet und als ich losfahre, künden dicke Wolken weitere Regenschauer an. Unterwegs bekomme ich tatsächlich ein paar Wolkenbrüche ab. Aber das ist nicht schlimm, ich stelle mich irgendwo unter und warte bis der stärkste Regen vorbei ist.

Die Straße ist zunächst geteert, später ungeteert, dann wieder halb geteert, aber insgesamt gut befahrbar. Nur auf Brücken muss ich aufpassen, da sich dort oft breite und tiefe Risse gebildet haben. Mein Rad läuft fast wie von selbst. Einheimische grüßen vom Straßenrand her, manche winken mir im Vorbeifahren zu, oder rufen etwas hinterher, Kinder legen sich mächtig ins Zeug um mich mit ihren Fahrrädern zu überholen.


Straße Baracoa Richtung Maguana


Einer der Flüsse zwischen Baracoa und Maguana


Brücken sind oft in schlechtem Zustand


ÖPNV


Einer der Rios


Patria o Muerte


Manchmal wünscht man sich als Radfahrer eine Gasmaske
Letzte Änderung: 10 Sep 2020 20:04 von Gu-ko.
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