THEMA: "Social distancing" mit Gorillas
01 Mai 2020 20:05 #587878
  • Carsten Möhle
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  • Carsten Möhle am 01 Mai 2020 20:05
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Das Gorillatrekking
Die Anreise
Nach einem frühen frustrierenden frugalen Frühstück für Frutarier (diese Wortwahl ist der Bedeutung geschuldet, nicht der Alliteration, form follows function; es gibt auch kein Photo, ich hatte meine Makrolinse nicht dabei) ging es zum Unimog und die Fahrt in Richtung Mont Mikeno, der Gegend für dieses Gorilla-Trekking begann.

Die Sicherheitslage auf dieser Strecke war eindeutig besser. Nur 6 Ranger und jeder der Ranger hatte nur ein Magazin in seinen Magazintaschen.
Wir erhöhten die Sicherheit, in dem wir Heiko für einen Teil der Strecke mit auf den Begleitlandy gesetzt haben.


Aber es wurde wieder nur hinterhergefahren und das auch noch mit unzweckmäßigen Sicherheitsabständen. GRRR!


Aber der Mount Mikeno kam schon in den Blick



Der 4.437 m hohe Mont Mikeno ist der zweithöchste Vulkan in den Virungas. Es ist ein schlafender Vulkan – letzter Ausbruch im Pleistozän - und heißt „arm“ übersetzt, weil er wegen der steilen Hänge „arm“ an Menschen und landwirtschaftlichen Anbauflächen ist.







Ein reicher Berg auf fruchtbaren Vulkanboden wird so mit Bohnenwald bewirtschaftet:




Video Bohnenwald


Der Nyiragongo kam in den Blick.





Die Rangerstation
Das Rangerbüro „Bukima Patrol Post“ im Mikeno-Bereich ist nach 1 ½ Stunden erreicht.
Auf der Karte sieht man gut das Dreiländereck Congo-Ruanda-Uganda. Die Gorillas sind in echt nicht so groß, wie auf der Karte dargestellt. Das stammte wohl noch aus King-Kong Zeiten.



Wir werden vom Chefranger Daniel im Briefing-Raum begrüßt.



Hier machen wir den Affenschein, die Sicherheits- und Näherungseinweisung für den Besuch der Gorillas: Touristengruppen nicht größer als 6 Personen, ein Ranger vorneweg, ein Ranger hintendran, bei der Annäherung an die Gorilla - Gruppe nicht laut reden, nicht dichter als 7 Meter ran, wenn ein Affe auf einen zukommt, nicht bewegen, ein paar Hinweise zum Verhalten der Gorillas…

Dann trägt man sich in eine Teilnehmer - Liste ein.





Das war sie nun, die Tagesausbeute des Congo-Tourismus am 26.12.2019: 10 Touristen für das Gorilla Trekking und zeitgleich 8 Touristen, die auf den Nyriagongo Vulkankrater hochbegleitet wurden.
Gegenüber Gestern mit 4 Gorilla Besuchern eine Steigerung von 250%.
Läuft!

Beim Umsehen entdeckt man eine versteckte Spendenquittung an der Wand.



Die Gorillagruppenübersicht- das Affentheater

Die Gorillagruppen sind nach Namen von im Dienst gefallenen Nationalpark- Rangern benannt. Aus diesem Datenpool könnte man mittlerweile leider über 100 Gruppen benamsen. Schöner wäre, man könnte sie nach Jahreszeiten benennen.



SB Silverbacks = Silberrücken, in der Regel alle älter als 15 Jahre
BB Black Backs = Männliche Durchschnittstypen, hierarchische Mitläufer
ADF Adult Female = erwachsene, empfängnisfähige Damen
SUB Sub Adults = Halbstarke
JUV Juveniles = Jugendliche
BEBES = Babies

Aus den Zahlen geht hervor, dass im Congo 50 % der Gorillas an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt sind.
Auf unsere affenscheinpflichtigen Frage, wie wir uns den Gorillas nähern sollten, war die Antwort, dass wir kurz vor Erreichen der Gruppe einen Mund-Nasenschutz aufsetzen müssen.
Was hatten wir uns vorher nur für unnötige Gedanken gemacht.





Dann werden die Hände desinfiziert und die Gesichtsmasken verteilt und wir werden in eine 6er Belgier-Gruppe und meine deutsch-türkische 4er - Gruppe eingeteilt.

Belgien ist ein Land in Mitteleuropa, das sich mit aller Macht weigert, zu den Niederlanden zu gehören und gleichzeitig selbst für Frankreich zu provinziell ist. Außerdem wollen sie uns Deutschen den Völkermordrekord mit des belgischen Königs Leopold II. Privatkolonie Congo streitig machen. Er gab den Kongolesen mit der Gummiernte alle Hände voll zu tun. Wer dabei in den 16-Stunden-Schichten nicht effizient genug war, verlor sie dann auch gelegentlich. Der Reisebericht des Nicht-Forikers Joseph Conrad in das vielberedete Herz der Finsternis lässt nur wenige Details aus.

1960 hatte Belgien keine Lust mehr, sich Tag für Tag das genozitäre Elend im Belgischen Kongo anzusehen, und entließ das Land in die Unabhängigkeit. Auch heutzutage sind viele der Congo - Besucher aus Belgien.

Da haben wir uns ganz schnell social distanced und uns als erste abmarschbereit gemacht.



Um die Gorilla-Gruppen vom Rangerbüro aus zu erreichen sind 1-4 Stunden Wanderung notwendig, je nachdem, wo sich die Gruppe am Berg aufhält.
Bei Voranmeldung kann man Träger arrangieren, die für 30 US$ einen Rucksack mit Regenzeug, Handtuch, Kamerazubehör, Reserve-Akkus, Brillenputztücher, Schokoriegel und 3-4 Liter Wasser tragen.

Bwana Tipp: Sich dem dienstgradhöchsten Ranger anschließen. Der will als schnellster wieder zurück im Büro sein und hat sich eingeteilt, um die Touristen zur nächstgelegenen Gruppe zu führen.

Durch vielfaches Anraten hat man mir empfohlen, eine lange Hose zu tragen. Im Dschungel gäbe es so viel Viechzeug, dass man dort nicht mit schlanken, wohlgeformten, muskulös definierten, unrasierten Beinen blank hindurchschreiten solle.
Mit Viechzeug benannte man auch hier alle Art von Tieren, aus denen man kein Biltong herstellen konnte.
Normale Wanderschuhe, die einem Halt um das Abschlussstück des Beines geben, reichen völlig aus. Die Ranger nutzen Gummistiefel.
Hobbitschuhe oder spezielle Frauenschuhe sind nicht notwendig.





(Teleskop-) Wanderstöcke sind eingeschränkt hilfreich, da es in den Regenwaldetappen durch den engen Busch geht. Allerdings gibt es ein wenig Halt auf dem regenassen Urwaldboden.
Man kann für 10 US$ handgeschnitzte Wanderstöcke leihen.
Ich empfehle individuell einstellbare Teleskopstöcke, um je nach Steilheit und Neigung die Stöcke um 5 bis 10 cm zu kürzen (bergauf) oder zu verlängern (bergab).
Am Nyiragongo braucht man sie sowieso, um den Bewegungsapparat und vor allem die Knie zu entlasten.

Und los geht’s durch blühende Landschaften!

Letzte Änderung: 01 Mai 2020 20:15 von Carsten Möhle. Begründung: Zusatzbilder
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02 Mai 2020 14:47 #587938
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  • wüstenfee am 02 Mai 2020 14:47
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vielen Dank für den Reisebericht .............

das hat mich jetzt inspiriert die Fotos meiner Reise 1990 nach Rwanda und (damals) Zaire
herauszuholen .............
Gorillatrekking im Kahuzi-Biega - Besteigung des Nyiragongo und Ruwenzori.
Nach so langer Zeit sind einige Details verloren gegangen, man hat vergessen wie abenteuerlich das war ................

lg Wüstenfee
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02 Mai 2020 15:27 #587944
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  • La Leona am 02 Mai 2020 15:27
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wüstenfee schrieb:
vielen Dank für den Reisebericht .............

das hat mich jetzt inspiriert die Fotos meiner Reise 1990 nach Rwanda und (damals) Zaire
herauszuholen .............
Gorillatrekking im Kahuzi-Biega - Besteigung des Nyiragongo und Ruwenzori.
Nach so langer Zeit sind einige Details verloren gegangen, man hat vergessen wie abenteuerlich das war ................

lg Wüstenfee
Mir geht es genau gleich Wüstenfee!
Danke Carsten, suche gerade meine Diapositive von 1989, Zaire, vorallem um deine Landschaftsbilder im Speziellen bezüglich Baumbestand, Plantagen, etc mit meinen zu vergleichen...
Gruss Leona
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02 Mai 2020 16:07 #587947
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  • Carsten Möhle am 01 Mai 2020 20:05
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Hallo Wüstenfee, hallo La Leona,

feinfein. Bitte mit einstellen. Ich komme füe die alten Jahrgänge nicht an mein Archiv, da ich noch in Nordhessen gestrandet bin.

mit sonnigen Grüßen aus Feldatal, dem Khaudom von Nordhessen.
Carsten Möhle
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02 Mai 2020 16:20 #587949
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  • Carsten Möhle am 01 Mai 2020 20:05
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Die Gorillastunde



Die Parkgrenze ist von den landwirtschaftlich genutzten Flächen durch eine Mauer oder Riesenbordsteinkante abgetrennt. Hinter der Mauer beginnt der Regenwald. Vor der Mauer ist intensiv genutzte Kulturlandschaft. Ein krasser Übergang.







Erst mal Strecke machen, um an den Regenwaldbereich zu kommen, wo sich „unsere“ Gorillagruppe aufhält.
Das ist Landschaft. Ganz schön viel auf einmal - also lieber zweimal gucken!









Die Giftspritzer sind auch hier schon im Einsatz. Ein Modernitätsgewinner, aber wahrscheinlich auch kein sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplatz.



Dann geht es in den Regenwald. Sieht ein wenig dichter aus als die Obi Gartenabteilung.

Man überschreitet den Weg von Kultur zur Natur, von Licht zu Dunkelheit, zum Ort des Kampfes Baum gegen Baum. Verachtungswürdige Massenbaumhaltung.

Auf glitschigen Dschungelpfaden bergauf. Der ungefähre Aufenthaltsort der Gorillagruppe wird von der täglichen Rangerablösung an die Station gemeldet. Daher weiß man schon, wenn man startet, wie lange man ungefähr unterwegs sein wird, um an das Ziel der Wanderung zu gelangen.




Und dann Mundschutz auf, wir sind jetzt schon ganz nah. Der Vor-Ort Ranger macht ein kurzes Ablösegespräch mit unserem Begleiter-Ranger und dann
Vorhang auf für ein kleines bisschen Gorillaschau!

Letzte Änderung: 02 Mai 2020 16:24 von Carsten Möhle.
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03 Mai 2020 10:08 #587977
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  • Tinochika am 03 Mai 2020 10:08
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Carsten Möhle schrieb:
mit sonnigen Grüßen aus Feldatal, dem Khaudom von Nordhessen.

Hallo Carsten,

Feldatal liegt nur ein paar Kilometer von uns entfernt.

Wir sind Oberhesse. ( Nordhessen ab Kassel ) :whistle:


Viele Grüße
Hartwig
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