Ein bisschen Politik…..
Bis zu den atemberaubenden Landschaften unserer Runde und den einzigartigen Wolkengebilden im Torres del Paine
kommt jetzt vorab ein etwas ungewöhnlicheres Kapitel, aber leider gehörten die politischen Ereignisse in unserem Fall auch dazu
.
Diese Reise stand anfänglich unter keinem guten Stern, und das hatte in unserem Fall nichts mit der Corona-Pandemie zu tun. Lediglich beim Grenzübertritt nach Argentinien mussten wir mit Hilfe unseres Touristenvisums glaubhaft versichern, dass wir uns in den letzten 14 Tagen in keinem Land, in dem es Erkrankte gab, aufgehalten hatten. Wir hatten Glück, denn wir waren vor 15 Tagen eingereist
, da hatte es zeitgleich auch den 1. Infizierten in München gegeben.
Bevor wir in fremde Länder reisen informieren wir uns gründlich über die politische Situation in den betreffenden Ländern. In „schwierigen“ Ecken dieser Welt möchten wir nicht „die schönsten Tage des Jahres“ verbringen. Chile gilt als eines der „Vorzeigeländer“ Südamerikas, der Peso ist relativ fest, die Versorgungslage ordentlich. Knapp 30 Jahre nach Ende der Pinochet-Diktatur scheint die junge Demokratie stabil, die Wirtschaft floriert und der Lebensstandard ist deutlich gegenüber früher gestiegen. Ideale Bedingungen für einen sorglosen Urlaub. Doch nun fing die strahlende Fassade an zu bröckeln, und dahinter machte sich zunehmend Unzufriedenheit breit. Mitte Oktober erreichte uns die Meldung, dass es in den Großstädten des Landes zu großen Demonstrationen gekommen ist. Anfänglich friedlich kippt die Stimmung schnell, Steine fliegen, Gewalt macht sich breit, es gibt Tote und zahlreiche Verletzte. Bilder der Geschehnisse erinnern an die Zeit unter Diktator Augusto Pinochet. So etwa rollen Panzer in den Straßen der Hauptstadt Santiago de Chile, Polizisten gehen mit Schlagstöcken und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor. Doch das ist nicht alles. Gebäude, Züge und Autos stehen in Flammen, Supermärkte werden geplündert. Die chilenische Regierung verhängt schließlich den Ausnahmezustand über das Land und verbietet ihren Bürgern, ihre Häuser nach 19.00 Uhr zu verlassen. Flüge werden ausgesetzt, Nationalparks, Museen und Restaurants geschlossen. Da waren sie auf einmal dahin, die idealen Bedingungen für einen sorglosen Urlaub.
Was war passiert, und da musste ich mich auch erst einmal gründlich informieren, in unseren Medien wird kaum darüber berichtet?
Die Hauptursache für die zunehmende Unzufriedenheit unter den Chilenen ist wohl die wachsende Schere zwischen Arm und Reich. Untersuchungen belegen, dass der unteren Hälfte der Bevölkerung lediglich 2,1 Prozent des Landes gehören. Doch auch die Tatsache, dass der Mittelstand einen Zuwachs erreichte, täuscht nicht über die wahren Begebenheiten hinweg. Die Mittelklasse in Chile lebt unter prekären Umständen: die Löhne und die Renten sind niedrig, die Schulden hoch. Mit anderen Worten: diejenigen, die es in die Mittelklasse geschafft haben, leben in der ständigen Angst, wieder abzusteigen, und die Armen kämpfen immer mehr ums Überleben.
Über Weihnachten entspannte sich die Situation, wir beruhigten uns damit, dass wir allenfalls von diesen Protesten in den Großstädten (Puerto Montt, Coyhaique und Punta Arenas) betroffen sein würden. Wir wagten es, und es war richtig so, wir hatten im Großen und Ganzen keine Nachteile
.
Den Städten sah man die Unruhen noch deutlich an, man wartete wohl noch auf weitere Ausschreitungen. Auf Chiloe, in Coyhaique und besonders in Punta Arenas -dort sahen wir auch abgebrannte Häuser- waren die Geschäfte noch verrammel, überall war Polizei bis unter die Zähne bewaffnet präsent.
Foto 1 stammt aus Chiloe, Foto 2 und 3 aus Coyhaique und die restlichen Fotos aus Punta Arenas
Aber: wir hatten Glück, und es kann auch ganz anders kommen. Die Carretera Austral ist die einzige Verbindung zwischen Nord und Süd, es gibt keine Alternative. Während wir fröhlich durch den Parque Pumalin wanderten hatte man in der Ortschaft Chaiten, ca. 60 km südlich, eine Straßenbarrikade errichtet. 36 Stunden ging dort gar nichts, die Menschen nächtigten in ihren Fahrzeugen, medizinische Notfälle….., sehr schwierig! Die Parkverwaltung empfahl uns, dort zu bleiben, bis der Spuk vorüber wäre, denn das könnte Tage dauern, es war wohl nicht die 1. Blockade, die errichtet worden war. Aber mein Dickkopf siegte über den Verstand, und ich legte mir schon eine abenteuerliche Ausrede bereit, warum man uns unbedingt passieren lassen müsste, aber es hätte wohl nichts genützt, und wir hätten uns wie der Rest in die Schlange der Wartenden einreihen müssen. Wir hatten Glück: wir erreichten Chaiten und hörten, dass sich alles wohl bald auflösen würde, denn man hätte sich geeinigt. Die Demonstranten waren friedlich, hatten ihre Waffen- allerlei Holzgerätschaften- niedergelegt und waren wohl froh, endlich ins Bett zu kommen.
Ich bin gespannt, wie sich die Situation in diesen Ländern nach Corona entwickeln wird. Wer mag, kann hier dazu einen sehr interessanten Artikel lesen:
www.spiegel.de/polit...c5-89f1-eacde1751a24
Im nächsten Kapitel geht es dann richtig los, und dann gibt es auch endlich eine Karte unserer Route.
Gute Nacht
Beate