Schietwetter und eine Schrottkarre
An unserem letzten vollen Tag in Ushuaia hat uns das Wetterglück verlassen. Ein bisschen dürfen wir beim allmorgendlichen Blick vom Balkon noch hoffen, ...
... doch dann öffnet der Himmel unerbittlich seine Schleusen. Wir haben für den Tag einen weiteren Ausflug gebucht, der sich "Lakes Off-Road Tour" nennt. Um 9 Uhr werden wir abgeholt und überqueren eineinhalb Stunden später den Garibaldi Pass, doch die Hoffnung, dass das Wetter auf der anderen Seite der Anden besser ist, zerschlägt sich leider.
Bild oben: Ein häufig vorkommendes Schild. Für die Einheimischen ist glasklar, wem die Falklandinseln gehören. Scherze, Sprüche oder Diskussionen rund um dieses heikle Thema sind unbedingt zu vermeiden, und britische Touristen zählen nicht gerade zu den beliebtesten Gästen ...
Der Defender erklimmt die steilsten, matschigsten Pfade in den tiefsten Wäldern und wühlt sich fast mühelos durch den Kiesstrand am riesigen Fagnano-See. Die Aussicht bei besserem Wetter muss sensationell sein, an diesem Tag wird daraus so gut wie nichts.
Bei einem Stopp gibt es Mate-Tee, das typische Trinkgefäß geht reihum. Für die Argentinier eine wichtige Zeremonie, soll sie doch eine Gemeinschaft - wie unsere, die aus acht Personen besteht - zusammenschweißen. Nicht, dass mir unsere Mitstreiter nicht sympathisch wären. Aber mit anderen aus demselben Becher zu trinken war noch nie mein Fall - und auch mit dem bitteren Nationalgetränk werde ich mich auf dieser Reise nicht anfreunden können. Mehr als ein Anstandsschlückchen ist leider nicht drin.
Magellanspecht
Die Fahrt endet in einem wunderschönen Wald, er wirkt wie verzaubert. Bei Sonnenschein muss es fantastisch sein.
Nach einem halbstündigen Fußmarsch stehen wir vor einer kleinen Blockhütte, idyllisch am Fagnano See gelegen, ein Traum. Eine andere Gruppe ist schon da, und gemeinsam trocknen wir unsere Sache am gemütlichen Ofen, während uns Fahrer und Guides am Grill ein waschechtes "Asado" bereiten. Was für ein Schmaus, auch meine vegetarische Variante schmeckt richtig gut, und so kehren wir am Nachmittag rundum zufrieden von dieser ungewöhnlichen, wenn auch verregneten Tour zurück.
Wir lassen uns im Ortszentrum von Ushuaia absetzen, denn wir haben noch etwas zu erledigen. Um 17 Uhr sollen wir unseren Mietwagen bei Alamo abholen, doch als wir pünktlich vor der Tür der kleinen Filiale stehen, ist keiner da. Wir warten, und schließlich sogar mit Erfolg. Doch es folgt die nächste Hürde. Das Auto, radebrecht der junge Mann, sei noch beim Mechaniker. Er könnte es uns aber am nächsten Tag zum Hotel bringen. Ich winke ab, denn wir wollen am nächsten Morgen ganz früh los in Richtung Punta Arenas. Er ruft also beim Mechaniker an, und der will innerhalb der nächsten halben Stunde mitsamt Wagen auftauchen.
So weit, so gut. Dann also erstmal die Formalitäten. Wir präsentieren unsere Unterlagen, bitteschön, alles geregelt und bezahlt. Zumindest fast, konstatiert unser Gegenüber. Es fehle noch die Einweggebühr. 800 US-Dollar sollen wir dafür berappen, mich trifft fast der Schlag. Wir lesen noch einmal alle Papiere, kreuz und quer, und was soll ich sagen: Der Mann hat recht. Das nicht unwesentliche Detail, dass diese Kosten noch nicht im Endpreis enthalten sind, ist uns entgangen. Autsch, das tut weh!
Zu ändern ist nun allerdings nichts. Wir müssen blechen. Und weiter warten. Denn auch nach einer weiteren Stunde ist von dem Mechaniker nichts zu sehen. Sein Handy hat er vorsorglich ausgeschaltet. Der Autovermieter ist sichtlich genervt, aber ratlos. Noch am Vormittag hatte ich ein Loblied angestimmt, wie reibungslos alles klappt. Damit ist es nun vorbei.
Es wird Abend, und noch einmal versucht der Autovermieter, uns auf den nächsten Tag zu vertrösten. Aber in meiner Seele herrscht finsterste Nacht. Keinesfalls rühre ich mich ohne Auto vom Fleck. Und dann, oh Wunder, springt der Vermieter auf. Der Wagen, er kommt. Ich drehe mich um. Aber wo denn? Na da, in der Einfahrt! Thomas guckt genauso verdattert wie ich: Mit diesem Ding sollen wir mehr als 1.000 Kilometer durch die Gegend gondeln???
Das Auto, versichert der Mechaniker, sei nun einwandfrei. Ich krame in meiner Erinnerung. „VW Golf oder ähnlich“, so war es in unseren Unterlagen vermerkt. Daneben das Foto einer funkelnden, makellosen Karosse. Dieser ramponierte Fiat ist das genaue Gegenteil und in einem beklagenswerten Zustand. Thomas dokumentiert vorsorglich die Mängel, was sich in Anbetracht ihrer Vielzahl als Sisyphos-Arbeit erweist. Mich beeindruckt besonders die Stoßstange, die in mehrere Teile zerbrochen ist und nur noch von Gaffa-Band gehalten wird.
Als ich schließlich meine Sprache wiederfinde, bitte ich darum, uns ein anderes Auto zu geben. Der junge Mann schaut bekümmert, er bedaure. Dieser Wagen verfüge als einziger über die erforderlichen Papiere für die Grenzübertritte. Dem ist nichts hinzuzufügen, notgedrungen fügen wir uns in unser Schicksal. Um 800 Dollar leichter und mit einem fragwürdigen Vehikel unter dem Allerwertesten gurken wir hügelaufwärts zu unserem Hotel. Das kann ja heiter werden!
Bild oben: Gleich zu Beginn habe ich unseren Mietwagen - erst spöttisch, später sogar beinahe liebevoll - "Schrottkarre" genannt. Hier ein einträchtiger Moment im Torres del Paine Nationalpark.