THEMA: Argentinien/Chile - Gletscher, Gipfel und Geysire
16 Jul 2019 20:22 #562022
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Warm anziehen in der Hexenküche

Unsere Reisen führen leicht zu falschen Schlüssen hinsichtlich meiner Schlafgewohnheiten. Ich bin bestimmt kein ausgesprochener Langschläfer, aber erst recht kein Frühaufsteher. Wären wir normale Menschen, die normale Urlaube machen, käme ich in dieser viel zitierten schönsten Zeit des Jahres wohl häufiger zu einer mehr oder minder wohlverdienten Extramütze Schlaf. Unsere Vorliebe für Afrika und andere naturorientierte Destinationen sowie fürs Fotografieren hat unser Schicksal jedoch in andere Bahnen gelenkt.

Nicht, dass ich mich beklagen möchte. Es gibt deutlich Schlimmeres, als morgens um Sechs auf Löwenpirsch zu gehen oder auf einem 4.300 m hohen Geysirfeld darauf zu warten, dass der Boden Gift und Galle spuckt. Aber als ich um kurz nach Vier in den Bus steige und meinen gepolsterten Sitz umgehend in die Schlafposition bugsiere, muss ich zumindest kurz darüber nachdenken, wann genau ich eigentlich von der Nachteule zum Morgenmenschen mutiert bin.

Ich finde die Antwort nicht mehr heraus, denn ich bin zu schnell wieder weggedämmert. Draußen herrscht finsterste Nacht, wie im Bus auch. Ich registriere wenig, doch wir fahren zügig, immerzu bergauf und über eine offensichtlich ziemlich ruppige Schotterpiste. Nach fast zwei Stunden stoppen wir, es ist kaum heller als zuvor und die berühmten El Tatio Geysire sind auch noch nicht recht zum Leben erwacht.



In der Luft liegt ein leichter Schwefelgeruch, vor allem aber ist es bitterkalt. Hier oben sinken die Temperaturen zuweilen deutlich in den Minusbereich, an diesem Morgen dürften sie sich um den Gefrierpunkt bewegen. Wir sind mit Handschuhen, Kapuzen und Zwiebellook bestens präpariert, aber mir Frostbeule kriecht die Kälte dennoch in die Glieder.

Das Martyrium verfolgt indes einen tieferen Sinn: Die Aktivität der Geysire ist zwischen 6 und 7 Uhr am höchsten, und tatsächlich brodelt und zischt es zusehends um uns herum.







In der kalten Luft ist der aufsteigende warme Dampf besonders gut zu sehen.



Langsam steigt die Sonne über die Kegel der umliegenden Vulkane. Ein wunderschönes Schauspiel. Einsam sind wir allerdings nicht: Eine ganze Armada von Bussen hat sich aus San Pedro auf den Weg gemacht. Aber die Menschen verteilen sich auf der weiten Fläche, und mich stören wenn überhaupt eher die kleinen Mäuerchen und bunten Steinkreise, die den Sicherheitsabstand markieren. Offenbar hat der gesunde Menschenverstand in der Vergangenheit nicht immer ausgereicht: Es sollen sich schon mehrfach Menschen schlimm verbrüht haben und sogar gestorben sein.







Turmhoch steigen die Dampfsäulen in den Morgenhimmel, es ist die reinste Hexenküche.





Auf dem Rückweg zum Bus verliebe ich mich in einen Mini-Vulkan und kann mich nur schwer von ihm lösen. Er köchelt so schön vor sich hin und sieht einfach perfekt aus. Thomas ist tendenziell genervt (nicht weil ich mich verliebt habe, sondern weil ich seiner Meinung nach zu sehr trödele) und kommt, um mich zum Bus zu lotsen. Was mir wiederum nicht passt.

Es kommt zu einem Disput, der so schnell endet wie er begann. Merke: Ein Ehekrach in über 4.000 m Höhe ist ein Ding der Unmöglichkeit. Kurzatmig, wie ich bin, bringe ich kaum einen Satz zu Ende, und schon der leiseste Ärger verursacht Kopfschmerzen. Nicht unpraktisch eigentlich ...





Nicht weit entfernt vom Geysirfeld gibt es heiße Quellen und einen geothermischen Pool. Wer möchte, kann sich im 35 Grad warmen Wasser aufwärmen.





Wir entscheiden uns dagegen und wollen in den verbleibenden 45 Minuten lieber weiter die Umgebung erkunden.



Das Morgenlicht ist herrlich und wir genießen es, auf Entdeckungstour zu gehen.









Die Sonne steigt höher und meine klammen Finger tauen auf. Die Dampfwolken sind allerdings immer noch imposant.









Erst nach und nach wird der Dampf weniger. Die Landschaft bleibt einzigartig und wir fühlen uns wie auf einem anderen Planeten.





Natürlich wären wir - wieder einmal - gerne noch viel länger geblieben. Tatsächlich sind aber schon Stunden seit unserer Ankunft vergangen - und das wie im Flug. Schließlich lassen wir das Geothermalgebiet hinter uns und machen uns auf den rund 100 Kilometer langen Rückweg.



Unterwegs gibt es einiges zu sehen, darunter Vicunas, die wilden Vorfahren der Lamas. Ihre Wolle ist das feinste Tierhaar der Welt und entsprechend kostbar.





Die Landschaft ist ein Traum. Ich setzte mich im Bus ganz nach vorne und begeistere den Fahrer mit meiner Begeisterung. Er legt einige Extra-Stopps ein, aber wenn es nach mir ginge, würden wir wohl kaum noch vom Fleck kommen.



An einer Schlucht wachsen meterhohe Kakteen und auch an einer schönen Lagune würde ich gerne noch viel mehr Zeit verbringen.







Unser nächster Stopp ist das Andendörfchen Machuca, das ebenso niedlich wie winzig ist. Das Schmuckstück ist eine schöne weiße Kirche.







Thomas holt sich zwei leckere Lama-Spieße, doch insgesamt fällt uns der Aufenthalt im Dorf wieder deutlich zu lang aus. Ich bin nicht unglücklich darüber, dass wir nicht mitten in der Nacht selbst zu den Geysiren hochfahren mussten. Aber ab und an vermisse ich die Flexibilität, die wir in den ersten drei Wochen als Selbstfahrer hatten.

Schließlich sind wir am späten Mittag zurück in San Pedro und zollen dem frühen Aufstehen und der Höhe Tribut: Wir schlafen - wenn auch nur kurz. Schließlich haben wir einen Ruf zu verlieren.
Letzte Änderung: 16 Jul 2019 20:34 von Beatnick.
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19 Jul 2019 16:52 #562293
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Mondlandung

50 Jahre ist die Mondlandung her. Unglaublich, was der Mensch alles zustande bringt, ich bin immer wieder von den Bildern begeistert. Dabei war ich im vergangenen Jahr selbst auf dem Mond - ganz ehrlich!

In der Atacama-Wüste ist er nur rund 17 Kilometer von San Pedro entfernt - oder zumindest ein Teil davon: Im Valle de la Luna fühlen wir uns tatsächlich wie auf einem anderen Planeten. Eine bizarre Landschaft, längst kein Geheimtipp mehr, aber von unwirklicher Schönheit.



Eine kurze Fahrt mit dem Bus, schon laufen wir durch eine Salzschlucht inmitten einer okkerfarbenen Landschaft.





Das Salz in den riesigen Lehmwänden knackt, denn das ganze Areal ist in Bewegung und verändert sich ständig. Besonders gut ist das Geräusch bei starken Temperaturschwankungen zu hören. Keine Ahnung, ob das gerade der Fall ist, aber wir hören es laut und deutlich.





Am Ende der Schlucht geht es hinauf zur Cordillera, und einigen (extrem fußlahmen und kurzatmigen) Teilnehmern unserer abermals nicht gerade kleinen Gruppe wird selbst diese Mini-Wanderung zu viel. Sie kehren vorzeitig zum Bus zurück. Wir dagegen sind völlig in unserem Element und stürmen regelrecht den Hügel hoch. Denn wir ahnen schon: Oben eröffnet sich ein atemberaubender Weitblick.







Das Panorama mit der bizarren Mondlandschaft und den Vulkanen im Hintergrund ist gigantisch.







Unser Guide, eine sehr nette junge Frau, beweist ein feines Gespür dafür, dass wir beiden kaum zu halten sind: Sie lässt uns von der Leine. Rund 45 Minuten haben wir Zeit, die Umgebung auf eigene Faust zu erkunden. Begeistert klettern wir erst in die eine ...





... und dann in die andere Richtung. Wir fühlen uns in eine andere Dimension versetzt. Sanddünen, Salzgebirge und schroffe Felsformationen: Der Mensch - wenn auch einigermaßen zahlreich vertreten - ist in dieser kargen Landschaft nur geduldet.









Das Mondtal war einst ein See. Seismische Erschütterungen drückten seinen Grund in die Höhe und falteten ihn auf. Wieder einmal ist die Dreiviertelstunde viel zu schnell vorbei.





Auf dem Weg zum Bus quatsche ich mit unserem Guide. Ich berichte ihr von unserer Begeisterung, aber auch dem Wunsch, die Gegend individueller zu erkunden. Der nächste Tag ist unser letzter und noch nicht verplant, ich frage nach einem Autovermieter. Das sei so kurzfristig schwierig, erklärt sie. Anscheinend sorgt die Lobby der Tourenanbieter dafür, dass Autovermieter in San Pedro eher rar sind. Eine rechtzeitige Reservierung - gerade in dieser Jahreszeit - scheint relativ unumgänglich. Zudem findet die Übernahme in aller Regel am Flughafen in Calama statt - was ja sinnvoll ist.

Für eine Privattour, die sie am nächsten Tage mit zwei anderen Guides unternimmt und zu der sie uns mitnehmen würde, fühle ich mich nicht fit genug. Wir müssten ziemlich lange in ziemlich großer Höhe klettern und wir sind uns einig, dass wir dafür nicht ausreichend akklimatisiert sind. Doch sie macht mir zwei weitere Vorschläge, die ich später nach unserer Rückkehr in San Pedro am Abend austesten will ...

In Millionen Jahren haben im Mondtal Wind und Wetter Formationen und Figuren aus Sand, Salz und Lehm geformt.



Zu den bekanntesten gehören die Las Tres Marias, die drei Marien. Die Jungfrauen machen keinen besonderen Eindruck auf mich, möglicherweise mangelt es mir auch an der nötigen Phantasie: Wenn die Sonne das Salz anstrahlt, soll es aussehen, als würde sie ein heiliger Schein umgeben. Noch heute kommen die Minenarbeiter zum Beten her.

Allerdings haben die Damen ein wenig von ihrer Strahlkraft eingebüßt, nachdem sich ein Guide zu nah an sie herangewagt und eine der Marien zum Einsturz gebracht hat. Heute sind sie durch einen Steinkreis geschützt. Es geht wohl einfach nicht anders. Wo der Mensch ist, richtet er Unheil an. Sogar auf dem Mond ...



Der Bus fährt nun ein ganzes Stück voraus und wartet auf uns. Rechts von uns liegt eine große Sanddüne und links das sogenannte "Amphitheater" im späten Nachmittagslicht. Es ist ein fantastischer kleiner Spaziergang.









Der nächste Halt ist das Valle de la Muerte, das Tal des Todes. Wieder so eine unwirkliche Landschaft aus Lehm.



Wir laufen durch die salzverkrustete Hügellandschaft und sind fast allein, es ist toll. Ein großer Teil der Gruppe ist im Bus geblieben B). Uns kann es nur recht sein.





Der letzte Programmpunkt ist der Sonnenuntergang, er ist legendär und soll das Mondtal in Pastelltöne tauchen. Ich hätte erwartet, dass wir dieses Schauspiel auf der Cordillera oder der großen Düne erleben, doch daraus wird nichts. Die Antwort auf die Frage, warum das so ist, kann ich mir fast selbst geben: Es ist zu voll und die Konzession für die Agenturen teuer.

Rückblickend bin ich froh über die organisierte Tour, denn das Gelände ist riesig und sie hat uns einen guten Überblick verschafft. Ideal wäre allerdings ein zweiter privater Besuch des Mondtals gewesen, das sogar mit dem Fahrrad aus San Pedro zu erreichen ist.

Beim Anblick des Spots direkt an der Landstraße, an dem der Bus nun hält, bleibt uns fast die Spucke weg: Sämtliche Touristen der Gegend scheinen sich versammelt zu haben. Es gelingt mir, den Trubel um mich herum einigermaßen auszublenden. Doch mit der Stille der Wüste, die ich mir ausgemalt hatte, ist es natürlich nichts. Der Sonnenuntergang ist schön, bleibt deshalb aber ein Appetithäppchen. Richtig satt macht er uns nicht.





Zurück von diesem dennoch fantastischen Ausflug gehen wir im Dorf zu dem einzigen Anbieter, der Ein-Tages-Trips nach Bolivien anbietet. Doch es scheint eine ziemliche Gewalttour zu sein und wir entscheiden uns dagegen. Ohnehin ist längst klar: Wir kommen wieder!

Wir lassen uns im Büro der Agentur beraten, bei der wir alle bisherigen Ausflüge gebucht hatten, und sie checken unsere Aktivitäten im Computer. Dabei fällt auf, dass wir zu der Gruppe mit dem kaputten Bus gehörten. Ich bin zwar weiterhin der Meinung, dass die Panne ein Glücksfall für uns war, wehre mich aber auch nicht gegen den Vorschlag, am nächsten Tag eine kostenfreie Tour zum Regenbogental als Kompensation zu machen.

Noch lieber möchten wie allerdings zum Salar de Tara. Tatsächlich findet am nächsten Tag eine Exkursion statt und es sind auch noch Plätze frei. Wenn wir nun also die Differenz zwischen dem Preis der Regenbogental-Tour und dem deutlich kostspieligeren Trip zum Salar de Tara bezahlen würden, könnten wir doch eigentlich ...? Die nette Dame mir gegenüber winkt ab: Wir müssen auch für den teureren Ausflug nichts bezahlen. Wir sind platt - und hocherfreut. Unser letzter Tag in der Atacama kann kommen!

Letzte Änderung: 19 Jul 2019 17:21 von Beatnick.
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24 Jul 2019 10:55 #562725
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The Dark Side of the Moon

Mein Kinderzimmer lag einst zwischen dem meiner älteren Geschwister. Mein Bruder hatte eine Vorliebe für Jimmy Hendrix, meine Schwester für The Doors und Pink Floyd. Ihr Faible für die britische Band hat sich auf mich übertragen, wenn auch viel später, denn während aus den Nachbarzimmern rockig-sphärische Töne klangen, lief bei mir noch Biene Maja ("In einem unbekannten Land...") in der Dauerschleife.

Als wir an unserem (bedauernswerterweise) letzten vollen Tag auf dieser Reise früh morgens das Hotel verlassen, sind wir freudig überrascht: Kein Riesengefährt wartet auf uns, sondern ein Mini-Bus. Außer uns sind ein junges, sympathisches Quartett aus Brasilien an Bord, ein (erneut weiblicher) Guide sowie am Steuer ein junger Mann, der uns nicht nur fahren wird, sondern zudem über einen exquisiten Musikgeschmack verfügt. Zu David Bowies "Space Oddity" rollen wir aus dem Ort und in Richtung Salar de Tara - was gut passt, denn wie so häufig in den vergangenen Tagen fühle ich mich in eine andere Dimension versetzt.



Die Morgenstimmung ist herrlich. Ich bin im "Happy Betti"-Modus und einmal mehr rundweg begeistert von der Landschaft um uns herum.



Wir fahren vorbei am knapp 6.000 m hohen Licancabur, der im Grenzgebiet von Chile und Bolivien liegt und seit unserer Ankunft unser visueller Dauerbegleiter ist.



Rund 150 Kilometer ist die riesige Salzpfanne (48 km²) von San Pedro entfernt, die unser Tagesziel ist. Sie liegt auf 4.300 m, doch unterwegs klettern wir mit dem Auto nicht nur deutlich höher, sondern sogar so hoch wie noch nie: auf 4.800 m. Als unser Guide mitteilt, dass der höchste Punkt nun erreicht sei, bin ich erstaunt, denn ich fühle mich ganz wunderbar.

Der Weg ist weit, aber alles andere als eintönig. Bei einer Gruppe Lamas legen wir einen längeren Stopp ein.







Sie sind im Gegensatz zu Guanakos oder Vikunjas domestiziert, allerdings ist weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Die Tiere ziehen frei herum und scheinen keine Beaufsichtigung zu benötigen.





Die Farben und die Weite der Vulkanlandschaft haben es mir wieder einmal angetan. Zehn Prozent aller aktiven Vulkane weltweit finden sich in dieser Gegend.



Wir treffen auf Vikunjas, die wilden Vorfahren der Lamas ...





... und halten bei einer schönen Lagune erneut an. Überhaupt gefällt mir das an diesem Trip ausgesprochen gut: Weil unsere Gruppe klein ist, gibt es keinen strikten Zeitplan und wir können mitbestimmen, wo und wie lange wir stoppen.



Andenfuchs






Schließlich verlassen wir die asphaltierte Straße, die weiter nach Argentinien führt, und biegen ins gefühlte Nirgendwo ab.



Keine Schilder, keine klar erkennbare Piste, nur Spuren im Sand weisen die Richtung. Wir würden uns hier oben heillos verirren und ich möchte die Strecke keinesfalls selbst fahren, doch wie unglaublich schön es hier ist! Unser fahrender DJ hat Pink Floyds "The Wall" aufgelegt und dreht nach Zustimmung seiner Passagiere richtig auf. "Is there anybody out there"? - nein, wohl nicht. Ich fühle mich lebendig bis in die Haarspitzen.



Nächster Halt ist die Salar de Aguas Calientes, über der sich die Monjes de la Pacana erheben, vom Wind geformte skurrile Felsformationen.

Sieht aus wie ... hm, ich komm nicht drauf. Jemand eine Idee?!?




Es ist still und die abgelegene Landschaft wirkt unendlich.





Es ist nicht mehr weit zur Salar de Tara, die nur wenige Kilometer vom Dreiländereck Chile/Bolivien/Argentinien entfernt in einer Senke liegt. Der Bus setzt uns ab und fährt voraus, während wir mit Rücksicht auf die Höhe gemächlich zur einer Lagune laufen, die in den schönsten Pastelltönen schimmert.







Sie ist das Zuhause vieler Flamingos und auch einige Nager (Murmeltier?) bekommen wir zu Gesicht, von denen ich leider wieder nicht mehr weiß, was genau sie eigentlich sind. Aber sie haben fleißig jede Menge Löcher in den Boden gebuddelt. Am Auto angekommen, gibt es einen Snack und den obligatorischen Coca-Tee, kaum ein anderer Mensch verirrt sich hierher.







Den spektakulären Hintergrund der Salzpfanne bildet die "Aschenkathedrale".



Die imposante Felswand mitten in der Wüste war einst Teil eines Vulkankraters und "ertrinkt" nun durch Erosion nach und nach in ihrem eigenen Geröll.



Zum Abschluss fahren wir mitten hinein in diese bizarre Steinformation. Wieder so ein unglaubliches Naturphänomen, die Atacama hält meine Sinne ununterbrochen auf Trab.







Die Formen und Farben sind außergewöhnlich, wir fühlen uns zwischen den bunten Felsen wie Entdecker.





Ich bin froh, dass wir für unseren letzten Tag diese Tour gewählt haben, die wir ursprünglich kaum auf dem Zettel hatten. Wir spüren die Einsamkeit der Wüste und auch die Vielseitigkeit dieses Trips ist einmalig.



Noch einmal stoppen wir auf dem Rückweg bei der Salar de Aguas Calientes, dann geht es endgültig zurück nach San Pedro.





Zurück auf Asphalt, arbeiten wir uns aus der Senke auf 4.800 m hoch. Bislang habe ich mich in der Höhe bis auf dann und wann einen leichten Kopfschmerz gut gefühlt, doch nun erwischt es mich aus heiterem Himmel. Mein Kopf dröhnt und droht zu platzen, mir ist übel und Pink Floyds "Dark Side of the Moon" - eigentlich eins meiner Lieblingsalben - tobt wie ein Presslufthammer. Die dunkle Seite des Mondes, ich stecke mittendrin.

Thomas dreht sich zu mir um und sieht mit seinem grünen Gesicht aus, wie ich mich fühle: Ihn hat es ebenfalls ereilt. Ich war sicher, dass wir nach den ersten Tagen besser akklimatisiert sind, doch das ist eindeutig nicht der Fall - und wir kommen und kommen nicht von diesem Plateau herunter. Als wir dann endlich zügig bergab rollen, geht es uns beiden schnell wieder besser. Nur ein dumpfer, ferner Kopfschmerz bleibt - und Erstaunen darüber, wie fies und plötzlich sich Höhe bemerkbar machen kann.

Am Gesamteindruck kann dieses - zum Glück sehr kleine - Intermezzo allerdings nichts ändern: Diese Tour war ein absoluter Höhepunkt und in ihrer Durchführung so ganz nach unserem Geschmack.





Ein letztes Mal streifen wir am Abend durch San Pedro, genießen die Atmosphäre und die laue sommerliche Luft. So gerne würde ich noch bleiben, doch ich bin vor allem dankbar für die vergangenen vier Wochen und diese Reise, die uns so vielfältige und unglaubliche Eindrücke beschert hat.





Am nächsten Morgen beginnt für uns mit der Busfahrt zum Flughafen in Calama der lange Rückweg über Santiago und Madrid ins winterliche Hamburg, wo der Zauber unserer Erlebnisse noch lange, lange nachwirkt.

Was an dieser Stelle bleibt, ist ein riesiges, dickes Dankeschön an alle virtuellen Mitfahrer und Ratgeber sowie ein Fazit, das in den nächsten Tagen abschließend folgt!

Letzte Änderung: 25 Jul 2019 09:49 von Beatnick.
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26 Jul 2019 09:16 #562881
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Das Fazit

Es klang wohl ziemlich deutlich durch: Für uns war diese Patagonien-Reise mit Start in Buenos Aires und Abstecher in die Atacama-Wüste eine einzige Aneinanderreihung von Höhepunkten. Es ist mir unmöglich zu sagen, was besonders hervorstach. Die Summe der Naturschönheiten und ihre Bandbreite waren fantastisch.







Route und Timing waren für uns perfekt, und ich würde die Patagonien-Tour als Ersttäter noch einmal genauso machen. Die letzten Tage in der Atacama-Wüste erscheinen möglicherweise wie ein Appendix an den eigentlich klar im Fokus stehenden Patagonien-Trip. Und ja, es ist bestimmt lohnenswert, sie wegzulassen und die Zeit zu nutzen, um noch bis Nord-Patagonien vorzustoßen.

Für mich waren (und sind) aber Patagonien und die Atacama-Wüste gleichermaßen ein Sehnsuchtsort, weshalb ich relativ kurzerhand beides eingeplant habe. Beides hat meine Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. Vom polarnahen Ende der Welt mit seiner wilden Natur in die Wüste, das hatte was.





Allerdings ist es in der Folge so gekommen, wie es wohl kommen musste: Während wir in Patagonien ausreichend Zeit hatten, die Schönheiten zu entdecken und darin einzutauchen, haben wir uns in der Atacama-Wüste gerade einmal so richtig Appetit geholt.





Ziemlich schnell war offenkundig, dass die Atacama sowie die Gegend im Norden mindestens so viel Aufmerksamkeit verdienen wie Patagonien. Und so ist - auch dank eurer Hilfe - ein grober Plan für einen entsprechenden Trip entstanden, noch während ich den Reisebericht geschrieben habe. Ob wir dann allerdings tatsächlich drei oder vier Tage in Bolivien einbauen - auch wenn wir das eigentlich sehr gerne möchten -, müssen wir noch überlegen. Wir wären dort tagelang unentrinnbar in großer Höhe und die Erfahrung auf der Rückfahrt von der Salar de Tara war uns eine Warnung vor dem, was da kommen könnte.

Die Reisedauer von vier Wochen war sehr gut, aber auch das Minimum. Dass mehr Zeit natürlich immer NOCH besser ist, versteht sich von selbst. ;) Die unterschiedlichen Landschaften, die wir erleben durften, waren außerordentlich. Was die Tiersichtungen angeht, haben wir es - wie bei den Pinguinen - natürlich häufig bewusst darauf angelegt, waren aber dennoch immer wieder von der Vielzahl und Vielfalt überrascht.









Ich bin froh, dass wir die Route zwar selbst entworfen, die Buchung aber über eine Reiseagentur abgewickelt haben. Die Kommunikation bei einer derart komplexen Zwei-Länder-Reise und dann noch ohne Spanisch-Kenntnisse hätte mich möglicherweise überfordert, zumindest aber zeitlich sehr gebunden. Das Hickhack um das Hotel Lago Grey war ein Ärgernis, aber verkraftbar.



Glücklich war ich auch mit den Vorab-Buchungen der Ausflüge, das hat unterwegs Zeit und Nerven gespart. Keiner dieser Trips hat uns enttäuscht. Auch die Strategie, Ausflüge in Eigenregie durchzuführen, sofern das möglich ist (kein Bootstrip, kein Guide etc. nötig), hat sich bewährt. Es hat uns nicht nur Zeitsouveränität verschafft, sondern auch viel Geld gespart. Denn leider sind ausgerechnet Patagonien und die Atacama-Region nicht gerade günstig. Eine Buchung in Eigenregie ist aber natürlich möglich und verständlicherweise für viele auch schon unverzichtbarer Teil der Reise.



Was unseren Mietwagen angeht, hat uns die "Schrottkarre" zwar bei der Abholung wie bei der Rückgabe Nerven gekostet und man kann sicherlich komfortabler Kilometer abreißen. Allerdings waren die Grenzübergänge kein Problem, der Motor schnurrte und Reifen sowie Karosserie hielten einwandfrei - insofern wollen wir nicht klagen. Letztlich ist es sogar so: Die "Schrottkarre" besitzt bei uns Legendenstatus.

Sowohl Chile als auch Argentinien sind unkompliziert zu bereisen. Alles hat reibungslos geklappt, die Einheimischen sind freundliche und hilfsbereite Gastgeber. Es wäre jedoch ein Fehler zu glauben, man betrete unerforschtes Terrain - unsere Route war allerdings auch nicht darauf ausgelegt. Die Touren sind top-organisiert, die Hotspots gut besucht. Alles in allem fanden wir das Touristenaufkommen aber gut verträglich.





Zum Thema Sicherheit: Wir haben uns jederzeit wohl gefühlt und keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Mit Ausnahme von Buenos Aires, wo wir - auch auf Anraten des Hotelpersonals - zum Beispiel die Rucksäcke oft gar nicht erst mitgenommen oder wenn doch nach vorne getragen haben. Eine brenzlige Situation haben wir nicht erlebt oder zumindest nicht wahrgenommen.

Was würde ich beim nächsten Mal (als Ersttäter) anders machen? Ehrlich gesagt nicht viel. Ich würde (auch mit schmerzendem Bein) versuchen, im Torres del Paine zu den Torres hinaufzusteigen. Das Hotel Lago Grey (noch) früher buchen. Ganz vielleicht einen zweiten Standort am anderen Ende des Parks bei den Torres bedenken. Auf jeden Fall einen Ersatzkanister mitnehmen. Bei der Autovermietung vorab genauer hinschauen. In der Atacama-Wüste (als Zweittäter ohnehin zwingend, aber wohl auch als Ersttäter zumindest für einige Tage) ein Auto (vorab!) mieten und vieles als Selbstfahrer unternehmen. Aber unterm Strich war die Reise für uns einfach nur perfekt.





Wir haben einen großen Teil unseres Herzens an Afrika verloren. Mindestens einmal im Jahr kehren wir dorthin zurück. Es muss sein. Doch mehr noch als das sind wir verliebt in die Welt - und ins Reisen selbst. Wie so viele hier. Deshalb freue ich mich ganz besonders, dass ihr uns begleitet, so viele tolle, freundliche Kommentare abgegeben und schon fürs nächste Mal Ideen eingepflanzt habt. Denn ein nächstes Mal wird es ganz sicher geben!

1.000 Dank für euer Interesse und liebe Grüße,
Bettina & Thomas







Letzte Änderung: 26 Jul 2019 09:45 von Beatnick.
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