Von flinken Kolibris und unsichtbare Eulen
Für den Nachmittag - unserem letzten in der Laguna del Lagarto Lodge - haben wir keine Pläne. Auch mal schön, wir erkunden den Garten, die Lagune, es gibt immer was zu sehen.
Zum Beispiel die Foto-Gruppe, die nun Schlangen, Frösche und Kolibris in den Fokus gerückt hat. Allerdings nicht annähernd so authentisch, wie man sich das vorstellen würde in dieser Gegend. Vielmehr werden die Tiere (die angeblich am Abend wieder in die Freiheit entlassen werden) auf einen Ast gesetzt und dann gut ausgeleuchtet abgelichtet. Die Kolibris sollen riesige pinkfarbene Blüten locken. Was auch gelingt. Allerdings nicht durch ihre Pracht, sondern weil sie zuvor in Zuckerwasser getaucht wurden.
Das gibt natürlich perfekte Bilder und mir ist schon klar, dass die meisten Fotos in den Hochglanz-Magazinen auf diese Weise entstehen. Uns ist das aber eine Umdrehung zuviel - zumal die Kolibris ohnehin omnipräsent sind. An den ebenfalls pinkfarbenen, aber viel kleineren Blüten der Sträucher vor unserer Cabana zum Beispiel. Geduld ist allerdings das Gebot der Stunde. Man, sind die flink!
Den späten Nachmittag verbringen wir dann wieder auf der Restaurant-Terrasse,...
...und bekommen Zuwachs.
Eine vielköpfige Foto-Reisegruppe aus China, offenkundig hochmotiviert. Denn kaum dem Kleinbus entstiegen, entern die neuen Gäste das Fotografen-Deck; nur um festzustellen, dass sie von dieser vermeintlichen Pole Position mit ihren imposanten Objektiven nichts ausrichten können - sie sind einfach zu nah dran
. Fortan stehen sie fast in der Küche, um die Objekte der Begierde in Gänze auf den Chip zu bannen. Hektisches Gerenne und Palaver auf dem Deck, bis alle Neuankömmlinge eine geeignete Position gefunden haben - was für eine Show!
Und sie geht weiter. Denn als wir später zum Abendessen auf die Terrasse zurückkehren, sind die Chinesen noch fleißig am Werke. Ohne Unterlass rattern die Auslöser. Die Konzentration ist hoch, die Spannung greifbar, das Dunkel undurchdringlich. Was mag da sein? Wir starren und starren, die Engländer auch, doch wir sehen - nichts! Kein Mond, kein Licht, nur stockfinstere Nacht.
Was denn dort sei, frage ich schließlich den netten Reiseleiter, der Englisch spricht. "Eine Eule." Aha, soso, das wär' natürlich was, die Kameras rattern weiter, ich schaue doppelt angestrengt - vergebens. Ein Mitarbeiter fasst sich ein Herz, stiefelt hinunter in den Garten und checkt die bewusste Stelle, die sich als helle Kerbe an einem Baumstamm entpuppt. Eine Hiobsbotschaft, die die Chinesen mit bewundernswertem Phlegma zur Kenntnis nehmen. Anders als ich. Ich brech' fast zusammen.
In der Nacht regnet es, am Morgen nicht mehr, doch er dampft, der Wald. Dampft noch mehr als sonst, die reinste Waschküche. Denken sich auch die Chinesen, und machen genau das: Wäsche. T-Shirts, Socken und Schlüpper werden akkurat drapiert und sollen jetzt also im Regenwald trocknen - finde den Fehler...
Für uns ist sie nun leider vorbei, die Zeit im Urwald von Boca Tapada. Doch weil die Strecke eher kurz und das Licht an diesem Morgen besonders schön ist, lassen wir uns viel Zeit.
Er fällt mir schwer, der Abschied von diesem kleinen Paradies.
Geschickt aussortiert, die Kerne...
Mittags brechen wir auf, fahren nach Puerto Viejo de Sarapiqui. Für uns nicht mehr als ein Zwischenstopp, um die Fahrt ins Orosi-Tal zu unterbrechen. Ich hatte mit den Straßenverhältnissen kalkuliert, wie ich sie von 2012 kannte. Im Nachhinein hätten wir uns diese Übernachtung sparen und durchfahren können.
Die Sarapiquis Rainforest Lodge ist eine große, offensichtlich auf Familienurlaube der "Ticos" ausgelegte Lodge im Stil eines präkolumbianischen Indianerdorfes. Kann man mögen, muss man aber nicht. Nach der urigen Laguna del Lagarto Lodge bietet das große Zimmer zwar einen gewissen Komfort, besitzt aber keinerlei Charme.
Eine Wanderung durch das benachbarte Tirimbina-Reservat ist zwar schön,...
...bringt aber kaum Neues. Wir sind verwöhnt von Boca Tapada, zu sehr vielleicht für den Moment.
Ohnehin - das stelle ich mit Erstaunen fest - will ich raus aus dem Regenwald. Immer ein feuchter Film auf der Haut, immer klamme Klamotten - ich freue mich auf ein anderes Klima. Einzig die riesigen, blinkenden Käfer am Abend sind ein echtes Highlight. Licht an, Licht aus. Wie auf Knopfdruck. Was es so alles gibt in der Natur...