Zeit zur freien Verfügung
Unser zweiter voller - und damit letzter Tag - in der Corcovado Jungle Lodge ist planlos. Also das, was Agenturen gerne mit "Zeit zur freien Verfügung" kennzeichnen. In den vergangenen Jahren haben solche Tage zunehmend an Bedeutung für uns gewonnen. Zu durchgeplant und vollgepackt ist unser Alltag mit Meetings, Dienstreisen und Wochenendschichten, all dem Firlefanz eben, den ein einigermaßen ausgefülltes Arbeitsleben mit sich bringt.
Was nicht heißt, dass wir auf der faulen Haut lägen. Haut ist dabei ein gutes Stichwort, denn die hat die Attacken der Sandfliegen zwei Tage zuvor alles andere als unbeschadet überstanden. Die Bisse jucken ohnehin erbärmlich, zwei haben nun aber auch noch zu allem Überfluss mit Lymphflüssigkeit gefüllte dicke Blasen gebildet. Mein erste große Tat des Tages ist somit eine kleine Selbst-OP.
Eine Blase sitzt nämlich genau an der Ferse, und weil ich kaum noch den Schuh darüber ziehen kann, tue ich etwas, was man natürlich nie tun sollte - und schon gar nicht in den Tropen: Ich helfe nach und steche sie auf. Die Erleichterung ist sofort spürbar. Im Falle einer Infektion, so überlege ich, wäre wohl immer noch genügend Zeit, um zu reagieren. Schließlich werde ich schon knapp drei Tage später Zuhause sein. Um es vorweg zu nehmen: Der kleine Eingriff blieb ohne Folgen.
Befreit, bepflastert und vor allem ohne Schmerzen nehmen wir den noch jungen Tag in Angriff. In den Corcovado Nationalpark darf man nicht ohne Guide, aber zum riesigen Lodge-Gelände gehört ein eigenes Stück Wald, durch den wir nun klettern und stapfen.
Die angeblich mögliche Begegnung mit einem Puma bleibt zu meinem Bedauern aus, was aber realistisch betrachtet bestimmt ein Glück ist. Zurück im Garten sind unsere farbenfrohen Nachbarn schon wieder eifrig bei der Nestpflege.
Nach dem Frühstück zieht es uns wieder hügelabwärts ans Meer, wo Aras, Tukane und Co. in den hohen Bäumen verlässlich ein- und ausfliegen.
Wir wandern bis ans Ende des Sandstrands, haben schon ein paar Kilometer in den Beinen, es ist heiß, tropisch, einsam und wunderschön.
Wir baden im Meer und auch später in einem der beiden Pools, der spektakulär mitten im Regenwald liegt. Die meisten Gäste sind auf Ausflügen unterwegs, wieder sind wir allein, bis auf die Affen, die schauen kurz vorbei.
Pool einen Stock tiefer mitten im Regenwald
Später laufen wir noch einmal den Hügel hinunter. Wieder Aras,...
... und schließlich auf halbem Weg zurück nach oben etwas versteckt ein Pavillon. Die Lodge überrascht uns immer wieder, mit ihren versteckten Juwelen, die überall entdeckt werden wollen.
Kein G&T an diesem Abend für uns auf dem Hügel an der Sundowner-Bar, dafür ein weiter Blick und eine herrliche Stimmung, wie schade, dass wir den Corcovado am nächsten Tag wieder verlassen.
Der Koch dagegen wird wohl frohlocken, mich los zu sein. Er bemüht sich redlich, doch vegetarisch, das ist nicht sein Ding, wir spüren es beide und kommen nicht wirklich zusammen. Anders als der dicke Froschkönig, der mir auf dem Weg zu unserer Cabana fast auf die Füße hopst. Mir fährt der Schreck in die Glieder, was für ein Riesenviech und wohl auch eher Kröte als Frosch, küssen will ich sie vorsorglich nicht.
Viel sympathischer ist mir die Nachtschwalbe, die wie schon in der Nacht zuvor durchdringend und ohne Unterlass ruft. Ob sie wohl Gehör findet? Und wie steht sie das eigentlich stundenlang durch? Frage ich mich, und bin schon kurz danach eingeschlafen.