THEMA: Reisebericht: Mit Fahrrad, Bus und Zug durch Kuba
10 Sep 2020 19:59 #594585
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Santiago – Baracoa

Am nächsten Morgen sitze ich im VIAZUL-Bus Santiago - Baracoa. VIAZUL ist eine ursprünglich auf ausländische Touristen ausgerichtete Busgesellschaft, die alle größeren Städte und auch die meisten Touristenzentren anfährt. In den letzten Jahren wird die Buslinie zunehmend auch von den Kubanern genutzt, die sich die vergleichsweise teuren Tickets leisten können. Die andere große staatliche Busgesellschaft wird unter der Marke ASTRO betrieben und ist Kubanern vorbehalten. Da die Fahrpreise staatlich subventioniert werden, kosten die Tickets nur etwa ein Drittel der VIAZUL-Preise. Dafür gibt es oft wochenlange Wartelisten und wer früher verreisen will muss die Ticketverkäufer bestechen.


Küstenstraße zwischen Santiago und Baracoa

Die Fahrt von Santiago nach Baracoa dauert gut sechs Stunden. Erster und einziger Stopp ist nach knapp zwei Stunden Fahrzeit in Guantanamo. Der Bus ist gut besetzt, aber nicht voll. Die meisten Fahrgäste sind Touristen-Pärchen, altersmäßig so Anfang bis Mitte Zwanzig. Ein paar Kubaner sind auch dabei, aber sie sind deutlich in der Minderzahl. Verwunderlich ist das mangelnde Interesse der Touristen (und der Kubaner) an der Landschaft, die wir durchfahren. Die meisten sitzen hinter zugezogenen Vorhängen, schlafen, oder tippen auf ihren Smartphones herum.


Küstenstraße zwischen Guantanamo und Baracoa


Küste zwischen Guantanamo und Baracoa




Sierra de Purial

Die gut ausgebaute Straße schlängelt sich mal entlang der felsigen Küste, dann durchs karge Hinterland und durch kleine, schläfrige Ortschaften. Obwohl ich die Strecke schon von früheren Reisen kenne, bin ich immer wieder fasziniert von der staubtrockenen, wüstenartigen Landschaft, die hinter Guantanamo beginnt. Auf den steinigen Böden wachsen fast nur noch Kakteen und dornige Büsche. Alles ist auf Hitze und Trockenheit eingestellt. Als ich bei einer kurzen Rast den klimatisierten Bus verlasse, kann ich kaum glauben, dass man bei diesen Backofentemperaturen leben kann.


Die Passstraße „La Farola“ Richtung Baracoa

Hinter Cajo Babo beginnt die enge und teilweise steile Passstraße „La Farola“ über die Sierra de Purial. Mit jedem Höhenmeter ändert sich die Vegetation von halbtrockener, wüstenähnlicher Kaktuslandschaft hin zu tropisch-grüner Bergwelt. Die Luft wird schwüler und feuchter, Wolkenbänke füllen die Täler. Wir haben ein paar schöne Ausblicke auf die umliegenden Bergketten, bevor es in vielen Kurven wieder bergab nach Baracoa geht.


La Farola – Die Passstraße


La Farola – Die Passstraße
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10 Sep 2020 20:00 #594586
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Baracoa

Baracoa ist die tropischste Stadt Kubas. Sie ist von Bergketten umgeben, deren steilen Hänge mit Regenwäldern bedeckt sind. Hier wächst alles, was warm und feucht braucht, Palmenwälder, Bananen, Kaffee, Kakao. Baracoa ist für sein heißes Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit berühmt. Für Naturliebhaber gehört die Landschaft um Baracoa zu den schönsten Kubas. Zu den sehenswerten Destinationen gehört der Alexander-von-Humboldt-Nationalpark, der Tafelberg El Yunke, mehrere Flüsse (Rio Moa, Rio Toa, Rio de Yumurí) und abgelegene Strände.


Baracoa


El Yunque, der Tafelberg und Wahrzeichen Baracoas

Im Baracoa-Busterminal werden wir von einer Schar Casa-Besitzer erwartet. Alle reden durcheinander, preisen ihre Unterkünfte an, oder strecken den Ankommenden bebilderte Heftchen hin, auf denen ihre Casas zu sehen sind. Die Konkurrenz scheint groß zu sein.

Eine Señora hält mir ein Fotoalbum unter die Nase.

„Casa con vista al mar“ (Haus mit Meeresblick) "Solo 15 CUC" (nur 15 CUC) sagt sie.

Meeresblick hört sich für mich gut an. Da man in Kuba immer ein bisschen handeln kann, frage ich:

„Con desayuno?“ (Mit Frühstück?)

Sie nickt, und ich sage: „OK“.

Die meisten anderen Touristen im Bus haben wohl schon Unterkünfte vorreserviert, sie werden mit Namensschildern erwartet.


Casa mit Meeresblick.

Tatsächlich kann ich von der oberen Terrasse meiner Casa, wenn ich mich auf die Zehenspitzen stelle, den versprochenen Meeresblick genießen. ;)

Während wir zur Casa laufen erzähle ich meiner Casa-Wirtin von meinem Vorhaben, ein Fahrrad auszuleihen, um zur Playa Maguana zu radeln. Sie gibt mir die Adresse eines örtlichen Fahrradverleihers. Sobald ich in die Casa eingecheckt habe, gehe ich dorthin.

Camilo, ein sympathischer junger Kubaner, betreibt den „Baracoa Bike Rental“ (baracoabikerental.com), Fahrradverleih und Reparatur. Wer schon mal versucht hat, in Kuba ein gutes Bike auszuleihen, weiß, dass das nicht einfach ist. Ok, in den letzten Jahren hat sich das Angebot deutlich verbessert, trotzdem ist es immer noch ein ziemliches Glücksspiel.

Aber bei Camilo werde ich fündig. Für 10 CUC (2 Tage) bekomme ich ein ordentliches Fahrrad. Schaltung funktioniert, Bremsen sind ok, nur die Kette rutscht manchmal ein bisschen durch, wenn ich zu stark „Gas“ gebe. Aber ich will nicht zu kritisch sein…

Erstaunlich wie vertrauensvoll Camilo die Fahrradübergabe gestaltet. Kein Dokument muss unterschrieben werden, keine Kaution hinterlegt, er fragt mich lediglich nach meinem Namen und in welcher Casa ich wohne.


Baracoa


Baracoa


Jeden Tag regnet es mindestens einmal


El Yunque

Tja und am nächsten Morgen bin ich schon wieder unterwegs. In der vergangenen Nacht hat es heftig geregnet und als ich losfahre, künden dicke Wolken weitere Regenschauer an. Unterwegs bekomme ich tatsächlich ein paar Wolkenbrüche ab. Aber das ist nicht schlimm, ich stelle mich irgendwo unter und warte bis der stärkste Regen vorbei ist.

Die Straße ist zunächst geteert, später ungeteert, dann wieder halb geteert, aber insgesamt gut befahrbar. Nur auf Brücken muss ich aufpassen, da sich dort oft breite und tiefe Risse gebildet haben. Mein Rad läuft fast wie von selbst. Einheimische grüßen vom Straßenrand her, manche winken mir im Vorbeifahren zu, oder rufen etwas hinterher, Kinder legen sich mächtig ins Zeug um mich mit ihren Fahrrädern zu überholen.


Straße Baracoa Richtung Maguana


Einer der Flüsse zwischen Baracoa und Maguana


Brücken sind oft in schlechtem Zustand


ÖPNV


Einer der Rios


Patria o Muerte


Manchmal wünscht man sich als Radfahrer eine Gasmaske
Letzte Änderung: 10 Sep 2020 20:04 von Gu-ko.
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10 Sep 2020 20:06 #594587
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Playa Maguana


Playa Maguana

Die Playa Maguana ist einer der schönsten Strände Ostkubas. Feiner heller Sand und ein kristallklares Meer. Noch ist hier die Natur von Hotelanlagen und anderer touristischer Infrastruktur verschont geblieben.

Früher war die einzige legale Übernachtungsmöglichkeit das kleine Hotel Villa Maguana ganz am südlichen Ende der Bucht. Inzwischen gibt es im Hinterland ein paar Casas Particulares und zwei oder drei winzige Restaurants.

Als ich an der Playa Maguana ankomme ist der Strand menschenleer. In den kleinen Restaurants dösen Angestellte vor leeren Tischen. Selbst die sonst sehr geschäftigen Strandverkäufer dämmern im Schatten der Bäume vor sich hin und erheben sich nur träge, als sie mich kommen sehen. Es ist keine Touristenzeit.


An der Playa Maguana

Ich lehne das Fahrrad an einen entwurzelten, von Sonne und Salz ausgebleichten Baumstamm. Ein netter Strandhund übernimmt die Bewachung, während ich im glasklaren Wasser herumplansche. Das Wasser ist warm genug, um Stunden darin zu verbringen. Meine immer noch offenen Wunden brennen zwar im Salzwasser, aber ich habe das Gefühl, dass die Reinigung guttut.

Kaum aus dem Wasser werde ich von Strandverkäuferinnen umringt, die alle mögliche lokale Produkte anbieten. Eigentlich brauche ich nichts, aber um die örtliche Wirtschaft zu unterstützen, und damit sie irgendwann Ruhe geben, kaufe ich ein paar Kleinigkeiten.

Den Rest des Tages mache ich das, was Strandurlauber allgemein machen. Schwimmen, unter Palmen abhängen und gelegentlich ein kaltes Bier trinken. Ein Junge versorgt mich aufmerksam mit cerveza. Sobald eine Flasche leer ist, bringt er unaufgefordert die nächste. So kann man es aushalten.


Maguana


Maguana


Casa Particular Hidiolvis

Ich miete mich in der Casa Hidiolvis ein. Sie haben hinter dem eigentlichen Wohnhaus einen neuen Holz-Bungalow gebaut. Ein schönes Häuschen, geräumig, mit viel Glas und einer Veranda mit Schaukelstühlen. Aber auch das „Paradies“ hat seine Schattenseiten. Nach Einbruch der Dunkelheit muss ich mich dick mit Anti-Mücken Mitteln einreiben, sonst hätten mich die Biester in kürzester Zeit ausgesaugt.

Ich bleibe nur eine Nacht. Am Nachmittag des Folgetages radle ich wieder nach Baracoa zurück.

Ein paar Bilder vom Rückweg:






Taxi Colectivo

Sammeltaxis, und gelegentlich Camiones, sind die einzige Möglichkeit die nördlichen Küstengebiete von Baracoa mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu besuchen.




Zurück in Baracoa
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11 Sep 2020 09:38 #594597
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Hallo Guko,
Traumhaft, deine Schilderung vom Osten. Auch ich fand es sehr, sehr schön dort.
Und dem Camilo habe ich eine ganze Tasche voll mit Fahrrad Ersatzteilen von Deutschland mitgebracht. Ein Bekannter hatte dort auch Räder geliehen und es war etwas kaputt gegangen, sodass er mich gebeten hat, die Teile mitzunehmen, was ich gerne gemacht habe.
Hast du denn den el yunkee erklommen?
Ich bin gespannt, wie weiter geht.
Danke für den schönen Bericht.
LG
Martina
2020: Februar/März Kuba und mehr martinasreisen.blog/
2019 Mai/Juni: Botswana - Caprivi - Vic Falls hier im Forum www.namibia-forum.ch...-okavango-delta.html
2018 Sizilien, Äolische Inseln, La Reunion und mehr: martinasreisen.blog/
2018 Ost-Sizilien und Liparische Inseln Reisebericht: www.umdiewelt.de/mTravelogue.php?t=9215&m=p
2017 Island - Spitzbergen - Nordkap - Norwegen Reisebericht: www.umdiewelt.de/Eur...-9019/Kapitel-0.html
2016 Vietnam Reisebericht: www.vivien-und-erhar...isebericht/&pageNo=1
2015 Namibia Reisebericht: www.namibia-forum.ch...-2015-ein-traum.html
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11 Sep 2020 17:44 #594629
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Die meisten sitzen hinter zugezogenen Vorhängen, schlafen, oder tippen auf ihren Smartphones herum.
Das scheint mir eine weit verbreitete Seuche zu sein!
Vor ein paar Jahren saßen in der Jungfraujochbahn runterwärts zwei junge Chinesen, die vor lauter wechselseitigen Fotosherzeigen von ihrer „In-zehn-Tagen-um-die Welt“-Tour versäumt hatten, oben auszusteigen :woohoo: :woohoo: :woohoo:
Deine Reise finde ich nach wie vor äußerst interessant und Dein fundiertes Wissen über Land und Leute auch!
Viele Grüße
Friederike
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14 Sep 2020 16:05 #594754
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Martina56 schrieb:
Hallo Guko,
Traumhaft, deine Schilderung vom Osten. Auch ich fand es sehr, sehr schön dort.
Und dem Camilo habe ich eine ganze Tasche voll mit Fahrrad Ersatzteilen von Deutschland mitgebracht. Ein Bekannter hatte dort auch Räder geliehen und es war etwas kaputt gegangen, sodass er mich gebeten hat, die Teile mitzunehmen, was ich gerne gemacht habe.
Hast du denn den el yunkee erklommen?
Ich bin gespannt, wie weiter geht.
Danke für den schönen Bericht.
LG
Martina
Da hat sich der Camilo sicher gefreut. In Kuba ist es nicht leicht und teilweise recht teuer, Ersatzteile für das Fahrrad zu bekommen. Auf einer anderen Tour musste ich mein Rad reparieren lassen und da haben die Ersatzteileverkäufer z.B. für einen Bremszug, also nur ein dünnes Drahtseil, 10 CUC verlangt. In Deutschland kostet sowas 1 Euro. zum Glück hatte ich welche mitgenommen.

Nein, auf den El Yunque bin ich nicht gestiegen. Auf einer früheren Reise war ich wandern im Nationalpark und habe natürlich auch Yumuri besucht. Vielleicht mache ich das das nächste Mal.
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