Gräberpiste
Mit Gräberpiste wird umgangssprachlich im deutschsprachigen Raum die alte Karawanenroute von Bordj Omar Driss nach Ilizi bezeichnet. Die Strecke verläuft durchgehend in einem weiten Trockental, welches auf der einen Seite von den schwarzen Felsen des Tassili-Gebirges und auf der anderen Seite von den goldenen Dünen des Erg Issaouane begrenzt wird.
Der Name rührt von den zahlreichen Gräbern entlang der Strecke her. Diese gehen zum Teil bis in vorislamische Zeit zurück, rühren zum anderen aber auch aus den Kolonialkriegen Frankreichs. Auf jeden Fall verdeutlichen Sie die Entbehrungen, die in früheren Zeiten, das Reisen auf den Karawanenrouten mit sich brachte.
Traurige Berühmtheit erlangte die Gräberpiste, als 2003 innerhalb kurzer Zeit 32 Touristen auf dieser Strecke entführt wurden. Überwiegen Deutsche, Österreicher und Schweizer. Die Entführten befanden sich zum Teil mehrere Monate in Geiselhaft. Ein Teil der Geiseln wurde vom algerischen Militär befreit, für den Rest wurde Lösegeld gezahlt. Eine Geisel starb an Erschöpfung durch die Strapazen der Entführung.
Als wir jetzt einen ersten Blick in das weite Tal werfen konnten, durch dass die Gräberpiste führt, konnten wir unseren Augen kaum trauen. Hier muss es sehr heftig geregnet haben. Das gesamte Tal glich einer Seenplatte.
Unten im Tal angekommen zeigte sich, dass an die Befahrung der eigentlichen Piste nicht zu denken war. Diese führte zum Teil mitten durch die größten Seen.
Wir mussten uns also selbst die beste Strecke suchen. Am wichtigsten war dabei, den LKW nicht im häufig sehr tiefen Schlamm festzufahren. Einmal festgefahren käme der wahrscheinlich erst in ein paar Wochen wieder frei, wenn die Gegend endlich abgetrocknet wäre.
So war es jetzt Aufgabe der Motorräder die Streckenmöglichkeiten zu erkunden und dann den LKW durch die schwierigen Passagen zu lotsen.
Oftmals gerieten wir dabei in solch tiefen und zähen Schlamm, dass selbst die Motorräder feststeckten und zum Teil nur durch beherztes Zupacken mehrerer Personen wieder befreit werden konnten.
Gab es bislang immer Tankstellen, an denen wir die Motorräder wieder befüllen konnten, mussten wir heute das erste Mal aus den Fässern Benzin abfüllen. Ganz klassisch mit einfachem Schlauch und ansaugen.
Glücklicherweise gab es zwischendurch auch mal einfachere Passagen, auf denen wir zügig vorankamen. Auch für die Besichtigung der der hin und wieder auftauchenden Ruinen fanden wir Zeit. An manchen Stellen waren auch an den Hängen des Tassili-Gebirges Dünen angeweht. Wenn man dort hoch fuhr, hatte man einen fantastischen Blick über das Tal.
Als sich der Tag dem Ende neigte, hatten wir gerade einmal ein Viertel der Gräberpiste geschafft. Wir suchten uns am östlichen Rand des Tals, in den Ausläufern des Erg Issaouane, einen schönen Lagerplatz in den Dünen.
Die Wartung des Motorrads bestand an diesem Abend darin, es von über 10kg festgetrocknetem Ton und Lehm zu befreien.
Am nächsten Tag kommen wir schon bald an eine Stelle, an der das gesamte Tal unpassierbar ist und wir in die Dünen ausweichen müssen. Für die Motorräder überhaupt kein Problem, für den LKW aber sehr wohl. Einige Male schlägt der schwere Wagen kräftig ein, als er mit viel Schwung über steile Dünenkämme fahren muss.
Nachdem wir die Abzweigung nach Amguid passiert haben, werden die menschlichen Zeugnisse immer mehr. Wir finden mehrere Brunnen und alte Steingebäude. Auch die für den Namen der Piste verantwortlichen Gräber sehen wir immer häufiger.
Das die Route noch immer von Karawanen begangen wird zeigen deren Versorgungspunkte, die wir von Zeit zu Zeit finden.
Dann sehen wir die ersten Kamele. Manche in besserem Zustand, manche in deutlich schlechterem Zustand.
Wenig später haben wir sogar das Glück auf eine echte Karawane zu treffen. In der Wüste geht man da nicht einfach aneinander vorbei. Man setzt sich zusammen und tauscht sich über die Strecken aus. Die Tuareg laden uns zu süßem Tee ein und wir die Tuareg zu kalter Cola. Alle sind glücklich und zufrieden.
Danach zieht sich die Strecke noch ordentlich hin. Das Tal ist hier zunehmen bewachsen. Die Strecke verspurt und nicht einfach. Wir fahren bis zur Dämmerung und finden dann einen schönen Übernachtungsplatz in einem Dünenkessel.
Morgen sollte es nicht mehr allzu weit bis Ilizi sein.