THEMA: Reisebericht: Drei Wochen Äthiopien mit dem Rotel
16 Feb 2020 11:52 #580237
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  • CrocV am 16 Feb 2020 11:52
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Zu guter Letzt besuchen wir noch das ethnologische Museum. Wir sehen traditionelle Buchbinderwerkzeuge, wieder Waffen und festliche Kleidungsstücke der letzten Kaiser, Totenstelen der Konso und Gurage und Utensilien für die Kaffeeverarbeitung.




(Decke des alten Palastes, der dem Museum überlassen wurde.)





Da das Museum sich im alten Palast von Kaiser Haile Selassie befindet, das dieser bis zum Palastneubau in den 60er Jahren bewohnte, kommen wir dann in den Teil mit dem Schlafzimmern des Kaiser und der Kaiserin und den jeweiligen Badezimmern.



Weiter geht es in einem Bereich mit etlichen Kreuzen und Ikonenmalereien und danach noch in einem Raum mit sehr vielen traditionellen Musikinstrumenten.











Abschließend fahren wir noch zum alten Bahnhof der Djibouti-Bahn, der zu einem Hotel umgebaut wurde.



Zurück im Hotel müssen wir das alles erst mal etwas sacken lassen. Unser äthiopischen Guide, der die drei Wochen mit uns unterwegs war, hat heute für uns zusammen mit seiner Frau Kaffee und Gewürze vom Markt besorgt. Einfach weil er für die Sachen keinen Ferenji-Preis bezahlen muss. Während wir dann so in der Vorhalle sitzen, kommen nach und nach immer mehr Gäste in traditioneller Kleidung der südlichen Stämme ins Hotel. Der Strom reist gar nicht ab. Wir erfahren, das am Wochenende ein großes Festival der südlichen Nationen stattfindet und dazu Musik- und Tanzgruppen aller Stämme aus dem Süden anreisen. Anscheinend sind etliche hier in unserem Hotel untergebracht. Die Zeit bis zum Abendessen wird dadurch recht kurzweilig. Unser Abschiedsessen findet daher auch in einem separaten Raum statt, da der normale Speisesaal komplett von den Stammesgruppen belegt ist.
Anschließend ist es Zeit sich von unserem äthiopischen Guide und unserem Fahrer zu verabschieden, die uns drei Wochen lang sicher durch Äthiopien geleitet haben. Unsere Reiseleiterin wird mit uns zum Flughafen kommen, da es ihre letzte Tour für dieses Jahr war und sie auch nach Deutschland zurück fliegt.
Als ich meine Reisetasche aus dem Gemeinschaftstageszimmer der Männer hole und wieder in die Eingangshalle komme, ist diese wieder voller Menschen. Ich erkenne Konso, Mursi und Hama an ihrer Kleidung und Haartracht. Aber etliche andere Ethnien sind auch da. Mich fröstelt es richtig, wenn ich die teilweise sehr kurzen und dünnen Trachten sehe. Addis liegt doch höher und jetzt am Abend ist die Temperatur bereits bei kaum noch 10 Grad. Da haben wir bewusst nicht die Südäthiopien-Tour gebucht und jetzt kommen die ganzen Völker hier zu uns ins Hotel !
Ein junger Hama kommt zu mir und fragt, woher wir kommen. Da er englisch spricht, können wir uns etwas unterhalten. Es gibt wohl Probleme, da das Hotel total überbucht ist. Und jetzt all die Leute hier in der Eingangshalle nicht wissen, wo sie unterkommen sollen.
Mittlerweile haben sich etliche weitere Mitglieder unserer Gruppe hier in einer Ecke der Halle versammelt und staunen auch nur. Eine Frau einer anderen Ethnie schimpft währenddessen immer wieder in unsere Richtung. Auf unseren fragenden Blick hin übersetzt ein weiterer. Sie regt sich auf, weil wir Weißen ihnen hier die Zimmer wegnehmen. Wir schütteln den Kopf und erklären, das wir nicht ankommen, sondern abreisen und hier auf unseren Bus warten der uns zum Flughafen bringt.
Wie das Problem der Überbuchung gelöst wurde, erfahren wir nicht mehr. Denn jetzt ist unser Bus da und wir brechen auf zum Flughafen. Schade, das Festival am Wochenende hätte ich gern besucht.
Am Flughafen müssen wir bereits auf dem Parkplatz unsere Ausweise und Tickets zeigen, dann dürfen wir die Auffahrt zum Flughafengebäude hoch laufen. Am Eingang folgt eine Taschenkontrolle und dann wird das Gepäck durchleuchtet und schließlich kommen die CheckIn-Schalter. Alles läuft reibungslos und zügig. Danach kommt nochmals eine Handgepäckkontrolle und der Ausreiseschalter. In der Abflughalle haben wir dann noch Zeit, um durch die Geschäfte zu schlendern.
Der Flug startet pünktlich um 23:50 Uhr und nach einer ruhigen Nacht, die wir meist schlafend verbracht haben landen wir um 6 Uhr in Frankfurt. Das Gepäck kommt auch schnell und so erwischen wir einen recht frühen ICE, der dann leider unterwegs eine deutliche Verspätung einfährt, so das wir doch erst gegen Mittag zu Hause sind.
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16 Feb 2020 12:05 #580238
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  • freshy am 16 Feb 2020 12:05
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Sehr interessant,
wie viele Lebensszenen der Künstler in seinem Afrikabaum verewigt hat:



Ich habe deine Rotelreise verfolgt, fand sie spannend, jedoch z. T. überladen. Doch das hast du selbst auch empfunden. Während eine Freundin mit dieser Art zu reisen, die halbe Welt erkundet hat, konnte und kann ich mich nicht damit anfreunden. Diese Schlafkabinen :pinch: . Vielen Dank für deinen umfangreichen sehr lesenswerten Reisebericht. Es hat Spaß gemacht, ihn bequem vom Schreibtischstuhl aus zu verfolgen.

Lieben Gruß
freshy
Letzte Änderung: 16 Feb 2020 12:11 von freshy.
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16 Feb 2020 12:20 #580239
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Buchtipps
Ich habe dieses Reisetagebuch in den Wochen nach unserer Rückkehr geschrieben. Einfach um die noch frischen Eindrücken einfließen zu lassen.
Danach habe ich mir einige von unserer Reiseleiterin empfohlene Bücher besorgt, um die von mir teils aus dem Gedächtnis, teils aus manchmal fast unleserlichen Notizen :whistle: niedergeschriebenen Fakten nochmals zu überprüfen. Um Verwechselungen und falsch Verstandenes möglichst auszuschließen.
Dabei habe ich aber der Versuchung widerstanden, meine Reisenotizen um weitere Details anzureichern.
Denn ich wollte verhindern, durch zu viele Überarbeitungen die frischen Erinnerungen und Eindrücke zu verfälschen oder gar zu entfernen.
Daher blieb es meistens bei kurzen Erwähnungen einzelner Fakten.

Wenn jetzt tiefer eintauchen und mehr Details erfahren möchte, hier ein paar Buchtipps:
"Das Königreich Aksum" von Francis Breyer, erschienen 2012 beim Verlag Philipp von Zabern liefert viele Informationen zu den archäologischen Funden zum Reich Aksum und den vorherigen äthiopisch-jemenitischen Reichen.

"Sagenhaftes Äthiopien" von Klaus Dornisch, erschienen 2019 bei wbg liefert einen kompletten Gang durch die äthiopische Geschichte und Kultur von Lucy über das Neolithikum, vom Land Punt bis D`amant, von Aksum über Lalibela bis Gondar.

Und gerade habe ich auf einer Internetseite ( www.ethiopianorthodo...g/deutsch/books.html) noch folgendes Buch entdeckt und lese es gerade:
"Das äthiopisch-orthodoxe Christentum" von Kai Merten, erschienen 2012 beim Lit Verlag.
Das Autor ist Religionswissenschaftler am Goethe-Institut und wie er schreibt, mittlerweile selbst "familiär" mit Äthiopien verbunden.
Auf den ersten Seiten liefert er jedenfalls einen sehr gelungenen Überblick der Geschichte Äthiopien vom christlichen Lalibela bis zur Gegenwart, der deutlich zeigt, das er wirklich in intensiven Austausch mit äthiopischen Gelehrten und Würdenträgern steht.
Und da er ausdrücklich keine theologische, sondern eine religionswissenschaftliche Betrachtung des äthiopischen Christentums in seinem Buch anstrebt, verspricht auch die weitere Lektüre interessant zu werden.
Zumal der Untertitel seines Buches lautet: "Ein Versuch zu verstehen".
Letzte Änderung: 16 Feb 2020 14:14 von CrocV.
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16 Feb 2020 13:09 #580241
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  • tiggi am 16 Feb 2020 13:09
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Hallo CrocV,
ein sehr fesselnder und wirklich schöner Bericht! Vielen Dank für das Teilen eurer Erlebnisse. :)

Ich hätte noch ein paar Fragen zu Rotel. Vielleicht klingen sie albern oder naiv, aber ich kann mir das Schlafen mit so vielen Leute im Bus nur schwer vorstellen. Hört man das Schnarchen des Nachbarn? Kann man nachts auf die Toilette gehen? Wir oft gibt es Fotostopps/Buschpause auf den Touren? Findet man immer überall Trinkwasser zum Kaufen? Wie achtet Rotel auf die entsprechende Hygiene, z. B. bei dem Essen und der Auswahl der Restaurants?
Manche Fotos lassen erkennen, dass du durch die Scheibe des Busses fotografiert hast (z.B. überfüllte Busse mit Fußballfans) , aber andere sehen klarer aus, obwohl auch die während der Fahrt entstanden sein müssen. Gibt es ausreichend Fotomöglichkeiten oder interessiert das Rotel nicht.

Liebe Grüße
Biggi
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16 Feb 2020 13:44 #580242
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  • CrocV am 16 Feb 2020 11:52
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Hallo Biggi,

zu deinen berechtigten Fragen:
Ja, man hört das Schnarchen der Nachbarn. Daher haben wir immer Ohrenstöpsel dabei.
Ja, man kann nachts auf Toilette gehen. Allerdings nicht im Fahrzeug. Das Rotel steht entweder auf Campingplätzen oder wenn wie in Äthiopien keine vorhanden sind, eben im Hof oder Garten eines Hotels. Bei Hotelstandorten werden jeweils 2-3 Dusch- und Toilettenzimmer angemietet. Frauen, Männer, Paare.
Ja, Trinkwasser findet man überall. Jeder noch so kleine Laden hatte Wasser in Plastikflaschen. Von 0,3 Leiter bis 5 Liter war immer Auswahl vorhanden.
Rotel bzw. die Reiseleiter achten schon sehr auf Hygiene beim Essen. Sie haben da einfach ihre Erfahrungswerte. So gab es bei der Übernachtung in Debre Markos kein typisch äthiopisches Abendessen, sondern Spaghetti mit Tomatensoße. Warum ? Weil dies das einzige Essen ist, welche in dem Hotel hygienisch sauber zubereitet wird. Das wusste unsere Reiseleiterin aus eigener, leidvoller Erfahrung. Rotel ist bereits seit den 1950ern als Reiseveranstalter aktiv und hat auch jahrzehntelange Afrikaerfahrung. Wobei die Abendessen in den Hotels bei dieser Reise eher eine Ausnahme waren. Bei den anderen Rotelreisen wurde abends meist vom Fahrer in der am Fahrzeug befindlichen Küche gekocht. Sie Fahrer haben dabei genaue Vorgaben, wie lange das Wasser kochen muss, damit es keimfrei ist.
Toilettenpausen gibt es alle 2 Stunden. Allerdings unterwegs natürlich nicht immer wirklich mit Toiletten. Dann heißt es je nach Bewuchs: Frauen links hinter zu den Büschen, Männer rechts nach vorn.
Etliche Fotos wurden im Vorbeifahren aus dem Fenster gemacht. Das Fahrzeug hat seitliche Schiebefenster, so das diese komplett geöffnet werden können. Nur einige Fotos wurde nach vorne durch die Windschutzscheibe gemacht.
Etliche Fotos entstanden aber auch bei Fotostopps, die auch regelmäßig eingelegt werden. Teils kombiniert mit "Buschpausen". Aber natürlich muss man hier Kompromisse machen in Sachen Fotostopps. Bei 20 Leuten kann man unmöglich immer halten, wenn einer etwas für ihn interessantes entdeckt habt. Daher eben auch Fotos aus dem fahrenden Fahrzeug mit entsprechender Qualität...

Liebe Grüße
Ralf
Letzte Änderung: 16 Feb 2020 13:49 von CrocV.
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Hallo CrocV,
beim Angucken der vielen Bilder, vor allem der in den diversen Kirchen, ist mir teilweise richtig schwindlig geworden. Meine Güte - was Ihr alles gesehen und auf Euch genommen habt - Respekt! Du hast einen sehr intensiven Eindruck dieses "unbekannten" Landes vermittelt - dafür habe herzlichen Dank! Mir geht es allerdings auch wie Freshy: Vom heimischen Sessel aus betrachtet war das eine phantastische Reise für die Mitleser. Auch mir wären die Strapazen einer Rotelreise zu groß, schon beim Darandenken kriege ich klaustrophobische Anfälle B) B) B)
Diese drei Wochen erschienen mir beim Lesen wie Monate! Euch ging es gewiss auch so?
Viele Grüße
Friederike
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