THEMA: Britz Navi Camper: Erfahrungen nach 3 Monaten
16 Jul 2022 13:48 #647409
  • mrsnoid
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  • mrsnoid am 16 Jul 2022 13:48
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Liebe Namibia-Freunde und solche, die es noch werden könnten,

hier kommt nun der versprochene Erfahrungsbericht. Aus den anfangs geplanten 2 Monaten sind nun 3 geworden. Hat sich das Fahrzeug -angesichts des (verdienten?) Britz-Bashings im Internet-
bewährt, und wie haben wir es solange ausgehalten? Aber schön der Reihe nach.
1. Grund für die Wahl: Erfahrungen aus einer früheren Namibia-Reise haben gezeigt, dass ein Allradantrieb auch für Nicht-4WD-Abenteurer von Vorteil ist. Man kommt einfach problemlos auf allen sogen. D-Roads voran. Für wirklich harte Strecken ist der Aufbau ungeeignet, aber wir sind ja noch nicht gehbehindert... Mitentscheidend war die Basis Toyota Hilux.
Eingebautes WC: im namibischen Winter (in der Kalahari hatten wir locker -5°C) ist das ganz angenehm, wenn man nachts mal muss. Oft kam zu der Kälte auch noch ein anständiger (Sand-) Sturm.
Ausreichende Stehhöhe statt Hose im Dachzelt liegend an- und ausziehen. Ihr merkt schon,
wir sind keine ausgesprochenen Dachzeltromantiker, schon gar nicht über 3 Monate.
1,60m, ausreichend breites Bett und Umbaumöglichkeit zum drinnen sitzen.
2. Erfahrungen im Vorfeld: Wir hatten 2 verschiedene techn. Fragen an Britz im Abstand von
2 Wochen gestellt, auf deren Homepage unter „ask the boss“. Reaktion? Boss schlafen! Immer noch, da bis heute keine Antwort.
3. Übergabe: Ankunft bei Britz gegen 9 Uhr. Wir warten wegen des großen Andrangs, da bringt gerade ein Paar seinen Britz Navi zur Rückgabe. Gefragt nach der Zufriedenheit. Antwort: „Suuper, freun uns schon auf das nächste Mal“. Na, wenn das nicht aufbaut. Bei denen war aber auch aussen -im Gegensatz zu unserem bereitstehenden- noch alles dran : abschließbarer Tankdeckel, Deckel für den Abgaskamin (Staubschutz) und die Halterung für den Aussenstecker (wichtig zur Zugentlastung).Da muss wohl mal jemand mit eingestecktem Kabel losgefahren sein. Gegen 13:30 konnten wir -nach Kontrolle des Fahrzeugs und Behebung einiger Reklamationen- endlich losfahren. Der Toyota hatte erst 73000km auf dem Tacho, aber der Aufbau schien schon mehr als ein Toyota-Leben hinter sich zu haben.
4. Erwartungen und Realität:
Der Hilux hat tapfer gehalten. Der Rest weniger.
Das WC eigentlich schon, nur einmal hat sich der Schieber auf einer argen Rüttelstrecke gelöst. Da hilft nur eines: herzhaft reingreifen und wieder anklippsen. Vorher gut spülen! Ein großes Hindernis war die Toilettentüre. Wenn man drauf musste, kam man kaum daran vorbei.. Da sind andere klüger und haben einen Vorhang eingebaut. Intimität wird sowieso nicht gewahrt, das ganze ist oben offen.
Umbaumöglichkeit zu zum drinnen sitzen: Das probiert ihr nur einmal. Viel zu umständlich.
Viele der hier angesprochenen Features sind reine Verkaufstaktik. Sehen nur auf den Werbefotos und -Videos toll aus.
Stehhöhe: eigentlich ganz gut durch das Hubdach. Das war aber eine einzige Fehlkonstruktion hinsichtlich Haltbarkeit. Das zeigten schon bei der Übernahme die zahlreichen erkennbaren Reparaturversuche. Weiche Alunieten halten nun mal auf Wellblechpisten nichts aus, wenn sie belastet sind. Das Aufstellgestänge brach nach 2 Wochen ab, wurde geschweisst und brach dann nach 2 weiteren Wochen auf der anderen Seite wieder ab. Die Scharniere an den Türen sind z.T. ausgerissen, kein Wunder bei dem dünnen Blech aus dem sie gefertigt sind. Die Schrauben zu den Scharnieren waren billige Holzschrauben und teilw. schon durch größere ersetzt. Ebenfalls sinnlos auf Rüttelpisten, da braucht man durchgehende Gewindeschrauben mit Sicherungsmuttern. Gibt es sogar in Afrika in jedem Eisenwarenladen. Folge bei uns: Die Schranktüren gingen während der Fahrt auf & große Sauerei!
All das zeugt nicht nur von technischer, sondern auch kaufmännisch streng kontingierter Kompetenz, da diese Billigproduktion mehr Geld an Reparaturen kostet und unnötigerweise den Ruf schädigt. Als wir dann auch noch bei einer Polizeikontrolle angehalten wurden und 1000 Nam. Dollar Strafe wegen eines abgelaufenen Strassen-Nutzungs-Gebühren-Aufklebers zahlen mussten, war das Fass voll. Da zeigte sich endgültig, dass man die Aussage bei der Übergabe „die Fahrzeuge gehen so schnell rein wie raus“ wörtlich nehmen muss.
Zum Bett: es wird mit 1,90m Länge angegeben. Tatsächlich kann auch ein 1,83m langer Mensch darin gerade ausgestreckt schlafen. Aber nur bis EU Schuhgröße 35! Das Dach läuft vorne spitz zu und nicht jeder hat das Glück, dass seine Partnerin 1,51m groß ist und er somit diagonal liegen kann.

5. Aussenkocher: Ebenfalls eine Fehlkonstruktion,der hängt durch sein Eigengewicht schief nach vorne. Braten (dafür sollte er eigentlich da sein) geht schlecht, kochen einigermaßen. Und es ging nur eine Flamme.

6. Aber das gehört eher zu den Peanuts. Allerdings haben wir alle Probleme und Problemchen fotographisch dokumentiert weil auch Kleinvieh Mist macht. Das erspare ich euch aber hier.

7. Britz Service bei Reklamationen: Gut! Nach dem saftigen Strafzettel gab es einen ebenso saftigen Anruf bei dem Depot in Windhuk. Es kam noch am gleichen Tag ein Service-Techniker aus 350km angefahren, der alles zur Zufriedenheit -einschl. neues Hubdachgestänge- repariert und einen neuen Aufkleber für die Strassensteuer (die Fahrzeuge sind in S.A.zugelassen) plaziert hat.
8. Noch was positives: Das Fahrzeug hatte auf allen 4 Rädern nagelneue chines. Offroadreifen.
Wir hatten-man glaubt es nicht-keinen einzigen Platten. Auch das Reserverad war in gutem Zustand, wenn auch nie gebraucht. Trotz Kaokoveld und Abstecher nach S-Afrika in den Richtersveld und Namaqua Park.
9. Resümee:
War es die totale Katastrophe? Nein? Wer das seltene Glück hat, einen quasi neuen Camper zu bekommen, wird den auch „suuper“ finden.
Haben wir die Campermiete bereut? Nein! Es war für uns persönlich -angesichts des frühen Wintereinbruchs- immer noch besser als mit Dachzelt. Evtl. besitzen wir aber auch nicht mehr die nötige Leidensbereitschaft.
Wir trafen Campermieter anderer Firmen, welche angeblich als die besseren empfohlen wurden. Die haben uns von ähnlichen Problemen berichtet.
Haben wir uns geärgert? Kaum, aber gewundert. Über die VERMEIDBAREN Probleme! Da wird vollmundig behauptet, die Fahrzeuge wären speziell für die harten Bedingungen in Afrika ausgelegt. Und dann dieser Murks in Konstruktion und Fertigung. Dass die anderen nicht (oder nicht viel) besser sind, ist keine Rechtfertigung. Und bitte kein „das ist halt Afrika“. Ihr tut den vielen Menschen Unrecht, die dort -mit einfachen Mitteln- einen guten und gewissenhaften Job machen. Und wir haben davon viele getroffen. Die Hauptverantwortlichen für die hier angesprochenen Probleme sitzen eher im oberen Management: „Boss“ und sein begnadeter Konstrukteur.
So, nun wisst ihr wenigstens, auf was ihr euch einlässt. Lasst euch von den schönen Fotos und Videos nicht blenden.

Ich glaube kaum, dass der „Boss“ jemals diesen Bericht lesen wird. Auch nicht, dass er jemals mit
einem seiner Fahrzeuge (mit mind. 100000Km auf dem Tacho) in den Urlaub fährt.
Dann lasst euch, als Mieter, wenigstens nicht alles gefallen!

Ach ja, und noch etwas: bei der Übergabe haben wir die Kühlbox (hat immerhin durchgehalten) zwar auf Funktion überprüft. Aber nur von aussen. Großer Fehler! Als wir die Box dann später öffneten, kam uns ein jämmerlicher Gestank von vergammeltem Fleisch entgegen. Das drehte auch dem härtesten Südwestfahrer den Magen um. Richtig sauber war sie auch nicht.
Auswischen mit Spülwasser hat nicht geholfen. Aber dank Corona gab´s ja Desinfektionsmittel...
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16 Jul 2022 13:57 #647411
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  • travelNAMIBIA am 16 Jul 2022 13:57
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Hi mrsnoid,
Als wir dann auch noch bei einer Polizeikontrolle angehalten wurden und 1000 Nam. Dollar Strafe wegen eines abgelaufenen Strassen-Nutzungs-Gebühren-Aufklebers zahlen mussten, war das Fass voll.
das Standardproblem eines jeden internationalen Vermieters mit SA-Autos in Namibia. Egal ob bei Britz, Avis etc, man hört genau das zig Male pro Monat und das seit Jahren. Als wenn es so kompliziert wäre alle 90 Tage das zu erneuern...

Viele Grüße und Danke für Deinen Erfahrungsbericht
Christian
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