travelNAMIBIA schrieb:
[lässt sich trefflich und lange drüber diskutieren (ich will aber nur einen Gedankenanstoß geben).
Hallo Christian,
könnte sein, dass die persönlichen Vorstellungen von „Reformer“ einfach divergieren, was in einer zivilisierten Diskussion aber kein Problem darstellt.
Ich habe das Verabschiedungsvideo von De Klerk mehrfach angeschaut und betrachte das mit Respekt, auch die ausgesprochenen Warnungen kann ich nachvollziehen und finde diese begründbar. Ich denke auch nicht, dass das was ich oben geschrieben habe, respektlos gegenüber De Klerk und seine historische Leistung ist. Aber was ein Staatsmann nach jahrelanger Reflektion und am Ende seines Lebens sagt, ist PERSÖNLICH, also Stoff für Biographien über den „Menschen“ De Klerk und so wie er sich selbst und andere ihn sehen wollen. Es ist aber nicht Geschichte im Sinne historischer Fakten. Das analysieren eben Andere.
Sein historischer Verdienst ist, nach der faktischen Entmachtung Bothas und in einer Situation am Rande des Abgrunds, die Apartheid als Staatsdoktrin beendet zu haben. Die Jahrzehnte lange Arbeit bis dorthin haben mW aber andere gemacht. In der NP selber und in der Opposition, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und haben dabei auch große Risiken auf sich genommen. Währenddessen war De Klerk immer ein untadeliger treuer Parteisoldat in zig Funktionen in Staat und Partei, der die Staatsdoktrin beinhart verteidigt, mitgetragen und umgesetzt hat. Wäre das nicht so gewesen, hätte der starke konservative Flügel in der NP, der sich gegen jede Änderung verbissen wehrte, De Klerk nach Bothas Schlaganfall nie an die Spitze kommen lassen. So hat z. B. De Klerk erst kurz vor seinem ersten Treffen mit Mandela in 1989 erfahren, dass die NP schon seit Jahren doppelgleisig fuhr und mit ANC und Mandela verhandelt hatte. Alleine das zeigt, dass er in eine Gestaltung einer Postapartheidgesellschaft bis dorthin nie eingebunden war. Dazu noch die diversen Initiativen der südafrikanischen Zivilgesellschaft, usw., die auch nicht von De Klerk profitiert haben.
In all diesen Prozessen hat mW De Klerk nie eine aktive oder konstruktive Rolle gespielt, zumindest ist mir keine bekannt, was für die Forumshistoriker nicht viel bedeuten mag

. Wenn es gute Quellen dazu hast, dass De Klerk in den 1980ern eine aktive Rolle als „Reformer“ wahrgenommen hat, mit ANC und Opposition aktiv und konstruktiv verhandelt hat, etc., bin ich interessiert.
Bis dorthin meine ich, dass es historisch inkorrekt ist, wenn heute in Medien De Klerk als DER Überwinder der Apartheid dargestellt wird. Bitte meine obige Zuschrift so zu verstehen.
Warum also De Klerk so glorifizieren, wenn heute niemand die konkreten Leistungen von Coetsee, Slabbert, Boraine, Esterhuyse (um nur ein paar Weiße zu nennen) usw. auch nur erwähnt?
Grüße, Werner