THEMA: Reisebericht SüdAfrika. Nun auf Deutsch!!
29 Nov 2008 13:26 #83313
  • schoelink
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  • schoelink am 29 Nov 2008 13:26
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King off the road, king of the jungle...
(Vielen dank Cécile!;) )



Höchstwahrscheinlich bist Du abenteuerlich veranlagt und musst eine Vorliebe für Landrover haben. Wenn Du Dich dann noch für Wildlife interessierst, dann ist
Südafrika Botswana oder Namibia ein Urlaubsziel zum Überlegen. Wir haben seit 1998 mit einigen Landrovern (4x4) über 100.000 Km zurückgelegt.
Am liebsten fahren wir mithilfe eines GPS Abseits der Hauptrouten in tiefem Sand, in Salzpfannen und auch auf Schotterpisten. Wir übernachten in einem Zelt zwischen den Tieren als absolute Selbstversorger. Dies geschieht immer nur für Paar Tage, weil wir auch nichts gegen eine komfortable Lodge und ein gutes Steak haben.
Südafrika ist so groß wie West-Europa und hat alles, um uns das abenteuerliche Gefühl zu vermitteln ganz auf sich selbst angewiesen zu sein. Die Städte sind erstaunlicherweise sehr modern, teilweise auch luxuriös und sehr bequem, um mal schnell Windeln oder ein Tiefkühlspinat einzukaufen. Das ist diesmal für uns von Nöten, weil wir unsere 3 Jährige Zwillingen dabei haben.

Letztes Jahr wurde ein gebrauchter Diesel angeschafft. Der Unterschied mit unserem V8, sowie die Traktion bei niedrigen Drehzahlen, aber auch der unglaubliche Lärmpegel, welchen das Fahrzeug bei 120 Km produziert, war unglaublich. Als wir dann noch um etwas Fahrtwind und Frischluft die Fenster aufmachten, schauten wir uns mit großen Augen an und uns blieb nichts anderes übrig, als mit den Händen zu gestikulieren.
Inzwischen ist es später Nachmittag.
Wir fahren von Pretoria, wo unser Fahrzeug sonst steht, zum Krügernationalpark
ca. 350 KM über meistens wenig befahrene 4 spurige Straßen. Südafrikaner in ihren großen glänzenden japanischen 4x4 und andere in rostigen Pick-ups, wo die Arbeiter einfach hinten drauf sitzen - ganz schön gefährlich.
Mit unseren beiden lauten kleinen Kindern erregen wir ganz schön Aufsehen, zumal
wir uns wie „King of(f) the Road“ fühlten und die anderen Landrover Fahrer überschwänglich grüßten.

Dunkles Afrika

Im Krügernationalpark geht jeden Tag um ca. 18:00 Uhr die Sonne unter.
Als wir das Licht anschalten, kommt ein Piepsen aus der „Black Box“. Der Temperaturanzeiger leuchtet auf und das Licht geht aus. Auch unser „Babysitter“ auf der Rückbank, (Lese DVD-Spieler) hat den Geist aufgegeben. Ohne Licht weiterfahren, ist keine Option!
Das Tierleben kommt erst in der Dämmerung in Gang. Die Löwen schlafen fast 22 Stunden am Tag und treten erst im Dunklen zum Jagen in Erscheinung. Die Asphaltstraßen, die noch vom Tag aufgeheizt sind, werden oft als „Lunchplatz“ hergenommen.
Um die Sicherheit für Mensch und Tier zu gewährleisten, müssen alle Fahrzeuge eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang sich innerhalb des Restcamps einfinden.
Wir müssen Gasgeben und düsen mit 70 Km/h über die Pisten, obwohl nur 40 erlaubt sind. Dabei fahren wir an erstaunten Giraffen und Elefanten vorbei, die gerade dabei sind ihre Nahrung zu sammeln. Es sieht so aus, als ob sie dort für die Touristen abgestellt sind. Noch keine 100 Meter vor dem Tor, sehen wir den ersten Elefanten, wir fahren mit dem Abblendlicht, der Unterschied zwischen einer Stadt und der leeren und trocknen Savanne ist unglaublich.
Pünktlich und ohne Unfall fahren wir in das “Berg en Dal“ Restcamp. Das Tor ist schon zur Hälfte geschlossen, wir suchen uns auf gut Glück einen Stellplatz. Es wird noch mehr „Dunkel Afrika“, weil uns auch das Licht auch beim Zeltaufbau im Stich lässt. Gott sei Dank ist das Aufbauen vom Dachzelt durch Ertasten kein Problem. Letztendlich finden wir in völliger Dunkelheit unsere Kühlbox und unser Abendessen, Äpfel und Käse. Danach wird geduscht, die Nasszellen sind sehr gut und sauber ,die Küchen sind mit Elektrokochplatten ausgestattet, überall aus den Kränen kommt Trinkwasser und eine Feuerstelle zum Grillen ist vorhanden.
Nach einigen Versuchen liegen wir schließlich wie die Heringe in der Tonne zu viert im Dachzelt, von 1,40 m auf 2.20 m.
Am nächsten Morgen kommen wir ein wenig krumm gelegen aus unseren Schlafsäcken. Einmal und nie wieder. Heute stellen wir unser komfortables Kuppelzelt auf.


The Big 4

Jetzt wird endlich in Angriff genommen, wofür wir eigentlich hier sind, Tiere zu beobachten. Dazu fahren wir über Schotterstraßen und Sandpisten, ohne groß andere Fahrzeuge zu begegnen.
Das Beobachten geht am besten, wenn man auf Asphalt fährt, weil da gibt es keine Staubwolken, die das „Essen“ der Spezies verderben. Weißt Du warum die Impalas eine große „M“ als Buchstabe auf den Hintern haben ? Genau, um wissen zu lassen, dass sie das „Fastfood“ von Mc Donalds für fast alle Raubtiere im Park sind.
Am Ende des Vormittags haben wir schon 4 der beeindruckenden Big Five ganz nah gesichtet Elefant, Nashorn, Büffel und Löwe. Nur der Leopard geht uns noch ab, den haben wir in all den Jahren erst einmal sehen können.


Automechaniker vor Ort.

Bis jetzt ist das noch keine Geschichte für die Automechaniker, aber das wird sich bald ändern. Nach einigen Tagen des Ausspähens und des Sandschluckens machen wir uns auf dem Weg zu unserem nächstem Ziel, quer durch Swaziland entlang
am Indischen Ozean. Swasiland ist ein selbständiges Königreich mit einem Herrscher, der einem Diktator gleicht. Eine unerwartete Fahrt durch das bettelarme Land, nicht ahnend, dass dieses die gefährlichste Strecke unsere Reise sein wird. Die Fahrt entlang der ärmlichen Hütten wird ständig abrupt unterbrochen, weil wir sehr oft eine Notbremsung hinlegen müssen, um so die frei herumlaufenden Kühe, Ziegen oder anderes Kleinvieh zu verschonen.
Als wir wieder mal gezwungen sind mit unseren 2.000 Kilo eine Vollbremsung machen zu müssen, liegt unerwartet einer von unseren Zwillingen erschrocken auf der Mittelkonsole und der Motor unseres Fahrzeugs gibt plötzlich komische Geräusche von sich. Es rattert und klappert beim Starten. Es sieht außerdem so aus, als ob wir Öl verlieren. Selbst können aber nichts entdecken. Mit unseren sehr beschränkten Kenntnissen über Automechanik fahren wir ein wenig besorgt weiter.
Der großer Vorteil vom Landrover ist, dass sich jede Werkstadt in Südafrika mit diesem Fahrzeugtyp auskennt. Wir haben für den Notfall immer einige Ersatzteile dabei. Nun halten wir Ausschau nach einer Werkstatt. Letztendlich finden wir eine baufällige Hütte mit einem Schrotthaufen davor, hier braucht man nicht lange zu warten oder einen Termin absprechen. Der Mechaniker verschwindet wie selbstverständlich sofort unter die Motorhaube, ohne etwas dafür zu verlangen. Von Service verstehen die was in Südafrika. Er stellte fest, dass unser Landrover tropft; aber mal ehrlich, welcher Landrover tropft nicht?
Die Diagnose: „Den Ölstand ein wenig im Auge behalten und Zuhause den Schaden reparieren lassen“.
Mit dieser Aussage sind wir beruhigt und setzen unsere Fahrt nach St Lucia fort.
Ein pulsierender kleiner Ort am Indischen Ozean.


Eine außergewöhnliche Begegnung

Stell Dir vor, ein verlassener Sandstrand, hell blaues Wasser auf Schwimmtemperatur, hohe Wellen, die sich am Strand brechen. Selbstverständlich scheint die Sonne. An der anderen Seite eine idyllische Lagune, wo Nilpferde und Krokodille auf Ihre eigene Weise das Wasser genießen. Etwas weiter schwimmen Walfische auf ihrer jährlichen Reise “den Sardinenrun“. Ein komisches Gefühl dennoch beschäftigen wir uns für 2 Tage mit Sandburgen bauen und im Wasser planschen.
Mittags machen wir einen Ausflug zum subtropischem „St Lucia Wetlands National Park“.
Statt rotem Staub und trockenen Pflanzen sehen wir grün, grün, und nochmals grün und zu unserer Überraschung einen Leopard!!! Was für ein Glück der Leopard macht Jagd auf ein Warzenschwein was, dank unsere Anwesenheit noch ein wenig länger Leben durfte. Dann sitzt der Leopard, in den Sträucher nur 3 Meter von uns entfernt. Wir observieren uns gegenseitig für einige Zeit. Als die Smarties und Kekse, um unsere „Rückbank“ ruhig zu halten, zur Neige gehen, fahren wir weiter.
Wir waren sehr angetan von dieser außergewöhnliche Begegnung.



„ Bloodriver“
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Neben dem Offroad fahren, Wilde Tiere beobachten und Strandvergnügen hat Südafrika auch eine sehr bewegte Geschichte. Wir beschließen, diese Seite auch kennenzulernen. Im 19. Jahrhundert haben sich die Engländer und die holländischen Buren schwere Kämpfe geliefert. Beim Blodriver haben 600 Buren ohne einen Mann zu verlieren eine ganze Armee von 16.000 mit Speeren bewaffneten Zulus vertrieben.
Die Buren folgten einem minutiös und akribisch gut vorbereitetem Kriegsplan und benutzten den natürlich vorhandenen Sichtschutz aus der Umgebung.
Letztendlich verloren die Zulus die Schlacht durch einen Fehler. Sie durften nicht in der Nacht, wie ihre Gebräuche es ihnen vorschrieb, den Gegner nicht bekämpfen.
Die Öllampen an den Ochsenwagen der Buren wurden durch die Zulus im Nebel als deren mächtige Vorfahren, also als Geister, angesehen. Im hellen afrikanischen Sonnenlicht war es für die Buren wie bei einem Preisschießen. Die Zulus konnten ihre Waffen erst auf einem Abstand von 30 Metern einsetzen.
An der Stelle des Gestehens befindet sich ein Ochsenwagen aus Bronze als Andenken an die Schlacht. Für unsere Zwillingen war der Spielplatz eine dankbare Abwechslung.008




Lamme (und der) Land Rover


Nachdem wir uns von diesem dramatischen Fleck entfernen wollten, war da noch ein „Opfer“ Unser Landrover wollte nicht anspringen, er stotterte nicht mal. Der Motor schien total tot. Akku? Anlasser? War der Ölverlust doch schlimmer als gedacht? Es ist 35 Grad im Schatten! Nirgendwo sieht es da nach aus das Hilfe zu erwarten ist. Da bleibt einem Nichts anderes übrig, als selber den Landrover zu schieben, um so zu versuchen, ihn zu starten.
Nach ¾ Stunde ziehen und schieben, um ihn zu einem kleinen Hügel zu bekommen, haben wir Erfolg und es erklingt endlich das erlösende Aufheulen vom Motor. Wir freuen uns tierisch; suchen jetzt aber ganz schnell die nächstmögliche Werkstatt auf.
Im nächsten Ort zunächst schnell einen Hamburger mit Pommes und dann viel Kaltgetränke, das haben wir uns jetzt reichlich verdient.
Wir geben dem uralten Man mit einem lahmen Bein, der auf unseren Landrover aufgepasst hat, einen Hamburger und ein par Rand.
Leider gibt unser Landrover abermals keinen Ton von sich. Mit all unseren Kräften schieben der alte Mann und ich den Landrover. Mit Erfolg, pfffff! Nun Schnurstraks zur Batterieladestation, um den Akku und den Dynamo überprüfen zu lassen. Beide sind in Ordnung. Freitagnachmittag, um 15.00 Uhr sind wir in der Werkstatt. Ein sehr freundlicher Herr und Fachmann erklärt sich bereit, sofort den Anlasser zu überprüfen. Es soll 2 Stunden dauern, also gehen wir wieder zum Hamburgerimbiss! Das Warten hat sich gelohnt, der Monteur findet einen defekten Elektromagnet. Dieser wird umgehend repariert. Natürlich bekommen wir den „Freitagnachmittag Tarif „
Aber für Südafrika ist das ein Toptarif, für diesen Preis dürftest Du in Holland nicht einmal vor der Tür parken. Also warum klagen? Arbeitnehmer verdienen hier ca 1€ pro Stunde!


Prähistorische Tiere und ein modernes GPS

Die letzte von unseren 3 Wochen in Südafrika lässt unser Landrover uns nicht mehr im Stich. Dieses Mal entscheiden wir uns, für eine weniger sichere (ohne Zaun) Campsite im „Hluhluwe-Umfolozi Park“, dort strauchelt man im wahrten Sinnes des Wortes über Nashörner. In diesem Park werden mit großem Erfolg ,die vom Aussterben bedrohten schwarze und weiße Nashörner gezüchtet.
Wenn Du mit diesen Tieren Auge im Auge gegenüberstehst, denkst Du, Du bist in der prähistorischen Zeit.
Auch hier sind interessante Offroad Tracks, laut unser GPS enden die da, wo wir hin wollen, aber die Wirklichkeit belehrt meine männliche Intuition und wir enden auf einem knallharten ausgetrockneter Weg kurz vor einer Schlucht.
Also hoppeln wir wieder den gleichen Weg zurück.
In diesem Park haben wir uns für ein Rondavel (Rundbau; ursprünglich eine Zulu – Hütte), eine Hütte aus Lehm und einem strohbedecktem Dach. Unsere Zwillinge meinen wir hätten uns für ein „Smurfenhaus“ entschieden.
Wir teilen unser Rondavel mit Familie Gecko im hinteren Garten und mit der Familie Zebra.
Weit und breit aber sonst keine Nachbar. Unter unserem Fenster sitzt die ganze Nacht eine Hyäne, die ihr spukenartiges „Wuhup“ hören lässt.

Als wir morgens rausschauen, sehen wir die Grünen Meerkatzen, die ein kulinarisches Fest gehabt haben, weil wir dummerweise gestern nachdem „Braai“, die süße Kartoffeln haben liegen lassen. Was werden die wohl mit dem Alufolie gemacht haben?



Unser Mann in Pretoria


Nach 3.500 Km legen wir unser Fahrzeug in die vertrauten Hände von Tom Gouws, unserem Mann in Pretoria.
Wir steigen ins Flugzeug, um von Südafrika nach Zuid Laren zu fliegen.
Tom bringt unseren Landrover in die Werkstadt für die große Inspektion und er wird auch evtl. Schäden an unsere Ausrüstung beheben.
Nächstes Jahr sehen wir uns ja wieder, aber e-mailen werden wir jeden Tag, sodas wir doch jeden Tag vom Gefühl her auch beim dunklem Winterwetter in Holland ein wenig im Landrover durch Afrika fahren.
Letzte Änderung: 29 Nov 2008 13:31 von schoelink.
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10 Dez 2008 21:59 #84531
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  • schoelink am 29 Nov 2008 13:26
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11 Dez 2008 09:28 #84556
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  • oribi am 11 Dez 2008 09:28
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Ein Reisebericht, der nicht nur eine Aufschreiben des jeweiligen Tageserlebnisses ist, sondern geschrieben ist, wie ein Buch ... ein spannendes Buch.

Respekt vor so viel schreiberischem Können.
Mich hat Dein Bericht gefesselt.

Lekker!
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