Mountain Zebra National Park: Spektakuläre Berg- und Talfahrt
Der Abschied vom Camp Figtree fiel uns schwer. Wir hatten uns wunderbar umsorgt gefühlt an diesem hübschen Fleckchen Erde und fernab von allem. Nun rückte die Realität gefühlt mit jedem Meter, den wir vom Berg hinunterrollten, näher. Was natürlich nur halb so wild war, denn die war ja beileibe nicht schlecht.
Wir waren immer noch im Urlaub, und auch unser nächstes Ziel war verheißungsvoll. Der Mountain Zebra National Park war von Beginn an ein zentraler Bestandteil meiner Planungen gewesen.
Nach etwas mehr als drei Stunden erreichten wir Cradock, wo ich einkaufen ging, während Thomas beim Auto über unsere Habseligkeiten wachte. In den nächsten beiden Tagen würden wir wieder Selbstversorger sein. Das Städtchen war bestimmt einst sehr hübsch gewesen mit seinen vielen alten Gebäuden und Häusern im kapholländischen Stil, doch die Armut in den Straßen sprang uns leider genauso ins Auge.
Nur zwölf Kilometer von Cradock entfernt erreichten wir das Gate zum Park. Die Formalitäten waren schnell erledigt, auf den letzten Kilometern zum Camp entdeckten wir auch in der Mittagszeit problemlos die ersten Tiere. Vor allem Kap-Zebras, derentwegen wir in erster Linie gekommen waren.
Dieser kleine Park in der Karoo sah ganz anders aus als der Addo, aus dem wir gerade kamen. Mehr Weite, mehr Savanne, dazu die umliegenden Berge - eine neue Kulisse und traumhaft schön. Wir freuten uns darauf, sie zu entdecken. Doch daraus wurde erst einmal nichts.
Ruckzuck bekamen wir an der Rezeption unseren Schlüssel und bezogen eins der beiden Rock Chalets, die etwas erhöht und mit weitem Blick über das Camp idyllisch am Fuß eines kleinen Berges liegen. Viel Privatsphäre und eine schöne Aussicht, dazu ein top modern ausgestattetes und sauberes Haus mit einer riesigen Wohnküche, zwei Schlafzimmern und zwei Bädern. Sicher sogar ein bisschen groß für uns beide geraten, aber tipptopp in Schuss - zumindest fast. Denn der Teufel steckt bekanntlich im Detail.
Kurz bevor wir zu einem ersten Nachmittagsdrive aufbrechen wollten, kontrollierte Thomas sämtliche Fenster und Türen. Das dauerte eine Weile, denn wir hatten davon eine ganze Menge - die gesamte Front des Chalets besteht aus riesigen Glastüren. Dummerweise fehlte bei der unverschlossenen Terrassentür vom zweiten Schlafzimmer der Schlüssel, und es wollte auch keiner der vielen anderen Schlüssel im Haus dazu passen. Dasselbe galt für die Tür vom zweiten Schlafzimmer in den Wohnraum. Was letztlich bedeutete, dass jemand ungehindert von draußen ins Schlafzimmer und dann von dort in die Wohnküche gelangen könnte.
Was nun? Unser Vertrauen war vor allem deswegen minimal, weil es uns etwas merkwürdig erschien, dass von den vielen Möglichkeiten nun ausgerechnet die Schlüssel zu zwei Türen verschwunden waren, die in ihrer Kombination jedem guten oder auch nicht so guten Menschen unbehelligt Zugang zum Innersten des Hauses ermöglichten. Wir wollten es keinesfalls darauf ankommen lassen.
Ich lief also runter zur Rezeption und bat um Hilfe, der Campwart, so hieß es, würde binnen der nächsten 20 Minuten vorbeischauen. Als das nicht der Fall war, machte ich mich erneut auf die Socken. Ich meinte ihn anhand seiner Kluft in einem Truck zu entdecken, der an mir vorbeibrauste, lief hinterher und erwischte ihn schließlich an einem anderen Cottage. Er hatte keinen Schimmer von unserer Misere und so schleifte ich ihn kurzerhand hügelaufwärts.
Seiner ersten knallharten Analyse, dass tatsächlich zwei Schlüssel fehlten, konnten wir uneingeschränkt zustimmen. Seiner zweiten, dass der Park sicher sei und wir grundlos in Sorge, dann aber nicht. Es musste eine (sichere) Lösung her. Der nette Herr verschwand, tauchte aber kurz darauf wie versprochen wieder auf; im Schlepptau einen Helfer sowie einen gigantischen Sack voller Schlüssel. Sie probierten und probierten, das Resultat ahnte ich schon. Wir vertrieben uns die Zeit auf den interessanten Felsen vor unserer Terrasse, wo uns unsere neuen Nachbarn teils neugierig, teils skeptisch in Augenschein nahmen.
Keiner der drölfzig Schlüssel passte. Na klar. Am Ende hatte Thomas die zündende Idee. Das Schloss an der Tür unseres Schlafzimmers zum Wohnbereich, das wir ohnehin nicht benutzen würden, wurde aus- und an der anderen Schlafzimmertür wieder eingebaut, die wir schließlich von innen verschlossen.
Auf diese Weise konnte zwar immer noch jemand von der Terrasse ins zweite Schlafzimmer, aber wenigstens nicht mehr ohne Weiteres von dort in die Wohnküche gelangen. Am nächsten Tag wollte das sichtlich erleichterte Duo ein neues Schloss in Cradock besorgen und verbauen, was allerdings (aus uns unbekannten Gründen) nicht geschah. Egal. Wir fühlten uns ausreichend sicher und konnten - wenn auch deutlich verspätet - endlich unseren ersten Gamedrive angehen.
In dem gut 28.000 ha großen Park gibt es unterschiedliche Loops, darunter zwei große Rundfahrten. Kranskop Loop oder Rooiplaat Loop, wir hatten keine besondere Ahnung, was uns wo erwarten würde und entschieden uns spontan für den erstgenannten Weg.
Dass war schon deshalb ein kleines Abenteuer, weil die 24 Kilometer lange Schleife mit mehreren Stunden veranschlagt wird. Durch die Schlüsselaktion war der Nachmittag aber schon fortgeschritten und um sieben Uhr schloss das Gate. Wir wollten keinesfalls hetzen, ließen uns aber dennoch darauf ein.
Zügig ging es steil bergauf, und wir bekamen einen ersten Eindruck von der fantastischen Landschaft des Parks. Mit jedem Meter wurde der Blick weiter, wurden die Ausblicke besser. In der Ferne braute sich etwas zusammen.
Wir kletterten weiter den Berghang hinauf und passierten den Abzweig zum Rooiplat Loop, den wir uns für den nächsten Tag vorgenommen hatten. An den steilsten Stellen ist die Gravel Road betoniert, damit es bei Regen nicht zu rutschig wird. Die Strecke ist aber auch mit einem normalen Pkw problemlos zu befahren.
Der Weg wurde zusehends schmaler, steiler und kurviger, ein einzelnes anderes Auto begegnete uns. Das nette Paar würden wir auch in den nächsten Tagen noch mehrfach treffen, denn der Park ist klein und die Gästezahl äußerst überschaubar.
Als wir um die nächste Ecke bogen, verschlug uns der Anblick der steilen Hänge und der grünen Bergkette, durch die wir nun mitten hindurch fuhren, endgültig den Atem.
Die Gewitterstimmung tat ihr Übriges. Wir kamen fast gar nicht mehr voran, hielten alle paar Meter und staunten.
Die Steigung, die wir zuvor hochgefahren waren, rollten wir nun wieder hinunter und dann nach einer Kehre auf der anderen Seite des Tals am Fluss entlang und vorbei an schönen Felsformationen zurück. Alles war herrlich grün. Viele Tiere sahen wir an dieser Strecke nicht. Aber der Anblick dieser Landschaft wie aus dem Bilderbuch machte uns einfach nur glücklich.
Blick hinunter auf die Pad, die am Fluss entlang durchs Tal führt
Am malerischen Dornhoek Dam, dessen Ufer dicht bewachsen sind, zog ein junger Verreaux Eagle weit über uns seine Kreise.
Gerade noch rechtzeitig schafften wir es ins Camp zurück, vollkommen begeistert von unserer fantastischen Berg- und Talfahrt. Wir freuten uns schon auf den nächsten Tag in dieser herrlichen Umgebung.