THEMA: Biltong for Breakfast - 10 Tage im KTP
18 Mai 2019 19:47 #556699
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@solitaire

Sehr sehr gerne! (Die Frage bleibt ja offen, ob derartiges Fernweh jetzt was Schönes oder was Schlimmes ist... )

Wie dem auch sei, gleich gibt's Nachschub. B)
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Reisebericht KTP 2018 - Biltong for Breakfast
Letzte Änderung: 18 Mai 2019 20:22 von Rangu.
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18 Mai 2019 20:12 #556700
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Mittwoch, 24.10.18
2. Nacht Urikaruus


Jetzt kommt ein Eintrag in unserer (kurz vor dem Rückflug hastig aufgeschriebenen) Reiseretrospektive, die mich völlig verwirrt. Scheinbar soll es in dieser Nacht um kurz vor 5 einen Löwenpascha am Uri-Wasserloch gegeben haben. Unsere Nachbarn hätten fotografiert und wie wild geblitzt, das hätte uns aufgeweckt, wir hätten es sonst gar nicht bemerkt…. Ich kann mich nur leider an dieses Erlebnis überhaupt nicht erinnern. Nichts. Kein Bild im Kopf. Kann an der Schlaftrunkenheit gelegen haben, dass das nicht zwischengespeichert wurde. Oder vielleicht am voranschreitenden Alter (werde morgen immerhin 38). ;) Ob es den Löwen nun gab oder nicht, überlasse ich Eurer Fantasie.

Sein mitteilungsbedürftiger Genosse, der die halbe Nacht durchgebrüllt hat, war jedenfalls wahrhaftig an Ort und Stelle. Bis in den Vormittag meldete er sich immer wieder zu Wort, blieb aber nach wie vor tief in den Büschen versteckt. Wir beschlossen, einen Schwung Wäsche zu waschen und etwas abzuwarten, falls er sich doch zeigen sollte. Doch irgendwann kam dann die Sonne raus… Am Wasserloch tote Hose… Der komplette Inhalt unseres Kleiderschranks flatterte tropfend im Wind… Und es wurde zunehmend fad…

Planänderung! Wir fuhren “nur mal kurz” auf ne schnelle Runde raus. Bisschen Abwechslung. Wir hatten nur eine Flasche Wasser dabei, keinen Sonnencreme, nichts zu essen, nur eine Kameraoptik (aber zum Glück eine zweite Speicherkarte). Eieiei, Anfängerfehler. Ihr merkt schon, wohin das führt.

Viel gab es zunächst nicht zu sehen. Abgesehen von diesem Kollegen, der genau unseren Humor traf...



... und einer Löffelhundfamilie, die wir leider aus Versehen beim Vorbeifahren verscheuchten. Das muss die Insassen des dort geparkten Autokorsos ziemlich genervt haben. Dann wieder nix. Kurze Pause in Kamqua, danach wollten wir zurück ins Camp. Auf dem Rückweg von der Toilette lief Mike an einem Kanadier vorbei, mit dem wir uns auf der Pad schon mal ausgetauscht hatten. Im Vorbeigehen sagte der Kollege nur kurz und knapp: “Cheetahs at Montrose”.

Also nix wie hin. Ich noch in der langen Merinostrumpfhose, die morgens noch Sinn gemacht hatte - aber mir jetzt bei Temperaturen, die in Deutschland rekordverdächtig wären, ziemlich auf den Senkel ging. Wasser fast leer getrunken, mit Loch im Bauch. Von wegen allzeit bereit. Mei, selbst schuld, da mussten wir jetzt durch.

Kurz hinter Montrose entdeckten wir sie auf der anderen Seite des Flussbettes: Die Cheetah-Mutter, die wir bereits ein paar Tage zuvor beobachten durften - wahrscheinlich Hanri? oder Hanris Schwester? - und ihre zwei Cubs.



Sie hielt offensichtlich nach Wild Ausschau und wanderte die Düne mal hoch, mal runter, verschwand kurz dahinter, erschien einige Meter weiter südlich wieder, legte sich unter einen Baum, scannte unerlässlich den Horizont.



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Letzte Änderung: 26 Mai 2019 19:07 von Rangu.
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18 Mai 2019 20:16 #556703
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Dann entdeckte sie talabwärts plötzlich etwas und ging in den Pirschmodus über.



Wir konnten dort nichts erkennen, auch nicht mit dem Fernglas. Ihre Augen waren jedoch ganz klar auf einen einzelnen Punkt fixiert. Langsam schlich sie Richtung Beute, wechselte dann in diesem unverkennbaren, geduckten Gang einer Katze-auf-Killerkurs die Uferseite. Und landete damit direkt vor unserer Nase.



Dort versteckte sie sich hinter einem dicken Ast. Die beiden Cubs hinter ihr. Inzwischen konnte wir in weeeeeiter Ferne einen einzelnen, durch das Hitzeflimmern verzerrten Springbok erkennen. Er hielt sich lange am Batulama-Wasserloch auf, wahrscheinlich, weil es dort einen Salt Lick gibt. Hanri hatte sich inzwischen sogar wieder aufgesetzt und wartete geduldig darauf, dass es weiterging. Nach einer gefühlten Ewigkeit brach der Bock dann auf und trottete weiter, Richtung Cheetah. Aber er war sehr vorsichtig. Wir dachten, vielleicht haben die Beutetiere inzwischen gelernt, dass ein Dutzend weiße Autos die Anwesenheit eines Raubtiers bedeutet…? Man weiß es nicht. ;)





Es war also eine Art High-Noon-Situation. Der Springbok tappte langsam aber sicher in die Falle. Die Kulisse: Hinten durch die Düne klar begrenzt, nach links und rechts das bis ins Unendliche offene Flussbett. Wo sollten wir uns positionieren? Bei Hanri standen inzwischen wirklich viele Autos, einige davon mit Anhänger - denen gelang das Rangieren nicht so gut, sie blockierten sich laufend gegenseitig. Entweder aus Selbstsucht oder Ahnungslosigkeit. Richtung Springbok waren deutlich weniger Autos, darunter auch die Fotografin, die uns vor ein paar Tagen auf den Meerkat-Bau mit den Jungen aufmerksam gemacht hatte. Vielleicht wusste sie aus Erfahrung, dass die Antilope in die entgegengesetzte Richtung fliehen würde - also weg von der Katze statt an ihr vorbei - und ihr damit direkt vor die Linse? Wir beschlossen genau in der Mitte zwischen Raubkatze und Beutetier stehen zu bleiben. Das war eine sehr gute Entscheidung.

Wir warteten. Und warteten. Motor aus. Klima aus. Strumpfhose zu dick. Alles heiß. Schweißhände. Ich legte die Kamera ab - die Jagd wollte ich live erleben, nicht durch den Sucher. Hanri und die Cubs hatten sich inzwischen wieder unsichtbar gemacht. Schritt für Schritt näherte sich der Springbok der Gepardenfamilie. Blieb immer wieder stehen. Ging dann langsam weiter. Blieb stehen. Ging weiter. Und PENG - da schoß Hanri aus dem Gebüsch hervor! Zeitgleich machte der Springbok eine 180-Grad-Drehung und sprintete mit gigantischen Sätzen davon. Unfassbar, wie schnell dieses Tier war. Die lang gestreckten, schlanken Beine katapultierten ihn derartig durchs Flusstal, dass ich seine Geschwindigkeit nicht wirklich verarbeiten konnte. Aber die Katze - unglaublich, unfassbar, ich bekomme immer noch Gänsehaut - war schneller. Viel schneller. Da wir genau mittig standen, konnten wir die Verfolgungsjagd direkt von der Seite beobachten und sehen, wie der Vorsprung der davon zischenden Antilope mit konstanter, unaufhaltsamer, gruseliger Gewissheit auf nichts schrumpfte. Hanri war nach zwei, drei Atemzügen nur einen knappen Meter hinter dem Bock. Da lief er die steile Dünenwand hoch. Und sie brach die Jagd ab.

Wir waren fix und fertig. Plakativer kann eine Demonstration der Schnelligkeit dieser Tiere nicht sein. Ich kann es immer noch nicht ganz fassen - es wirkte fast wie ein Spezialeffekt beim Film. Ebenso plakativ war, dass Hanri die Geschwindigkeit nur kurz halten und ihr Limit nicht mal um einen einzigen Meter überschreiten konnte. Denn am Ende haben nur ca. 50 cm gefehlt, um sich und ihren beiden Jungen eine stattliche Mahlzeit zu bescheren. Sie ging leer aus. Wir definitiv nicht.

Nach dem Spektakel legte sie sich gemächlich in den Schatten eines Baumes mit ihren Cubs. Der Springbok stand zitternd weit hinter Batulama und schnaubte laute Warnrufe Richtung Norden. Wir kehrten verschwitzt, durstig, hungrig und überglücklich nach Urikaruus zurück.
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Im Camp beobachteten wir noch im Gegenlicht den bereits bekannten Lannerfalken bei der Taubenjagd am Wasserloch.





Ich versuchte bestimmt eine Stunde lang, ihn im Sturzflug einzufangen - gab dann irgendwann auf, weil er mir immer wieder aus dem Bild zischte. Und außerdem ging er jedes Mal leer aus. Als ich die Kamera endlich mühselig gereinigt und verpackt hatte, machte es hinter mir plötzlich “PAFF!”. :blink: Ich blickte mich um und sah den Falken mit einer dicken Taube in den Fängen davon schwingen. Eine breite Federwolke regnete langsam auf das Wasserloch hinab.

An diesem, unserem letzten vollen Tag im Park begriffen wir damit ein für alle mal: Timing ist hier alles.
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Letzte Änderung: 18 Mai 2019 20:32 von Rangu.
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Ach, Katja, wenn Du meine Seufzer der vergangenen Dreiviertelstunde gehört hättest....und die kamen nicht nur vom Hinterherhecheln nach urlaubsbedingter Forumsabstinenz...
....was für beneidenswerte Erlebnisse und überhaupt Deine "Schreibe"..
Liebe Dankesgrüße
Friederike
P.S. Da Du den nightjar erwähnt hast: wir lernten dieses Jahr eine neue Art kennen, und zwar auch nur aufgrund seiner "Lautäußerungen": zwei kurze Kläfflaute hintereinander: Fleckennachtschwalbe
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19 Mai 2019 09:30 #556730
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Liebe Friederike,

wie schön, dass Dir das Lesen Freude macht! Dann lohnt sich die Mühe auf jeden Fall. Und: Welcome back!

Zum Nightjar: Ich glaube, selbst Profis tun sich mit der Unterscheidung der diversen Nightjar-Subspezies schwer, da man sie nur an der Musterung der Flügelrückseite, sprich im Flug erkennen kann - und sie fast immer nur im Dunkeln sieht. Oder? Bei diesem Anblick musste ich jedenfalls schmunzeln:



Da hilft so ein markantes Gesang natürlich weiter. :lol: Ich kann mich daran erinnern, den Laut im Kruger gehört zu haben. Wie kommt es, dass Ihr die Freckled Nightjar / Fleckennachtschwalbe erkennen konntet?

Lieben Gruß
Katja
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Letzte Änderung: 19 Mai 2019 09:38 von Rangu.
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