Tag 8
Diese Nacht wurde besser, ich hatte mich nur mit einem Laken zugedeckt und die Einstellung der aircon war auch optimiert. Dennoch waren wir wieder vorzeitig wach - das würde mir zu Hause nie passieren! Wieder ein wunderbarer lauer Sommermorgen mit den üblichen Buschgeräuschen. Heute war der große Tag: Mein Schatz hatte Geburtstag und wir dazu noch unseren Hochzeitstag. Wir freuten uns darauf, uns nach Strich und Faden verwöhnen zu lassen. Da konnte wohl wenig schief gehen...
Auf dem Rasen tummelten sich etliche Vervet Monkeys und äugten ganz unauffällig in Richtung unserer cookies zum Frühkaffee. Ein kurzer Griff in Richtung der Zwille reichte aber schon, um sie auf Abstand zu halten.
Andrew und Eric hatten frische Löwenspuren auf dem Weg entdeckt, denen wir folgten. Eric machte sich dann wieder zu Fuss auf, um sie abseits des Weges aufzuspüren und stiess dabei auf einen riesigen Hippo-Bullen.
Der Koloss war nach dem nächtlichen Schmaus nun auf dem Landweg in Richtung seines dams unterwegs. Gemütlich mampfte er hier und zupfte da. Er wirkte so harmlos, aber die Fleischmasse in Rage ist sicher Nichts, dem man begegnen möchte... Ein junger Waterbuck gesellte sich zu der Szene und alle beäugten sich nun gegenseitig.
Ein Stück weiter sahen wir sie dann - zwei Löwen, 11 und 13 Jahre alte Brüder. Der dritte im Bunde war gerade nicht dabei. Andrew erklärte, die drei seien eine der stärksten Koalitionen, die es in dem Gebiet seit langem gegeben habe. Sie würden äußerst erfolgreich jagen - gerade vor wenigen Tagen hätten sie einen Büffel gerissen - und hätten zur Sicherung ihrer Vormachtstellung im Lauf der Jahre wohl 20 andere Löwen getötet. Sie lagen schwer atmend und mit prall gefüllten Bäuchen auf einem Weg. Die Szene war einfach toll: Einer lag auf der Seite und ruhte, der andere lag mit der Schulter auf dem Becken des Bruders und guckte in die Gegend.
Wir waren keine 10m entfernt und hatten alle Zeit der Welt, um sie zu studieren. Dem Alter entsprechend sahen sie aus: Mit Stirnglatze und Geheimratsecken, unzähligen Erinnerungen an vergangene Schlachten, einem fehlte ein Teil des rechten Nasenflügels, ein Reißzahn war abgebrochen. Ausgiebige Körperpflege setzte ein, zwischen den Krallen wurde auch das letzte bisschen Dreck sorgsam heraus gepult. Der mit den Geheimratsecken hatte am linken Vorderlauf etliche frische Wunden, die versorgt werden mussten.
Ich hätte den ganzen Tag hier bleiben mögen. Interessant war für mich, dass ich diese nahen Begegnungen einfach nur spannend fand und ich mich schwer satt sehen konnte. Ich hatte nie auch nur den Hauch eines Gefühles von Unwohlsein oder Angst. Wir räumten dann doch das Feld für andere Wagen und waren alle erst mal ganz still. Beim Blick in einen Seitenweg sah ich etwas auf dem Boden. Wahrscheinlich nur ein Ast. Oder doch ein Leguan? Andrew, da war was... Also zurück und wirklich: Eine Rock Monitor Dame scharrte wohl gerade das mit Eiern gefüllte Nest zu. Ruhig, sorgsam, von links, von rechts und noch einmal von vorne. Sie passte sich farblich so gut der Umgebung an, dass man sie vom Sand und trockenen Gestrüpp kaum unterscheiden konnte. Mal was anderes!
Nun kam die Zeit der kleineren Tiere: Viele Vögel begrüßten den Tag - ein Hamerkop, ein Grey Heron, ein Secretary. Auf einem Weg zerrte ein African Goshawk im Gras herum, da gab es wohl irgendwas zu fressen. Sichtlich gestört baute er sich vor uns auf, als ob er uns sagen wollte „fahrt woanders lang“. Was wir auch taten. Den „Ranger Special“ (Kaffee, Kakao und Amarula) gab es heute wieder am Fluss, dazu leckere Kekse. Etwas entfernt entdeckten wir einen Steenbuck, der mit dicken Zecken übersät war. Es waren so viele, dass sie schon fast ein Muster auf seinen Seiten bildeten. Auf dem Rückweg zur Lodge gab es außer einer Leopard Tortoise nicht mehr viel zu sehen. Wir hielten noch einmal für Vögel an - welche habe ich vergessen, denn was dann kam, war zu unerwartet. Plötzlich schoss wenige Meter neben uns eine Black Mamba aus dem gut kniehohen Gras empor. Wir haben uns alle mächtig erschrocken und Andrew machte sofort einen Satz einige Meter weiter nach vorne. Als wir uns umdrehten sahen wir sie noch mehrmals aufsteigen, zum Glück entfernte sie sich dabei aber von uns. Uff, das war ein Schreck!
Kurz vor der Lodge stiessen wir auf eine Gruppe Elefanten, 2 halbstarke Bullen, 2 Kühe und 2 Kälber. Die Bullen stellten die Ohren auf und kamen schnellen Schrittes in unsere Richtung. Wir fuhren respektvoll etwas zurück, damit war wieder Ruhe hergestellt. Die Kälber alberten um die Großen herum und der eine Bulle schien den anderen immer im Weg zu stehen, denn er bekam immer wieder einen Schubs von hinten und wurde aufgefordert, weiter zu gehen. Dabei juckte ihn doch das Auge so doll. Er rieb es sich immer wieder mit dem Rüssel, wie mit einer Faust. Ob es geholfen hat - wir wissen es nicht, denn uns rief unser Frühstück.
Die nächsten Stunden vergingen mit lebensnotwendigen Beschäftigungen: Essen, Schlafen, Baden, Ausruhen, was Kaltes trinken. Heute war es ausgesprochen heiss und schwül mit 44°. Lunch wurde wieder auf dem Deck am Fluss serviert - und wir hatten schon wieder Hunger, zumindest Appetit. Der Wein brauchte ja auch eine Grundlage. Dann war Bescherung: Unsere Freunde hatten weder Mühen noch Übergepäck gescheut und liebevoll Geschenke für uns ausgesucht. So wurde es schon fast wieder Zeit für den Nachmittagskaffee.
In der Boma wurde bereits ein gewaltiger Holzstoss für das abendliche Feuer vorbereitet. Denn das Dinner war in der Boma geplant. Freude kam auf!
Am airstrip stiessen wir wieder auf Warzenschweine, diesmal Mutter und 5 Junge. Sie kamen wohl gerade aus dem nahen dam, denn ihre Haut war noch ganz dunkel und von feuchtem Schlamm bedeckt. Alle lagen auf den Ellenbogen und schaufelten mit den breiten Schnauzen in der Erde rum. Sand flog auf und die Resultate waren wohl recht schmackhaft, denn sie liessen sich durch nichts stören. Mutter fehlte die Hälfte eines Hauers, eines der kleinen trug einige Schrammen, aber sonst waren sie alle guter Dinge.
Ich kann ja leider nicht anders - aber ich finde sie sind einfach keine Schönheiten. Durch das Fernglas betrachtet noch weniger... Auch nach 15 Minuten noch nicht...
Das Wetter änderte sich. Am Himmel zogen die ersten Gewitterwolken auf, der Wind nahm zu, irgendwie war auch die Stimmung im Busch ganz anders.
Es waren kaum Tiere zu sehen, nur die üblichen Verdächtigen: Impala, Impala, Bushbuck, Impala... Selbst bei den Vögeln war es stiller. Aber wir fanden dann noch ein weiteres Highlight unseres Aufenthaltes: Die Leopardin mit ihren beiden Jungen. Alle drei liessen sich im Schatten eines Baumes einen Bushbuck schmecken, den die Leopardin am Vortag gerissen hatte.
Ein Geier sass zwar auf einem Baum in einiger Entfernung, aber noch hatte sie kein weiterer Futterneider entdeckt und die drei langten ordentlich zu. Erst mal wurde sorgfältig das Fell ausgezupft - wer will schon Haare zwischen den Zähnen haben?
Dann wurde aufgeteilt - Mutter die rechte Seite und die beiden jungen die linke Seite. Es schmeckte sichtlich. Darüber wurde aber die Absicherung des Mahles nicht vergessen. Mutter sah sich immer wieder um und witterte. Erst wenn sie meinte, alles sei sicher, frass sie weiter. Dabei musste dann der Nachwuchs auch mal in die Schranken verwiesen werden, wenn er zu dreist wurde. Nach einigem Fauchen und Zähne fletschen gab der Kleine schließlich nach und zog sich zurück - nur um sich gleich darauf mit seinem Geschwister zu balgen.
Eine tolle Szene! Wir blieben sehr lange bei ihnen und waren völlig fasziniert. Das sind ja so dermassen schöne Tiere! Elegant, schnell, aufmerksam, verspielt, frech, mit klarer Rangfolge.
Mittlerweile zog sich der Himmel immer mehr zu, die Gewitterwolken wurden dicker und dicker und aus der Ferne vernahmen wir das erste Grummeln. Schweren Herzens fuhren wir weiter, auf der Suche nach einem Platz für den sundowner. Der fiel heute etwas kurz aus, denn der Himmel wurde immer bedrohlicher, dabei auch schöner, und wir hatten alle das Gefühl, es könnte ein heftiger Guss von oben kommen.
Unterwegs packten wir dann schon mal die Ponchos aus, das Regendach verweigerten wir erst noch. Der Sturm nahm zu, die dicken Tropfen fielen. Nun hätten wir doch bitte gerne das Dach! Als wir es schnell zusammen befestigten kam ein anderer Wagen vorbei, der hatte noch keine Vorrichtung für sein Dach montiert. Die neidischen Blicke der Gäste werden wir wohl nie vergessen, denn nun goss es. Zum Glück war es nicht mehr weit bis zur Lodge, der Wind nahm zu, aber der Regen wurde weniger. Um uns herum zuckten helle Blitze über den Himmel und das Donnern kam aus allen Richtungen. Wir waren froh „zu Hause“ zu sein.
Das Dinner musste nun verlegt werden, es wurde unter dem Reetdach serviert. Heute saßen wir mit dem dritten Paar aus unserem Wagen und Andrew zusammen. Es gab viel zu erzählen, zu lachen, das Essen war wieder vorzüglich und der Wein mundete ebenfalls. Um uns herum blitzte und donnerte es, der Regen bahnte sich Wege durch das Reetdach, es blieb mild und wir genossen einfach den Abend. Da hatte mein Schatz sich aber was Feines gewünscht, das können wir gerne öfter machen!!! Zum Dessert kam dann die Überraschung: Die weiblichen Angestellten kamen in langer Prozession und farbenfroh gekleidet aus dem Hintergrund - singend, tanzend, die Trommel schlagend. Vor sich her trugen sie einen Geburtstagskuchen mit Wunderkerzen dekoriert. Schokoladenkuchen, genau das Richtige für das Leckermäulchen. Und der Kuchen war wirklich richtig lecker, nicht so südafrikanisch überzuckert und mächtig. Danach waren wir pappsatt. Zur besseren Verteilung der Kalorien wurden wir dann alle noch zu einem gemeinsamen Tanz aufgefordert. Das ging mit viel Lachen und Applaus für alle Beteiligten über die Bühne.
Ein toller Tag neigte sich seinem Ende zu, das Gewitter war weiter gezogen und wir fielen wieder hundemüde ins Bett.