Tag 11
Next stop: Halali Rest Camp
Mittlerweile hatten wir uns wieder an unseren normale Afrika-Rhythmus gewöhnt. Normal = früh aufstehen, ohne den Wecker stellen zu müssen. So fuhren wir um kurz nach sieben durch das Tor von Olifantsrus, bewunderten mal wieder den genialen Sonnenaufgang, knabberten an unseren Nuttikrust-Keksen und verkrümelten so noch weiters die Fahrerkabine unseres Gefährtes. Alternativen zu Letzterem sind unserer Erfahrung nach nicht existent und es wäre einmal sehr interessant, eine Gesamtschau hierüber zu erhalten, sofern die Nuttikrust-frönenden Mitglieder dieses Forums sich an einer empirischen Studie diesbezüglich beteiligen würden. Unsere Expertise hinsichtlich des Verzehrs dieses Trockengebäcks lässt sich mit wenigen Fakten auf den Punkt bringen, die da wären: Sobald man die kartonierte Schachtelverpackung aufgemacht und den darin befindlichen silberfarbenen Umhüllungsbeutel in die Hand nimmt, hört man schon die darin von den einzelnen Keksen bereits abgefallenen Krümel rascheln. Das anschließende Öffnen des verblisterten länglichen Folienbehältnisses stellt die erste Herausforderung an die persönliche Geduld dar, denn dessen sachtes Aufreißen, um weitere Krümelbildung im Beutelinneren zu vermeiden, ist nahezu unmöglich. Ein Auseinanderziehen an den beiden, mittels Hitzevorgang zusammengeschweißten Seiten des Tütchens erweist sich in der Regel als Misserfolg und dem gemeinen Naschmund bleibt nichts anderes übrig, als dieser Folienverpackung mit den Zähnen eine kleine Öffnung zu verpassen, welche jedoch groß genug sein muß, um dann im gemeinsamen, symbiosenhaften Akt von linkem Daumen und linkem Zeigefinger sowie deren rechten Gegenparts die Folienschweißnaht behutsam aufzuziehen. Wer Pech hat, weil zu viel Kraft beim Vorgang des Öffnens angewandt, der findet nach diesem Vorgang den ersten Keks auf seinen Schoß fallen; selbstverständlich mit der Konsequenz einer durch den Aufprall des Süßgebäcks zwischen oder auf die Oberschenkel einhergehender Bröselbildung. Diejenigen, die es mit Geschick schaffen, das Beutelchen behutsam zu öffnen, werden jedoch feststellen, daß das Herausnehmen des ersten zuckerreichen Knusperbiskuits und dessen Heranführen an den Mund auch zum Abrechen von Krümeln führen kann. Denjenigen, die hier das Hindernis der Nuttikrustbröselvermeidung noch mit Bravour gemeistert haben, werden aber zugeben müssen, daß, auch wenn die Kekse erst einmal im Mund krümelsicher verstaut sind, so einige Gebäckkleinstteile aufgrund ihres hohen Anteils an Palmöl und synthetischer Zuckermasse an Daumen und Zeigefinger haften bleiben und somit die Gefahr eines Herabfallens von Gebäckrumen nicht zu 100% gebannt ist. Nun denkt sicher so mancher an eine vorhandene Bröselphobie unsererseits, doch selbst die Hartgesottensten unter den unvermeidlichen Krümelmonstern müssen zugeben, daß die fettigen und fakekaramellierten Trockenbiskuitkrumen sich in jedwedes Stoffgewebe mit dem Ergebnis festsetzen, daß bei nicht umgehender Enfernung selbiger kleine schmierige und klebrige Placken die Sitzbezüge des Miet- oder Eigenfahrzeugs in häßlicher und geruchsintensiver Art verunzieren. Speziell dann, wenn man mit der körpereigenen Wärme von Schenkeln und Gesäßen die Krümel noch darin aktiv unterstützt, sich halbzuverflüssigen, um als schmierig-klebriges Etwas zum Bösen überzugehen.
Was wäre aber ein Problemchen, wenn man nicht umgehend in seinen Gedankengängen nach einer geeigneten Abhilfe kramen würde? Jammern hilft ja bekannlich meist nix. Uns fielen dazu nur zwei Optionen ein, wenn man eine dritte geflissentlich vernachlässigt: Entweder auf das überzuckerige und fettige Gebäck gänzlich verzichten oder aber eine nicht kostenintensive Investition tätigen, und sich einen kleinen, autogrößegeeigneten Akkustaubsauger zulegen. Die dritte Variante wäre, den Gott einen guten Mann sein lassen und das Fahrzeug einfach eben mit im Bezug imprägnierten Krümelflecken zu belassen; dieses Modell des Problem Solvings sortierten wir jedoch umgehend als unschicklich aus.
Eine Entscheidung über die zwei von uns definierten akzeptablen Möglichkeiten wurde uns aber just in dem Moment abgenommen, als sich zu unserer Linken ein mächtiger, mit buschiger Frisur bestückter Panthera leo in horizontaler Position zeigte.
Vermutlich wurde der stattliche Kerl durch die aus den weit geöffneten Fenstern der Fahrerkabine hallende Kekskonversation geweckt, denn er verbrachte sich auf alle Viere, kaum als wir den Fotoapparat in der Hand hielten. Mutmaßlich gelangweilt über unser törichtes, frühmorgendliches Diskussionsthema machte er sich auf den Weg hinter den nächsten hohen Busch. Wir waren überzeugt, dies machte er ganz nach dem Motto: Aus den Augen aus dem Sinn. Denn was könnte ein Wesen sonst aus unserem einfältigem Keksgespräch als Quintessenz ziehen? Bloß weg von den irren Touris hier. Zugegebenermaßen hatte er diesbezüglich vollkommen recht.
Weiter ging es mit uns von einem Wasserloch zum anderen. Ich glaube es war beim dritten, wollten wir schon wieder nicht unseren Augen trauen. Wir erblickten ein Herr Löwe und eine Frau der gleichen Gattung beim Vorspiel des Vorspieles. Da der Dame jedoch vermutlich der gegenwärtige Ort als Geschlechtverkehrsstätte nicht zusagte, bewegte sie sich vornweg, und er hintan, zu einem Schäferstündchenpöstchen, das mit zahlreichen halbhohen Dornenbüschen vor neugierigen Voyeurblicken ordentlich geschützt war. Nach wenigen Minuten sahen wir nur noch die vier Ohren der beiden und düsten gemütlich weiter Richtung Okaukuejo Rest Camp.
Zweck dieses Stopps war das Stillen unserer Lust auf eine kleine Ruhepause am Wasserloch mit anschließendem Toasted Sandwich. Das Camp zeigte sich uns zu dieser Uhrzeit, es war so gegen kurz vor elf, ziemlich verlassen.
Gemütlich und mit gefülltem Magen machten wir uns nach einer guten Stunde wieder auf unseren Weg.
Am Nebrownii-Wasserloch tummelten sich Horden von Springböcken und Zebras und gaben vor karger, hellfarbener Kulisse gemeinsam zusammen ein tolles Bild ab.
Über Rietfontain kutschierten wir langsam weiter zum Halali Rest Camp. Dort mußte es am Morgen so ziemlich geregnet haben, denn auf den befestigten Wegen des Camps standen um kurz nach eins noch Pfützen.
Das Einchecken zu unser Campsite hatten wir ruckzuck hinter uns gebracht und schon waren wir auf dem kurzen Weg zum Campbereich, um uns dort ein lauschiges Plätzchen zu suchen.
Die Stellplätze, die für uns hätten in Frage kommen können, waren aber leider schon alle besetzt und so kurvten wir ein paar Mal über den halbwüstenartigen Campingplatz, immer ein sorgsames Auge auf die ruiniert auf dem Boden liegenden oder noch halbwegs aufrecht stehenden Betoncampsitetische oder auf die sich im Totalzerfall befindlichen Stellplatzfeuerstellen, bis wir uns schlußendlich dann mit der Nummer 38 anfreunden konnten.
Schon aus dem Wagen heraus erkannten wir, daß seit unserem letzten Ethosha-Aufenthalt im Jahr 2018 alles beim Alten zu sein schien. Wir sollten unserer diesbezüglichen Meinung in Gänze nicht enttäuscht werden; später hierzu mehr.
Wir parkten also unsere Karre ab, öffneten deren Zeltdach und die seitliche Klappe, baukastelten unser Bett, nahmen einen Schluck aus der Fruchtsaftbottle und statteten dann dem Halali-Hide einen kurzen Besuch ab.
Wieder zurück auf unserer Campsite verspürten wir keine Lust, unter dem wenigen Schatten unseres Campsitebaumes zu verweilen. Auch wollten wir nicht die aufgewickelte Vordachplanenvorrichtung, die an unserem Fahrzeug angebracht war, aufdröseln und gemeinsam mit den gefühlt hundertdreiundfünzig Steckstäben zu dem veritablen Schattendach machen, das wir während des Vorstellens des von uns gemieteten Autos in Windhoek bewundern durften. Nee, das 180° oder mehr Grad drehbare Dachdingens hatten wir seit dem Rückbau durch einen Bushlore-Mitarbeiter nach abgrschlossener Wagenübernahme nicht mehr angerührt. Dessen Aufbau konnten wir uns in unseren weniger schlimmen Träumen nur als schweißtreibende Arbeit vorstellen, und da wir ja von der Arbeit für dreieinhalb Wochen befreit waren, ließen wir die Vordachzusammenbauteile dort, wo sie im oder am Fahrzeug waren.
So begaben wir uns bei knappen 35°C zum wenig einladenden Swimming Pool-Bereich. Dort angekommen sahen wir wieder das älteres Paar aus Frankreich, welches wir zuerst im Hobatere-Hide und am darauffolgenden Tag am Hide des Olifantrus Camps trafen. In Hobatere gaben die beiden sich mehr als zugeknöpft und wortkarg, in Olifantrus waren sie schon etwas aufgetauter und ein kleines Geplauder mit ihnen war möglich. Jetzt hier in Halali liefen die beiden zur Hochform auf und quasselten des Teufels Ohr ab. Aber nicht in unangenehmer Art und so entwickelte sich ein heißer Nachmittag an einem unprätentiösen Swimming Pool zu einem netten langen Gespräch, unterbrochen nur vom gelegentlich aufgrund der Hitze notwendigem Eintauchen in des Pools kühles Naß.
Zu vorgerückter Feierabendstunde machten wir uns auf den Weg zu unserer Campsite und siehe da, da waren sie wieder, die NATO-affinen zwei Paare aus Hobatere, die mit Ihren Monstervehikeln auf den Halali-Campbereich mit nicht gerade flüsternden Motoren vor-, hin- und herfuhren und sich dann irgendwo zwischen daniederliegenden Betontischteilen platzierten.
Wir hingegen machten es uns bei Savanna und Bitter Lemon sowie Kesselchips bequem und vertrieben uns die Zeit bis zum Abendessen mit Lesen. Da heute bei uns die Küche kalt blieb, wir aber keinen Wiener Wald um die Ecke fanden, zauberten wir uns einen gehaltvollen Griechischen Salat mit zugegebenermaßen sehr, sehr leckeren Kalamata-Oliven südafrikanischer Herkunft.
Nach dem Abwasch machten wir uns auf den Weg zum Hide und bewunderten die sieben Rhinos, die sich in den eineinhalb Stunden blicken ließen. Wieder back zu unserem Wagen und dann noch schnell unter die Dusche, bevor es in die Federn ging.
Schon beim ersten Aufsuchen nach unserer diesjährigen Ankunft durften wir feststellen, daß die sanitären Einrichtungen, sowie auch die Campsite-individuellen Facilities wie Zementtische, Feuerstellen und der gleichen sich nach wie vor in erbärmlichen Zuständen befanden. Egal welcher Ablution wir unsere Aufwartung machten, wir fanden die selben nicht mehr nachgefliesten Fliesenlücken wie vor fünf Jahren vor und dazu noch viele Kachelleerstellen mehr; auch wurden den ganzen Ablutionblocks keine Reparaturen oder Austausche von raumteilender Innenausstattung wie Toilettenzwischenwänden und schief oder halb in den Angeln hängenden WC-Türen, sich in ihren Keramikbohrungen drehenden, tropfenden Wasserarmaturen, et cetera pp zuteil kommen lassen. Waren die Campinganehmlichkeiten 2018 schon mehr als desolat, konnte deren Zustand jetzt im negativen Sinne als getoppt konstatiert werden.
Der ganze verlotterte Campingspaß schlug mit 832 namibischen Talern in unserer Urlaubsrechnung zu Buche; inbegriffen die ramponierten Sitzbänke am Hide - wir wollen ja präzise aufrichtig bleiben.