THEMA: Dolce far niente – Tour 2023
30 Mai 2023 13:43 #667293
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Tag 5

Im Morgengrauen pellten wir uns aus den Federn. Die Nacht war etwas weniger kühl als jene zuvor, doch ohne den als Bettdecke umdesignten, aufgezogenen Schlafsack ging es nicht. Die Bialetti wurden aufs Gasfeuer verfrachtet und, während die Kaffeeessenz sich durch deren Aluminiumvorrichtung durchpresste, brachten wir unser mobiles Wohn-, Aufbewahrungs- und Schlafgemach auf Vordermann. Zügig rollten wir nach dem Kaffeegenuß vom Acker. Heutiges Ziel war die White Lady Lodge am Brandberg. Alles in allem eine überschaubare Strecke. Kurz bevor wir in Hentie’s Bay waren, bogen wir links auf die asphaltierte C35 ab. Die Bauweise der Straße entzückte den gestrigen Fahrzeuglenker, konnte er doch so rascher der Mondmarsvenuslandschaft den Rücken kehren; alles im Wissen, daß ab den Bergen in der weiten Ferne die Welt für ihn interessanter aussehen würde. Das Glück war ihm nur kurz hold, denn nach wenigen Kilometern transformierte sich das dunkle Bitumenband in eine längere Baustelle und wir mußten links davon mit reduzierter Geschwindigkeit auf Gravel fahren. Das war es dann mit „Mal schnell entkommen“. Ich kicherte mir innerlich hinter dem Lenker sitzend einen Wolf und genoß, so wie am Tag zuvor, diese Einöde. In Uis machten wir im Cactus & Coffee Spätfrühstückeinkehrschwung. Die Außentemperatur war really hot und umso mehr freute ich mich auf ein Kaltgetränk und, da der Magen mittlerweile geräuschvoll aufbegehrte, deftige Kost. I love Iced Coffee und was lag es näher, diesen zu bestellen, befand er sich doch auf der Karte des Lokals; dazu ein warmer Wrap (so wurde das Ding, glaube ich, auf der Menükarte bezeichnet) mit Käsefüllung. Die Bestellungen wurden aufgenommen und somit war Zeit, sich des Etablissements Pflanzenvielfalt zu widmen. Sehr, sehr schön.









Derweil brachte die junge Frau die Getränke zu unserem schattigen Outdoorgartentisch. Schon als ich mich dem letzteren aus der Ferne näherte, machte ich im Geiste ein dickes Häkchen an meine Liste der Enttäuschungen. Vor mir präsentierte sich ein blasser, kaum hellbeigefarbener Eiskaffee wie in altmodischen deutschen Eisdielen mit einfältigen italienischen Namen üblich. In der Mitte des Glases vermutete ich, richtigerweise, wie sich herausstellte, Vanilleeis. Alles getoppt mit einer Sahnehaube und… Der Knaller: Eine Schokoladenmokkabohne. Genervt nippte ich an diesem Mix und suchte vergeblich etwas Kaffeegeschmack zu eruieren. Aber alles Schnauben und Grollen half ja nix. Ich tröstete mich damit, daß gleich eine mit geschmolzenem Käse gefüllte Weizenteigtasche ihr Debüt vor mir absolvieren und meine Laune heben würde. Aber auch dieses, von mir vorschnell inszenierte Trostpflaster löste sich in Schall und Rauch auf. Von Wegen dahinschmelzender Cheese… Das lauwarm gerollte Etwas war mit Käseraspeln gefüllt, die sich bei der dem Wrap quantitativ minderbemittelten zuteilkommenden Zubereitungszeit und -hitze nicht in ein sich ziehendes Etwas verwandelten – nein, die Käsekrümel waren so, wie der Koch sie aus der dem Kühlschrank entnommenen Tütenverpackung in die Mehlteigrolle gestreut hatte: Fest und kalt. Trotz, daß mir die Pflanzen das Herz aufgehen ließen und ich gerne das eine oder andere weitere Minütchen Zeit mit Florabewundern verbracht hätte, nee. Meine Enttäuschung erreichte einen Level, der dazu geeignet war, mich geradeweg auf kerniges Krawallbürsten zu bringen. Auf der noch restlich verbleibenden Fahrtstrecke zur White Lady Lodge fragte ich mich, wie es möglich ist, einen Iced Cofffee so zu verhunzen. Der Begriff kann doch nicht fehlinterpretiert werden – oder? Iced Coffee. Das ist, wörtlich übersetzt, ein geeister, na gut… eisgekühlter Kaffee oder ein Kaffee mit Eis(würfeln). Aber doch kein braunes Brühchen garniert mit Ice Cream plus Cream plus Schokomokkabohne. Das wäre ja dann ein Eiskaffee wie man ihn zwar in Deutschland aber nicht in Italien vorfinden kann. Kaffee also mit Eis im Sinne von Speiseeis oder jenes in Kaffee getränkt und zuzüglich Schlagsahne obendrauf. Egal jetzt – ich war so ziemlich genervt.





Meine Wogen glätteten sich jedoch bei unserer Ankunft auf der White Lady Lodge. Das Einchecken war rasch über die Bühne gebracht und wir durften uns eine Campsite aussuchen. Wir wählten unter den vielen freien Stellplätzen einen großzügig zugeschnittenen, parkten uns dort ab, öffneten des Bushlapas Dach- und Seitenzelt und gaben meinem Drang nach, uns umgehend zum Swimming Pool zu begeben.





Zwar hatten wir an der Reception nach einem Afternoon-Drive im Ugab Riverbed zum Elefantentracking nachgefragt, doch dieses wurde aufgrund der Trockenheit sich nicht in der Nähe befindlichen Dickhäuter zur Zeit nicht angeboten. Darum waren wir im Grunde auch nicht böse, denn uns stand bei der Mordshitze eher der Kopf nach Sprüngen ins kühle Naß. Trotz magerer Nahrungsmittelaufnahme meinerseits an diesem Vormittag, war mir der Hunger aufgrund meines vorgenannten Cactus & Coffee-Desasters vergangen. Zwei alkoholfreie Bier mit Grapefruitgeschmack sollten reichen, mich über den Mittag und Nachmittag zu bringen. Bevor diese jedoch prickelnd meinen Rachen runterrauschten, ereignete sich ein kleines, aber deswegen nicht minder zu bewertendes, unschönes Ereignis. Im Outdoorspa-Bereich angekommen fanden wir noch zwei freie Liegen unter einem Schattendach vor. Die beiden anderen Pritschen unter dem Holzverschlag waren von zwei eher blaßfarbene Damen, taxiert knapp unterhalb des gemeinhin bekannten Mittleren Alters, okkupiert. Die eine, spargeldürr und mit spitzer Nase, widmete sich ausgiebigst ihrem Smartphone. Die andere, körperlich etwas mehr im Fleisch stehend, aber nicht übermäßig, erwiderte meine Frage nach Verfügbarkeit der beiden weiteren Liegen mit einem akzentfreien deutschen „Ja doch“. Kaum hatte ich meine Siebensachen auf die zum Schattensonnenbad als frei deklarierte Holzetagere gelegt, drückte mir die smartphonecleane der beiden ein Gespräch auf die Backe. Jetzt bezeichne ich mich selbst ja ab und zu als eloquentes Arschloch, doch so schnell von null auf 100 – meine Fresse, das hatte das Zeug, um in einer RTL oder Pro-Sieben-Show zu landen. So erfuhr ich u. a., daß das Dämchen die vierte Generation von Deutschen in Namibia repräsentierte. Es folgte im Verlauf dann die Erzählung ihrer Familienhistorie und die ihres letzten Aufenthaltes in damals Covid-Deutschland. Die Ausführungen letzteres betreffend gipfelten dann in der Aussage, daß sie es ja gar nicht verstehen könnte, warum „Ihr“ in Deutschland Hinz und Kunz ins Land laßt und deshalb „Ihr“ „Euch“ auch nicht wundern braucht, wenn da so mach Schurke und Sozialschmarotzer darunter ist, der, anstatt froh über die Möglichkeit eines eigenen wirtschaftlichen Aufschwunges in Self-made-Manier zu sein, lieber den Gott einen guten Mann sein und „Euch“ dafür zahlen läßt. Ja, so etwas wäre auf alle Fälle hier nicht möglich; ebenso wie „Eure“ Hysterie und Wegsperrmanie während der Pandemie, die dazu beitrug, daß sie rasch wieder zurück nach Namibia kehrte. Smalltalk tut ja auch in den eigenen Ferien immer gut, doch auf solch reaktionäres Geplänkel bin ich ebenso allergisch, egal ob im oder nicht im Urlaub, wie auf einen mir als Iced Coffee angedrehten Eiskaffee. Bevor ich wieder auf der Krawallbürstenbereitschaftsebene vom späten Vormittag ankommen und vermutlich ungalant werden konnte, drehte ich mich auf den abgelatschten Gummiabsätzen meiner noch ausgelatschteren Birkenstockschuhe um und steuerte ein alternative Liegemöglichkeit im Schatten, die sich just in jenem Moment auftat, an. Eigentlich stand mir nach solch einem Auftritt der Kopf weniger nach Nullpromillebier als vielmehr nach hochprozentigem Destillat in jeder Geschmacksrichtung. Selbstredend vermied ich es im Verlauf des Nachmittages tunlichst, in nur irgendeiner Weise auch nur den geringsten Blickkontakt mit dem Deutsch-Südwest-Girl aufzunehmen. Noch so eine Story und der Tag wäre komplett gelaufen gewesen. Aber das Abkühlen im Pool und das Dösen unter dem Ausweichholzbaldachin gaben ihr Bestes, dann doch noch einen relaxten Nachmittag zu garantieren. Bevor wir ein Feierabendsavanna, dieses Mal mit % ausgestattet, auf unserer Campsite zischen ließen, inspizierten wir noch das Campingareal in schönem Spätnachmittagslicht. Am Rande des Ugab fanden wir zwei sogenannte Elephantenbrunnen vor, die verhindern sollen, daß die grauen Dickhäuter auf die Campsites kommen und sich dort an Wasserhähnen austoben oder sich die Ablutionblocks zum Durststillen vorknöpfen.







Während die gut gekühlten Savanna-Flaschen Kondenswassertropfen ansetzten, wurde ordentlich Feuer gemacht, anschließend ein weiteres Vakuumfleischpaket gezückt und dessen Bratresultat dann mit einer großen Portion Griechischem Salat mit Feta verspeist. Obwohl wir seit gefühlt einem Jahrhundert uns immer wieder konstatieren, wie a) schrecklich trocken der südafrikanische Schafsmilchkäse und b) dazu noch teuer ist, kommen wir nie umhin, bei Spar, Shoprite & Kollegen keinen großen Bogen um die runden Kunststoffdosen zu machen. Immer wieder landet die eine oder andere Feta-Packung in unserem Einkaufswagen. Vermutlich gehört unser Lamento bezüglich der fehlenden Fetacremigkeit ebenso zu unserem Afrika-Trip wie dutzende Packungen von übersüßen Nuttikrustkeksen, Glover Krush Mangofruchtsaft aus der Kühltheke, die Halbliterflaschen Savanna und das obligatorische kaputte, rohe Ei aufgrund der Rüttelpisten und/oder der zahlreichen Potholes auf den Asphaltstraßen. Mit vollem Bauch und ohne die sprichwörtlichen 1000 Schritte sollst Du gehen kraxelten wir in unser Hochparterreseitenbett und schickten uns an, die Buchseiten zu wiederholen, die wir am gestrigen Abend zwar gelesen, doch aufgrund Müdigkeit nicht sinnentnehmend zu uns genommen hatten. Und ganz nebenbei... Wer will bei einem Thriller denn nicht wissen, wer das nächste Serialkilleropfer war…?!?
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31 Mai 2023 12:16 #667372
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Ach ja, bevor ich es vergesse... Die Campsite der White Lady Lodge schlug mit 450 NAD zu Buche.


Tag 6

Unsere Wecker rappelten uns um sieben Uhr aus den Träumen und da wir auch am heutigen Tag nur wenige Kilometer bis zu unserem nächsten Übernachtungsstopp vor uns hatten, ließen wir es langsam und gemütlich angehen. Gebucht hatten wir eine Nacht auf der Campsite des Mowani Mountain Camps, begaben uns aber nicht auf direktem Weg über die D 2612 dorthin, sondern fuhren über Khorixas, um dort einen kleinen Supermarktstopp zum Eindecken von Sparkling Water durchzuführen. So kamen wir in diesem unprätentiösen, staubigen Kleinstädtchen an und T4A führte uns zielstrebig und ohne Wenn und Aber zu OK Foods. Der eine blieb im Auto, der andere kümmerte sich um den zu kaufenden Vorrat. Alles leichter gesagt, als getan, denn aufgrund der mageren Ausbeute an kohlesäureversetztem Mineralwasser sahen wir uns gezwungen, im zweiten Supermarkt aufzuwallen. Also nix wie rüber zu Choppies. Auf dessen Parkplatz wurden wir von einer Horde Halbwüchsiger empfangen, die nix anderes im Sinne hatte als zu nerven und aufdringlich zu sein. Situationen wie diese erlebten wir sonst nur in Katima Mulilo, dem für uns, und ich werde nicht müde dies immer wieder und mit Nachdruck zu schildern, schrecklichsten Ort Namibias. Die halbstarken Racker positionierten sich um unser Vehikel. Kaum ausgestiegen wurde ich von der Seite angemacht: Germans oder Dutchs? Nee, Italians. Ohhhh, Madonna di Lourdes, hätte ich bloß mein vorlautes Mundwerk gehalten. Schon wurde lauthals gegrölt: Juventus Turin, Inter Mailand, AS Rom, Empoli, Napoli und Sassuolo… Die Kerle wußten vermutlich mehr als jeder überbezahlte Fußballreporter vom staatlichen TV-Sender RAI. Die aufdringlichen Kerle konnte ich erst am Eingang des Supermarktes dank der dort befindlichen Kassenzettelkontrolleure abschütteln. Also ich dann mit dem Wägelchen schnurstracks zur Getränkeabteilung. Ein kurzer, aber geschulter Blick reichte aus, um das gesuchte, spritzige Tafelwasser zu finden. Doch auch hier war dessen verfügbare Quantität überschaubar. Schnell sämtliche Flaschen in meinen Einkaufswage gepackt und siehe da, nur knappe zwei Meter links davon, fand ich auch noch Soda Water. Egal, auch wenn es Zweiliterflaschen waren und die dann immer so schnell die Gasperlchen verlieren. Nichts wie in den Wagen damit, denn schon beim „normalen“ Mineralwasser hatte ich es mit einer Familie an Deutschen zu tun, die ebenso händeringend nach Prickelwasser der Marke „Maubach hell“ Ausschau hielt. Ihre Enttäuschung über das von mir leergefegte Regal des Kohlensäurewassers wich lebhaften Beschwichtigungen der Eltern, daß die Kinder sich nun zuckerhaltige Erfrischungsgetränke hätten aussuchen dürfen. Nun, da die Kinder nicht übergewichtig, eher blaß und dünn aussahen, freute ich mich für die Kids, die, entgegen der elterlichen Vorstellung kindgerechter Durstlöscher, endlich mal wenigstens in den Ferien farbige Fanta, Sprite und Konsorten vorbei an erziehungsphilosophisch definierten zuckerfreien Getränken auf Teufel komm raus verkosten druften. Ich war stolz auf mich, dem Kindeswohl beigetragen zu haben. Schließlich haben Kids auch Ferien und dürfen Fünf mal gerade sein lassen. Nach bargeldloser Begleichung meiner Rechnung steuerte ich mein randvoll gefülltes Wasserwägelchen zum Ausgang. Noch immer umstellte die Gruppe an Fußball begeisterten Nervtötern unseren Wagen und palaverte lautstark über den einen oder anderen, bei etruskischen Fußballclubs für viel Geld engagierten afrikanischen Spieler. Normalerweise lassen wir solch Getue mit stoischer Geduld und freundlicher Mine über uns ergehen. Doch dieses Mal war das alles zu viel des Nervigen, auch und gerade, weil die jungen Kerle nicht erkannten, daß sie unsere Fluchtdistanz permanent unterschritten und schlicht und ergreifend einfach über alle Maße hinweg übertrieben unterwegs waren. Da half nur ein kerniger, lautstarker Anschiß unsererseits und nachdem einige Supermarktkunden den Burschen scheinbar die Leviten lasen, beendeten diese mürrisch ihr Spektakel. Unsere Wagenbehausung war nun wieder frei zugänglich und der Sprudelwassereinkauf konnte jetzt darin verstaut werden.
Die verbleibende Wegstrecke der C39 entlang war landschaftlich sehr, sehr reizvoll.




Kurz vor unserem heutigen Ziel bogen wir dann auf eine kleine Pad ab, die uns hoch zur Mowani Mountain Camp führen sollte. Nach wenigen Hundertmetern erblickten wir auf der linken Seite ein kleines Häuschen; rechts davon führte der Weg zu den Campsites. Mit Schmackes wollten wir gerade am Häuschen vorbeifahren, als ein Herr mit Heftblock aus selbigen heraustrat und uns gestikulierend zu verstehen gab, doch bitteschön anzuhalten. Wir leisteten der nonverbalen Aufforderung Folge und wurden nach unserer Reservierungsbestätigung gebeten. Diese hatten wir schon bereit zur Hand und übergaben sie. Nach noch nicht einmal zehn Sekunden wurden wir freundlich auf Mowani begrüßt und gebeten, rechts den Weg zum Campingbereich einzuschlagen, was wir sodann auch umgehend taten. So viel zum heutigen Eincheckprozedere. Auf der kurzen Strecke zu der uns zugewiesenen Campsite sinnierten wir darüber, daß Camper auf höheren Ebenen des Mowani Mountain Camps wohl nicht erwünscht sind. Wir frasen uns mit dieser Interpretation fest und parkten unser mobiles Zuhause ab. Die mittägliche Außentemperatur betrug auch heute wieder 36° C und hätte den einen oder anderen wohl dazu verleiten können, sich gut und gerne jetzt eine kleine Abkühlung in einem Swimming Pool vorzustellen. Aber nix da – Das Motto hier hieß: Camper auf ihre Plätze, Lodgegäste Marsch an den Pool und gut ist! Im Laufe unseres Aufenthaltes haben wir dann von unseren Campsitenachbarn erfahren, daß der hochgelegene Lodgebereich wirklich nur den hochpreiszahlenden Gästen vorbehalten ist. Nun denn… Aufgrund der großen Hitze optierten wir eigentlich für ein Cold Lunch. In Scheiben geschnittene Tomaten und in Scheiben geschnittenen Lancewood-Cheddar auf Brot, ebenfalls in Scheiben aufgeschnitten. Doch hatten wir noch so einige Eier vorrätig und auch eine Packung Bacon war bereits offen und mußte verarbeitet werden; also wurde der Gaskocher angeschmissen und Spiegeleier mit ausgebratenem Bauchspeck zubereitet. Die Ausstattung der Campsite, an einem Bergrücken gelegen, war praktischer Natur, aber gleichzeitig auch sehr hübsch gestaltet. Ein großes schattenspendendes Holzdach war ebenfalls vorhanden; unter diesem ein Garnitur bestehend aus zwei massiven Bänken und einem ebenso massiven Tisch. Viel Tieriges konnten wir im hohen Gras nicht ausmachen; außer zahlreiche Echsen und Vögelchen, denen wir in einer kleinen Mulde in dem vor unserer Campsite gelegenen Felsen ein Planschbecken erschufen. Die Möglichkeit zum Baden wurde von den kleinen Zeitgenossen lebhaft angenommen und wir freuten uns für sie, die doch zur Erfrischung kühlendes Naß auf der Haut oder im Federkleid verspüren konnten, im Gegensatz zu uns, denen der Sprung ins Wasserbecken nicht gestattet war.













Jetzt kann die eine oder andere Schwäbische Hausfrau auf den Gedanken kommen, ob sich das Badeverbot für Camper eigentlich ökonomisch für die Campbetreiber lohnt. Denn bei der Affenhitze kam man doch nicht umhin, ab und an mal unter die Dusche zu hüpfen, um sich den Schweiß vom Leibe zu waschen und ein wenig Erfrischung auf der Haut zu spüren. Wenn das ab und an dann quantitativ aber Ausmaße annimmt, die ein … ich will ja jetzt nicht maßlos übertreiben…deshalb… auch nur ein halbgroßes, für Olympische Spiele adäquates und zu Schwimmsportwettkämpfen zugelassenes Wasserbassin füllen würden, dann fragt sich die Geldbeutel schwenkende, im heutigen Baden-Württemberg angesiedelte Familienmanagerin doch nach dem finanziellen Sinn des den Campinggästen auferlegten Badetabus. Und wenn die alemannische Herrin des Familienetats auch noch ein Fünkchen an ihr Umweltgewissen verschwenden sollte, dann käme sie unweigerlich zum Gesamtergebnis, daß die Camperbadeuntersagung aus allen Richtungen betrachtend kontraproduktiv ist. Jetzt einmal unberücksichtigt mögen dabei die wirtschaftlichen Einbußen, resultierend aus nicht verzehrter Kost und nicht servierter Getränke, bleiben. So manch ein Campergast würde sich doch zum Sundowner mit Sicherheit einen Drink an der Lodgebar gönnen oder zu mittags ein Toasted Sandwich verdrücken. Aber augenscheinlich sind alle diese bei uns aufgekommenen Überlegungen für den Betreiber des Mowani Mountain Camps irrelevant. Wie dem auch sei…






Nachdem die Sonneneinstrahlung ihren Zenit überschritten hatte und der gelbe Feuerball so langsam sich zur Seite neigte, unternahmen wir einen kleinen Spaziergang bis zur letzten Campsite und wieder zurück; schossen dabei ein paar Bilder und quatschten mit unseren französischen Campnachbarn. Zurück auf unserem Stellplatz frönten wir vor toller Landschaftskulisse und Farbenspiel mit Chips, Oliven und Bierchen unserem Afrikafrühabendalltag, bevor der Grillmeister zu Werke schritt und der Sous Chef sich seinen Kaltmamsellaufgaben widmete. Zur Belohnung gab es einen gutgekühlten Chardonnay vom Kap – cin cin.

Übernachtungskosten Mowani Mountain Camp 780 NAD.
Letzte Änderung: 31 Mai 2023 21:39 von ALM.
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31 Mai 2023 16:06 #667402
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Tag 7

Wie der Titel des Reiseberichtes unzweifelhaft vermuten läßt, stand dieses Mal der Relaxfaktor im Mittelpunkt unserer Tour; überschaubare Tagesfahrtstrecken inkludiert - unser heutiges Ziel: Die Palmwag Lodge.
So rollten wir gegen halb zehn vom Mowani Mountain Camp auf die D 2612 und bogen dann links ab wieder auf die Panorama-C39.






Kurz vor Bergsig, an der Kreuzung an der die C39 runter Richtung Torra Bay führt, hielten wir, um uns die Beine kurz zu vertreten. Es dauerte nicht lange, da hörten wir es, das lange Zischen, auf das jeder gerne verzichten möchte. Unser linker Hinterreifen verlor Luft. So stiegen wir fluchs zurück in den Wagen, fuhren mit noch genügend Dampf im Gummi noch knapp eineinhalb Kilometer nach Bergsig und hielten dort bei einem Tyre Repair. Der Repairmann wurde telefonisch von unserem Malheur unterrichtet und kam nach fünf Minuten an, um a) unseren Reifen zu wechseln und b) um den defekten wieder dicht zu machen. Alles in allem eine fünfzwanzigminütige Arbeit, die mit 250 NAD abgerechnet wurde.
Der schlaffe Reifen sollte der einzige auf unser diesjährigen Tour bleiben – Gott sei Dank.




Die restlichen 40 km bis Palmwag reihten sich in die Serie „Schöne Landschaften“ ein. Bevor wir zur Palmwag Lodge kamen, mußten wir kurz vorher einen Check-Point passieren und schon standen wir gegen zwölf stramm an der Campsitereception. Der Hunger trieb uns mittlerweile vor sich her, deshalb parkten wir uns schnell auf unserem Stellplatz ab und liefen zur Bar, um dem Magengebrummel gebührend zu begegnen. Ja, hier bekamen wir unser Toasted Sandwich… sogar mit einem schön zubereiteten Salätchen und leckeren Fritten und das sogar zu einem guten Preis. Nach dem Hungerstillen legten wir uns am Pool in den Schatten und verbrachten die Nachmittagshitze mit Lesen und Dösen und… uns im Wasser Abkühlen.

Wir hatten zwei Nächte in Palmwag gebucht; deshalb, weil wir in die Concession wollten – für uns das erste Mal. Wir entschieden aber schon im Vorfeld, diesen Besuch nicht mit unserem Wagen durchzuführen und so buchten wir für einen am nächsten Tag angebotenen Afternoon Concession Drive mit obligatorischem Sundowner. Die Palmwag Concession ist uns als Reifenfresser bekannt gemacht worden. Dies der Grund, weshalb wir unsere Reifen schonen wollten.

Nach unserem Laissez faire-Nachmittag begaben wir uns auf unsere Campsite und richteten es uns dort gemütlich ein. Deren Ausstattung war ausreichend, wenn auch etwas abgenutzt; unseren Ablutionblock fanden wir in tadellosem Zustand vor.
Auch in Palmwag und Umgebung war es über Gebühr trocken, sodaß mit Tiersichtungen nicht unbedingt gerechnet werden konnte, auch nicht zu später Stunde. So kümmerten wir uns um unser Abendessen, duschten uns und schon war der Tag auch zu Ende.



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Tag 8

Getreu dem Motto: Und auch am achten Tage sollst Du ruhen, gammelten wir nach dem Aufstehen und dem Kaffee herum; zunächst etwas auf der Campsite und dann bei zunehmender Hitze am Swimming Pool; damit hatten wir ja bei der Affenhitze Nachholbedarf. Zuvor jedoch füllten wir gewissenhaft die Wäschliste für die von uns zum Laudryservice zu bringenden Klamotten, etc. aus. Ein Spannbettlacken nach einer Woche Afrikacamping ist eines Reinigungsganges stets würde, so meine Devise. Auch verdrückten wir wieder ein leckeres Toasted Sandwich und konsumierten Erfrischungsgetränke an der Bar. Auf der Palmwag Lodge pflegte man eben sein verkäuferisches Talet – gut so.

Um 16 Uhr startet dann unser nachmittäglicher Ausflug in die Concession. Als wir zum Sammelpunkt vor dem Eingang zur Hauptreception kamen, sahen wir die ersten dunklen Wolken gen Osten. Kaum auf dem offenen Safarijeep aufgesprungen, kam ein kräftiger Wind auf und die ersten dicken Tropfen fingen an, auf uns Ausflügler zu fallen. Oh nein. Doch Thor oder Zeus, je nach individuellem Geschmack eben, war hold mit uns, denn das Gewitter verzog sich nach Norden und machte einen großen Bogen um uns. Abends nach unserer Rückkehr zur Palmwag Lodge sollten wir aber feststellen, daß es dort während unserer Abwesenheit ziemlich geschüttet haben mußte, denn tiefe Pfützen zeugten von nicht geringen Niederschlagsmengen. Mit der Safarikutsche wurden wir über Stock und Stein durch die Palmwag Day Visitors Area kutschiert und uns über die dortige Pflanzenwelt ein kleiner Eindruck verschafft. Außer einer Hand voll Springböcken präsentierten sich uns keine Tiere. Der Höhepunkt der mit 1.028 NAD zu Buche schlagenden Ausflugstour gipfelte dann bei einem auf einer Hügelkuppe stattfindenden Sundowner, wobei uns das nördlich an uns vorbeiziehende Gewitter mit seinem Himmelsspektakel sehr beeindruckte. Den vierstündigen Drive als solchen empfanden wir zeitlich als deutlich zu lange und über sein gebotenes Preis-Leistungsverhältnis darf mit Sicherheit auch lebhaft gesprochen werden. Teuer ist teuer, da beißte für uns die Maus keinen Faden ab.


















Nachdem es nun ja schon weit nach acht Uhr war, blieb unsere Küche heute kalt und wir labten uns an einem hurtig zusammengebastelten Tomaten-Gurke-Avocado-Salat.


Kosten Campsite für zwei Nächte 1.148 NAD
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Tag 9

Unser heutiges Tagesetappenziel war die Campsite in der Hobatere Concession. Nach gemütlichem In-den-Tag-kommen rollten wir vom Palmwag-Hof. Nach ein paar Metern folgte unser erster Halt, und wir tankten kräftig auf. Weiter ging es bei bedecktem Himmel ohne jegliche Tiersichtung, Federvieh ausgenommen, aber dafür wieder mit zweigeteilter Meinung hinsichtlich der Landschafts Schönheit oder derer weniger über den Grootberg Pass immer auf der staubigen C40 entlang. Beim Oase Supermarket in Kamanjab kauften eine Kleinigkeit ein und schon bogen wir ab auf das Asphaltband der C35 und erreichten so gegen kurz nach ein Uhr mittags das Hobatere Roadside Camp. Gleich nach der Einfahrt auf dessen Gelände wurden wir von zahlreichen Giraffen begrüßt. Der Weg zum Hauptgebäude des Camps war im Nu gefahren, als uns zwei Herren mittleren Alters begrüßten uns und anwiesen, uns eine Campsite auszusuchen. Gesagt, getan. Wir stellten unsere Behausungskarre ab, kramten Tisch und Stühle daraus hervor und begannen uns ein spätes Mittagessen zuzubereiten. Auch heute war es heiß, doch die Quecksilbersäule blieb zu unserem Glück schon bei 32°C stehen. Nach dem Mittagessengespachtel und dem anschließenden Abwasch begaben wir uns zunächst zur baren Begleichung der Übernachtungskosten, dann ging es zum einen auf einem Hügel gelegenen Aussichtshüttchen; fußläufig vielleicht sieben, acht Minuten entfernt. Dort angekommen, blickten wir verblüfft in das unter uns liegende Tälchen mit einem Wasserloch; dort tummelten sich massenhaft Zebras von jung bis alt, einen Haufen an Giraffen von klein bis groß, Kudus & Kollegen – es war ein Kommen und Gehen.









Blick vom Hobatere-Ausguck rüber zum nahegelegenen Galton Gate des Etosha Nationalparks






So verbrachten wir mindestens zwei Stunden dort oben, bis ein lautes Brummgeräusch die Bilderbuchszenerie störte. Der Lärm kam von den Campsites und so lugte ich, was denn der Verursacher des unangenehmen Krachs sein konnte. Ich staunte nicht schlecht, als mir, oben von der Anhöhe aus betrachtet, zwei… ich drücke es jetzt mal mit aller Naivität in simplen Worten aus… militärfahrzeugähnliche Megakarossen mit deutschen Kennzeichen vor die Augen kamen. Solch Typus an mehrradangetriebenem Gefährt hätte ich aktuelle jetzt eher im Donbas oder auf einem US-amerikanischen Truppenstützpunkt wie Ramstein verortet. Von meinem Posten auf dem Hügel kamen mir die Dimensionen der beiden, in heerestauglichen Farben angepinselten Wagen enorm vor. Wenn ich es nicht besser geahnt hätte, wäre mir vielleicht auch der Gedanken gekommen, daß die Bundeswehr jetzt wohl auch an friedensstiftenden Einsätzen in Namibia beiwohnte. Wie dem auch sei… Ich kehrte zurück zum Ausguckhidehüttchen und freute mich an dem, was sich mir unten am Wasserloch und auf dem gegenüberliegenden Hügelhang an Fauna anbot. Nachdem wir entschlossen, daß es Zeit wäre zum täglichen Feierabendbier, traten wir den Heimweg an. Kaum unten angekommen, erblickten wir das ganze mechanische Ausmaß der beiden in Unitarnfarben gehaltenen Monsterwagen, welche locker und leicht Marschflugkörper auf ihren Dächern hätten unterbringen können. Auch hatten wir keine Probleme, uns im Inneren des größeren der beiden Vehikel eine geräumige 6-Zimmer-Wohnung inklusive Bulthaup-Küche mit integrierter Miele-Geschirrspülmaschine und edlem Gaggenau-Herd sowie ein schick mit Bisazza-Glasmosaikfliesen gekacheltes Badezimmer, ausgestattet mit nobler Waschkeramik und gediegenen Dornbracht-Armaturen, vorzustellen. Die zweite der streitkräfteähnlichen Kutschen war von den Abmessungen etwas reduzierter. Verdutzt dreinblickend grüßten wir auf unserem Nachhauseweg unsere neuangekommenen Campsitenachbarn freundlichst, deren uns entgegengebrachtes Zurückgrüßen jedoch eher als minimales Kaliber und unterkühlt bezeichnen werden konnte. Auf unserer Campsite angekommen philosophierten wir darüber, wie solch gigantische fahrbare Untersätze auf schmalen Afrikapads und generell auf Zugangswegen zu manövrieren wären. Verwertbare Vorstellungen kamen uns diesbezüglich aber nicht in den Sinn. Brauchte es aber auch nicht, denn ein paar Tage später durften wir Zeugen werden, wie genau diese Monsterfahrzeuge ihre Übernachtungsstätten lenktechnisch ins Visier nehmen sollten.

Endlich frischte der Wind etwas auf und brachte ein bißchen Erleichterung auf unserer Haut. Ohne großes Federlesen und weiteres Gedankenverschwenden an unsere deutschen Campsitenachbarn bereiteten wir nach unserem Frühabendbierchen unser Abendessen zu und genossen es bei Verköstigung des restlichen Rotweines.

Die Campsite kostete 400 NAD und war ihr Geld wirklich wert. Das Gesamtensemble an Aufenthalts-, Küchen- und Toiletten-Badezimmerbereichen war, was die verwendeten Materialien und die Anordnung anbetrafen, sehr adrett gestaltet; alles obendrein auch noch mehr als clean. Sehr schön.

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16 Jun 2023 11:31 #668070
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Tag 10

Auf in den Etosha Nationalpark!

Nach über einer Woche mit wenigen bis gar keinen Tiersichtung freuten wir uns, endlich Tierisches vor die Nase zu bekommen. Klar, wie bereits geschildert, in Hobatere wurden wir animalischerseits zufriedengestellt, doch erhofften wir uns diesbezüglich vom Etosha Nationalpark einen Gang höher. Um kurz vor sieben Uhr standen wir stramm vorm Galton Gate und warteten, daß dieses um Punkt sieben geöffnet würde. So war dem aber nicht und wir mußten uns in Geduld üben. Als um zehn nach sieben die Pforte noch immer verschlossen war, riß uns unser Geduldsfaden und wir tätigten fleißig die vorgefundene Klingel an der Gegensprechanlage zur Torlinken. Und es tat sich – nichts. Mittlerweile standen bereits einige weitere Fahrzeuge hinter uns in einer Schlange. Nach abermaligem Klingelknopfdrücken und wiederholter ausgebliebener Antwort aus der Sprechanlage sahen wir einen Mann vom Entrance Gate Office zum Tor laufen. Einige Minuten später bewegte sich das Gatter zur Seite und wir freuten uns über unsere Pole Position, die uns doch ermöglichte, die notwendigerweise durchzuführenden administrativen Akte ohne weitere Wartezeit zu absolvieren. Mit dem von uns ausgefüllten Wisch wurden wir zum gegenüberliegenden Gebäude geschickt, um die Zahlung vorzunehmen. Dort war aber noch alles verrammelt und der gelangweilte Officer der Formularausgabestelle meinte, wir sollten doch einfach bei der Ausfahrt aus dem Nationalpark unseren Obolus begleichen. Gut, sollte so geschehen. Wir machten uns vom Acker. Unsere nächste Nächtigung war die Olifantsrus Campsite. Nun, es gilt es ja als wirklich unbestritten, daß die Annehmlichkeiten der NWR-Unterkünfte von aller Welt als, um es galant auszudrücken, spartanisch angesehen werden. Der Grund, warum wir für unseren diesmaligen Etosha-Aufenthalt doch wieder auf diese zurückgriffen, war der Tatsache geschuldet, daß wir im Nationalpark bleiben und somit die Wasserlöcher auch zu fortgeschrittener Stunde aufsuchen konnten. Mehr nicht - that’s all. Deswegen wollten und wollen wir uns auch nicht über das gebotene Preis-Leistungsverhältnis der NWR-Beherbergungsstätten ausschweifend negativ auslassen, obwohl hier reichlich Stoff für lebhaft zu führende Diskussionen vorhanden wäre. Wir entschieden uns, die Pad, die am Dolomite Camp vorbeiführte, abzufahren und nicht den direkten Weg zu Olifantsrus einzuschlagen. Für diese Entscheidung sollten wir sogleich belohnt werden, denn nach nur einer knappen halben Stunde trafen wir auf ein Rhino und freuten uns.

Jetzt sind wir ja normalerweise Camper und feste Unterkünfte interessieren uns eigentlich nur in Südafrika, wo wir ab und an einen Chalet-Bungalow-Trip durchführen. Doch dachten wir uns, wenn schon hier, dann springen wir mal ins Dolomite Camp und schauen uns kurzerhand um. So kamen wir auf dessen Parkplatz an und erst da wurde uns bewußt, daß wir zum Camp hätten hoch laufen müssen. Nach dem wir einen kurzen Blick auf das Thermometer warfen, verworfen wir umgehend unsere Intention und fuhren stattdessen weiter zum unterhalb des Dolomite Camp gelegenen Wasserlochs. Kaum von der Hauptpad rechts abgebogen, nahmen wir in der Ferne schon eine große Herde an Zebras wahr. Am Waterhole angekommen trauten wir unseren Augen nicht… Da lagen doch glatt ein Herr Leo mit Gattin vor der Zebraschar, die einen völlig tiefenentspannten Eindruck machte. Uns dämmerte der Grund dieser schwarz-weiß-gestreiften Seelenruhe. Die beiden Katzen hatten einen völlig anderen Vorsatz, als sich das Essen für den heutigen Tag zu sichern. Nach lustlosem Geplänkel und ausgiebigem Gähnen kamen die beiden zu der Sache, die wir menschlichen Geschöpf im schönsten aller romantischen Fälle „Fare l’amore“ nennen. So ein löwiger Koitus dauert ja nur einen Wimpernschlag und nach erfolgter Nachwuchssicherungsdurchführungsverrichtung schickten sich die beiden an, ein Ruhepäuschen abzuhalten. Bei Mann und Frau oder Mann und Mann ist es ja bekannt, daß die Herren der Schöpfung nach einem solchen Akt gerne in ein Dämmerschläfchen fallen. Im unsrigen Fall heute war es jedoch die Lady, die sich auf die Seite schmiß und mit ausgestreckten Pfoten ein Nickerchen abhielt. Zufrieden fuhren wir weiter durch den östlichen Westteil des Etosha Nationalparkes, hielten noch ein paar Mal an wahren oder vermeintlichen Wasserlöchern und kamen dann schon gegen kurz nach elf auf der Olifantsrus Campsite an. Das Einchecken war rasch erledigt; das Aussuchen einer Campsite weniger. Bei NWR hatte man anläßlich der Errichtung der Anlage bestimmt nur Gutes im Sinn. Doch das Motto: „Nur der gute Wille zählt“ half uns aber in keiner Weise, rasch eine Zuordnung der einzelnen Campsiteerrichtungen wie Wasserhahn, Stromanschluß, Braaivorrichtung und Schattendachkonstrukt zur jeweiligen Campsitenummer vorzunehmen. Außer den Stellplätzen direkt am Zaun, deren bauliche Annehmlichkeiten eindeutig einer jeweiligen Campsite zuzuordnen waren. Dies galt aber zu unserem Leidwesen nicht für die Campsitenummern, die sich in der Mitte von Olifantsrus befinden. Wir empfanden alles irgendwie wahllos zusammengewürfelt. Da standen beispielsweise zum Braai designierte, halb aufgeschnittene Behältnisse herrenlos in der Gegendrum. Bei Planung und Errichtung der Schattendächer hatte man unseres Erachtens nach nicht den tageszeitlichen Aspekten des Sonnenstands in der südlichen Hemisphäre Rechnung getragen, denn zur größten Mittagshitze mit brennender Sonne warfen die Dächer zwar Schatten, diesen jedoch in die falsche Richtung. Oder stellten wir unsere Stühle einfach nur auf die falsche Seite der Schattendachparaventwand? Wir beließen es bei unserem Uns-Wundern, nahmen einen großen Schluck aus der Fruchtsaftbottle, entwendeten eine Flasche aus unseren Sodawasservorräten, bewaffneten uns mit Leica-Feldstecher und Fotokamera und machten uns auf den Weg zum Ausguckhide über dem Wasserloch. Das runde Hidegebäude erreichte man über eine Art Auffahrtsrampenstelzenbrücke; eine architektonisch nette Idee fanden wir. Je höher wir uns auf dem Hidezugangsweg befanden, umso stärker bließ uns der Wind um unsere heißen Ohren. Aber wir waren um das stramme Lüftchen dankbar, hatten wir es doch wieder mit Temperaturen weit über der dreißiger Marke zu tun. Im Hide war es schön schattig und die steife Brise, die durch die offenen Hidefenster wehte, waren beste Voraussetzungen zu einem ausgedehnten Game Viewing. Von unserem Schattenposten sahen wir auf traurig dreinblickende Gnus, streitsüchtige Zebras und galant umherlaufende Alcelaphus caama herab. Mehr an Tierischem war um diese mittäglich-frühnachmittägliche Zeit nicht zu erwarten. Das Hide, eigentlich fast im Wasserloch stehend, bot auch ein Erdgeschoß als direkten Ausguck auf das Naßbecken an; sozusagen ein Ort zum Auge-in-Auge-mit-der-Fauna-Tête-à-Tête. Die Ausguckfenster im Erdgeschoß waren jedoch von außen und innen derart verdreckt, daß man getrost seine Sonnenbrille abnehmen konnte, denn das beidseitig verschmutzte Glas ließ nur einen äußerst schwachen Schimmer an direktem Sonnenlicht durch.
Auf einen kleinen Game Drive am Spätnachmittag verzichteten wir ob der quasi nicht vorhandenen Loops in diesem Teil des Etosha NPs und stattdessen lümmelten wir bis zum Sonnenuntergang auf unserer Campsite rum, stets in Bewegung mit unserem Campingmobiliar, um das bißchen Schatten zu ergattern, welches nun ein nicht unsriges Schattendach spendete. Oder war es doch das Unsrige? Aber so direkt hinter den Bäumen und ohne Feuerstelle? Nein, das konnte nur ein Schattendach sein, welches aus Zierde mal so im Never Never des Campingplatzes errichtet wurde.
Die Campsites wurden so langsam alle belegt und unserer Campnachbarn auf dem uns gegenüber direkt am Zaun gelegenen Stellplatz fragten uns, ob Sie ihr Fahrzeug an unsere Stromstelle anschließen durften. Klar, selbstverständlich. So kamen wir mit dem jungen Pärchen aus Taiwan ins Gespräch. Nach dem Nachbarschaftsplausch und dem Vorbereiten des Abendessens mit anschließender Verspeisung desselbigen, suchten wir die Duschen auf. Auch hier hatte der Architekt mit Sicherheit nur Gutes im Sinne, doch das reichte in diesem Fall aber nicht. Wie kann man nur so verschachtelt eine Dusche kreieren, bei der die Eingangstür des Raumes dann als Zuchthauspforte wirkte, denn das Teil ging nach innen in den mikroskopisch winzigen Duschraum gerade so auf. Einmal drinne im Brausenzimmerchen hatte man Angst, man käme nicht mehr raus aus diesem hutschachtelgroßen Räumchen, den jetzt blockierte der eigene Körper das Aufmachen der Tür. Wer hier unter Klaustrophobie litt, der hatte von vornherein sehr, sehr schlechte Karten.
Auch war der, von uns aus gesehen, hintere Zugang zu den Bedürfnisablaßstellen a) mit ordentlich Müll und Unrat verbarrikadiert und b) die paar Stufen, die man erklimmen mußte, in zerbröseltem Zustand mit losen aufeinander gereihten Backsteinen als Ausfüllmasse. Im Inneren hatte dann eins der beiden Häuserl bei den Herren der Schöpfung keinen Sperrmechanismus für die Tür und so mußte man, während man der eigenen Verdauungsprozesse Rechnung trug, beim Hören von Schritten sich laut räuspern oder gekünstelt hüsteln, damit der andere, gerade in die Toilette kommende Herr hinter der nichtabschließbaren Tür vom Besetztsein des Aborts informiert war. Vergaß man das Geräusche machen, durfte man damit rechnen, jederzeit einen Gast beim Pinkeln oder Stuhlgangverrichten zu haben. Oder fungierte die Toilette aber vielleicht als Fetischtreffpunkt und wir waren da nicht auf dem Laufenden…? So ganz was Neues: Gemeinschaftliches Opendoorkacken. Wer weiß…

Der Himmel zog sich mit dicken Wolken zu und wir glaubten, ein Gewitter zu erleben. Aber nichts da. Die himmlischen Wasserdampfansammlungen lösten sich auf, es blieb trocken und wir machten uns nochmals auf den Weg zum Besuch des Hides, der aber unspektakulär blieb. So erklärten wir den Tag als offiziell beendet und verzogen uns in unser mobiles Zuhause.

Über den Preis der Olifantsrus Campsite in Höhe von 760 NAD breiten wir mal schnell einen Mantel des Schweigens…



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Letzte Änderung: 16 Jun 2023 11:43 von ALM.
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