Kapitel 8 – «Polygamie und Kinderraub» (23.10.2022)
Moorantilopen vor dem (unserem) Frühstück
Wieder eine andere Tagesstruktur. Denn wir müssen erstmals das Camp abbauen. Chicco instruiert uns, wie er die Zeltfaltung haben möchte und dann geht es ruckzuckzackzack.
Teamwork – für uns einfach selbstverständlich
Da wir alle schon ein «paarmal» so gereist sind fällt uns das leicht und auch so Details wie «Zahnbürste und -pasta ins Tagesgepäck, nicht in die Tasche packen» sind uns wohlbekannt.
Schon kurz nach Sieben fahren wir los Richtung Khwai. Unsere anvisierte Campsite MGR4 ist aber immer noch im Moremi drin. Dort werden wir 3 Nächte bleiben.
Wir fahren nochmals beim Elefantenkadaver vorbei, aber immer noch ist er ungeöffnet und hat keine weiteren Fressgäste angelockt.
Unterwegs sehen wir eine Straussenfamilie: Eltern mit sieben Jungen. Ein schönes Bild. Wir erfahren, dass das Brutgeschäft polygam vor sich geht, wie das Paar dann das Brutgeschäft organisiert (er nachts, sie tagsüber auf den Eiern) und dass es durchaus mal zu Kinderraub kommen kann.
sieben Sträusschen
Der Himmel ist heute ein wenig bedeckt, ja es gibt sogar ein paar scheue Regentropfen. Bei diesen Tropfen, welche ja Pulas heissen, wie die botswanische Währung, darf die Verwendung als «Prost»-Wort nicht vergessen werden. Also: Savanna in die Hand und: «Pula!».
Beim Kaffeehalt an einem wiederum wunderbaren Platz gibt es ein paar interessante Pflanzen zu bewundern: Zum Beispiel Wilder Cannabis. Aber nur angucken!
Und auch diese Wunderschöne: Vermutlich Abrus precatorius subs. africanus. Hat laut diversen Seiten im www auf englisch ganz viele Namen, auf deutsch: Paternostererbse, wird oft für Halsketten, Rosenkränze verwendet – und ist hochgiftig:
Paternostererbse
Nebst Kaffee/Tee und Rusties schnipselt Anita für uns ‘was ganz Gesundes:
gesunde Pause
Unterwegs gibt es immer wieder Tiere zu sehen, inzwischen auch vermehrt auch die Lieblinge von Anita: Kudus. Und teilweise stellen sie sich sogar fotogen hin, nicht wie sonst oftmals nur vom Fotografen abgewendet.
Anitas Lieblinge
Auch Gabelracken geben sich oft ungewohnt kooperativ und so langsam werden sie allen von uns vertraut. Das ist wichtig….
Gabelracke - Danke für die freundliche Zusammenarbeit
Bereits so um die Mittagszeit kommen wir beim MGR4-Platz an. Er liegt eigentlich am Ufer des Khwai, unter grossen Bäumen, aber der Fluss hat nur wenig Wasser, so dass die Entfernung zum eigentlichen Wasser gross ist und die Aussicht mehr aus Riedgras besteht, als aus Wasser. Auf der Karte sehe ich, dass westlich von unserem Camp, etwa 1.5 km der Dombo Hippo Pool ist. Bis zum North Gate bei Khwai sind es Luftlinie etwa 10 km.
geschäftiger Paul ( - welches Geschäft?)
Wieder fallen ein paar Pulas vom Himmel, aber nicht bedrohlich, so dass wir keine Überdächer auf die Zelte montieren. Die leichte Brise, welche uns heute Morgen auch begleitet hat, macht auch Dienstschluss und so wird aus dem vorerst angenehm kühlen Tag ein schwülheisser.
Nach dem Lunch gibt es Zeit für Siesta, welche jede/r nach seinem Gusto gestaltet. Was für ein Leben!
Im und auch ausserhalb des Camps gibt es ein paar Vögel zu sehen und zu bestimmen und das Birderwissen wird so langsam aufgebaut – bei den einen schneller, bei andern ein wenig zäher. (Braundrossel, Sattelstorch, Rotschnabeldrossel, Lappenstar, …)
Ein Paradiesschnäpperpärchen bringt Anita fast zum Wahnsinn, da es vom Fotografiertwerden gar nichts hält.
schwierig...
Wenigstens das Baumhörnchen ist kooperativ
Baumhörnchen
So eine Siesta tut richtig gut und baut die Spannung auf für den nun kommenden Nachmittagsgamedrive.
Wir sehen wieder schöne Elefantengruppen…
…und auch das erste Mal einen Büffel, mir dem üblichen grimmigen Blick. Das alles geniessen wir in immer wieder wechselnden Landschaftsformen, hier vor allem sumpfig mit hohen Gräsern. Ein verletztes Impala (gebrochenes Bein?) führt uns vor Augen, dass wir hier nicht nur heile Welt antreffen.
Auf weitem Feld, ein wenig weit entfernt, zeigen uns zwei Giraffenbullen wie sie mit ihren Hälsen kämpfen können.
Giraffenkampf
Dabei können sie so harmlos dreinschauen:
"ich bin doch so nett!"
Bei einer mittelgrossen Paviangruppe entlockt uns ein zwei bis drei Tage altes, noch eine wenig rosa gefärbtes Junges so manches Schmunzeln.
Pavian-Mami mit Baby
Ein Hippo an Land wird von einem anderen aus seinem Territorium weggejagt und wir sehen, wie schnell die Kolosse rennen können.
Das Hippo vor seiner Nachtschicht - schon mit Türsteherblick
Bei der Rückkehr im Camp ist es schon dunkel, aber zeitlich gesehen sind wir «sauber» unterwegs (es ist noch nicht 19.00). Beim Einfahren ins Wäldchen hören wir in der Umgebung Hyänen rufen. (Aber immer noch keine gesehen…).
Chicco sitzt im nach oben geöffneten Anhänger drin, da es ihm alleine im Camp nicht mehr wohl war. Auch er hat ja die Hyänen gehört. Jetzt ist er erlöst.
Und schon bald ist es Zeit für das Abendessen, welches wie immer mit Chiccos Ruf «Dinner is ready – (Pause) – self-service as usual» angekündigt wird. Heute gibt es Rindsfilet und Gemüse. Wir sind begeistert, wie gut das schmeckt. Die Glut nützt Chicco noch um Brot zu backen, welches wir in den nächsten Tagen geniessen werden.
Während dem Essen hört Moscow plötzlich etwas Rascheln im Gebüsch. Er geht schauen und flüstert zu uns: «Come, and see the hyena!». Das wollen wir uns nicht entgehen lassen. Bernd holt noch die bessere Lampe aus dem Zelt. Ausser Bernd und mir können alle die Hyäne (genauer gesagt Tüpfelhyäne – das meine ich im Folgenden mit Hyäne also immer) kurz sehen, wir zwei kommen aber zu spät. Leider gibt es kein Bild, das den Tatbestand glaubwürdig dokumentiert. Der Traum von Bernd, eine Hyäne zu sehen, ist oder war in greifbarer Nähe. Wir sind uns alle einig und trinken uns Mut zu: Der Traum wird in Erfüllung gehen.
Ach ja – ich schulde ja noch Moscows Briefing «Pinkeln in der Nacht»:
Nebst der Variante, sich im Zelt mit einer Pinkelflasche zu erleichtern, steht dem draussen-Pinkeln nichts entgegen. Wichtig ist dabei einfach, dass man die draussen-Situation vorher sorgfältig «untersucht». Das heisst akustisch und visuell mit Stirnlampe. Und sorgfältig ist dies ist nur möglich, wenn man das entspannt machen kann. Und entspannt kann dies nur gemacht werden, wenn man nicht wartet mit der Pinkel-Aktion, bis es nicht mehr anders geht. Diese ganzen Erläuterungen untermalt Moscow pantomimisch-humoristisch, so dass wir das nie mehr vergessen werden.
Er hat uns auch ermahnt, dass wir ab der Dämmerung nur noch mit Stirnlampe im Camp herumlaufen sollen und dabei nicht einfach nur auf den Boden leuchten, sondern immer auch in die Umgebung.