Tag 5 – 17. Oktober 2018 – Mal wieder die Hecktüre
Nxai Pan South Camp – South Gate, Moremi
Eigentlich wollten wir heute Morgen sehr früh aufbrechen, um am Wasserloch der Nxai Pans etwas zu entdecken. Wir freuten uns über die angenehmen Temperaturen, als Uwe wie jeden Morgen die Hecktür von innen öffnen wollte. Aber leider hatte das Schloss andere Pläne, vielleicht auch gar keine. Irgendwie hatte sich der innere Verschlussmechanismus verklemmt, so dass mit dem Hebel in keine Richtung etwas zu bewirken war. Wir riefen Helga und Michael zu Hilfe. Aber auch von außen gelang es nicht, die Türe zu öffnen. Fürs Erste waren wir gefangen. Mit einem Hebeleisen und dem Potije-Haken gelang es Uwe nach einiger Zeit schließlich, den Schnapper so weit nach innen zu drücken, dass er sich gegen die Türe werfen und sie so öffnen konnte. Offensichtlich hatte das Schloss einen mechanischen Schaden, den wir aber nicht beheben konnten. Die Männer gaben ihr Bestes, was an dieser Stelle leider nicht besonders viel war. Ratlose Blicke von allen Seiten wurden getauscht.
Schmarotzermilan
Sichelhopf
Nach ausgiebiger Beratung und Beleuchtung des Problems stellte Mann fest, dass es für den Ausbau des Schlosses an nötigem Werkzeug fehlte. So riefen wir bei Savanna an, und uns wurde geraten, in Maun zu Riley’s Garage zu fahren. Kein Problem, was wäre ein Urlaub ohne einen Aufenthalt in irgendeiner Werkstatt?
Wir packten alles zusammen, überlegten genau, welche Dinge wir aus dem Canopy besser nach vorne in die Kabine holen sollten und warfen die Tür von außen ein letztes Mal zu, nicht ohne vorher die Reißverschlüsse am Zelt offen zu lassen. Zur Not konnten wir nun über das Reserverad in den Aufbau klettern.
Dann drehten wir eine kleine Runde bis zum Wasserloch. Dort waren ein paar Gnus versammelt, und einige Perlhühner rannten herum. Ein Kronenkiebitz hatte einen der wenigen erhöhten Sitzplätze erklommen und putzte sein Gefieder.
Wir wollten gerade weiter nach Norden fahren, als wir von Helga einen Funkspruch erhielten, dass sie eine Katze entdeckt hatten. Sie waren sich noch nicht sicher, ob es ein Leopard oder Gepard sei. Auf jeden Fall sei es groß. Wir kehrten sofort um.
Als wir bei den beiden eintrafen, lief in einiger Entfernung ein stattlicher Gepard durch das Gras.
Wir konnten ihm ein Stück weit folgen und ihn beobachten, bis er sich in einem Dickicht niederließ. Nun war er nur noch zu entdecken, wenn man wusste, an welcher Stelle er sich niedergelegt hatte. Da wir wegen des kaputten Schlosses ein wenig Zeitdruck hatten, ging es direkt weiter zum Wasserloch. Dort waren inzwischen eine große Herde Springböcke und weitere Gnus eingetroffen. Nacheinander genossen sie am aufgeweichten Matschrand ein Schlammbad, wälzten sich dabei mal links, mal rechts herum, strampelten auf dem Rücken liegend mit den Beinen in der Luft und vergaßen auch die Gesichtsmaske nicht.
Das Ergebnis konnte sich durchaus sehen lassen, schließlich ist die verjüngende Wirkung einer Schlammpackung ja hinlänglich bekannt.
Sogleich kamen Ruth die Zeilen ihres aktuellen Lieblings-Kinderbuches in den Sinn:
Was für ein Scheusal läuft da denn herum?
Auf Beinen wie Stöcken, den Rücken so krumm?
Von vorne zu breit und von hinten zu dünn,
mit wehendem Bärtchen am pelzigen Kinn?
…
Ich bin so hässlich,
ich bin so hässlich. *
Wir blieben eine kurze Weile, beobachteten ein paar Strauße, eine kleine Gruppe Kudus und eine Schar Perlhühner, die vor sich hin gackelnd in den Elefantenbollern scharrten.
Gegen kurz nach neun brachen wir auf, da wir den weiteren Tagesverlauf nur schwer einschätzen konnten. Am Office hinterließen wir noch das ausgefüllte Feedback-Formular und fuhren dann durch den Sand nach Süden zur A3. Viele Steinböckchen sprangen über die Pad davon, und die Straußenfamilie mit den Küken, die uns vor zwei Tagen begrüßt hatte, ließ es sich nicht nehmen, uns wieder zu verabschieden.
Danke an Michael für das Bild
Am Gate trugen wir uns in das große Buch ein, pumpten Luft in die Reifen und halfen einem französischen Fahrer, der gerade in den Park unterwegs war, mit dem Tausch einiger Pula gegen US-Dollar aus. Ruth ließ sich noch schnell ein wenig Wasser über den Kopf laufen. Wie praktisch: Wo es keine Frisur gibt, kann auch nichts ruiniert werden! Mit nassen Haaren war die Hitze deutlich besser auszuhalten, denn es war bereits jetzt schon wieder arg heiß.
Angelockt von dem wenigen Nass ließen sich sogleich ein paar Schmetterlinge und Fluginsekten auf dem feuchten Stein nieder.
Wieder schlängelten wir uns über die Schlaglöcher zurück nach Maun, und es war auch diesmal kein Spaß. Einen kurzen Stopp legten wir noch bei diesem Elefantenbullen ein, der unmittelbar neben der Hauptstraße an einer betonierten Wasserstelle seinen Durst stillte.
In Maun steuerten wir direkt Riley’s Garage an und fragten während des Tankens nach einem Mechaniker. Dieser schaute sich das kaputte Schloss an und versicherte uns, dass er da nichts für uns machen könne. Schade, aber das wäre ja auch viel zu einfach gewesen! Stattdessen beschrieb er uns den Weg zu Aliboats, einem Bootsgeschäft mit Werkstatt, die das bestimmt hinbekommen würden.
Wieder überquerten wir den Thamalakane und fanden die Werkstatt auf Anhieb. Der Chef war sehr nett und besah sich gemeinsam mit einem Mitarbeiter während seiner Mittagspause unser Problem. Ein neues Schloss könne man uns zwar nicht einbauen, aber man werde uns das defekte Schloss ausbauen. Dazu öffneten wir nach der am Morgen einstudierten Methode die Tür – Uwe klappte den Buschcamper auf, kletterte durch die geöffnete Zeltplane und hebelte von innen den Verschluss auf – und warteten auf das Ende der Mittagspause.
Eine halbe Stunde gammelten wir im immerhin schattigen Hof von Aliboats herum und leerten eine Getränkedose nach der anderen. Michael und Helga hielten tapfer mit uns gemeinsam die Stellung, obwohl wir ihnen angeboten hatten, bei Hilary’s auf uns zu warten. Dann war es endlich 14 Uhr, der Mechaniker holte Werkzeug und versuchte, das Schloss zu entfernen. Das aber wehrte sich.
Bilder von Michael
Schließlich riefen wir direkt beim Hersteller der Canopies in Swakopmund an. Wir sollten Fotos schicken. Auch das bekam Uwe hin, und wir erhielten zur Antwort, dass wir die beiden sichtbaren Schrauben entfernen müssten. Das hatten wir bisher auf normalem Weg nicht hinbekommen. Daher holte der Mechaniker zuerst eine Metallsäge. Das sah abenteuerlich aus, und Ruth überlegte bereits, ob sie prophylaktisch schon einmal die Nummer der örtlichen Klinik in Maun heraussuchen sollte und wie das noch gleich mit der Lagerung von abgetrennten Fingern im letzten Ersthelferkurs empfohlen worden war.
Endlich kamen die Fachleute zu der Erkenntnis, dass den Schrauben auch auf diese Weise nicht beizukommen war, und so wurden schließlich mit einer Flex die Schraubenköpfe abgetrennt.
Als wir das Schloss in den Händen hielten, konnten wir immer noch nicht erkennen, worin das mechanische Problem lag. Der Plan war, unsere Reise ohne ein richtiges Türschloss fortzusetzen, denn wir konnten die Hecktür auch noch mit den beiden anderen, kleinen Schlössern von außen notdürftig verriegeln. Während wir nachts im Zelt schliefen, würde uns bestimmt niemand klauen, außerdem hatten wir ja noch Helga und Michael dabei, die schon auf uns aufpassen würden. Um aber das Gewicht an der Hecktür zu verringern und damit die kleinen Verschlüsse zu entlasten, entfernten wir das Ersatzrad. Mit nur drei Reserverädern für zwei Autos waren wir uns sicher, immer noch mehr als ausreichend für die Tage im Moremi versorgt zu sein und ließen das Rad von unserer Hecktüre bei Aliboats, um es in einer Woche dort wieder abzuholen.
Bei Checkers kauften wir Wasser und Brot. Dann setzten wir uns noch für eine halbe Stunde zu Hilary’s und tranken etwas Kaltes. Die kurze Pause tat allen gut. Würden wir in einem fremden Reisebericht lesen, dass jemand einen ersten Gamedrive im Moremi gegen eine Rast in einem Café eintauscht, so würden wir auf jeden Fall verständnislos den Kopf schütteln. Das tun aber auch nur diejenigen, die noch nie bei Hilary‘s gewesen sind. Das kleine Café direkt in der Nähe des Flughafens gehört zu unseren Lieblingsorten in Botswana. Kein Café hier in Deutschland, in welchem wir öfter gewesen wären. Bereits bei unserer Urlaubsplanung wird überlegt, ob wir etwa an einem geschlossenen Sonntag in Maun vorbeikommen. Wer unsere vorherigen Berichte aufmerksam gelesen hat, wird festgestellt haben, dass es schon etliche Besuche von uns in diesem kleinen Hof gegeben hat. Jedes einzelne Gericht, jeder Kuchen, jedes Sandwich, jedes Omelett, Süppchen und jeder Kaffee hat uns bisher absolut überzeugen können.
Rasch war die ohnehin nie schlechte, vielleicht nur ein wenig auf die Probe gestellte gute Laune wieder hergestellt, und es ging auf die letzte Etappe zum South Gate des Moremi.
Wir verließen Maun nach Norden und kauften hinter Shorobe ein paar Bündel Feuerholz.
Im schönsten Nachmittagslicht steuerten wir dem South Gate entgegen.
Ein paar Frankoline flitzten über die Pad, ab und an sahen wir eine Giraffe, und schließlich in einiger Entfernung eine größere Herde Elefanten. Längst hatten wir unserem Türschloss verziehen, dass es uns mehrere Stunden gekostet hatte. Wer braucht schon eine Fahrt im Moremi, wenn man bereits auf dem Weg dorthin so viel entdecken kann?
Wir parkten unsere Autos am Straßenrand und stellten die Motoren ab. Ein Jungelefant hatte eine Feder gefunden, mit der er spielte und die er begeistert herumschwenkte.
Nach und nach setzte sich die ganze Herde langsam in Bewegung und überquerte vor uns die Straße.
Bis auch der letzte Elefant im Gebüsch verschwunden war, hatten wir gut eine halbe Stunde mit ihnen verbracht. Ohne weiteren Halt ging es nun aber wirklich zum Office.
Am South Gate checkten wir ein und besetzten unseren Stellplatz Nummer 7. Nachdem die Autos richtig geparkt waren (Das ist gar nicht so einfach, denn schließlich will frau ja nicht leicht schräg mit dem Kopf nach unten liegen, so dass der armen das ganze Blut in den Kopf läuft!) und das Feuer brannte, gingen wir duschen. Anschließend grillten wir Eland-Steaks.
Im Dunkeln sahen wir eine Wildkatze, die jedoch schnell wieder verschwunden war und etwas später eine Ginsterkatze, die über den Boden huschte.
Bei unserem Abendessen raschelte es plötzlich über uns im großen Baum. Äußerst gewandt turnte die Katze mit dem langen Schwanz nun über uns in den Ästen herum.
Unser Dinner wurde heute außerdem von mehreren Nightjars, zwei Scops Owls und einem Perlkauz begleitet. Ab und an untermalte das langgezogene „Huuuoooop“ zweier Hyänen den Gesang der Vögel. Wir lauschten den Geräuschen des Abends, sahen hin und wieder den Schatten einer Hyäne vorbeihuschen und entdeckten zu guter Letzt auch noch ein paar Springhasen, die im trockenen Gras herumknusperten.
Ein wirklich perfekter Abend. Uwe versuchte sich noch an einer Nachtaufnahme. Das Ergebnis ersparen wir euch wegen fehlender Schärfe.
Nach einem raschen Abwasch wurde der Abend dann auch recht bald beendet, und wir kletterten ins Zelt.
Kilometer: 302
* Tipp für kleine und große Tierliebhaber: Die Zeilen über das Gnu stammen aus einem Kinderbuch von Axel Scheffler, welcher sich sehr treffend in Reimen über „Die hässlichen Fünf“ auslässt. Die Bilder sind liebevoll mit vielen kleinen Details gestaltet. Ruth hat sich auf den ersten Blick in das Buch verliebt.