THEMA: Es war einmal .. BOTS / NAM in 2009 - Teil 2
11 Aug 2011 06:14 #200017
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  • leofant am 11 Aug 2011 06:14
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So, weiter geht es mit

Teil 2

Unterwegs in der Kwara Konzession, Okavango Delta, Botswana

Nach einem ruhigen Flug landen wir wieder auf dem Maun Airport, deponieren unser Gepäck bei Moremi Air, verlassen das Flughafengebäude, gehen über die Straße und betreten das Restaurant „Bon Arrivée“. Hier hatten wir schon im September 2008 gespeist und hier ließ unser damaliger Reisegefährte meine Kamera (die hatte ich ihm geliehen) am Stuhl hängen. Das fiel ihm aber erst auf als wir bereits im nächsten Camp – zwei Fahrstunden entfernt – eintrafen. Ich hätte nie damit gerechnet diese Kamera drei Tage später wieder in meinen Händen zu halten. Man hatte sie gefunden und einer der Fahrer des Camps konnte sie uns deshalb wieder mitbringen. Jetzt essen wir hier unseren obligatorischen Hamburger, trinken noch etwas und dann laufen wir wieder zurück zum Flughafengebäude.
Inzwischen ist auch unser Pilot eingetroffen und wir marschieren zu dritt auf das Flugfeld. Wieder zwänge ich mich auf den Copilotensitz der kleinen Maschine und muss darauf achten keine Pedale zu berühren, Ruth sitzt auf der Rückbank und um kurz nach 14:00 Uhr heben wir ab, fliegen eine leichte Kurve und dann geht es nach Norden ins Delta.
Das Okavango-Delta hat eine magische Anziehungskraft auf mich.
Zitat Wikipedia: „Das Okavango Delta ist im Nordwesten Botswanas gelegen, es wird im Süden durch die Kunyere- und Thamalakane- Spalte begrenzt, die als hydrologische Barriere quer zum Okavango verlaufen und eine südliche Fortsetzung des Afrikanischen Grabenbruchs (Rift Valley) darstellen. Der Okavango fächert sich dabei auf und versickert im Kalaharibecken bzw. verdunstet zu großen Teilen. Dabei bildet er inmitten der semi-ariden Kalahari mit über 20.000 Quadratkilometern eines der größten und tierreichsten Feuchtgebiete Afrikas.“
Wir hatten im Vorjahr das Delta bereits einmal besucht und meine Erwartungen wurden absolut erfüllt. Hier konnten wir auch zum ersten Mal Leoparden aufspüren.
War im letzten September – auf dem Höhepunkt der Trockenzeit – noch eine vorwiegend braun gefärbte Landschaft zu sehen, so fliegen wir jetzt über ein sattgrünes Delta mit unzähligen Wasserarmen und Lagunen.



Der Himmel ist immer noch völlig wolkenlos und so verläuft der Flug angenehm ruhig. Nach etwa 30 Minuten kann ich einen hellen Sandstreifen auf der grünen Fläche erkennen und schon steuert der Pilot diese Landepiste an. Unter einem großen Baum am Rande der Piste erkennen wir einen Jeep mit zwei Insassen, die auf uns warten. Unser Gepäck wird ausgeladen, schon dreht die kleine Maschine um und verschwindet wenige Minuten später im makellosen Blau des Himmels. Unsere zwei Begleiter für die nächsten fünf Tage stellen sich vor: Da ist Jacob, der Fahrer und Gomes der Tracker. Im Gegensatz zur Tau Pan hat dieser Jeep kein Sonnendach, sondern man sitzt komplett im Freien. Das ist für Fotografen natürlich etwas ganz Besonderes. Egal wohin man sich dreht, es gibt kein störendes Gestänge das den Blick behindern könnte! Auch fliegende Vögel sind auf diese Art natürlich viel besser zu beobachten.



Wir steigen ein und fahren das kurze Stück bis zum Kwara Camp. Für mich ist das ein ganz besonderer Ort. In einer TV-Serie die im südlichen Afrika spielte waren die zwei „Helden“ genau in diesem Camp aktiv. Ich kenne also die Umgebung bereits aus dem Fernsehen und ich weiß, dass man hier viele, viele Tiere entdecken kann. Sogar die seltenen Wildhunde können einem über den Weg laufen, das hatte ich bereits in der Serie gesehen und die anderen Gäste in der Tau Pan Lodge hatten es ja wenige Tage vorher mit eigenen Augen erleben dürfen. Kaum angekommen werden wir auch schon mit einem kühlen Getränk begrüßt, während man unsere Sachen in das Zelt bringt.
Das Camp liegt in einem Wäldchen, die acht Luxuszelte sind jeweils am Rand platziert und bieten alle einen wundervollen Ausblick, insgesamt gibt es Platz für maximal 16 Gäste. Manche Zelte sind ebenerdig aufgebaut, andere befinden sich auf Stelzen. Von der Lounge aus schaut man auf eine große Wasserstelle, darin tummeln sich ungefähr 30 Flusspferde, fast immer eng aneinander geschmiegt. Kwara befindet sich auf einer Insel am Rande des Sumpfes, es ist ein idealer Platz sowohl für Landfahrten als auch für Bootsfahrten. Im Gegensatz zur Kalahari sind wir hier in einer so genannten Privatkonzession untergebracht. Unsere Fahrer müssen sich nicht – wie in der Tau Pan – strikt an die Wege halten, sondern können querfeldein fahren wann immer es etwas Interessantes zu sehen gibt.





Nachdem wir die üblichen Sicherheitshinweise vom Manager erhalten haben (schließlich gibt es hier keine Zäune und alle Tiere können das Camp betreten), begeben wir uns zu unserem Zelt. Unsere Unterkunft steht auf circa 1,5 m hohen Stelzen, von der hölzernen Terrasse aus hat man einen ungehinderten Blick auf den Sumpf. Wie gewohnt ist das Zelt komfortabel eingerichtet mit großem Bett, einem Kleiderschrank, separatem Waschraum / WC und einer Außendusche. Auf dem Bett liegen unsere Handtücher zu einem großen Herzen geformt. Mit Streichhölzern sind die Wörter „Enjoy your stay / Genieße deinen Aufenthalt“ auf das Laken geschrieben. Ich trete auf die Terrasse und kann einen Elefanten beobachten, der in einiger Entfernung langsam und bedächtig vorbeizieht. Das verspricht ein schöner Aufenthalt zu werden, ich bin mir jetzt schon sicher!





Wir packen noch unsere Sachen aus, dann treffen wir uns auch schon zur Ausfahrt am Nachmittag. Mit uns im Jeep sind noch drei Schweizer. Wie wir das von den Schweizern kennen sind auch sie nicht besonders aufdringlich und immer humorvoll. Wir fahren in den nördlichen Teil des Kwara Gebietes, denn wir haben die Information erhalten, dass ein Rudel Löwen gesichtet wurde. Nach ein paar Metern Fahrt äugt auch schon die erste Giraffe auf uns herab, im Hintergrund bewegen sich Impalas und Zebras, ein Warzenschwein rennt aufgeregt vor uns davon. Aus der Ferne schaut ein Schakal zu uns herüber, dann treffen wir auf ein Buschböckchen; es erschrickt und rast über die Wiese.
Unser Fahrer Jacob folgt der gewundenen Sandpiste. Es hat viel geregnet in der letzten Zeit und die Büsche stehen dicht am Weg und versperren die Sicht. Auch unser Tracker Gomes muss sehr aufpassen, damit er nicht von hervorstehenden Ästen getroffen wird, schließlich ist sein Sitz ja außerhalb des Jeeps angebracht, dadurch ist er ungeschützt.
Wir kommen um eine Biegung. Jacob tritt hart auf die Bremse und stellt sofort den Motor ab. Einige Meter vor uns überquert eine Elefantenherde eilig die Piste; von den Müttern und Tanten gut geschützt kann man auch einige noch sehr kleine Jungtiere entdecken. Als die Leitkuh uns entdeckt, bleibt sie stehen, stellt die Ohren und den Rüssel auf und trompetet heftig. Wir spüren wie die Luft vibriert und uns ist klar, dass sie durch unser unvermutetes Auftauchen aufs Äußerste genervt ist. Die Leitkuh versucht unsere Witterung aufzunehmen und fixiert uns mit bösem Blick, während die Herde aus unserem Blickfeld verschwindet. Dann schüttelt sie noch einmal drohend den mächtigen Kopf und folgt den restlichen Elefanten. Unser Tracker hat sich die ganze Zeit keinen Millimeter gerührt. Kein Wunder, auf seinem exponierten Sitz war er ja auch am dichtesten an der aufgeregten Elefantenkuh dran und wäre wohl das erste Ziel einer Attacke geworden! Nachdem die Herde verschwunden ist, frage ich Jacob, warum er den Motor abgestellt hat. Meiner Meinung nach war die Situation nicht ganz ungefährlich und da wäre doch ein Jeep mit laufendem Motor die bessere Lösung.

Jacob erklärt: „Vor etwa einem Jahr war ich mit einem deutschen Ehepaar unterwegs. Auch damals trafen wir auf eine Elefantenherde mit Jungtieren. Ich habe den Jeep angehalten um der Leitkuh zu zeigen, dass ich die Herde auf keinen Fall bedrängen will. Diese Herdenchefin war aber mit unserem Verhalten nicht zufrieden, vielleicht hat sie den laufenden Motor als das Knurren eines Raubtiers interpretiert, jedenfalls hat sie nach kurzem zögern unseren Wagen attackiert. In diesem Moment fing die deutsche Touristin auch noch an hysterisch zu schreien. Ich habe das Steuer herumgerissen und Gas gegeben, mein Tracker ist vom Sitz gesprungen um sich irgendwo im Busch zu verstecken. Das war durchaus nachvollziehbar, denn schließlich sitzt er ja ganz vorne und wäre bei schneller Fahrt über die Buckelpiste wohl aus dem Sitz gefallen. Während ich also mit der immer noch schreienden Touristin im Auto die kurvige Piste entlangfuhr, ist die wütende Elefantenkuh quer durch die Büsche gerannt um uns den Weg abzuschneiden. Ich konnte sehen, dass sie uns einholten würde, also habe ich die Piste verlassen und bin durch das Gelände gefahren. Leider habe ich mit dem Vorderrad eine Erdferkelhöhle erwischt und bin stecken geblieben. Die zwei Touristen wollten sofort aus dem Wagen springen und ich musste beide anschreien, damit sie sich nicht von der Stelle rührten, denn sie hatten ja keine Erfahrung mit wütenden Elefanten und wären außerhalb des Wagens ein leichtes Ziel gewesen. Die Kuh hatte uns inzwischen erreicht und griff sofort an. Zuerst versuchte sie, mit den Stoßzähnen unter den Jeep zu kommen um ihn umzukippen, das ist ihr aber nicht gelungen. Daraufhin nahm sie Anlauf und rannte auf meine Fahrertür zu. Zum Glück war der Beifahrersitz nicht besetzt und geistesgegenwärtig bin ich auf die andere Seite gerutscht. Eine Sekunde später hat die Kuh auch schon mit ihren Stoßzähnen die Fahrertür durchbohrt. Hätte ich noch an dieser Stelle gesessen, ich wäre entweder schwer verletzt oder tot gewesen. Nach dieser Attacke war die Chefin zufrieden und trat wutschnaubend den Rückzug an. Seit diesem Vorfall stelle ich grundsätzlich den Motor ab, wenn ich eine Herde mit Jungtieren sehe. Es ist überhaupt kein Problem sich zum Beispiel älteren Elefantenbullen bis auf wenige Meter zu nähern, aber Mütter mit Kindern sind unberechenbar. Seid immer auf der Hut wenn ihr auf eine Herde trefft!“

Nach solch einer Geschichte klopfen unsere Herzen vielleicht ein wenig schneller, wenn wir auf Elefanten treffen, egal ob es sich um Kühe oder Bullen handelt. Auf der anderen Seite muss jedem Teilnehmer einer Pirsch, speziell in einem offenen Jeep, klar sein, dass er sich nicht in einem Safaripark oder in einem Zoo befindet. Aber genau das macht diese Fahrten ja auch so aufregend, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass die zwei Touristen, die sich damals im Wagen befanden, vermutlich keinen gesteigerten Wert auf weitere Pirschfahrten in einem offenen Fahrzeug legen werden.



Wir durchqueren das Wäldchen in schneller Fahrt und erreichen eine sumpfige Lichtung. Hier befinden sich einige Sattelstörche. Wir halten kurz an, ich kann ein paar Fotos machen, dann schaltet Jacob den Vierradantrieb ein und schon geht es mitten durch das Wasser immer geradeaus. Komischerweise schauen uns die Impalas nur verwundert an, ohne zu fliehen. Sie werden von der Abendsonne angestrahlt und ihr Fell hat einen satten goldenen Ton. Auch die Zebras erscheinen jetzt nicht schwarz-weiß, sondern schwarz-gold. Bei untergehender Sonne erreichen wir den „Löwenplatz“, doch die Katzen haben sich inzwischen verzogen. Also halten wir an, unsere Begleiter zaubern aus einer Kühlbox Softdrinks, Wein und ein paar Häppchen hervor und wir stehen um den Jeep, während uns die Zebras in der Nähe neugierig betrachten. Es ist inzwischen 18:30 Uhr geworden, Zeit um ins Camp zurück zu kehren.
Als wir Kwara erreichen, werden wir vom Manager begrüßt, gehen zu unserem Zelt um zu duschen und uns umzuziehen, dann ist es auch schon wieder Zeit für das Abendessen. Alle Gäste sitzen gemeinsam an einem langen Tisch und so finden rege Unterhaltungen über die Erlebnisse des Tages statt. Uns gegenüber sitzt eine Gruppe aus Kanada und es ist sehr interessant ihnen zu zuhören, denn sie halten sich das erste Mal in Afrika auf. Dagegen sind wir ja schon alte Afrika-Hasen! Nach dem Essen gehen manche Gäste zu härteren alkoholischen Getränken über, wir haben ja „all inclusive“ und können so viel trinken, wie wir wollen. Trotzdem haben wir noch nie total betrunkene Gäste in den Lodges und Camps gesehen. Vermutlich liegt es auch daran, dass die Leute nach einem langen Safaritag ziemlich ausgelaugt sind, besonders wenn man am nächsten Tag um 05:00 Uhr wieder geweckt wird. Für uns ist das der Zeitpunkt, an dem wir uns gerne zurückziehen, schließlich wollen wir am nächsten Morgen hellwach sein um die Pirsch zu genießen. Allerdings ist ein erholsamer Schlaf zumindest für uns Illusion. Wir übernachten schließlich in einem Zelt, befinden uns mitten im afrikanischen Busch und bekommen die nächtlichen Stimmen hautnah mit; egal ob die Hyänen heulen, die Hippos am nahen Wasserloch grunzen, der Elefant direkt neben unserem Zelt die Äste mit krachendem Geräusch vom Baum reißt, die Paviane Warnschreie von sich geben, weil vermutlich ihr Todfeind, der Leopard, gerade das Camp inspiziert; es ist immer etwas los rund um unser Zelt und so schlafen wir mit vielen Unterbrechungen. Aber trotzdem sind wir in der Regel morgens schon wach, bevor Jacob bei uns vorbeischaut um uns zu wecken.

Mit dem ersten Morgengrauen stehen wir auf, waschen uns und ziehen uns an. Plötzlich höre ich ein schabendes Geräusch, das aus unserem Badezimmer kommt. Ich schleiche auf Zehenspitzen ins Bad und entdecke auf unserem Waschtisch ein Baumhörnchen, das gerade dabei ist unsere Malariatabletten mitsamt Verpackung in ein Versteck hinter dem großen Spiegel zu befördern. Das kann ich natürlich auf keinen Fall dulden, also schreie ich das Tierchen an und husch - ist es hinter dem Spiegel verschwunden. Gut, dass wir den Diebstahl verhindern konnten. Jetzt wird alles in Taschen verpackt und nichts liegt mehr offen herum. Für uns stellt sich höchstens noch die Frage: Können Baumhörnchen Malaria bekommen, hilft ihnen Malarone und wenn ja – woher um alles in der Welt wissen sie das?

Nach einem kurzen Frühstück geht es wieder hinaus ins Okavango Delta, die Sonne steigt über den Horizont, das goldene Licht am Morgen ist einfach unbeschreiblich schön, egal, ob es eigentlich im offenen Jeep viel zu kalt ist als wir wieder einmal querfeldein rumpeln um zwei Giraffen zu besuchen. Hals und Kopf der Tiere zeichnen sich scharf gegen die aufgehende Sonne ab und natürlich lasse ich mir dieses stimmungsvolle Bild nicht entgehen.



Ein Stück weiter grasen drei Elefantenbullen, um sie herum wuseln circa fünfzehn Reiher und jagen den Insekten und Eidechsen hinter her, die von den mächtigen Elefantenbeinen aufgeschreckt werden. Wir können ganz dicht an die Tiere heran fahren; sie beobachten uns zwar, sind aber nicht besonders beeindruckt von unserer Anwesenheit.



Wieder ein Stück weiter treffen wir auf einige Straußenhennen, die hier ihr Frühstück zu sich nehmen.

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Plötzlich bewegt sich das hohe Gras und eine Hyäne taucht auf, schaut schüchtern zu uns herüber und läuft schnell weiter. Wir sehen Warzenschweine, Paviane, Zebras, Impalas, seltene Kraniche; auf einem abgestorbenen kahlen Baum sitzt eine Gruppe Ibisse. Auf einem anderen Baum haben sich die Geier versammelt. Überall gibt es etwas zu entdecken. Die Sumpflandschaft des Deltas ist abwechslungsreich: die Grassavanne wird durch kleine Wäldchen aufgelockert, gespickt mit sumpfigen Bereichen und kleinen Teichen in denen die Wasserlilien blühen. Und schon wird es Zeit für ein zweites Frühstück. Wir halten an einer freien übersichtlichen Stelle an und unsere Guides präparieren einen Klapptisch mit allerlei Häppchen, dazu gibt es Tee und Kaffee. Eine Herde Zebras betrachtet uns äußerst interessiert, scheint aber keinen Kaffee zu wollen, obwohl ich meine Tasse ermunternd in ihre Richtung halte.
Und weiter geht es durch die scheinbar grenzenlose Sumpflandschaft des Deltas.





Um die Mittagszeit kehren wir zurück ins Camp, am Nachmittag geht es wieder hinaus. Wir erreichen „unseren“ Hippopool. Während wir sonst vom Camp aus auf die Wasserstelle mit den Flusspferden blicken, sind wir jetzt draußen und schauen von der anderen Seite über das Wasser zum Camp. Wir können einen Elefanten beobachten, der gemächlich am Rand entlang läuft und sich ganz dicht an einem Zelt aufhält um ein paar besonders schmackhafte Zweige vom benachbarten Baum zu fressen.Eine Gruppe Lechwe Antilopen (Sumpfantilopen) erscheint auf der Bildfläche. Zwei Böcke wollen wissen, wer der Stärkere ist, und beginnen einen Kampf. Wir können hören, wie das Gehörn gegeneinander knallt und wie sie aufgeregt prusten.



Plötzlich werden die beiden jedoch vom „Platzhirschen“ weggejagt. Er duldet anscheinend keine Rivalenkämpfe auf seinem Territorium. Stolz steht er jetzt da und blickt auch uns herausfordernd an; wir sind jedoch nicht an seinen Weibchen interessiert, also verliert er das Interesse und zieht ab. Wir besteigen unser Fahrzeug und durchstreifen das Gebiet ums Camp. Gegen Abend entdecken wir auf einem kleinen Hügel unter einem Schatten spendenden Baum eine Löwenmutter mit ihrem halbwüchsigen Sohn. Die Mutter kümmert sich nicht besonders um uns, während sich der Kleine sehr für uns interessiert und immer wieder in unsere Richtung schaut. Mutter und Kind werden direkt von der tief stehenden Sonne angestrahlt und ich kann einige Bilder schießen.







Langsam wird es dämmerig. Plötzlich erhebt sich die Mutter, schaut scheinbar zu einem weit entfernten Punkt und verlässt den Hügel, den Kleinen im Schlepptau. Wir folgend den beiden um sie ein Stück weiter zu überholen. Dann stoppt Jacob den Jeep und stellt den Motor ab. Einen Augenblick später laufen die Löwen ganz dicht an unserem Wagen vorbei und verschwinden im hohen Sumpfgras. Wir drehen um und fahren noch einmal in die Nähe der Wasserstelle. Hier steigen wir aus und unsere Begleiter bereiten alles für einen Sundowner vor. Die untergehende Sonne färbt den Himmel rot, das Wasser nimmt die gleiche rote Farbe an und die Reiher und Hippos, die sich im Wasser befinden, zeichnen sich als schwarze Scherenschnitte gegen den roten Horizont ab, das ergibt natürlich traumhafte Bilder, die ich mir nicht entgehen lasse.



Bald darauf verschwindet die Sonne und wir kehren ins nahe Camp zurück. Zufrieden genießen wir unser Abendessen und liegen wenig später im Bett.

Am nächsten Morgen steht ein Ausflug zu Fuß auf dem Programm. Unsere Gruppe zählt nur drei Teilnehmer, begleitet werden wir von Jacob und Gomes. Jacob hat heute ein Gewehr dabei, er führt die Gruppe an, während Gomes die Nachhut bildet. Wie wir es aus der Vergangenheit kennen, halten wir öfter an und Jacob erklärt uns die Tier- und Pflanzenwelt des Deltas. Jacobs Großvater ist ein Medizinmann und hat dem Enkel viel von seinem sicherlich enormen Wissen weitergegeben, davon profitieren jetzt wir Touristen. Allerdings können wir uns nur einen geringen Teil der Informationen tatsächlich behalten, trotzdem ist die Tour sehr lehrreich für uns. Am späten Vormittag sind wir zurück im Camp und verbringen die Mittagszeit am Zelt. Nachmittags treffen wir uns in der Lobby mit zwei neuen Gästen. Sue und Allen kommen aus England, sie sind uns gleich sympathisch, denn sie haben einen ähnlichen Sinn für Humor wie wir. Lustig finden wir auch, dass Sue immer einen Müllsack mit sich herum trägt um den Foto und die Ferngläser vor Sand und Wasser zu schützen. Los geht es mit dem Jeep, vorbei an Kudus, Impalas, Zebras, Giraffen, Elefanten und, und, und.





Wir erreichen das Ufer eines der zahlreichen Wasserarme, die das Delta durchziehen. Hier liegen zwei Boote, eins davon ist heute für uns reserviert. Das Boot hat eine Aussichtsplattform aus Metall, man kann eine Leiter hochklettern und die Gegend aus einer höheren Etage betrachten. Das ist sehr nützlich, denn das Sumpfgras am Ufer ist sehr hoch und von der Plattform aus hat man einen tollen Überblick. Wir legen ab und tuckern den Wasserarm entlang. Die Nachmittagssonne taucht alles in ein warmes Licht und die Landschaft spiegelt sich im Fluss.



Wenn wir hinunter schauen, können wir viele Fische im glasklaren Wasser erkennen. Überall am Rand sind Vögel zu sehen. Unsere Begleiter aus England erweisen sich als begeisterte Vogelliebhaber und sind jetzt natürlich in ihrem Element. Mit ihren professionellen Ferngläsern bleibt ihnen kein Vogel verborgen. Natürlich dürfen wir auch ab und zu an ihren Entdeckungen teilhaben und die Ferngläser benutzen. Sue und Allan sind nicht das erste Mal im Delta und für uns ist es schön, dass wir mit Leuten unterwegs sind, die unsere Begeisterung für die Gegend uneingeschränkt teilen.



An einer Stelle hat sich eine Lagune gebildet, hier lebt eine Gruppe Hippos, die uns misstrauisch beobachten. So kreuzen wir durch die Landschaft, bis wir eine riesige Wasserfläche erreichen. Die Sonne hat inzwischen den Horizont erreicht. Jacob serviert uns Häppchen und Getränke auf der Plattform, Gomes hat den Motor abgestellt und wir treiben lautlos im Wasser und genießen die herrliche Szenerie bei einem Glas Weißwein oder einem Gin Tonic.



Kaum ist die Sonne untergegangen wird es auf dem Wasser auch schon ziemlich kalt und wir machen uns auf den Rückweg. Es ist bereits dunkel, als wir die Anlegestelle erreichen und in den Jeep wechseln um zum Camp zurück zu kommen. Circa 20 Minuten später werden wir vom Manager und seiner Assistentin begrüßt und wieder geht ein erlebnisreicher Tag zu Ende.

Am nächsten Morgen treffen wir uns um 06:30 Uhr zum kurzen Frühstück, dann sind wir auch schon wieder auf der Pirsch. Ein Kampfadler (Martial Eagle) sitzt hoch oben im Baumwipfel und betrachtet uns gelangweilt; ein Trupp Giraffen lässt sich von uns keine Sekunde beim Frühstück stören; ein Stück weiter reagiert ein Elefant schon etwas ungehaltener, er schnaubt, zeigt sein Hinterteil und verschwindet im Busch, das war ein klares Signal, dass er alleine sein möchte! Die allgegenwärtigen Francolins rennen vor uns die Piste entlang; wie immer fliegen sie erst im allerletzten Moment rechts oder links ins hohe Gras. Die Gelbschnabel- und Rotschnabeltokos haben ihre Lieblingsplätze am Rand des Weges eingenommen und lassen sich, genau wie die Gabelracke, von den ersten Sonnenstrahlen aufwärmen.



Wir passieren eine etwa dreißigköpfige Impala- Junggesellenherde, die Tiere nehmen kaum Notiz von uns. Ein Trupp Strauße wandert durch das Gras, auf der Suche nach schmackhaften Pflanzen. Sie suchen den Boden ab, aber immer wieder recken sie die Hälse und drehen die Köpfe in alle Richtungen um keine eventuelle Bedrohung zu übersehen. Wenn sie eng zusammen stehen wirken sie wie ein großer Körper mit vielen Köpfen, die sich laufend auf und ab bewegen. Eine junge Giraffe steht an einem Wasserloch, sie schaut misstrauisch in unsere Richtung, dann spreizt sie die Vorderbeine, senkt den Hals und trinkt. Auf dem Rücken sitzen die Madenhacker und suchen fleißig nach Zecken und sonstigen Plagegeistern. Die Giraffe trinkt kurz, dann beobachtet sie sofort wieder ihre nähere Umgebung, bevor sie sich erneut hinabbeugt und einen Schluck nimmt. Giraffen sind beim Trinken besonders verwundbar, denn dann sie können eventuell anschleichende Löwen übersehen. Man merkt es ihnen an, dass sie sich in der Trinkposition nicht besonders wohl fühlen.



Wir fahren ein Stück weiter und treffen auf eine Gruppe Löwen. Sie liegen satt und faul im Gras, nur ein Löwenpaar hat sich etwas abgesondert. Während die Löwendame noch entspannt im Gras liegt, beschnuppert der männliche Löwe seine Partnerin und versucht sie dazu zu bringen aufzustehen. Tatsächlich erhebt sie sich auch. Er beschnuppert intensiv ihr Hinterteil und gibt zärtliche Laute von sich. Es ist eindeutig, was er von der Dame seines Herzens will. Sie hat aber noch keine Lust, läuft ein paar Meter in unsere Richtung und fällt im Schatten eines Busches scheinbar kraftlos auf die Erde.



Der Löwenmann legt sich neben sie. Plötzlich kreuzt ein Trupp Zebras die Wiese. Sofort wenden beide ihre Köpfe in Richtung der Zebras und betrachten interessiert die Herde. Der Leithengst an der Spitze stoppt kurz, zieht die Luft ein und schaut in Richtung der beiden Löwen, dann trabt die ganze Herde über die Wiese. Die Katzen machen keine Anstalten die Zebras zu verfolgen. Bald meldet sich bei uns der Hunger und wir kehren ins Camp zurück um unser Frühstück einzunehmen. Während sich die anderen in die Zelte zurückziehen, gehe ich zur Feuerstelle und beobachte die Hippos im nahen See. Sie liegen dicht gedrängt genau in der Mitte des Wassers und dösen vor sich hin.
Am Nachmittag fahren wir zur Nordgrenze des Kwara Gebietes, wir haben eine Nachricht erhalten, dass sich hier Geparde aufhalten. Und tatsächlich – wir treffen auf drei Brüder die völlig entspannt im Gras liegen. Als wir uns nähern, heben zwei der Tiere tatsächlich den Kopf um uns zu betrachten; der dritte Gepard zeigt sich völlig desinteressiert, er liegt auf dem Rücken, die Beine in die Luft gestreckt, und kuschelt sich an einen seiner Geschwister. Von Zeit zu Zeit gähnen die Katzen herzhaft und lecken sich ihr Fell sauber, dazwischen schauen sie mehr oder weniger interessiert in unsere Richtung. Ich kann ein paar schöne Portraitfotos machen, bevor sich alle drei Katzen recken und strecken, sich erheben und ein paar Meter zu laufen, um sich dann wieder kraftlos ins Gras plumpsen zu lassen. Unser Fahrer Jacob lässt den Motor an und wir entfernen uns ein kurzes Stück. Hier können wir aussteigen und unseren Sundowner zu uns nehmen, bevor wir noch einmal die Geparde besuchen. Langsam wird es dämmerig und die Katzen verlassen wie auf ein geheimes Kommando hin ihren Ruheplatz. Sie scheinen bereit für die Jagd zu sein, aber leider zwingt uns die einbrechende Dunkelheit zur Rückkehr ins Camp. Schweren Herzens verlassen wir die Tiere, denn wir haben noch einen weiten Weg vor uns.





Am nächsten Tag treffen wir auf einen Trupp Säbelantilopen. Sie haben Jungtiere bei sich und beäugen uns misstrauisch, dann rennen sie schnell an unserem Fahrzeug vorbei und entfernen sich.



Wir fahren wieder zu dem Platz an dem wir gestern die Löwen getroffen haben und tatsächlich, die Gruppe ist noch dort. Zwei der Großkatzen liegen auf dem Rücken und strecken die Beine in die Luft, genau wie der Gepard gestern Nachmittag. Ein anderer Löwe hat den Kopf auf eine seiner Pranken gestützt, es sieht aus als würde er angestrengt über den Sinn des Lebens nachdenken, vielleicht überlegt er aber auch, was er heute bloß zu Mittag essen könnte. Wir beobachten die Löwen noch eine ganze Zeit, dann verlassen wir die Gruppe.






Unterwegs treffen wir auf einen Elefanten mit einem Halsband. An dem Halsband ist ein Sender angebracht, so können die Forscher ermitteln, wo sich das Tier gerade befindet. Der zweite Jeep mit den restlichen Gästen unseres Camps steht in Sichtweite. Der Elefant bewegt sich mit aufgestellten Ohren und hoch erhobenem Kopf auf das Fahrzeug zu, schnaubt hörbar und dreht dann in letzter Sekunde ab; er weiß wohl ganz genau, welchem Lebewesen er sein Halsband zu verdanken hat.



Dann ist es an der Zeit ins Camp zurück zu fahren, denn in einer Stunde werden wir per Flugzeug abgeholt. Ein bisschen neidisch bin ich schon, als ich höre, dass Sue und Allan am Nachmittag noch einmal das Löwenrudel besuchen werden um dabei zu sein, falls sie auf die Jagd gehen. Aber es hilft nichts, unsere Zeit in Kwara ist vorbei, obwohl ich gerne noch ein paar Tage geblieben wäre. Wir essen etwas, packen die restlichen Sachen ein und werden zum Landestreifen gefahren. Das Flugzeug ist diesmal richtig groß, denn es passen immerhin acht Personen hinein. Nach dem Start können wir noch einmal die großartige Landschaft des Deltas aus der Luft betrachten. Nach 25 Minuten landen wir in Maun. Wir werden wieder von einer Angestellten aus Carinas Firma begrüßt, unseren zweiten Seesack hat sie auch schon mitgebracht; ein weiterer Mitarbeiter kümmert sich um unser Gepäck, denn dank der guten Beziehungen, die unsere Betreuer hier vor Ort haben, können wir ein paar Minuten später bereits für unseren Anschlussflug nach Windhoek einchecken. Wir sitzen entspannt in der Abfertigungshalle, werden bald zum Schalter gerufen, erhalten unsere Tickets und können die verbleibende Zeit bis zum Abflug wie gewohnt im Restaurant „Bon Arrivée“ außerhalb des Flughafengebäudes verbringen. So langsam wird das alles Routine für uns.

Fortsetzung folgt ...

Letzte Änderung: 11 Aug 2011 06:26 von leofant.
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