THEMA: Es war einmal .. BOTS / NAM in 2009 - Teil 1
10 Aug 2011 09:13 #199895
  • leofant
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  • leofant am 10 Aug 2011 09:13
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Liebe Fomis,

ich habe jetzt meinen Reisebericht vom Frühjahr 2009 herausgekramt.
Ist zwar nicht mehr ganz aktuell aber soviel wird sich nicht verändert
haben.

Unsere Stationen damals:
Flug Frankfurt - Windhoek - Maun
Von Maun per Flieger ins CKGR (Central Kalahari Game Reserve)
Vom CKGR per Flieger ins Okavango Delta
Flug Maun - Windhoek
Als Selbstfahrer (über Waterberg) in die Etosha
Rückflug Windhoek - Frankfurt

Ich hoffe der eine oder andere hat Spass damit :)

Gruß Walter

Teil 1
Motsentsela Tree Lodge, Maun, Botswana
Tau Pan Lodge, CKGR, Botswana

Wir haben den Nachtflug gut überstanden und bereits gefrühstückt. Jetzt verlassen wir unsere Flughöhe und der Pilot leitet den Sinkflug ein, wir nähern uns Windhoeks Hosea Kutako Airport. Auf die Minute pünktlich setzen wir auf der Rollbahn auf und das Flugzeug wird vor dem Hauptgebäude des Flughafens geparkt. Wir steigen die Gangway hinunter und augenblicklich umgibt uns eine angenehme Wärme. Es ist 08:00 Uhr am Morgen, da ist von der Gluthitze des Tages noch nicht viel zu spüren. Da wir uns auf der Durchreise befinden, müssen wir weder durch die Passkontrolle noch durch den Zoll, sondern werden gleich in die Abflughalle geleitet. Unser Gepäck wird, so hoffen wir zumindest, gleich zu unserem Anschlussflug gebracht. Mit etwas gemischten Gefühlen sitzen wir nun in der Halle und warten auf unseren nächsten Flug, der in ungefähr zweieinhalb Stunden starten soll. Das letzte Mal war es nämlich genau dieser Anschlussflug von Windhoek nach Maun, der sich erheblich verspätet und uns damit einige Probleme bereitet hatte. Ungefähr eine Stunde vor dem geplanten Abflug sehen wir aber tatsächlich „unsere“ Maschine auf der Rollbahn aufsetzen und an das Hauptgebäude heranrollen. Meine Stimmung steigt und wird noch besser, als ich kurz darauf einen Gepäckwagen auf dem Rollfeld sehe, auf dem unverkennbar unsere beiden Seesäcke liegen. Es hat also alles geklappt wie es geplant war; das werte ich als gutes Omen für die vor uns liegende Zeit.



Um 10:45 Uhr, also eine Viertelstunde vor dem Start, werden wir auf das Rollfeld geführt und besteigen die kleine Maschine. Die siebzehn Sitze sind belegt mit Touristen, die überwiegend in Safarikleidung unterwegs sind, denn es geht ja nach Maun, der „Safari-Hauptstadt“ Botswanas. Wir starten pünktlich und schauen etwas skeptisch auf die dicken Wolken am Himmel. Vom letzten Flug mit dieser Maschine wissen wir noch, dass es durchaus ein holpriger Flug werden kann. Ruth hat allerdings diesmal ihre neue „Geheimwaffe“ gegen Luftkrankheit dabei, zwei Armbänder, die während des Fluges an einer bestimmten Stelle der Handgelenke angebracht werden müssen. Wie beim letzten Mal sitzen wir wieder auf den hintersten Plätzen, hier hat man den meisten Platz und ich kann meine Füße etwas ausstrecken; das ist in den schmalen Sitzreihen vor mir nicht möglich. Ich schaue aus dem Fenster und blicke wieder auf eine ungewöhnlich grüne Landschaft; der Regen kann ein Segen, aber auch ein Fluch sein, denn wenn es hier regnet, dann regnet es richtig. Auch in diesem Jahr sind einige Einwohner in den Fluten umgekommen und viele Straßen wurden zerstört. Wir sind froh, dass wir, wenn wir in eineinhalb Wochen nach Namibia zurückkehren werden, ein Allradfahrzeug reserviert haben; damit sollten wir alle Orte erreichen können, die auf unserem Plan stehen. Die Landschaft gleitet unter uns vorbei. Straßen wie mit dem Lineal gezogen und ab und zu eine kleine Siedlung oder eine paar Farmhäuser. Man kann die „große Weite“ sehr gut erfassen. Nicht umsonst ist einer der Werbesprüche des namibischen Fremdenverkehrsbüros „Endless Horizons“, was sinngemäß „Endlose Weite“ bedeutet. Die dicken Wolken haben sich verzogen und der Flug erweist sich als sehr ruhig. Nach knapp zwei Stunden können wir die Ausläufer des Okavango-Deltas erkennen. Unser Ziel Maun ist nicht mehr weit. Wir überfliegen den Thamalakane Fluss, bald darauf landen wir. Im Gegensatz zum letzten Mal tanken wir hier nicht nur auf, sondern verlassen das Flugzeug, laufen zum Hauptgebäude, nehmen unser Gepäck und erreichen gleich die Passkontrolle. Da ich bei unseren vergangenen Aufenthalten ein paar Brocken Setswana gelernt habe, kann ich die Beamtin mit einem freundlichen „Guten Tag meine Dame, wie geht es Ihnen?“ in ihrer Sprache begrüßen. Ein Strahlen geht über ihr Gesicht, sie lacht überrascht und antwortet mir ebenfalls auf Setswana. Leider verstehe ich nur einen Teil der Antwort; so gut sind meine Sprachkenntnisse dann doch nicht. Deshalb lächele ich sie noch einmal freundlich an, sage auf Setswana „Auf Wiedersehen meine Dame“ und wir gehen weiter. Wir kommen in die Empfangshalle und sehen sofort eine junge Frau, die ein Schild mit unserem Namen in der Hand hält. Carinas Service ist optimal. Wir haben Carina bereits letzten September kennen gelernt. Sie hat eine Safariagentur in Maun und ist mit unserer Freundin Petra befreundet. Als wir das letzte Mal mit Petra im Okavango-Delta waren, kam Carina mit Mann und Kindern im eigenen Flugzeug vorbei um sie zu besuchen. Jetzt werden wir von einer Angestellten und einem Fahrer ihrer Safarifirma begrüßt und wir fühlen uns sofort heimisch. Wir verlassen das Flughafengebäude. Draußen steht schon ein offener Jeep bereit. Unser Gepäck wird eingeladen, wir steigen ein und los geht es zu unserer ersten Übernachtungsstelle, der Motsentsela Lodge, ungefähr 20 km außerhalb von Maun. Hier werden wir eine Nacht verbringen. Morgen früh fahren wir wieder zum Flughafen um dann unsere erste Unterkunft in der Wildnis zu erreichen.
Motsentsela bietet acht Zelte für die Gäste an. Doch wenn man von Zelten spricht, meint man eigentlich kleine Chalets, deren Decken und Wände aus Zeltplanen bestehen.



Die Managerin der Lodge begrüßt uns und irgendwie kommt sie uns bekannt vor. Nach kurzem Grübeln wird es uns bewusst: Als wir vor einem halben Jahr das Pom Pom Camp im Delta besuchten, stand Katie abends hinter der Bar und verkürzte uns die Zeit bis zum Abendessen mit einigen interessanten und auch lustigen Geschichten über ihre Zeit in dieser Region. Unter anderem arbeitete sie im „Gunns Camp“. An diesem Platz ist es durchaus üblich, dass man täglich Besuch von Elefanten bekommt. Eines Abends legte sich ein Elefant direkt vor der Eingangstür ihres Übernachtungsplatzes schlafen. Er schnarchte die ganze Nacht so laut, dass sie kein Auge zu tun konnte. Am nächsten Morgen war es für sie nicht möglich den Gästen das Frühstück vor zu bereiten, denn der Elefant lag immer noch schlafend vor der Tür und sie wollte ihn auf keinen Fall erschrecken, denn das hätte übel für sie ausgehen können. Erst nachdem die Leute im Camp erwachten und der Lärm zunahm, wachte auch der Elefant auf, verzog sich wieder und Katie konnte endlich ihre Gäste betreuen.
Jetzt stehen wir ihr gegenüber und begrüßen uns wie alte Freunde. Wieder einmal sind wir von der Herzlichkeit der Menschen im südlichen Afrika angetan. Wir unterhalten uns noch ein paar Minuten, dann ist es auch schon Zeit für das Mittagessen. Danach werden wir von ihr zu unserem Zelt geführt. Es steht inmitten eines dichten Baumbestandes, so dass man die anderen Unterkünfte nicht sehen kann. Auf einem hölzernen Podest aufgebaut bietet es eine Wohnfläche von circa 30 qm. Damit ist Platz genug für ein Doppelbett mit Nachtschränkchen und eine abgeteilte Waschgelegenheit mit zwei Porzellanwaschbecken. Außerdem gehören auch eine freistehende Badewanne sowie eine separate Dusche und ein separates WC aus Porzellan zur Ausstattung. Der Boden besteht aus lackiertem und poliertem Holz.



Wie in fast jeder Lodge ist das Bett mit ein paar Blättern dekoriert. Auf dem Laken wurde mit kleinen Holzstückchen das Wort „Welcome“ (Willkommen) geformt. Während Ruth sich auf die Veranda setzt um eine Zigarette zu rauchen inspiziere ich meine Fotoausrüstung. Das Areal der Lodge ist eingezäunt und bietet einigen afrikanischen Wildtieren Platz, allerdings sind keine Raubtiere darunter, deshalb kann man die Gegend auf markierten Wanderwegen zu Fuß erkunden.
Ich packe meine Ausrüstung zusammen und wir marschieren los. Wir passieren den kleinen Pool der Anlage und erreichen einen der markierten Wege. Das Gras steht sehr hoch und so achten wir sorgfältig bei jedem Schritt auf Schlangen, die vielleicht am Wegesrand liegen. Wir bewegen uns leise; bald kreuzen ein paar Springböcke unseren Weg. Sie beobachten uns zwar aufmerksam, man merkt allerdings, dass sie an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt sind. Wir kommen zu einem Termitenhügel, der fast die dreifache Höhe meiner Frau erreicht.



Hinter ein paar Bäumen lugen zwei Giraffen hervor und beäugen uns misstrauisch. Ab und zu hören wir es im Gebüsch knacken, aber die Verursacher der Geräusche bleiben uns verborgen. Die Anzahl der Tiere, die wir sehen, hält sich in Grenzen, aber wir sind froh, dass wir uns nach den langen Stunden im Flugzeug endlich mal wieder zu Fuß bewegen können und wir sind uns sicher, dass wir ab morgen genug wilde Tiere zu sehen bekommen werden.
Am Nachmittag entspannen wir uns am Pool und schauen den wuseligen Baumhörnchen zu, dann wird es auch schon bald dunkel und wir laufen zum Haupthaus um unser Dinner einzunehmen. Da wir die einzigen Gäste sind, setzt sich Katie zu uns und wir plaudern noch ein wenig über Gott und die Welt. Wir sitzen bei angenehmen Temperaturen auf der offenen Terrasse, über uns breitet sich der afrikanische Sternenhimmel aus und am Rand der Terrasse können wir eine der scheuen Ginsterkatzen beobachten, die sich an ein Stück Fleisch heranpirscht, das Katie für sie ausgelegt hat. Dann gehen wir ins Bett, denn am nächsten Morgen müssen wir bereits um 07:30 Uhr am Flughafen von Maun sein. Die Nacht ist erfüllt mit Tierstimmen, meine „speziellen Freunde“, die Francolins (hühnerartige Vögel) haben sich in der Nähe unserer Unterkunft versammelt und kommunizieren fast ununterbrochen. Ihr „teck, teck, teck“ klingt mir die ganze Nacht in den Ohren. Wir können also nicht besonders gut schlafen, sind aber trotzdem froh, endlich wieder in unserer „zweiten Heimat“ Afrika zu sein. Um kurz nach 06:00 Uhr stehen wir am nächsten Morgen wieder auf und packen unsere Sachen zusammen. Nach dem Frühstück wartet bereits ein Fahrer auf uns. Wir verabschieden uns von Katie und los geht es zum Flughafen. Es ist zwar noch ziemlich kühl, aber wir genießen die Fahrt im offenen Safarijeep trotzdem. Wir winken den Leuten am Straßenrand zu und viele lachen und winken zurück.
Am Flughafen angekommen werden wir bereits von Mitarbeitern aus Carinas Reiseagentur empfangen. Einer unserer Seesäcke wird in ihrem Büro deponiert, denn in der kleinen Cessna ist das Gewicht unseres Gepäcks auf insgesamt 16 Kilo inklusive Handgepäck limitiert. Wir gehen hoch ins Büro der Moremi Air, bald erscheint unser Pilot. Nachdem wir uns kurz vorgestellt haben, gehen wir wieder hinunter, dann durch die Gepäckkontrolle und schon sind wir auf dem Flugfeld und laufen zu unserer Maschine.



Die Cessna bietet Platz für vier Personen, wobei die beiden Pilotensitze schon eingerechnet sind. Ruth belegt die hintere Sitzreihe und ich darf wieder auf meinen Lieblingsplatz, nämlich direkt neben den Piloten. Hier ist es ist nicht wirklich bequem für mich, denn ich muss aufpassen, dass ich mit meinen Knien nicht den Steuerknüppel einklemme oder mit meinen Füßen unbeabsichtigt die Ruderpedale bediene. Ich sitze aber trotzdem gerne hier vorne, denn dieser Platz garantiert mir die beste Aussicht und ich kann dem Piloten (diesmal ist es ein australischer Buschpilot, der in Botswana angeheuert wurde) auf die Finger schauen.



Der Innenraum der Maschine ist nicht mehr im allerneuesten Zustand, beispielsweise hängt die Cockpitverkleidung an einigen Stellen lose herunter, doch ich bin trotzdem guter Hoffnung, dass wir den Flug unbeschadet überstehen, denn zumindest die Inspektionsplakette zeigt ein aktuelles Datum. Um Punkt 08:00 Uhr rollen wir zur Startbahn, der Pilot beschleunigt und nach wenigen Metern schweben wir bereits in der Luft. Das Flugzeug kippt leicht nach rechts und die Schnauze zeigt kurz darauf direkt nach Süden, den wir fliegen in das Central Kalahari Game Reserve, kurz CKGR genannt.
Das Reservat erstreckt sich auf einer Fläche von circa 53.000 km² und ist damit das zweitgrößte Tierreservat der Welt. Das Bundesland Hessen, in dem ich wohne, ist noch nicht einmal halb so groß wie das CKGR. Der zumeist sandige Park ist überwiegend flach und bedeckt mit Büschen, Gras, Sanddünen und großen Bäumen. Man findet viele Pflanzenfresser auf den grasbewachsenen Ebenen, allerdings scheint das Gras im Park keinen hohen Nährwert zu besitzen, den Elefanten sind hier Mangelware. Doch so, wie wir es schon in Namibia beobachtet haben, präsentiert sich auch die Kalahari diesmal in ungewohntem, sattem Grün.
Bei unserem Abflug in Maun war der Himmel noch makellos blau, jetzt liegen dichte graue Wolken auf unserem Weg und etwas entfernt kann ich heftige Regenschauer beobachten. Der Pilot bemüht sich, die dunkelsten Wolken zu umfliegen, aber das gelingt ihm nicht immer. Deshalb fängt das kleine Flugzeug hin und wieder an zu hüpfen und zu schaukeln. Jetzt erweist sich Ruths neue Wunderwaffe, die zwei Kupferarmbänder, als äußerst hilfreich, denn sie kann immer noch lachen und zeigt mit dem Daumen nach oben.

Tau Pan

Nach 90 Minuten Flugzeit entdecke ich eine Sandpiste. Der Pilot hat sein Ziel also gefunden und drückt die Nase des Flugzeugs nach unten. Wir fliegen einmal in niedriger Höhe über die Piste um ein paar Springböcke zu verscheuchen, dann setzen wir zur Landung an. Am Rand der Piste wartet bereits ein Jeep auf uns. Das Flugzeug hält an, der Pilot stellt den Motor ab und wir steigen aus. Hier ist es um einiges kühler als in Maun; das ist aber auch nicht verwunderlich, wenn man sich die dicken Regenwolken betrachtet. Unsere Begleiter für die nächsten fünf Tage stellen sich vor: Da ist einmal Balepi, der Fahrer, und dann Scooper, der Tracker (Spurenleser). Mit diesen beiden werden wir die Tierwelt der Kalahari entdecken. Während unser Gepäck im Jeep verstaut wird, rollt die Cessna bereits in die Startposition und kurze Zeit später steigt sie schon wieder in den bleigrauen Himmel.
Wir betrachten unser Fahrzeug, es ist brandneu und der olivfarbene Lack glänzt noch.



Wir fahren langsam am sandigen Landestreifen entlang, denn unsere Begleiter haben kurz vor unserer Ankunft einen Gepard entdeckt. Und tatsächlich: Nach ein paar Metern erhebt die „Rennkatze“ sich aus dem Gras, schaut uns misstrauisch an und wandert in sicherem Abstand zu uns quer über die Rollbahn. Wir sind glücklich, dass unser Kalahari-Ausflug gleich mit der Sichtung von Ruths Lieblingskatzenart beginnt. Wir verlassen die Rollbahn und fahren auf der Sandpiste Richtung Lodge. Links und rechts des Weges sichten wir die ersten Tiere: Ein Buschbock schaut uns interessiert an, das Tier ist im dichten Buschwerk gut versteckt. Jetzt hat es seine überdimensional großen Ohren in unsere Richtung gedreht, damit ihm ja kein verdächtiges Geräusch entgeht. Ein Schakal läuft durch das Gras. Immer wieder hält er an und schnüffelt nach interessanten Spuren. Wir erreichen die Tau Pan, eine flache, offene Graspfanne. Hier weiden zahlreiche Oryx-Antilopen, auch Spießböcke genannt. Ihre geraden Hörner sind extrem lang und an den Enden nadelspitz. Würden sie den Kopf ganz nach oben heben, dann könnten sie sich ohne Mühe mit den Hörnern das Hinterteil kratzen.



In der Nähe der Oryx grast eine große Herde Springböcke, dahinter kann man einige Strauße erkennen. Für die Tiere ist die offene Graslandschaft ideal, denn hier kann sich keine Katze anschleichen. Allerdings ist das Gebiet natürlich auch für Geparde vorzüglich geeignet, denn diese Katzen benötigen ja offenes Land um Ihre extreme Geschwindigkeit von bis zu 110 km /h ausspielen zu können.



Wir verlassen die Pfanne und können auf einem Sandhügel die Tau Pan Lodge erspähen. Diese Lodge wurde erst zwei Wochen vor unserer Ankunft fertig gestellt und ist die erste Unterkunft ihrer Art, die im CKGR gebaut werden durfte. Sie liegt im Herzen des Reservates, weit weg von jeglicher Zivilisation. Alles was hier für das tägliche Leben benötigt wird muss entweder per Allradfahrzeug oder per Flugzeug herangeschafft werden. Wir fahren den Hügel hoch und kurze Zeit später erreichen wir die Lodge. Während unser Gepäck ausgeladen wird, begrüßen uns der Manager und seine Frau mit einem kühlen Saft und wir gehen ins Hauptgebäude. Zum Schutz gegen Sonne und Regen hat es ein tief gezogenes Dach aus Reet. An der Frontseite hat man auf eine Wand verzichtet und man blickt über die Tau Pan und die scheinbar unendliche Weite der Kalahari bis zum Horizont. Wir gehen hinaus auf die hölzerne Aussichtsplattform und bewundern den Ausblick. Rechts neben der Plattform sehen wir einen kleinen Pool mit Liegestühlen. Ein Stück weiter befinden sich vier der acht Chalets, die restlichen Unterkünfte sind auf der linken Seite gebaut. Im überdachten Bereich steht ein langer Tisch an dem 20 Personen sitzen können, daneben gibt es bequeme Sofas und Sessel. Am Rand ist eine Bar mit Kühlschrank installiert. Da wir Vollpension gebucht haben, wissen wir, dass der Kühlschrank immer prall gefüllt mit verschiedenen Getränken sein wird.



Nachdem wir unseren kleinen Rundgang beendet und noch ein paar nützliche Informationen erhalten haben, werden wir zu unserem Chalet begleitet. Das Gepäck ist bereits da und wir können uns ans Auspacken machen. Das Haus ist geräumig, den Mittelpunkt bildet ein breites, bequemes Bett mit Moskitonetz. Daneben stehen zwei große Ledersessel und ein kleiner Schreibtisch. Alles riecht noch intensiv nach frischem Holz und wirkt völlig unbenutzt. Im Sanitärbereich gibt es zwei Waschbecken, außerdem haben wir eine Innendusche und eine Außendusche, so können wir uns – je nach Temperatur – aussuchen wo wir duschen wollen. Wie beim Hauptgebäude ist das Dach des Chalets tief hinunter gezogen, so ist man bestens vor der tropischen Sonne geschützt. Schnell merken wir, dass es ratsam ist das mit Fliegengitter bespannte Schiebeelement der Terrassentür immer schön geschlossen zu halten, denn es summt und brummt hier in der Kalahari. Auf unserer Terrasse sitzen zahlreiche Gottesanbeterinnen und warten auf unvorsichtige Opfer. Diese Insekten sind etwas größer als Heuschrecken und haben verschiedene Farbschattierungen zwischen Braun und Froschgrün.



Wir gehen hinaus auf die hölzerne Plattform; auch hier überblicken wir die Kalahari bis zum Horizont. Allerdings hatten wir – wie bereits erwähnt – eine andere Landschaft erwartet. Statt einer braun gefärbten, trockenen Ebene sehen wir goldgelbes Gras mit vielen grünen Büschen.
Eine halbe Stunde später laufen wir wieder zum Haupthaus, denn mein Magen knurrt und ich freue mich auf das Mittagessen. Die beiden Manager setzen sich zu uns, wir essen, plaudern mit ihnen und ziehen uns nach der Mahlzeit mit einem Glas kühlen südafrikanischen Weißwein auf die Terrasse unseres Chalets zurück. Hier legen wir uns auf die brandneuen, mit weißem Segeltuch bespannten Liegestühle und genießen die Ruhe und den Ausblick. Außer ein paar zwitschernden Vögeln gibt es keinerlei Geräusche. Inzwischen haben sich die Wolken verzogen und die Sonne brennt in der gewohnten Stärke vom blauen afrikanischen Himmel.



Gegen 16:00 Uhr werden wir zur Pirsch abgeholt. Jetzt wird es langsam etwas kühler und die Tiere werden aktiver. Außer uns sind keine anderen Gäste da, deshalb sind nur wir mit unseren zwei Begleitern unterwegs. Das hat natürlich den großen Vorteil, dass wir ganz alleine bestimmen können wo und wie lange wir anhalten wollen. Auf den Ästen am Wegesrand sitzen viele verschiedene Vögel, auch Ruths Lieblingsvogel, die Gabelracke (Lilac Brested Roller), mit ihrem auffällig bunten Gefieder darf natürlich nicht fehlen. Wir treffen auf eine Gruppe Oryx, die uns interessiert beobachten. Wir bemerken, dass die Tiere hier scheuer sind als in anderen Wildreservaten. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass sich die Safarigäste auf ein extrem großes Gebiet verteilen. So begegnen die Tiere viel seltener einem Fahrzeug und sind deshalb vorsichtiger. Und weiter geht es. Ruth und ich sind fasziniert von der Landschaft; allein dafür lohnt sich schon eine Erkundung dieser Gegend.



Wir entfernen uns von der Tau Pan. Jetzt sind auch wieder Regenwolken aufgezogen; unserem Fahrer Balepi gelingt es jedoch immer wieder, dem Regen auszuweichen. Als die Sonne nahe am Horizont steht, halten wir an. Wir steigen aus, unsere beiden Begleiter stellen einen Tisch auf und holen verschiedene Getränke und kleine Snacks aus der Kühlbox. Wir lassen uns einen Weißwein einschenken und schauen zum Horizont. Der verfärbt sich langsam, die Wolken leuchten erst gelb, dann orange und rot, hier und da sehen wir schwarze Regenschleier, die bis zur Erde reichen. Wie immer versinkt die tropische Sonne sehr schnell und die Nacht bricht unvermittelt herein. Balepi und Scooper haben alles wieder im Jeep verstaut und wir fahren zurück zur Lodge. Plötzlich taucht eine Gruppe Löwen auf, sie befindet sich vor uns auf der Piste. Die Katzen sind ziemlich unruhig und spähen nach links und rechts ohne sich um uns zu kümmern, wahrscheinlich sind sie auf der Jagd. Balepi erzählt uns eine Anekdote, die er mit anderen Gästen erlebt hat. Damals hatten sie bei einbrechender Dämmerung für einen Sundowner in der Nähe von Löwen angehalten. Da es schnell gehen sollte bat Balepi einen Gast nach hinten Ausschau zu halten, ob sich auch keine der Katzen in der Nähe befindet. Der Gast konnte nichts entdecken, deshalb sprangen Scooper und Balepi heraus und gingen ans hintere Ende des Jeeps um noch Getränke für die Gäste aus der Box zu holen. Leider hatte der Gast im Jeep einen Löwen übersehen. Der lag unter einem Busch und hatte sich jetzt erhoben um die beiden Menschen, die es wagten in seiner Nähe aus dem Auto zu springen, zu begutachten. Wenn man erst einmal dicht an einem Löwen ist, sollte man sich auf keinen Fall schnell bewegen um nicht den Jagdinstinkt der Katze zu wecken. Also gingen die beiden Jungs ganz langsam und gemütlich wieder zu den Fahrersitzen um in das Fahrzeug einzusteigen. Das Problem ist natürlich, dass man seinem Körper befehlen muss, sich langsam zu bewegen, obwohl man eigentlich nur einen Gedanken hat: weg vom Löwen – und zwar so schnell wie möglich! Das könnte in so einem Fall durchaus der letzte Gedanke sein, der einem durch den Kopf geht. Seit diesem Tag verlassen sich unsere beiden Begleiter nicht mehr auf die „Beobachtungskünste“ von Safarigästen.
Die Löwengruppe, die sich vor uns auf dem Weg befindet, ändert plötzlich die Richtung und ist schnell von der Dunkelheit verschluckt. Wir fahren weiter und erreichen bald darauf die Lodge. Dann begleitet man uns zur Unterkunft und wir vereinbaren, dass man uns eine halbe Stunde später wieder zum Abendessen abholt, denn auch hier gilt die Regel: Gehe nicht allein durch die Dunkelheit, du weißt nie, wem du begegnest. Das kann eine Schlange sein, das könnte aber auch ein Löwe sein … Um kurz nach 21:00 Uhr haben wir gut gegessen, dazu einen guten Wein getrunken und werden langsam müde. Also begleitet uns Balepi zum Chalet. Wir sitzen noch eine kleine Weile auf der Terrasse, schauen auf die zahllosen Sterne am Himmel und seufzen zufrieden. Ja, genauso lieben wir Afrika, immer und immer wieder.



Die Nacht ist ruhig und kühl, perfekte Verhältnisse für einen erholsamen Schlaf. Um 05:00 Uhr werden wir geweckt, dann geht es zum kleinen Frühstück mit Kaffee und Muffins (Gebäck) am Lagerfeuer, und schon holt uns Balepi ab zur Morgenpirsch. Am Jeep werden wir bereits von Scooper erwartet. Nachdem wir uns ja gestern schon etwas besser kennen gelernt haben, begrüßen wir uns mit Handschlag; dabei legt Scooper seine linke Hand auf den rechten Ellenbogen, bevor er uns die rechte Hand gibt. Wir erfahren, dass dies ein Zeichen des Respekts bedeutet, und fühlen uns geehrt. Ich möchte von Scooper wissen was „Guten Tag“ in der Sprache der Khoisan (Buschmänner) heißt. Er sagt es mir auch, ich bin froh, dass kein Klicklaut darin vorkommt, und versuche es auszusprechen, aber an seinem Kichern merke ich, dass ich garantiert nicht als San durchgehe. Das hält mich allerdings nicht davon ab, immer wieder zu üben. Wir besteigen den Jeep und fahren den Hügel hinunter Richtung Tau Pan. Es ist noch sehr kalt und wir wickeln uns in eine Decke ein. Überall am Wegrand sitzen schon die Vögel in den Ästen und schauen uns neugierig an. Wir stellen fest, dass die Gabelracken und auch die Tokos (Nashornvögel) in dieser Gegend etwa so häufig vorkommen, wie bei uns zuhause die Amseln. Am Rand der Tau Pan angekommen können wir eine große Herde von Springböcken beobachten. In der morgendlichen Kühle sind sie noch sehr aktiv, die Böcke tragen ihre Kämpfe aus um zu ermitteln, wer sich mit den Weibchen paaren darf.





Die Jüngeren kämpfen noch spielerisch, dabei machen sie schon ziemlich weite Sätze. Die Bezeichnung „Springbock“ tragen sie zu Recht. Plötzlich stoppt Balepi. Nur ein kleines Stück entfernt liegt ein noch müder Schakal im Gras. Er hat sich zusammengerollt wie eine Katze und schaut uns verschlafen an.



Es scheint ihm nicht zu gefallen so früh am morgen schon von Touristen gestört zu werden. Wir fahren weiter und treffen auf eine Herde Oryx. Da wir uns in einem staatlichen Tierreservat befinden, müssen wir immer auf den Wegen bleiben. Somit brauchen sich die Tiere nur ein Stück von der Piste zu entfernen und schon haben sie ihre Ruhe vor uns. Das ist für mich als Fotograf zwar schade, aber natürlich halten wir uns an die Parkregeln. So sehen wir zwar in einiger Entfernung auch eine Gruppe Strauße, wir können aber leider nicht näher heran, da die Piste in eine andere Richtung führt. Ein Stück weiter halten wir an einem kleinen Akazienwald. Hier befindet sich eine Herde Gnus, manche grasen noch, andere haben sich bereits in den Schatten verzogen, denn um 07:30 Uhr ist es tatsächlich schon angenehm warm.



Wir verlassen die Tau Pan und fahren in die Nähe der Landepiste. Wir halten an, steigen aus und wandern im Gänsemarsch durch das hüfthohe Gras. Scooper führt die Gruppe an und achtet darauf, dass wir von keiner Schlange überrascht werden. Während der Wanderung erzählen Balepi und Scooper uns eine Menge über die Lebensweise der San. Besonders Ruth ist sehr interessiert an der Beschreibung der essbaren Wurzeln und Früchte. Manches davon kennt man auch bei uns in Europa (z.B. die Teufelskralle). Immer wieder halten wir an und die beiden demonstrieren uns, wie man Knollen ausgräbt um an Wasser zu gelangen. Sie erklären uns nicht nur essbare Pflanzen sondern auch Heilpflanzen. Sogar pflanzliche Seife und pflanzliches Toilettenpapier können wir finden. Wir stimmen den beiden zu wenn sie sagen: „Der Busch ist ein Supermarkt, man muss nur wissen wo man die Sachen findet.“ Das ist für die Buschleute / San natürlich kein Problem denn sie hatten ja auch mehr als 10.000 Jahre Zeit, ihren „Supermarkt“ zu erforschen.



Zum Schluss zeigt uns Scooper noch wie man – nur mit Pflanzenteilen – eine Falle für Perlhühner baut. Es ist schon toll, wie wenig Materialien man benötigt, wenn man sachkundige Lehrer hat! Die Zeit ist während unseres Kurses schnell verstrichen und wir fahren wieder zur Lodge zurück um unser Frühstück einzunehmen. Danach ziehen wir uns in unser Chalet zurück um in Ruhe zu duschen und etwas zu entspannen.
Gegen 16:00 Uhr geht es wieder hinaus in den Busch. Balepi muss plötzlich hart auf die Bremsen gehen, denn er hat gerade eine junge Leoparden-Schildkröte entdeckt, die vor unserem Auto die Piste überqueren will. Er steigt aus und zeigt uns das Tier. Es hat ungefähr die Größe seiner Handfläche und ist schön gemustert.



Wir fahren weiter und schrecken einen Trupp Perlhühner mit Nachwuchs auf.



Anstatt einfach nach rechts oder links ins Gras auszuweichen rennen und flattern sie eine Weile vor unserem Wagen her. Dabei sind die Kleinen erstaunlich flink. Irgendwann wird es ihnen zu dumm und sie verschwinden doch im hohen Gras. Wir halten an einem Platz, der mit Bäumen und Büschen bewachsen ist. Sofort erscheint der Kopf eines Buschböckchens, das uns misstrauisch beäugt. Ein Stück weiter erreichen wir eine freie Fläche, auf der zahlreiche Springböcke und Oryx grasen. Langsam nähert sich die Sonne dem Horizont; es wird Zeit einen Stopp einzulegen. Schnell wird wieder ein Tisch aufgebaut und wir werden mit Häppchen und Getränken verwöhnt, während die untergehende Sonne die weidenden Tiere in ein rotgoldenes Licht taucht. Dann wird es auch schon dunkel und wir treten den Rückweg zur Lodge an.



Beim Abendessen treffen wir auf neue Gäste. Es handelt sich um eine Reiseveranstalterin mit Begleitung. Sie kommen vom Kwara Camp im Okavango Delta (unsere nächste Station) und erzählen von einem tollen Erlebnis auf Pirsch. Während sie durch den Busch fuhren um Löwen aufzuspüren, erreichten sie eine Ebene, auf der Impala- Antilopen grasten. In diesem Moment konnten sie beobachten, wie ein Gepard die Impalas überraschte und eine der Antilopen erlegte. Bevor die Raubkatze jedoch mit ihrer Mahlzeit beginnen konnte, tauchte ein Trupp Wildhunde auf. Sie verjagten den Gepard und machten sich nun ihrerseits über die Beute her. Bei solchen Geschichten werde ich sofort hellhörig denn ich hatte bisher noch nie Wildhunde vor das Objektiv bekommen. Vielleicht klappt es ja dieses Mal!
Heute steht uns ein langer Tag bevor, denn es geht ins Deception Valley, für Kenner des CKGR ein interessanter Platz, an dem man zahlreiche Tiere beobachten kann. Hier gab es vor Urzeiten einen Fluss, der irgendwann austrocknete. Jetzt ist es eine grasbewachsene Ebene mit vielen Bauminseln, die den Grasfressern in der Mittagshitze Schutz bieten. Weil die Gegend attraktiv für Weidetiere ist, bekommt man auch oft deren Jäger, also die Raubkatzen, zu Gesicht. Gegen 06:30 Uhr sitzen wir im Jeep und es geht hinaus in den Busch. Die Sonne lugt gerade über den Horizont hervor und erhellt die Szenerie. Heute früh befindet sich keine Wolke am Himmel, es wird wohl sehr heiß werden. Die Oryx am Wegesrand scheinen noch etwas steif von der morgendlichen Kälte zu sein, denn sie bewegen sich kaum, schauen uns nur gelangweilt an. Ein Schakal ist unterwegs und lugt in jedes Erdloch, ob sich das passende Frühstück darin verbirgt.



Auch die meisten Erdhörnchen sind noch in ihrem Bau, zwei von ihnen scheinen aber besonders hungrig zu sein und wuseln durch die Gegend. In einiger Entfernung erkennen wir zahlreiche Strauße, es sind bestimmt mehr als vierzig. Soweit wir das erkennen können ist nur ein Hahn in der Gruppe – wie bitte hält er bloß vierzig Damen bei Laune?



So bewegen wir uns langsam auf der holperigen Piste vorwärts. Gegen 09:30 Uhr halten wir an und es gibt einen Kaffee und ein paar Häppchen. Uns fällt auf, dass sich unsere beiden Begleiter immer erst die Hände waschen bevor sie unsere Häppchen anrichten. Auch uns wird jedes Mal Wasser zum Händewaschen angeboten.
Um uns herum ist es absolut ruhig, man kann nur ab und zu das Zirpen und Zwitschern einiger Vögel hören. Wir fahren weiter und stoppen etwas später vor einem Erdhörnchenbau. In der Zwischenzeit ist es angenehm warm geworden und die Tiere haben sich alle außerhalb ihrer Höhle versammelt. Hier suchen sie nach Futter oder balgen sich herum. Sie sind putzig anzusehen und man kann hier einige Zeit verbringen, ohne dass es einem langweilig wird. Trotzdem fahren wir weiter, denn wir haben noch einige Kilometer abzuspulen. Vor uns, in ziemlich großer Entfernung, steht eine mächtige Akazie. Scooper streckt den Arm aus und deutet genau in diese Richtung. „Da sind zwei Geparde“ sagt er. Wir zücken das Fernglas, erkennen aber trotzdem nichts. Plötzlich sieht man die Spitzen von zwei Ohren, dann sehen wir zwei Köpfe. Jetzt wo uns Scooper darauf aufmerksam gemacht hat, können wir die Tiere erahnen. Sie blicken gespannt in unsere Richtung, machen aber keinerlei Anstalten sich vielleicht zu nähern. Aber warum sollten sie auch? Langsam wird es heiß und im Schatten der Akazie ist es garantiert besser auszuhalten als in der gleißenden Sonne. Wir setzen uns wieder in Bewegung, allerdings halten wir noch einmal vor einem Erdhörnchenbau an. Was mir bei den Männchen auffällt: Die Tiere sind extrem gut bestückt und könnten sich – rein theoretisch – auf ihre Hoden setzen und diese quasi als Hocker benutzen. Einen Campingstuhl für unterwegs brauchen sie jedenfalls nicht.



Wir fahren weiter und nähern uns wieder einer Akazie, diesmal dicht am Weg. Scooper sagt etwas zu Balepi, der hält sofort an und unser Spurenleser krabbelt von seinem Außensitz über die Motorhaube auf den Beifahrersitz. Wir schauen gespannt zur Akazie und dann sehen wir wieder zwei Ohrenpaare, diesmal können wir aber sehr schnell erkennen, dass es sich um Löwen handelt. Neugierig recken sie ihre Köpfe um uns besser sehen zu können. Jetzt erhebt sich einer der beiden und kommt ein Stück auf uns zu. Man sieht ihm an, dass ihm unser Fahrzeug nicht ganz geheuer ist, so oft scheint er noch keine Jeeps gesehen zu haben. Dann stellt er sich genau auf die Piste. Immer wenn wir uns leise unterhalten duckt er sich und schaut misstrauisch in unserer Richtung. Ruth findet diesen Löwen toll, denn sein Fell glänzt golden in der Sonne und er scheint keinerlei Schrammen oder Narben zu haben: Meine Frau findet, er sieht richtig „neu“ aus. Man kann noch nicht mal Zecken oder ähnliche Quälgeister an ihm erkennen. Tatsächlich sind beide Löwen noch relativ jung, haben vermutlich noch keine gefährlichen Jagden hinter sich gebracht und mussten auch noch keine Revierkämpfe mit anderen Löwen austragen. Der Löwe verliert das Interesse an uns und geht ein Stück ins Gras. Sobald Balepi jedoch den Motor startet und wir langsam auf ihn zu fahren, duckt er sich ins Gras und schaut uns durchdringend an. So gelingt es mir, einige schöne Löwenportraits zu machen.







Wir fahren weiter auf der Sandpiste. Immer wieder säumen Springböcke und Oryx-Antilopen unseren Weg. Etwas weiter entfernt taucht eine Herde rötlich glänzender Kuhantilopen auf, dann rennt ein Trupp Strauße vor uns davon. Wir können sie mit unseren Augen verfolgen, wie sie mit hoher Geschwindigkeit über die weite Grasfläche rennen und rennen und rennen…
Gegen 13:00 Uhr haben wir die Stelle für unser Mittagspicknick erreicht. Es ist ein Campingplatz im Deception Valley, allerdings sind wir heute die einzigen Gäste. Wir können aussteigen und ich schaue mich um. Auf dem Platz stehen einige große Akazien, so kann jeder Camper sein Fahrzeug oder sein Zelt im Schatten platzieren. Am Rand des Platzes, versteckt hinter Büschen und mit einem hölzernen Sichtschutz versehen gibt es eine Toilette, allerdings muss man schon einiges gewöhnt sein um sie zu benutzen. Wenn man den Deckel öffnet, scheucht man geschätzte eintausend Fliegen auf und es summt und brummt, dass es eine Pracht ist. Ruth und ich entscheiden uns für einen Platz hinter einem Busch, hier sind auf jeden Fall weniger Fliegen und Krabbeltiere. Selbstverständlich gibt es auf diesem Campingplatz keine Zäune oder Absperrungen. Gerade in der Nacht kann man also nie wissen, wem man vielleicht bei einem Gang auf die Toilette begegnen wird. Unsere Begleiter haben den Tisch aufgebaut und unser Mittagessen ausgebreitet, allerdings heißt es auch hier: Pass genau auf, dass du beim Abbeißen nicht aus Versehen einige Fliegen verschluckst, denn die haben natürlich sofort mitbekommen, dass wir da sind und freuen sich über jede Abwechslung im Speiseplan. Während unserer Mahlzeit unterhalten wir uns mit unseren Begleitern und erfahren von Balepi etwas Interessantes. Balepi behauptet, dass Japaner und Khoi San eine Menge Wörter haben, die gleich ausgesprochen werden. Allerdings wäre die Bedeutung dieser Wörter völlig unterschiedlich. So könnten Japaner und Khoisan zwar miteinander reden, leider würde aber trotzdem keiner den anderen verstehen. Scooper steht dabei und nickt grinsend. Schade, ich wäre gerne einmal bei so einer Unterhaltung dabei! Während wir im Schatten der Bäume stehen, sehe ich, wie eine Zecke herunterfällt und es sich auf Scoopers Schulter bequem macht. Schnell kann ich das Tierchen weg schnicken und mir wird bewusst, dass die Bäume zwar Schatten bieten, man dafür aber unter Umständen „einen Blutpreis bezahlen“ muss. Also heißt es: Schön den Hut aufbehalten und immer aufmerksam die Kleidung absuchen.
Wir haben unser Picknick beendet, packen wieder alles ein und fahren weiter. Plötzlich werden wir von einem Hindernis mitten auf der Piste aufgehalten. Es handelt sich um eine Schildkröte in stattlicher Größe. Sie hat es aber nicht eilig und so kann ich aussteigen und ein paar Nahaufnahmen machen ohne mich wirklich in Gefahr zu begeben. Das sind die echten Erfolgserlebnisse! Und weiter geht es. Springböcke, Oryx, Strauße, Kuhantilopen; wir fahren und fahren auf der Rüttelpiste.



Ich kann erkennen, dass meine Frau so langsam keine Lust mehr auf das Geholpere hat, es ist ja auch verständlich, schließlich sind wir jetzt seit neun Stunden unterwegs. Wir halten an. Neben der Piste sitzen viele Schmetterlinge auf der Erde, es ist eine Symphonie aus gelb und weiß. Hier hat es vor kurzem geregnet. In der Fahrspur hat sich eine Pfütze gebildet, genau darin sitzt eine Kröte. Wir müssen die Spur verlassen um sie nicht zu überfahren. Ein Stück weiter stakst ein Sekretär auf der Suche nach Schlangen oder Eidechsen durchs Gras. Die Piste führt immer geradeaus. In einiger Entfernung können wir ein Fahrzeug sehen, das sich uns nähert. Als wir aufeinander treffen weichen beide Jeeps an den Pistenrand aus und bleiben stehen. Während unserer heutigen Tour haben wir drei oder vier Fahrzeuge gesehen, da wird natürlich bei jedem Treffen ein kurzes Schwätzchen gehalten: „Wo kommst Du her? Hast Du etwas Interessantes gesehen?“ In dem Safarifahrzeug gegenüber sitzt ein Touristenpaar mit einem schwarzen Begleiter im Ranger-Outfit. Plötzlich spricht der Mann mich an: „Hey, I know you! (Ich kenne Dich doch!) Wir haben uns schon mal in der Garden Lodge getroffen!“ Ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Er war als Praktikant bei Gabi und Phil tätig und wollte später als Fahrer Touristen durch den Chobe-Nationalpark fahren. Wir unterhielten uns während der üblichen „Mittagssiesta“ über Botswana, Gott und die Welt. Ich kann mich noch sehr genau erinnern, dass wir einen „guten Draht“ zueinander hatten. Allerdings kam er – genau am Tag unserer Abreise – zu spät zur Arbeit. Er hatte sich vorher noch ein paar andere Eskapaden geleistet und wurde deshalb von Gabi auf der Stelle gefeuert. Nun sieht er mich an und sagt fast trotzig: „Und ich habe es doch geschafft, ich bin bei einer Lodge fest angestellt.“ Ich lächele ihn an und sage: „Ja, toll dass Du es geschafft hast, Gratulation!“ Er lächelt sichtlich stolz zurück, und ich realisiere, wie klein die Welt doch ist. Erst hatten wir am Anfang unserer Reise Katie getroffen, jetzt – mitten in der großen Unendlichkeit der Kalahari – haben wir unser nächstes Treffen mit einem alten Bekannten – einfach unglaublich! Weiter geht unsere Fahrt, wir haben inzwischen circa 250 km auf Sandpisten zurückgelegt, sind seit zehn Stunden unterwegs und erreichen eine Weggabelung. Balepi hält an und fragt: „Wollen wir zurück zur Lodge oder noch einen Umweg fahren?“ Bevor ich antworten kann, sagt Ruth in einem etwas schärferen Ton: „Wir wollen zurück zur Lodge, ich mag nicht mehr!“ Ich möchte ihr nicht widersprechen, denn so langsam werde ich auch etwas müde – obwohl – vielleicht verpassen wir etwas hinter der nächsten Hügelkuppe? Ich halte meinen Mund und wir biegen ab Richtung Tau Pan.

(Anmerkung des Autors: Die folgende Situation hatte ich bereits als kurze Geschichte „Sehen und gesehen werden“ mit Fotos ins Forum gestellt.)

Das goldgelbe Gras links und rechts der schmalen Sandpiste ist schon recht hoch und behindert die Sicht. Scooper ist gerade abgelenkt und unterhält sich mit Balepi. Während sich die beiden irgendeine lustige Geschichte erzählen, entdeckt Ruth einen Löwenkopf, der aus dem hohen Gras hervorlugt. Das Tier schaut sich sehr interessiert unser Fahrzeug an. Wir kommen langsam näher, da erscheint noch ein zweiter Kopf. Ruth ruft unseren Begleitern warnend: „Achtung, Löwen!“ zu. In diesem Moment steht die erste Katze auch schon auf und kommt zur Sandpiste.



Balepi stoppt den Jeep abrupt und legt den Rückwärtsgang ein. Lachend erklärt er: „Da vorne neben der Motorhaube, das ist jetzt kein guter Platz für Scooper, die Löwen sehen hungrig aus!“. Wir fahren rückwärts um eine Biegung und Scooper krabbelt über die Haube auf den Beifahrersitz. Dann bewegen wir uns wieder vorwärts direkt auf die Tiere zu. Inzwischen sind noch zwei Löwen erschienen, die Gruppe besteht also vier Raubkatzen. Die zwei Löwen, die uns zuerst entdeckt haben, kommen immer näher. Wir können die Gedanken der Tiere förmlich spüren: „Das gibt´s doch nicht, eben war etwas an dem Wagen, das hat doch ausgesehen wie Beute!“. Während eine Katze direkt an Ruths Seite am Jeep entlang schleicht und uns eindringlich mustert, hat Balepi den Motor ausgemacht und kommentiert mit dramatisch klingender Stimme das Geschehen: „… und die Löwen kommen immer näher. Sie haben mächtigen Hunger und wollen Scooper zum Abendessen. Wo ist Scooper plötzlich? Eben haben sie ihn noch deutlich gesehen. Er muss doch irgendwo hier sein!“ Ruth mag dem Löwen direkt neben ihr nicht mehr in die Augen schauen und legt sich quer über meine Knie. „Balepi, du bist verrückt, sei jetzt endlich still!“, zischt sie unserem Fahrer zu. Der kichert nur vor sich hin und hört natürlich nicht auf, mit dramatischer Stimme zu reden. Scooper grinst nur breit und die Löwen teilen sich auf. Zwei beziehen ihre Position hinter dem Jeep, zwei bleiben vor uns; die Piste ist also blockiert. Und immer wieder erkennen wir das große Fragezeichen in den Augen der Raubkatzen: „Wo ist unsere Beute plötzlich hin?“. Obwohl ich damit beschäftigt bin ein paar schöne Schnappschüsse zu machen, regt sich in meinem Hinterkopf ein ungutes Gefühl. Es ist klar, die Löwen haben genau gesehen, dass etwas an unserem Autos sein muss, das vielleicht fressbar ist. Trotzdem kommen sie nicht auf die Idee, in unseren Jeep hinein zu springen und sich die ganze Angelegenheit mal von nächster Nähe aus anzusehen; nur warum nicht?
Während ich beginne, mich mit diesem Gedanken intensiver zu beschäftigen, stehen die Löwen plötzlich auf, werfen einen letzten Blick auf unser Fahrzeug und marschieren quer durch das hohe Gras zu einem neuen Ziel. Ruth fragt Balepi: „Was macht dich so sicher, dass die Löwen uns in Ruhe lassen?“ Er antwortet: „Löwen verhalten sich wie alle Katzen. Solange sie nur neugierig um uns herum schleichen, müssen wir uns keine Sorgen machen. Erst wenn sie sich auf den Boden drücken und ihren Schwanz durch die Luft peitschen lassen, dann wird es höchste Zeit, den Platz zu verlassen. Außerdem waren alle vier noch ziemlich jung, die trauen sich noch nicht so viel.“ Vermutlich hat Balepi recht; wir sind auf jeden Fall froh, dass wir nicht die ersten Touristen sind, bei denen es heißt:

AUSNAHMEN BESTÄTIGEN DIE REGEL !





Nach diesem kleinen Abenteuer geht es weiter Richtung Lodge die wir gegen 18:00 Uhr erreichen. Nach 11 ½ Stunden auf der Straße sind wir richtig fertig und wollen nur noch unter die Dusche. Danach fühlen wir uns wieder etwas besser, gehen zum Abendessen und schon kurz darauf liegen wir in unserem Bett. Vermutlich könnten die Löwen heute Nacht direkt neben unserem Bett brüllen, wir werden es nicht hören!
Am nächsten Morgen sind wir wieder bereit für neue Abenteuer. Es ist noch sehr kühl als wir um 06:30 Uhr unseren Jeep besteigen. An der Funkantenne hat sich eine kleine Fledermaus niedergelassen. Sie ist noch total steif von der Kälte der Nacht; Balepi breitet vorsichtig Ihre Flügel aus und zeigt uns das Tier aus der Nähe.



Wir können die spitzen Zähnchen gut erkennen. Dann geht es wieder in die nähere Umgebung. Im goldgelben Licht der aufgehenden Sonne begrüßen uns wieder zahlreiche Oryx, die heute auch in Kampfesstimmung sind und uns ein schönes Turnier vorführen.



Ein Löffelhund kreuzt die Piste. Das Tier erinnert an einen hochbeinigen Fuchs mit großen, trichterförmigen Ohren. Der Löffelhund lebt hauptsächlich von Insekten und kleinen Wirbeltieren. Ein Stück weiter lugt eine Zwergmanguste aus ihrem Bau. Wieder ein Stück weiter spurtet eine junge Giraffe vorbei, bleibt plötzlich stehen und schaut uns fasziniert an. Möchte sie ein Wettrennen mit uns beginnen? Wir sehen einen Vogel mit einem extrem langen Schwanz, der ist circa viermal so lang wie der restliche Vogelkörper. Dazwischen entdecken wir immer wieder Springböcke, Buschböcke, Oryx, Gnus, Kuhantilopen, Erdhörnchen und Strauße. Irgendwann sind wir zur Mittagspause in der Lodge und fahren später wieder hinaus und plötzlich ist auch der Nachmittag schon wieder vorbei. Wir halten an um unseren obligatorischen Sundowner bei feuerroter Sonne zu genießen.





Es ist unglaublich, wie schnell die Tage dahingehen. Zurück in der Lodge müssen wir schon wieder unsere Sachen packen, denn morgen Vormittag verlassen wir die Kalahari um ins Okavango-Delta zu fliegen. Ich bin hin- und her gerissen zwischen dem traurigen Gefühl, die Kalahari wieder zu verlassen und der Neugier, was uns wohl im Delta alles erwarten wird.
Am heutigen Tag geht es noch mal früh hinaus, wieder einmal haben wir einen wolkenlosen, blauen Himmel und müssen uns keine Gedanken über einen unruhigen Rückflug machen. Tatsächlich hatten wir ja nur am Anfang ein paar Regenschauer, aber die wurden von Balepi immer geschickt umfahren, so dass wir nicht ein einziges Mal nass geworden sind. Nach einem ausgiebigen Frühstück in der Lodge holen wir unsere Sachen und verabschieden uns herzlich vom Personal. Besonders mit Hilda haben wir uns angefreundet. Sie ist eine freundliche Botswanerin mit so genannter „traditioneller“ (kompakter) Statur und wir haben uns gegenseitig sofort ins Herz geschlossen. Jetzt umarmen wir uns noch einmal mit dem Versprechen, dass wir uns eines Tages wieder sehen werden. Wir haben zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, dass wir dieses Versprechen tatsächlich ein Jahr später einlösen können. Dann werden wir hinunter zum Landestreifen gefahren. Punkt 11:00 Uhr kommt das kleine Flugzeug. Nach der Verabschiedung von Scooper und Balepi besteigen wir die Cessna und fliegen zurück nach Maun.

Fortsetzung folgt …



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Letzte Änderung: 10 Aug 2011 09:39 von leofant.
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10 Aug 2011 13:38 #199939
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  • Sanne am 10 Aug 2011 13:38
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Oh, das muss jetzt aber doll schnell weitergehen! Dank Deiner schönen Fotos von Tau Pan war es, wie selbst wieder dort zu sein!

Liebe Grüße
Sanne
"Der letzte Beweis von Größe liegt darin, Kritik ohne Groll zu ertragen." Victor Hugo
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