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THEMA: ZIM / BOTS FRÜHJAHR 2010 - Teil 3
18 Nov 2010 19:12 #163030
  • leofant
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  • leofant am 18 Nov 2010 19:12
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Liebe Fomis,
hier kommt Teil 3 unsereres Reiseberichtes
Vielen Dank an Engelstrompete und Silberadler für die tollen
Tipps. Und ein spezieller Gruß an Kathrin :)

Gruß Walter

Three Baobabs Camp

Wir haben Kasane verlassen. Zunächst geht es auf der Teerstraße durch den Chobe Nationalpark Richtung Namibia. Kurz vor Ngoma Bridge, dem Grenzpunkt, biegen wir ab nach Kachikau. Hier wird eine Teerstraße gebaut, überall stehen schwere Baufahrzeuge. Das Fundament der Straße ist auch schon aufgeschüttet, es fehlt nur noch der Teerbelag. Zwischen den Büschen am Straßenrand steht eine Elefantenherde und frisst. Die Tiere scheinen sich an den Baulärm und die neue Betriebsamkeit in diesem Gebiet bereits gewöhnt zu haben, zumindest wirken sie ziemlich entspannt.
Wir fahren weiter auf der „alten“ Schotterstrasse und begutachten die Fortschritte beim Bau der „neuen“ Teerstrasse. Die Trasse führt oft geradeaus, macht aber manchmal einen kleinen Bogen, wenn ein großer Baobab im Weg steht. Es sieht fast so aus, als würde nicht alles gnadenlos platt gewalzt, was den Verlauf der Strasse stören könnte. Nach einer Stunde Fahrt kommen wir an einem großen, eingezäunten Areal vorbei. Hier befinden sich die Unterkünfte der Chinesen, denn – wie viele andere Bauprojekte auch – wird diese neue Straße ausschließlich von Chinesen geplant und mit Hilfe einiger Einheimischer gebaut. Alle Transporter und Baumaschinen kommen aus China und sind auch mit chinesischen Schriftzeichen versehen. Botswana hat einiges an Bodenschätzen zu bieten, deshalb sind die Chinesen stark daran interessiert, enge Geschäftsbeziehungen aufzubauen. Außerdem sind die chinesischen Arbeiter und Ingenieure unschlagbar billig. Es scheint so, als hätten die Europäer auch in Botswana das globale Wettrennen um Bodenschätze und Einfluss verloren. Böse (botswanische) Zungen behaupten, dass in den Gegenden, in denen die Chinesen bauen, alle Schlangen im Umkreis von zehn Kilometern verschwunden sind. Schlangen zählen in China zu den üblichen Nahrungsmitteln. Viele Botswaner beschweren sich, weil die Chinesen inzwischen auch immer mehr Läden eröffnen und den heimischen Markt mit Billigartikeln überschwemmen. Das vermindert natürlich die Chancen der lokalen Händler und trägt zur Arbeitslosigkeit bei. Nach einigen Gesprächen mit Einheimischen habe ich den Eindruck, dass die Regierung Botswanas zwar ein starkes Interesse an der engen Zusammenarbeit mit den Chinesen hat, dass die lokale Bevölkerung diese Entwicklung aber zunehmend skeptisch einschätzt. Das ist aber – wie gesagt – meine persönliche Meinung.
Wir erreichen Kachikau, einen kleinen Ort in der Nähe des Chobe, hier enden die Bauarbeiten für die neue Straße. Ein Stück weiter halten wir unter einem riesigen Baobab an und machen eine kurze Pause.






Dann folgen wir einer schnurgeraden Sandpiste, die links und rechts von Büschen eingerahmt wird. Ab und zu treffen wir auf eine Kuhherde oder überholen einen Reiter auf einem Esel. Irgendwann verlassen wir die „Hauptstraße“ und biegen auf einen schmalen, sandigen Feldweg ab. Wir sehen hauptsächlich Grasland, gespickt mit Büschen und Bäumen. Von Zeit zu Zeit kreuzen andere Wege und führen scheinbar ins Nichts. Dann erreichen wir ein Schild: „Phil´s Farm“. Aha, jetzt kann es nicht mehr weit sein. Ein paar Minuten später sehen wir ein Hinweisschild auf die „Three Baobabs“ und dann haben wir das Camp erreicht.



Das „Three Baobabs Tented Camp“ liegt nicht unmittelbar in der Nähe eines Nationalparks, sondern ist von Farmland umgeben und nur mit einem Geländewagen zu erreichen. Man kann zwar durchaus wilden Tieren begegnen, aber die Chancen auf Großwild zu treffen sind natürlich geringer als mitten in den Parks. Der Platz ist eher etwas für Gäste, die totale Entspannung suchen. Der nächste Nationalpark (Savuti NP) ist zwar „nur“ 60 km entfernt, allerdings benötigt man auf den tiefen Sandpisten trotzdem fast zwei Stunden zum Gate. Das Camp besteht aus vier komfortablen Zelten, die auf Holzplattformen errichtet worden sind. Ein besonderes Highlight sind die riesigen Fensteröffnungen, die einen unverstellten Blick auf die Landschaft um das Camp bieten. Die offen gestalteten Badezimmer befinden sich jeweils auf der gleichen Plattform.







Wir werden von Kristin und Florian begrüßt, sie sind bereits gestern losgefahren um alles für uns vorzubereiten. Die ganze Anlage ist jetzt ein gutes Jahr alt, alles wirkt noch sehr neu. Wir räumen unsere Sachen ein und ich lege mich auf das Bett. Fast alle Zeltwände sind hoch gerollt, man schaut durch die Moskitonetze und hat einen schönen Rundblick. Ich lasse die Ruhe noch ein wenig auf mich einwirken, dann probieren wir die Dusche aus. Nachdem wir uns erfrischt haben, geht es zum Mittagessen. Im halboffenen Hauptzelt – malerisch zwischen den mächtigen Stämmen von zwei Baobabs gelegen – ist schon alles für uns vorbereitet und wir sitzen gemütlich an einem großen Tisch zusammen.







Es ist ziemlich heiß heute, aber bei einem knackigen Salat und kühlem Weißwein lässt sich das alles sehr gut aushalten. Am Nachmittag besichtigen wir noch den großen Gemüsegarten und natürlich Phils Lieblingsspielzeug, einen großen, feuerroten „Massey-Ferguson“-Traktor. Wir unterhalten uns mit Kristin und Florian und stellen immer wieder fest, wie sehr wir auf einer Wellenlänge liegen. Die beiden müssen aufpassen, dass sie die zwei amerikanischen Gäste nicht vernachlässigen, denn Kristin spricht sehr gut Deutsch und Florian ja sowieso. Deshalb finden unsere Gespräche ausnahmslos in unserer Muttersprache statt, das ist für uns ein relativ seltenes Vergnügen im südlichen Afrika. Am frühen Abend machen wir noch einen Rundgang auf dem Farmgelände und können mit der Hilfe unseres Fahrers Calvin noch einige Spuren von Schakalen, Erdferkeln und kleineren Katzenarten entdecken. Wir kehren zu einem traumhaften Sonnenuntergang zurück und nach dem Abendessen sitzen wir noch einige Zeit alle zusammen am Lagerfeuer. Über uns blinken – wie schon so oft – die Sterne an einem absolut klaren Himmel.



Am nächsten Morgen stehen wir früh auf, denn heute geht es in den Savuti Nationalpark. Wir frühstücken, während Calvin und Kristin schon die Kühlbox gepackt haben, dann steigen wir in den Toyota und fahren die tiefsandige Piste zum Goha Gate, dem nächstgelegenen Parkeingang. Ohne Allradfahrzeug ist man hier zum Scheitern verurteilt.
Die Savuti Sektion ist die westliche Verlängerung des Chobe Nationalparks. Der gesamte Chobe NP ist mit 11.000 km² immerhin halb so groß wie Hessen. Laut meinen Informationen war Savuti vor langer Zeit einmal ein großer See, der in der Zwischenzeit ausgetrocknet ist. Von Zeit zu Zeit verwandelt sich das Zentrum der Region in einen Sumpf, der vom Savuti Kanal mit Wasser versorgt wird. Im Jahr 1982 trocknete der Kanal aus. Kurz vor unserer Ankunft, also nach 28 Jahren, füllte sich der Kanal jedoch wieder mit Wasser. Man vermutet, dass tektonische Verschiebungen dafür verantwortlich sind. Die Savuti-Sektion gehört, zusammen mit der Chobe Riverfront, zu den excellenten Wildbeobachtungsgebieten im südlichen Afrika.
Nach circa zwei Stunden Fahrt haben wir das Tor erreicht und machen einen kurzen Toilettenstopp. Als ich zurückkomme, steht noch ein zweiter Jeep am Tor. Ruth unterhält sich mit dem Fahrer. Ich wundere mich, dass meine Frau sich angeregt mit wildfremden Leuten unterhält, dann betrachte ich die Silhouette ihres Gesprächspartners und traue meinen Augen nicht. Die Frisur mit den Rastalocken kenne ich doch! „Ofentse“ rufe ich, „das gibt es doch gar nicht“. Der Mann dreht sich um und lächelt mich an. Ich gehe zu ihm und drücke ihn herzlich, wie einen alten Freund. Es ist tatsächlich Ofentse.
Wir haben uns vor eineinhalb Jahren im Okavango-Delta kennen gelernt. Damals besuchten wir das Pom Pom Camp und Ofentse war fünf Tage lang unser „Aufpasser“. Wir hatten in dieser Zeit extrem viel Spaß zusammen, seine offene und lustige Art und sein umfangreiches Wissen über Tiere und Natur war uns im Gedächtnis geblieben. Immer wieder hatten wir unsere Guides, mit denen wir später auf Tour waren, mit Ofentse verglichen und die wenigsten konnten ihm das Wasser reichen. Jetzt haben wir uns hier getroffen und es kommt uns vor, als wäre es erst gestern gewesen, dass wir mit ihm unterwegs waren. Manchmal sind die Zufälle unglaublich. Wären wir nur fünf Minuten später hier eingetroffen, wären wir uns nicht mehr begegnet. Wir unterhalten uns ein paar Minuten, dann verabschieden wir uns genauso herzlich wie wir uns begrüßt haben. Natürlich sind wir jetzt schon gespannt, wann und wo wir uns das nächste Mal irgendwo in Botswana über den Weg laufen werden. Nachdem wir jetzt das vierte Mal in diesem Land unterwegs sind, treffen wir wieder einen „alten Bekannten“, wir fühlen uns langsam heimisch in Botswana!
Der Toyota hat eine besondere Vorrichtung um das Dach nach oben zu klappen. So kann man sich hinstellen und hinausschauen, gleichzeitig schützt einen das hochgestellte Dach vor der sengenden Sonne. Calvin öffnet das Dach, dann fahren wir in den Park. Der dichte Busch ist sattgrün und auf unserer Piste befinden sich immer wieder große Pfützen, die nicht zu unterschätzen sind. Calvin ist sehr vorsichtig beim Durchfahren dieser Stellen, denn manche sind überraschend tief und bei dem schlammigen Wasser hat man keine Chance, das vorher richtig einzuschätzen. Unser Jeep schaukelt über die Buckelpiste. Ich stehe natürlich die ganze Zeit, muss mich aber gut festhalten und immer auf besonders tiefe Löcher vorbereitet sein. Das ist gar nicht so einfach, wenn man gleichzeitig die Kamera schussbereit halten will, denn man weiß ja nie, was in der nächsten Sekunde unseren Weg kreuzt.



Dann öffnet sich der Busch und wir können etwas weiter schauen. Vereinzelt sieht man Wassertümpel, hier tummeln sich hauptsächlich Gänse und Reiher. Ein Impalabock steht in stolzer Haltung am Wasser und hält Ausschau nach eventuellen Konkurrenten, in der Nähe halten sich seine Weibchen auf. Hinter ein paar hohen Büschen können wir es prusten hören, dann bricht ein erschrockener Elefant durch das Gehölz. Ganz eindeutig mag er unsere plötzliche Anwesenheit nicht. Zwei Buschböckchen am Pistenrand erstarren bei unserem Anblick, dann jagen sie mit großen Sätzen davon. Auf dem höchsten Zweig der Büsche sitzen die Gabelracken und lauern auf Insekten. An einem flachen Teich läuft ein Schakal durch das Wasser. Anscheinend ist er auf der Suche nach kleinen, noch flugunfähigen Gänslein, das wäre vermutlich der richtige Happen zum zweiten Frühstück für ihn. Jetzt bleibt er stehen und schaut misstrauisch zu uns herüber.
Weiter geht es die Piste entlang. Kurze Zeit später kommen wir zum Savuti Camp. Bevor wir das Camp erreichen, müssen wir den Kanal durchqueren. Das war die letzten 28 Jahre anscheinend kein Problem, aber jetzt ist er voll gelaufen und man braucht das richtige Auto um unbeschadet hinüber zu kommen. Auf der anderen Seite des Kanals steht ein Wagen. Der Fahrer ist ausgestiegen und wartet darauf, dass wir den Kanal durchqueren, erst dann will er wohl die Entscheidung treffen, ob er auch losfährt. Calvin ist die Ruhe selbst, er gibt etwas mehr Gas als üblich und dann rauschen wir durch das Wasser auf die andere Seite. Das Wasser im Kanal ist sehr klar, man kann bis auf den steinigen Grund sehen und muss sich keine Gedanken über unliebsame Überraschungen machen.



Wir erreichen das gegenüberliegende Ufer problemlos und bewegen uns wieder gemächlich vorwärts. Um uns herum grasen Zebras und Impalas mit den unvermeidlichen Madenhackern auf dem Rücken, vereinzelt fressen Elefanten an den Büschen. Wir fahren durch ein Wäldchen, hier geben sich Vögel ein Stelldichein. In den Bäumen sitzen Glanzstare, am Boden gehen Riesentrappen auf Insektenjagd. Wir halten an. Genau in unserer Höhe sitzt ein Rotschnabeltoko auf einem Ast. Er ist unverkennbar in der Balz, breitet seine Schwingen aus, sträubt seine Schwanzfedern, wiegt seinen Körper hin und her und gibt gurrende Laute von sich. Es sieht wirklich lustig aus und wir beobachten den Vogel eine ganze Weile.





Dann geht es weiter, jetzt öffnet sich die Landschaft. Ein Stück von uns entfernt sehen wir eine Herde Giraffen. Während die Älteren gemütlich an den Akazien stehen um die Blätter zu fressen, ist das den Jungen zu langweilig. Sie sprinten über die Fläche, dass der Sand nur so aufspritzt. Hin und her geht die wilde Jagd; ich bin fasziniert, wie sie trotz der hohen Geschwindigkeit noch die Kurve bekommen, ohne auszurutschen. Ich habe Glück und kann zwei Jungtiere auf die Speicherkarte bannen, die dicht nebeneinander rennen. Ihre Bewegungen sind annähernd gleich und sie sehen aus wie zwei Rennpferde in vollem Galopp. Irgendwann haben die jungen Giraffen genug und die ganze Gruppe zieht gemächlich zu einem Teich. Schon hat die Natur wieder ein schönes Bild komponiert: Im Vordergrund eine sattgrüne Wiese, dahinter der Teich und am Ufer stehen die 18 Giraffen.







Es ist Mittagszeit geworden und der Hunger meldet sich. Calvin verlässt die Sandpiste und wir fahren durch das dichte Grün. Dann stoßen wir auf den Savuti Kanal. Für uns ist es unvorstellbar, dass die Gegend hier bis vor wenigen Wochen noch eine staubige Ebene gewesen sein soll. Der Kanal ist gut gefüllt, das Ufer ist gesäumt mit vielen Bäumen, fast alle tragen ein dichtes, grünes Blätterkleid und man kann immer wieder das Platschen von springenden Fischen im Wasser hören. Calvin parkt den Toyota direkt am Ufer, dann werden die Campingstühle aufgestellt und die Kühlbox geöffnet. Wir genießen ein schönes Picknick an einem herrlichen, friedlichen Platz im Schatten großer Bäume.





Am frühen Nachmittag verlassen wir den Kanal und erkunden die Gegend. Calvin stoppt den Wagen, denn vor uns glitzert überall das Wasser durch das dichte Gras. Auf dieser Piste weiter zu fahren wäre fatal, denn spätestens nach 50 Metern würden wir stecken bleiben. Die Wassermassen haben nicht nur den Savuti Kanal wieder gefüllt, sondern auch die so genannte „Savuti Marsh“ macht ihrem Namen wieder alle Ehre. Etwas entfernt von uns sehen wir drei Elefanten, sie rennen durch das Grasland und wir können das Wasser aufspritzen sehen. Vor uns befinden sich zahlreiche Störche und Reiher im Sumpf, die fühlen sich hier natürlich äußerst wohl. Frösche und Reptilien dürfte es in dieser Gegend zuhauf geben. Wir drehen um und nehmen eine Piste etwas oberhalb. Hier ist der Weg trocken und wir kommen gut vorwärts. Ich kann einen Wegweiser erkennen. Darauf steht: Maun 150 km. Schon komme ich wieder ins träumen. Ich weiß aus diesem Forum, dass einige Mitglieder diese Route befahren. Man kommt z.B. von Kasane, passiert das Goha Gate (so wie wir auch), fährt durch den Savuti, streift den Moremi Nationalpark im Okavango-Delta und erreicht Maun. Das möchte ich unbedingt auch einmal machen, allerdings sollte man sich durch die scheinbar kurze Distanz nicht täuschen lassen. Diese Strecke hat es in sich und ist eigentlich nur etwas für geübte Allradfahrer.







Es ist inzwischen glühend heiß geworden, ich stehe wieder im Wagen und lasse mir den warmen Wind um die Nase wehen. Vor uns kreuzt eine größere Zebraherde die Piste, es mögen um die zweihundert Tiere sein. Sogar wir Laien können mit schnellem Blick feststellen, dass kein Tier dem anderen gleicht; mit dem Streifenmuster bei den Zebras ist es genauso wie mit unserem Fingerabdruck: es ist einzigartig. Zwischen den Zebras laufen einige Leierantilopen mit. Die rotbraunen Tiere haben eine ähnliche Größe wie die Zebras, beide Arten ergänzen sich vermutlich gut bei der Sichtung von Raubtieren. Wir fahren langsam durch die Herde. Manche Zebras starren uns kurz an, aber es ist keinerlei Unruhe zu sehen. Jungtiere galoppieren um uns herum und vermitteln uns ihre Lebensfreude. Calvin kurvt durch die Gegend um Löwen zu finden, aber das gelingt uns nicht.









Irgendwann am Nachmittag kehren wir wieder um. Wir machen einen kurzen Stopp am Savuti Campingplatz. Ich kann gerade noch erspähen, wie sich ein Elefantenbulle in der Nähe eines Picknickplatzes ein paar saftige Zweige vom Baum holt. Natürlich ist auch dieser Campingplatz nicht eingezäunt, das macht die Sache durchaus prickelnd. Die Fahrt geht weiter, wir durchqueren noch einmal den Kanal, passieren irgendwann die staubige Landepiste des Parks und müssen plötzlich anhalten. Vor uns steht ein Elefantenbulle, versperrt uns den Weg und macht keinerlei Anstalten sich fort zu bewegen. Bisher war ich es gewohnt, dass man in einer solchen Situation den Rückwärtsgang einlegt und dem Elefant Respekt signalisiert, aber Calvin denkt da anders. Er lässt den Motor im Leerlauf ein paar Mal aufheulen, dann bewegt er den Toyota vorwärts. Der Elefant ist etwas irritiert, stellt die Ohren auf und geht zwei Schritte auf uns zu. Calvin fährt ein kleines Stück zurück, lässt wieder den Motor aufheulen und fährt wieder vorwärts. Der Eli geht darauf hin auch ein Stück zurück, wedelt mit den Ohren und hebt den Rüssel. Calvin gibt keinen Zentimeter nach und lässt immer wieder den Motor aufheulen. Wir sind mitten drin in einem Psychospiel zwischen Calvin und dem Dickhäuter. Das Spiel geht tatsächlich einige Minuten so weiter, dann hat der Bulle doch genug von uns und verschwindet im dichten Busch. Calvin hat gewonnen!





Ich erinnere mich an einige Geschichten, bei denen das Spiel immer schlecht für die beteiligten Fahrzeuge ausging, aber in diesen Fällen waren Elefantenmütter mit ihren Kindern beteiligt. Mütter kennen halt keine Gnade, wenn es um ihren Nachwuchs geht. Wir waren mit Calvin bereits 2008 unterwegs und wir wissen, dass er ein erfahrener Guide ist und seine Gäste niemals mutwillig in Gefahr bringen würde. Außerdem möchte ich an Calvins Stelle nicht mit einem beschädigten Auto (oder beschädigten Gästen) bei Gabi und Phil auftauchen…
Es ist später Nachmittag als wir das Goha Gate erreichen. Kein Parkwächter ist zu sehen, also fahren wir gleich weiter. Wir sind schon ziemlich müde, aber an Schlaf ist bei dem Geschaukel auf der buckligen Sandpiste nicht zu denken. Irgendwann, es hat schon begonnen zu dämmern, erreichen wir das Farmland; von hier aus ist es nicht mehr weit zum Camp. Wir wollen eine besonders tiefe Stelle auf der Piste umfahren, das geht aber nicht, weil ein Militärlaster sich festgefahren hat und die Strecke blockiert. Calvin kennt auch diese Pechvögel, also bleiben wir stehen und warten, bis jemand eine schwere Kette organisiert hat. Die eine Seite wird an dem Truck angebracht, die andere Seite an unserem Jeep. Dann gibt Calvin Gas und wir versuchen den Truck aus seiner misslichen Lage zu befreien. Doch die Räder des Toyota drehen durch, plötzlich ist der Fahrgastraum mit weißem Qualm gefüllt und es stinkt fürchterlich! Calvin bricht den Versuch auf der Stelle ab und teilt den Wartenden mit, dass es keinen Zweck hat. Die Soldaten müssen warten, bis ein stärkeres Fahrzeug ihnen helfen kann. Halb betäubt von dem Qualm fahren wir weiter unserem Ziel entgegen.
Inzwischen ist es dunkel und Florian hat bereits über das Satellitentelefon angerufen um nachzufragen, ob wir noch am Leben sind. Wir sind müde und hungrig, wir wollen nur noch so schnell wie möglich aus dem Fahrzeug. Ruth ist ziemlich sauer, denn wir sind jetzt über zwölf Stunden unterwegs. Wir hatten uns eigentlich auf ein gemütliches Bad und einen Sundowner bei schönem Sonnenuntergang gefreut. Aus allem ist nichts geworden, weil Calvin unserer Mitfahrerin aus den USA unbedingt eine Raubkatze zeigen wollte und deshalb viel länger im Park unterwegs war als geplant. Endlich haben wir – allerdings bei völliger Dunkelheit - das Camp erreicht. Die Zeit langt gerade noch für einen Sundowner, dann gibt es auch schon Abendessen. Langsam beruhigen sich die Gemüter und es gelingt uns, dem Tag trotz allem noch viele gute Seiten abzugewinnen. Die beiden Gäste aus den USA gehen bald schlafen, wir sitzen heute etwas länger mit Kristin und Florian zusammen, denn morgen werden Ruth und ich erst gegen 10:00 Uhr das Camp verlassen. Unsere nächste Station führt uns nicht zurück nach Kasane, sondern wir werden von einem Buschflieger am Savuti Airstrip abgeholt. Das ist die staubige Landepiste im Nationalpark, an der wir heute bereits vorbei gekommen sind.
Kristin erwartet uns mit dem Frühstück, dann packen wir unsere Seesäcke und bringen sie zu Florians Wagen. Kristin erzählt uns, dass sie heute Nacht das Trompeten von Elefanten ganz in der Nähe gehört hat, wir stellen fest, dass unser Schlaf totenähnlich gewesen sein muss, kein Wunder nach der Gewalttour gestern! Dann ist es soweit. Schweren Herzens umarmen wir Kristin und sind sehr traurig, dass wir nicht noch ein paar Tage mit ihr und Florian verbringen können. Die beiden sind uns sehr ans Herz gewachsen und gestern Abend haben wir zu viert davon geträumt, vielleicht nächstes Jahr zusammen ein paar Tage in die Kalahari zu fahren. Florian fährt einen Pickup, deshalb packen wir unsere Sachen auf die Ladefläche. Kristin hat noch eine Kühlbox für ein Picknick unterwegs vorbereitet.
Wir setzen uns zu dritt ins Fahrerhaus und los geht die Fahrt über die Holperpiste. Nach zehn Minuten schießt mir ein unangenehmer Gedanke durch den Kopf, bald bewahrheitet sich mein Gefühl. Ich habe mein Ladegerät für den Fotoapparat vergessen! Das fehlt mir gerade noch, dass wir die tollsten Erlebnisse mit wilden Tieren haben und ich kann keine Fotos machen. Florian ist die Ruhe in Person, wir drehen und fahren zurück. Das Ladegerät wird geholt, ich bin erleichtert und wir beginnen die Tour erneut. Wieder holpern wir die Buckelpiste entlang, bis wir das Goha Gate erreichen. Florian stellt den Motor ab und meldet uns im Büro der Park-Ranger an. Als wir wieder losfahren wollen, springt der Motor nicht an. Ruth wird schon nervös, denn um 13:00 Uhr sollen wir ja abgeholt werden, doch Florian hat die Ruhe weg, öffnet die Motorhaube, schaut sich die ganze Sache an, und es gelingt ihm tatsächlich, den Motor nach ein paar Minuten wieder in Gang zu bringen. Wir kommen noch einmal kurz in Schwitzen, als Florian erklärt, er wäre noch nie bei der Landepiste gewesen. Einmal gabelt sich die Piste und ich versuche mich zu erinnern, welchen Weg wir gestern genommen haben. Ich tippe auf den rechten Weg, Florians Bauchgefühl stimmt mit meinem überein und so fahren wir weiter und halten angestrengt nach einem orangefarbenen Windsack Ausschau. Um kurz vor 13:00 Uhr entdecken wir tatsächlich die Piste, unser Buschflieger ist auch schon da und wartet auf uns. Also haben wir keine Zeit mehr für ein Picknick. Florian fährt neben die Cessna, wir laden das Gepäck ein, verabschieden uns und steigen ins Flugzeug.



Um kurz nach 13:00 Uhr heben wir ab und lassen Savuti hinter uns. Ich blicke auf ein grünes, unendlich scheinendes Meer aus Büschen und Bäumen. An einer Stelle zeichnet sich der helle Streifen der Landepiste ab. Es ist unglaublich, wie pünktlich diese Buschflugzeuge ihre „Haltestellen“ mitten in der Wildnis anfliegen. Wir jedenfalls haben in den letzten Jahren noch nie eine Verspätung bei diesen kleinen Maschinen erlebt.

Fortsetzung folgt
Letzte Änderung: 18 Nov 2010 20:00 von leofant.
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18 Nov 2010 19:25 #163033
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  • engelstrompete am 18 Nov 2010 19:25
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leofant schrieb:
Liebe Fomis,
hier sollte der 3. Teil erscheinen, aber ich habe noch Probleme
mit dem Bilder hochladen.
Das muss ich morgen von meinem PC aus probieren
Gruß Walter

Hallo Walter,
na dann mal viel Erfolg, das klappt bestimmt, sonst einfach die "Telefonseelsorge" anrufen :laugh:
Lieben Gruß
Cécile :)
"I never knew of a morning in africa when I woke up and was not happy". Ernest Hemingway
Reisebericht:2010 "Nach 4 Anläufen als Selbstfahrer in Namibia"
namibia-forum.ch/for...hrer-in-namibia.html
Reisebericht 2011 Eine neue Erfahrung....
www.namibia-forum.ch...eiseberichte/187663- eine-neue-erfahrung.html[/size]
2007 ,2008 ,2009 2mal ,2010,2011 Namibia Botswana.
2011 Shanghai, 2012 Florida Virgin islands Karibik.
2012 Namibia und KTP
2013 Das erste Mal Südafrika Kruger NP
2014 Kapstadt und Kruger NP
2015 Kruger National Park
2016 kruger National Park
2017 Kruger National Park
[/url]
2 KLICKS auf die "SONNE" und man liest den Reisebericht OHNE Kommentare !!!!!
Letzte Änderung: 18 Nov 2010 19:30 von engelstrompete.
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18 Nov 2010 22:00 #163061
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  • Botswanadreams am 18 Nov 2010 22:00
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Lieber Walter,

vielen, vielen Dank. Da muss man alle Arbeit liegen lassen, lesen und träumen. Wunderschön, als wäre man selbst gerade mitten im Busch.

Liebe Grüße
Botswanadreams
www.botswanadreams.de

"Alles, was ich jetzt wollte, war nach Afrika zurückzukommen. Ich hatte es noch nicht einmal verlassen, aber wenn ich nachts aufwachte, lag ich lauschend da, bereits voller Heimweh danach."
Ernest Hemingway
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19 Nov 2010 10:17 #163096
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  • brakkies am 19 Nov 2010 10:17
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Lieber Walther!

Einfach klasse! Tausend Dank fuer einen so wunderschoenen Bericht. Spannender und fesselnder als jeder Fortsetzungsroman einer Zeitung :cheer: !
Darf ich Dich fragen, was fuer eine Fotoausruestung hast fuer so schoene Fotos :dry: ?

Herzliche Gruesse aus WHK,
brakkies
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19 Nov 2010 11:10 #163100
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  • leofant am 18 Nov 2010 19:12
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Hallo Brakkies,

vielen Dank für das große Lob :blush:

Meine Ausrüstung besteht aus einer Olympus E30 mit zwei Objektiven,
wobei das Tele leider keine große Lichtstärke hat.
Im Sonnenschein ganz gut, aber bei Dämmerung eher bescheiden...
Auch bei Objektiven kommt es - wie bei vielen Sachen - auf den
Geldbeutel an.
Als Zweitkamera für Landschaftsaufnahmen habe ich eine ältere
Panasonic (FZ 18), aber ich liebe diese Kamera. Wenn ich "bewegte
Ziele" fotografieren will dann ist sie leider viel zu langsam, deshalb
war ich froh, als ich von meiner lieben Frau eine "richtige"
Kamera zum Geburtstag bekam.

liebe Grüße
Walter
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19 Nov 2010 18:23 #163122
  • Nenette
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  • Nenette am 19 Nov 2010 18:23
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Hallo Walter,
da komm ich direkt wieder ins Träumen!

Ach ja, und unter dem Baobab habe ich auch schon Rast gemacht:


Die Zeichnung des Baums ist ja schon recht prägnant!
Liebe Grüße und immer schön weiter so,
Nenette
Il n'y a pas un atome de cette poussière que je n'aime infiniment.
Es gibt kein Atom in diesem Staub, das ich nicht unendlich liebe. (Elizabeth Riollet über Voi/Tsavo)

Botswana 2010: nenette-f.over-blog....egorie-11610665.html
Mein anderes Hobby: lauter-schoene-saetze.over-blog.com/
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