THEMA: Elefanten, die Nacht und die Angst
22 Jun 2009 23:30 #105343
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  • siggi am 22 Jun 2009 23:30
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Wir haben den nördlichen Teil des Chobe National Parks in Botswana über das Ngoma Gate verlassen. Bis zur Savute Region dem südlichen Teil des Parks verlaufen die nächsten achtzig Kilometer außerhalb in der Chobe Forest Reserve. In dem riesigen Gebiet liegen vier kleine Dörfer, Muchenje, Mabele, Kavimba und Kachikau. Es ist bereits später Nachmittag bis in die Savute Region schaffen wir es zeitlich nicht mehr, deshalb müssen wir irgendwo im Busch campen.



In einem Dorf wollen wir nicht bleiben, weil Samstag ist und das wöchentliche Besäufnis stattfindet. Ggf. sind Missverständnisse mit Betrunkenen nicht auszuschließen. Ungefähr drei Kilometer außerhalb des kleinen Dorfes fahren wir einige hundert Meter von der Piste weg durch lockeres Buschland bis zum Rand des Schwemmlandes. Dieses Gebiet ist tausende von Quadratkilometern groß, weitgehend unbewohnt und erstreckt sich bis tief bis nach Namibia hinein. In der Nähe eines großen Busches halten wir.
Das aufklappen der Dachzelte dauert nur wenige Minuten. Da es schon relativ spät ist bleibt die Küche kalt. Oben im Zelteingang zu sitzen und in die Unendlichkeit zu schauen, sind besondere Momente. In knapp fünf Minuten ist die Sonne untergegangen.



Die Dämmerungsphase ist kurz.
Auf namibischem Gebiet sehen wir eine mehrere Kilometer breite Feuerfront. Am Ende der Trockenheit wird das hohe Gras und Ried abgebrannt.
Bereits um 21:00 Uhr schlafen wir tief und fest.

Gegen zwei Uhr werde ich wach. Die über den Dachzelten liegende Regenschutzplane schlägt gegen die Zeltwand. Nichts ungewöhnliches, wenn der Wind sie bewegt. Also nachschauen was da los ist. Der Mond ist verschwunden. Über der Marsch hängen Nebelschwaden und darin bewegen sich schemenhaft, wie Wesen aus einer anderen Welt, unzählige Elefanten. Breit gefächert, fast lautlos. Nur ein leises schlurfen im Gras ist zu hören.

Es ist völlig windstill. Was bewegt die Regenschutzplane? Mehrmaliges wütendes Trompeten und schlagen mit dem Rüssel in den Busch ist Antwort genug. Und hinten? Die gleiche Situation. Um den Busch herum sind drei oder vier Elefanten die wütend sind, weil unser Auto auf der einen Seite den Zugang zum einem Busch versperrt. Mit den Rüsseln betasten zwei Elefanten die Dachzelte. Der ca. drei Meter hohe Busch muß sehr schmackhaft sein. Ganze Äste werden abgerissen. Das zermahlen ist ganz deutlich zu hören. Vorn und hinten stehen sich zwei Elefanten gegenüber.

Der Abstand zwischen unserem Fahrzeug und dem Busch beträgt etwa zwei Meter. Einer der Elefanten könnte an die schmackhaften Blätter gelangen. Problem scheint zu sein, dass sich keiner traut oder keiner dem anderen den Zugang ermöglichen will.
Im Auto ist ein Wassertank mit einem Außenhahn. Elefanten tun alles um an Wasser zu gelangen, doch hier dürfte das kein Risiko sein weil es Wasser im Überfluss gibt.

Sehr vorsichtig versuche ich Olaf zu wecken. Lärm würde die Elefanten nur noch wütender machen. Vergeblich, Olaf schläft fest und tief – vielleicht auch besser so.
Was kann ich tun?
Da ich mich in besonderen Gebieten voll bekleidet schlafen lege, die Schuhe habe ich zwischenzeitlich, angezogen, könnte ich die Leiter herunter und in die Marsch laufen. Wie werden die Elefanten reagieren die direkt am Auto sind?
Wie werden die durch die Marsch ziehenden Elefanten reagieren, wenn ich zwischen ihnen durchlaufe? Das kann nicht gut gehen, besonders im Hinblick auf Olaf, da zu befürchten ist die Elefanten werden das Auto demolieren/attackieren. Auch der schwere Geländewagen ist für Elefanten nur eine Sardinenbüchse.

Es gibt nur eine Möglichkeit, still sitzen bleiben und abwarten. Irgendwann geht jeder Spuk zu Ende.

Zum ersten Mal spüre ich, ich bin völlig hilflos, den Ereignissen ausgeliefert. Ich kann nichts, aber auch gar nichts tun. Das ist der Nährboden für Furcht und Todesangst.
Manchmal hilft nur beten.
Im Nachhinein denke ich, es war die Ohnmacht nichts tun zu können. Die Situation nicht mehr zu beherrschen – beeinflussen zu können, nach dem Motto: Du hast keine Chance darum nutze sie.



Sigi
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Letzte Änderung: 22 Jun 2009 23:50 von siggi.
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23 Jun 2009 05:35 #105344
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  • Hermann am 23 Jun 2009 05:35
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Hallo Sigi,
die Situation und die Gefühle kennen wir auch.Wir hatten das Erlebnis auf der Campsite von Nambwa (Caprivi).Meine Freundin weckte mich nachts,weil um unser Auto herum etliche Elefanten am futtern waren.Man hörte das mampfen und atmen neben unseren Köpfen.Wir saßen auch nur still im Dachzelt und hofften das es bald vorrüber ist.Das Auto und das Dachzelt wurden nicht angerührt und auch sonst war draussen alles heil geblieben.Es war unsere erste intensive Begegnung mit den \"grauen Riesen\".

Hermann
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23 Jun 2009 09:38 #105361
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Hallo Hermann,
Es war unsere erste intensive Begegnung mit den \"grauen Riesen\".
Trotz alledem, solche Erlebnisse möchte man, da sie im Regelfall gutgehen, nicht missen. Es sind Ereignisse die man sein Leben lang nicht vergisst.

Der Caprivi ist für Elefanten ein gefährliches Pflaster. In der Region wird stark gewildert. Nachts kreuzen die Elefanten aus dem Süden kommend den Caprivi Highway zum weiden in Angola. Schon allein aus diesem Grund gehört M.E. das fahren bei Dunkelheit in die Rubrik \"Selbstmordarten\".

Gruß
Sigi
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23 Jun 2009 09:49 #105363
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Hallo Siggi,

sehr dramatisch geschrieben. Das nachts Elefanten direkt am Zelt oder Dachzelt waren, dürften die meisten hier schon erlebt haben. Das ist ein Erlebnis, aber Todesangst? Die Zahl der Fälle, in denen Elefanten jemals ein Dachzelt zerlegt haben, ist verschwindend gering und geht fast gegen null. In den ganz seltenen Fällen, wo etwas passiert ist, waren die Menschen meist extrem doof und hatten Obst im Dachzelt o.ä. Es ist wohl ausgeschlossen, dass Du solche \"Anfängerfehler\" machst.

http://www.namibia-forum.ch/gallery2/main.php?g2_view=core.DownloadItem&g2_itemId=117306&g2_serialNumber=2

http://www.namibia-forum.ch/gallery2/main.php?g2_view=core.DownloadItem&g2_itemId=117302&g2_serialNumber=2

Khumaga, Makgadikgadi Pans (Mai 2009). In der ersten Nacht wurde der Baum an dem wir stehen, regelmäßig kräftig geschüttelt. Es prasselten die Früchte auf Zelt und Boden herab und dann wurde um Auto/Zelt herum gespeist. In der nächsten Nacht wurden im Umfeld 5 Bäume von Elefanten umgedrückt.

Beste Grüße

Guido
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23 Jun 2009 10:28 #105368
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  • Kiboko am 23 Jun 2009 10:28
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Unsere Reisegruppe hat in Uganda, Queen Elizabeth NP, Mweya in kleinen Zelten übernachtet.
Die Zelte hatten etwa 5m Abstand voneinander.

In der Nacht hat mich ein donnerndes Geräusch aus dem Tiefschlaf geholt. Ich hörte Schritte dicht am Zelt und das Atmen eines Tieres. Es musste ein grosses Tier sein.
Im ersten Schreck habe ich den Atem angehalten, mich ganz ruhig verhalten, aber dann gewann die Müdigkeit und ich bin gleich wieder eingeschlafen.

Ein Paar war im Nachbarzelt und hat mir am naechsten Morgen berichtet, dass sie eine (!) Banane im Zelt hatten.
Ein Elefant hat zwischen unseren Zelten gestanden. Hat durch das Dachfenster in das Nachbarzelt geschaut und mit dem Rüssel versucht einen Eingang zu finden, um sich die Banane zu holen.
Das Paar ist in dieser Nacht \"Tausend Tode\" gestorben.

Nachdem der Elefant von unseren Koch alle Bananen und eine Ananas verspeist hat - unser Frühstück am nächsten Morgen war weniger reichhaltig - haben der Guide und der Koch mit den Autos den Elefanten vertrieben.

Aber davon habe ich nix mitbekommen ...
... und tief und fest geschlafen.

Bernd
Äthiopien, Benin, Botswana, Elfenbeinküste, Eritrea, Gabun, Gambia, Ghana, Guinea, Kenia (2x), Madagaskar, Malawi, Marokko, Mauretanien, Namibia, Niger, Ruanda, Sambia, Senegal, Simbabwe (2x), Sudan, Tansania (3x), Togo, Tschad, Uganda (2x)

Fotoreportagen und Bildgalerien aus aller Welt: foto-kiboko.de
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23 Jun 2009 11:00 #105370
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  • siggi am 22 Jun 2009 23:30
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Hallo Guido,
über Deine Fotos freue ich mich, zeigen sie das Elefanten in bestimmten Regionen sehr friedfertig sind. In Chobe besonders in Savute laufen die Elefantenbullen seit vielen Jahren zwischen den Zelten/Autos herum.

Außerhalb der Nationalparks besonders um/auf dem Caprivi wird stark gewildert. Früher wanderten die Elefanten über den Caprivi nach Zambia in den Sioma Ngawezi National Park und weiter bis in die Parks im Südosten Angolas.
Die gesamte Region nördlich des Caprivi ist heute „elefantenlos“. Im Sioma Ngawezi Park lebten rd. 4.000 Elefanten. Heute nicht ein Einziger mehr. In manchen Reiseführern wird diese Zahl 4.000 noch genannt.
Der Park existiert nur noch auf dem Papier.

In Angola wurden die Elefanten mit Geländewagen mit Maschinengewehren, Gewehrgranaten und Handgranaten getötet.
Seit einigen Jahren ziehen wieder Elefantenherden bei Anbruch der Dunkelheit zum äsen nach Zambia und Angola. Kehren aber vor Anbruch des Tages zurück.

Diese „Nomaden“ sind sehr gefährlich. Sie haben keine gute Erinnerung an Fahrzeuge und Menschen.

Gruß
Sigi
Siggi
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