peterw schrieb:
Ich war zu Apartheitszeiten für 3 Monate in Südafrika als in Europa fast jedes Land Sanktionen gegen dieses Unrechtsregime ergriffen hat. Bei uns im Supermarkt wurden Konserven aus SA aus dem Regal genommen, es gab Anti-Apartheitsdemonstrationen und auch die Politik hat sich in Europa und dem Rest der Welt eindeutig positioniert.
Ohne diese Unterstützung gäbe es heute vielleicht noch diese Politik in SA.
Hallo PeterW, In folgender Ausführlichkeit zwar etwas aber auch nicht ganz OT, jedenfalls sehe ich auch einige Parallelen zum aktuellen Thema.
Es gibt viel Literatur zur Rolle der Sanktionen bei der Überwindung der Apartheid und der Tenor ist, dass Südafrika DAS BEISPIEL SCHLECHTHIN für die Wirksamkeit von Sanktionen, Boykott, politische Isolierung usw. ist/war. Allerdings auch eines der wenigen. Ich habe in dieser Zeit ein paar Jahre dort verbracht und mich anschließend dahoam weiter dafür interessiert und meine auch, dass die „Sanktionen“ effektiv waren und viel auf den Weg gebracht haben. Allerdings gab es auch noch viele andere Faktoren für/bei der Überwindung der Apartheid. Nicht zu vergessen die Gunst der Stunde, nämlich das „Scheitern des Sozialismus“ und das Ende des kalten Krieges, wodurch Südafrika seinen Stellenwert als Bollwerk gegen die Rote Gefahr im Süden verloren hatte.
Von den Protesten in der westlichen Welt hat man in RSA selber nicht alles mitgekriegt bzw. nur das was nicht verheimlicht werden konnte, weil es keine wirklich freie Presse gab und viele polizeistaatliche Restriktionen. Für den „Rest der Welt“ war Mandela damals sicher mehr Begriff und Symbol als für die Durchschnittssüdafrikaner. Er und ANC waren ja "gebannt", durften nicht erwähnt oder zitiert werden usw. (sieht jemand die Parallelen?)
Jedenfalls „bissen“ die „Sanktionen“ ganz schön. Unternehmen sagten: Warum tue ich mir für 3 Prozent des Umsatzes 99 % meines Ärgers an? Und zogen sich zurück oder stoppten zu investieren, weil die Perspektive nur negativ war. Für viele Sanktionen gab es zwar Umgehungskonstruktionen (bei welchen z. B. der Iran, Israel, Taiwanesische Unternehmer sehr hilfreich waren), aber diese erhöhten die Beschaffungskosten im Import und kosteten Kommissionen im Export. Die Bevölkerung kriegte von diesem Hintergrund nichts mit, sehr wohl aber davon, dass plötzlich die Tankstellen zum Wochenende geschlossen waren, die Höchstgeschwindigkeit auf 50 mph reduziert war. Auch der Sportboykott schmerzte stark, usw., usw. Aus diesem Grund begann Botha schon in den 1980ern mit ANC und Mandela zu sondieren, aber er wollte nur Ruhe haben und nichts dafür geben und meinte dass er die kriegt, wenn er bloß Mandela und ein paar andere freilässt, so blöd kann man sein. Und so zog es sich dann noch über 10 Jahre und mehr, bis es substanziell wurde. Da stand Pretoria schon mit dem Rücken zur Wand, knapp vor dem Staatsbankrott usw., usw.
Werner