Nein , kein Hoho, Hi oder sonst eine Begrüßung, sondern nur:
LIEBE FORUMSMITGLIEDER!
Ich möchte euch wie in jedem Jahr zu Weihnachten einen Gruß senden, doch heuer, nach einem coronabedingten afrikafreiem Jahr fällt es mir schwer, fröhliche Weihnachten zu wünschen. Nein, ich bin nicht fröhlich, habe mir zwar den Virus noch nicht eingefangen, bin vorsichtig, aber doch so eingeschränkt, dass keine "Fröhlichkeit" aufkommt. Vielmehr denke ich nach, werde "besinnlich". Geht es mir wirklich so schlecht? Habe ich Grund, nicht fröhlich zu sein oder jammere ich nur auf hohem Niveau?
Ich möchte eine Weihnachtsansicht an die Fomis schicken, doch was? Zipfelbemützte Erdmännchen? Oder Fotomontagen, die Elefanten mit roten Mützen zeigen, oder den Weihnachtsmann am Feuer mit Himbafrauen oder den Weihnachtsmann auf einer Donkey-Karre? Habe ich alles vorliegen. Aber nein, das passt alles nicht, finde ich.
Da fällt mir eine Weihnachtskarte aus dem Jahr 1915 ein, die ich in meiner Sammlung habe und die ich kürzlich in meinem Buch "Festtagsgrüße aus Deutsch-Südwestafrika" veröffentlicht habe.
Die sieht so aus:
Diese Karte wurde von Lagerinsassen der Kriegsgefangenenlager in Fort Napier bei Pietermaritzburg in Südafrika hergestellt und nach Deutschland geschickt. Was zeigt sie? Da sind zwei Hände, die sich berühren, eine aus einer weihnachtlichen Winterlandschaft mit einem Lorberkranz herum und eine von der rechten Seite mit Ketten umrahmt aus einer tropischen Landschaft. 1915 nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in Südwestafrika befanden sich viele ehemalige Schutztruppler, Polizisten, Verwaltungsangestellte, aber auch Zivilisten in den verschiedensten Kriegsgefangenenlangern der Südafrikaner in Südafrika wie hier oder in Aus im heutigen Namibia. Hier gab es nicht einmal feste Behausungen, die kleinen Steinhäuschen baute man sich erst viel später. Bis 1919 der Hitze, der Kälte, den Sandstürmen und anderen Unbilden der Natur ausgesetzt! Und zu all dem kam dann noch 1918 die Spanische Grippe! Ein Virus, dem Covid der heutigen Tage vergleichbar, der viele Tausend hinwegraffte und die Angehörigen in der Heimat nie wieder sehen ließ. Der Friedhof in Aus in Namibia legt heute noch Zeugnis davon ab.
Also Parallelen zu heute?
Nein, wir haben festes Dach über dem Kopf, zumindest die meisten, haben ausreichend, nein oft zuviel(!), zu essen, können über die neuen Medien ständig mit unseren Verwandten kommunizieren, dürfen an der frischen Luft spazieren gehen, haben durch Fernsehen, Videos und was nicht noch alles eine wahre Unterhaltungsflut und Geschenke bekommen wir - auch wieder die meisten - doch überreichlich.
Die beiden Hände zwischen Deutschland und Afrika könnte man heute anders interpretieren, dann bekämen sie einen neuen Sinn. Denn dort wirkt sich Corona viel schlimmer aus. Und schon denken wieder einige: Wie kann ich möglichst billig nach Namibia, vielleicht gibt es gerade jetzt ein tolles Schnäppchen, wenn denen da das Wasser sowieso schon bis zum Hals steht.
Also zurück zum Thema: Besinnen wir uns mal, denken wir nach, anstatt zu jammern, dass wir an Neujahr nicht böllern dürfen und ausgelassen feiern! Es geht auch anders, anderswo, oder zu anderen Zeiten!
Ich wünsche euch allen, dass ihr gesund aus der Krise kommt und dass ihr Afrika wieder sehen dürft, aber besinnt euch darauf, was wichtig im Leben ist, zeigt Mitmenschlichkeit zu euren Nächsten und freut euch über Frieden.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein stilles, zufriedenes Weihnachten und danach alles Gute im neuen Jahr,
Euer Burschi