Hallo Rajang,
du hast Recht, viele positive Nachrichten erreichen uns in Europa nicht. Aus der Not heraus geboren entwickeln Afrikaner äußerst kreative Ideen, die mit den zur Verfügung stehen Mitteln und Ressourcen umgesetzt werden können.
Ich wage aber auch zu behaupten, dass sie meistens für die globale Wirtschaft nicht relevant sind. Mit einem MPESA-Bezahlsystem lockt man keine Online-Händler aus den Industriestaaten in afrikanische Länder. Und auch afrikanische Händler, die im großen Stil den eigenen Markt bedienen, sind mir nicht bekannt.
Und ja, es stimmt. Die Mittelschicht in afrikanischen Ländern wächst. Allerdings m. E. nicht so schnell, wie sie wachsen könnte. Einige asiatische und südamerikanische Staaten haben sich viel früher und erfolgreicher auf den Weg gemacht (Beispiel u.a. Vietnam). Nach wie vor verlassen viele hoch qualifizierte Afrikaner ihre Heimatländer und suchen ihr Glück im Ausland.
Es war eine kolossale Fehleinschätzung.
Heute beeindruckt Afrika viel mehr durch robuste Wachstumsraten. In der ersten Dekade unseres Jahrhunderts lagen sieben der zehn am schnellsten wachsenden Länder südlich der Sahara. Ein Drittel der Bewohner Afrikas zählt inzwischen zur Mittelschicht. 650 Millionen Mobiltelefone sind in Afrika angemeldet – mehr als in Europa oder den USA. In Nigeria werden mehr Filme produziert als in den USA. Davon berichten die Medien in den Industriestaaten wenig.
Wenn man durchschnittlich betrachtet ganz unten mit dem Wirtschaftswachstum ist, kann es m. E. nur nach oben gehen. Die boomende Filmindustrie in Nigeria hat neben der Ölproduktion eines von 54 afrikanischen Staaten auf Platz 1 der Volkswirtschaften in Afrika katapultiert. Aber schau dir viele andere Staaten an.
Viele der von dir angesprochenen Handys werden nicht in Afrika produziert, sondern als Wohlstandsmüll aus den Industriestaaten nach Afrika verschoben. Nach wie vor kann der afrikanische Kontinent seine Bevölkerung nicht selbst ernähren.
Leider macht das rasante Bevölkerungswachstum, bedingt durch schlechtes Bildungswesen, mangelnde Gesundheitsvorsorge (siehe u.a. Zahlen zur Säuglingssterblichkeit), Korruption, schlechte Infrastruktur, ungesicherte Energieversorgung und damit fehlendes produzierendes Gewerbe viele gute Ansätze wieder zunichte. Rohstoffe werden selten im eigenen Land verarbeitet, sondern unverarbeitet exportiert.
Bedenklich stimmt mich auch der zunehmende Terrorismus (und damit einhergehend die Drangsalierung der Bevölkerung und das Desinteresse bei dieser unsicheren Lage Investitionen zu tätigen), der sich ausgehend von Nordafrika immer weiter in den Süden verlagert.
Es hat darin einige Zusammenstellungen, die mich massiv Erstaunen. Zum Beispiel, dass Namibia (36% der Bevölkerung) unterernährter ist als Simbabwe!!!
Sind darin auch die über 4 Millionen simbabwischen Flüchtlinge erfasst, die ihrem Land aufgrund der schlechten Ernährungssituation den Rücken gekehrt haben? Die bereichern unter Umständen nun die Statistik in Südafrika und Namibia.
Ich war mir auch nicht bewusst, dass z.B. in Madagaskar 75% der Bevölkerung INTERNET Anschluss haben, versus 16 % in NAMIBIA.
Was nichts daran ändert, dass ein Großteil der madagassischen Bevölkerung Analphabeten sind.
Madagaskars Telekommunikationsnetz ist rückständig. Pro 100 Einwohner existieren 1,09 Festnetztelefonanschlüsse und 0,85 Breitband-Internetzugänge. Fortschritte in der Mobilfunktechnologie haben dazu geführt, dass es 2012 39,38 Mobiltelefonanschlüsse pro 100 Einwohner gab.
Durchschnittlich besitzt etwa jeder 25. Madagasse einen Fernseher, während ungefähr 12 Radios pro 100 Einwohner in Gebrauch sind.
Die Wirtschaft Madagaskars trägt typische Züge eines Entwicklungslandes. Laut dem Internationalen Währungsfonds betrug das Bruttoinlandsprodukt unter Berücksichtigung der Kaufkraftparität 2012 21,26 Milliarden US-Dollar, das entspricht 949 US-Dollar pro Einwohner. Madagaskar zählt damit nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Welt: Noch 2003 belief sich der Anteil der Bevölkerung mit weniger als 1 US-Dollar pro Tag auf 49 %. Der Gini-Koeffizient lag 2004 bei 0,48, was eine relativ hohe Einkommensungleichverteilung reflektiert. Quelle: Wikipedia
Weitere Ueberraschung: Botswana hat doppelt soviele Touristen, wie Namibia. Selbst 'Mugabeland' hat beinahe doppelt soviele Touristen wie Nambia ......
Hmmh, wo übernachten all diese Touristen? In diesem Zahlen sind doch wohl nicht die ganzen chinesischen Strafgefangenen enthalten, die in Simbabwe die Infrastruktur aufbauen. In Namibia, welches m. E. eine ungleich höhere Hotelkapazität aufweist wie Simbabwe, muss man mitunter lange im Voraus buchen, um ein Bett in seiner Wunschunterkunft zu erhalten. Den Eindruck hatten wir auf unseren beiden Simbabwebesuchen in 2011 und 2013 nicht. Allerdings haben wir auch nur einen kleinen Teil der touristischen Gebiete besucht. Entsprechende Reiseberichte von Fomis bestätigen mich aber in meiner Meinung. Möglicherweise boomt ja der Tourismus in Harare…
Es handelt sich um eine Publikation einer schweizer Grossbank
Welche Interessen verfolgt eine Bank mit dieser Publikation?
Vermutlich bin ich einfach zu ungeduldig mit Afrika.
Herzlichen Dank und skeptische Grüße
Marina
P.S.: Über viele der gelungenen, kreativen Geschäftsideen wird regelmäßig in Deutsch auf
africalive.de,
afrika.info und bei der
Deutschen Welle berichtet.