THEMA: Reisebericht: Drei Wochen Äthiopien mit dem Rotel
18 Jan 2020 17:19 #577686
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18.11.2019 Auf Abwegen unterwegs in Äthiopien
Am Morgen werde ich um 5 Uhr von den Gebetsgesängen der orthodoxen Priester geweckt: Die Morgenandacht hat begonnen. Diese per Lautsprecher aus den Kirchen übertragenen Gebete werden uns die ganze Reise begleiten. Die Morgenandacht dauert jeweils 1-2 Stunden.
Vor dem Frühstück laufe ich vom Hotel aus zum See. Erste Fußgänger und Pferdegespanne sind auf der Straße unterwegs.







Überall in den Bäumen stehen Marabus. Ein Marabu gleitet in 3 Metern Höhe die Dorfstraße entlang direkt über mir vorbei.
Am See wimmelt es vor Vögeln: Reiher, Triele, Kingfisher, Pelikane, Ibisse etc. Die Morgensonne taucht die Szenerie in ein goldenes Licht. Afrika wie aus dem Bilderbuch.


Hagedasch


Heiliger Ibis


Kuhreiher ?



Morgens fahren wir zunächst auf der A7 (dem East African Highway) bis Shashemene, einer Hochburg der Oromo. Daneben ist es auch als Siedlungsort der Rastafari-Bewegung bekannt.



Bei der Fahrt durch Shashemene fallen uns die teils finsteren Blicke der Passanten auf. Zwar gibt es immer wieder auch Menschen, die uns freundlich zuwinken. Aber viele bleiben sehr reserviert und es wird in unsere Richtung auch manch eine Geste gemacht, die eindeutig kein freundlicher Gruß ist. Wir spüren erstmals eine gewisse Spannung in der Luft.
Nach Shashemene folgen wir weiter der A7. Wir verlassen jetzt die Region „Oromia“ und kommen in die „Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker“, eine der drei Regionen, welche die kleineren Volksgruppen zusammen fassen. Wir sehen in der trockenen Region immer wieder Eselskarren mit vielen gelben Kanistern, die Wasser vom nächsten Brunnen oft kilometerweit ins Dorf transportieren. Wer keinen Esel besitzt muss den Wasserkanister selbst tragen. Dies ist Aufgabe der Frauen und Kinder.









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18 Jan 2020 17:33 #577688
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Wir sind jetzt im Gebiet der Hadiya. Wir halten beim Dorf Halaba, welches Besuchergruppen willkommen heißt.
In der ersten Reihe die schön bemalten Hütten.






Dahinter dann die unbemalten Hütten:




Hier kann man die Bauweise gut erkennen, da etwas renovierungsbedürftig.

Die Bewohner zeigen uns ihre Hütten:









Und auch den Nutzgarten, wo unter anderem auch Khat angebaut wird. Dieses Kraut ist auch in Äthiopien weit verbreitet und entfaltet beim Kauen eine berauschende Wirkung.




Khat
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18 Jan 2020 17:39 #577690
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Mittagspause machen wir in einem schön gelegenen, noblen Restaurant oberhalb der Stadt Soddo.



Ich stehe etwas früher vom Tisch auf, um in einer daneben befindlichen Tankstelle noch Wasser zu kaufen. Die Tankstelle ist aber schon länger verlassen. Dennoch haben sich einige Frauen auf dem Gelände einen provisorischen Verkaufsstand eingerichtet und so bekomme ich doch noch Wasser.
Während ich so mit meinem Sixpack Wasser am Straßenrand stehe und auf die Gruppe warte, kommen immer wieder Passanten vorbei. Vor allem die Jugendlichen, die gerade aus der Schule kommen, sind besonders neugierig. Manch kurzer Gruß und Händedruck folgt. Für mehr reicht leider bei den meisten das Englisch nicht. Irgendwann kommt der Wachmann des Restaurants auf mich zu und reicht mir die Hand. Neben dem Händedruck zieht er dreimal meine Schulter an seine. Die übliche äthiopische Art, um vertraute Menschen zu begrüßen oder einem Menschen seine Hochachtung zu zeigen. Der Wachmann erklärt mir, das er in all den Jahren noch niemals einen Gast des Restaurants erlebt habe wie mich. Einer der sich einfach an die Straße stellt und mit den einfachen Menschen redet.
Wir fahren jetzt durch das Gebiet der Wolaytta nach Arba Minch am Abaja-See.



Am Ufer des Sees leben die Gamo und in den Guge-Bergen dahinter die Dorze.
In engen Hof eines Hotels bauen wir unser Rotel auf. Heute abend gibt es erstmals Rotelküche.
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18 Jan 2020 17:50 #577691
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19.11.2019 Besuch bei den Dorze
Morgens laufe ich wieder einige Meter auf der Straße vor dem Hotel. Auch hier stehen vielen Marabus auf ihren Übernachtungsbäumen. Am Straßenrand sind Säcke mit Holzkohle zum Verkauf aufgestellt. Einige Einwohner und TukTuks sind im ersten Licht der Morgensonne bereits unterwegs.






Afrikanischer Paradiesfliegenschnäpper ??

Die Fahrt hoch in die Berge zu den Dorze führt uns auf einer unbefestigten Straße in Serpentinen steil nach oben.




Zwischen den beiden Bildern liegen nur 10 Minuten - und etliche Höhenmeter.

Hier ist es deutlich kühler. Nebel hängt noch in der Luft und verbirgt die Sonne, als wir ankommen. Makonnen, unser Dorze-Guide erwartet uns bereits vor seinem Haus. Er erklärt uns, das die Form der Häuser an die einstmals hier lebenden Elefanten erinnern soll. Uns erinnern sie auch etwas an Bienenstöcke.








Das besondere an diesen ca. 10 Meter hohen, aus Bambus und den Blättern der Ensete gefertigten Hütten ist, dass diese mit den Jahren schrumpfen ! Wie das ? Die Termiten fressen die Hütten von unten. Mit den Jahren werden die Hütten so nach und nach kleiner. Der Eingangsbereich wird immer wieder neu so ausgeschnitten, so das ein Mensch gut durchgehen kann. Auf diese Art können die Hütten zwischen 70-100 Jahre genutzt werden. Bei Makonnen stehen 3 Hütten unterschiedlicher Größe (sprich: Alter) nebeneinander. Die mittlerweile kleinste Hütte hat sein Großvater gebaut und wird heute nur noch zum Brotbacken genutzt, da hierbei viel Rauch entsteht.

Anhang:
Letzte Änderung: 02 Feb 2020 17:37 von CrocV.
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18 Jan 2020 18:11 #577693
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Wir werden ins neue, große Haus gebeten. Dort bekommen wir erklärt: Rechts ist ein Bereich für die Tiere, links der Schlafbereich, hinten der Braubereich und in der Mitte der Wohnbereich. Und tatsächlich, als sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, bemerken wir einige Kühe und Ziegen im abgetrennten rechten Hüttenbereich. Bei der Kälte in den Bergen eine willkommene Wärmequelle. Seitlich gibt es eine separate Öffnung, durch die der Mist aus der Hütte geschafft werden kann.
Wir bekommen Kaffee auf einem kleinen rauchigen Feuer zubereitet. Über uns hängt in der Hütte ein Braugetreide. Nach einigen Monaten hier im Rauch ist es automatisch getrocknet und geräuchert und somit bereit zum Bierbrauen.
Durch die bienenkorbartige Bauweise trägt sich die Struktur selbst. Anders als zum Beispiel bei den Rundhütten der Hadiya braucht es hier also keinen Stamm als Stützpfeiler in der Mitte der Hütte. Das schafft zusätzlichen Raum.


Sorry, aber mit Blitzlicht wollte ich nicht fotografieren....

Hinter der Hütte zeigt uns eine Frau das Spinnen mit der Hand. Die Dorze sind in ganz Äthiopien bekannt als Weber. Die Webarbeiten werden aber von den Männern durchgeführt.




Bild mit Weberutensilien der Dorze aus dem Nationalmuseum in Addis. Aufgenommen am letzten Reisetag.
Das Weben ist noch heute ein Haupterwerb und keine Tourishow. Unser Fahrer hat sich bei seinem letzten Besuch eine Jacke bestellt. Und die hat er diesmal bekommen.

Neben der Baumwollspinnerei zeigt uns eine weitere Frau, wie die uns bereits seit den Stelen von Tiya bekannte Ensete verarbeitet wird.
Es beginnt damit, den mittleren Teil der Blätter auszuschaben.



Dabei wird Stärke gewonnen, die drei Monate lang unter trockenen Bananenblättern fermentiert.



Sobald diese ausreichend gegoren ist, wird sie als bröckelige Masse mit Wasser vermischt und zu einem Teig geknetet.



Als Nächstes wird der Teig mit Hilfe von frischen Bananenblättern zu einem Fladen geformt und mitsamt dem grünen Blatt auf eine Feuerstelle gelegt und gebacken.



Ach ja, und so schaut die Ensete aus:



Man versteht die Bezeichnung "falsche Banane".

Makonnen führt uns zu einer offenen pavillonartigen Hütte mit Sitzgelegenheiten. Jetzt ist es Zeit für den Arak (Schnaps). Die erste Runde dient der Begrüßung der Gäste, die zweite Runde dann dem Genuss und die dritte Runde schließlich, dass die Gäste weiterhin ein gute Reise haben. Der Schnaps ist etwas likörartig und nicht besonders scharf. Dazu bekommen wir das gerade gebackene Ensete-Fladenbrot, eine scharfe Berbere-Paste sowie Honig gereicht.



Alles hat uns sehr gut geschmeckt :-)
Und der Alkohol hat dann doch etwas reingehauen. So nach dem 4. Schnaps. :whistle:
Beim Sichten der Fotos bin ich noch auf Bilder gestoßen, wo ich danach (?) aus der Kalebasse von Makonnen (?) auch noch irgendein selbst gebrautes Bier (?) trinke... :pinch:
Bild zensiert. :P

Anscheinend kam es dann auch noch zu einer Verabredung, das Makonnen abends mit seinem Moped zu uns runter in die Stadt kommt und wir das Tasting der einheimischen Alkoholika fortsetzen. (Ich glaube, ich bin unschuldig.) Allerdings musste er später am Tag telefonisch bei unserer Reiseleiterin absagen: Sein Moped ist kaputt. (Meine Vermutung: Seine Frau weiß Bescheid, wie sie kurzfristig elementare Funktionen an seinem Moped lahmlegen kann. :evil: )
Anhang:
Letzte Änderung: 02 Feb 2020 17:34 von CrocV.
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18 Jan 2020 18:26 #577694
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So gestärkt war wir nun so was von bereit für Gesang und Tanz. Die Dorfbewohner/innen samt Kinderschar haben sich bereits versammelt und beginnen zu singen und tanzen.





Als wir zum Mittanzen aufgefordert werden, gibt es kein Halten mehr. Es wird ein kurzes, spontanes Tanzfest.




Sorry, ab hier gibt's keine Bilder mehr. Jetzt ist Party !

Zu guter Letzt kaufen wir hier auch eine traditionelle Kaffeekanne als Souvenir.
Uns hat der Besuch bei den Dorze sehr gut gefallen. Auch weil es hier wirklich sehr unverkrampft zuging. Die Dorfbewohner hatten sich nicht „verkleidet“, sondern sind in ihrer heutigen, modernen Kleidung erschienen. Lediglich ein paar junge Burschen haben sich darüber Leopardenfelle geworfen und tanzten mit alten Sperren und Schilder. Dabei mussten sie aber selbst am meisten über sich lachen wegen dieser Verkleidung. Sehr sympatisch.
Letzte Änderung: 18 Jan 2020 18:28 von CrocV.
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