22.08.16 – Goma
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Nach dem 3. Schalter begreife ich, dass diese nicht defekt sind -
*zur-Stirnlampe-greifend*
- um 5.30 Uhr ist der Strom im Hotel einfach noch nicht eingeschaltet, da muss mein mitgebrachtes Licht herhalten. Ich ziehe mich für den heutigen Tag an und nehme auch gleich das restliche Equipment mit zum Frühstück. Es gibt einige Sorten Früchte, Toast, Kaffee und Tee. In ruhiger Atmosphäre und mit Blick zum Lake Kivu geniessen wir den morgendlichen Happen.
Jean holt uns um 6.30 Uhr ab. Wir fahren durch den morgendlichen Goma-Verkehr auswärts Richtung Virunga-Nationalpark. Noch in der Stadt wechselt die bequeme Asphalt- in eine Afrikamassage-Strasse. Einige Einheimische sind schon um die frühe Uhrzeit unterwegs. Händler zu Fuss oder auf speziellen Trag-Velos, Taxifahrer auf Motobikes warten auf Kundschaft oder befördern sie schon, Kinder, welche mit Kanister Wasser holen oder Frauen, die ihre Waren gekonnt auf dem Kopf tragen. Es ist was los in und um Goma. Je weiter wir uns von der Stadt entfernen, desto «waldiger» wird das Gebiet und die Strasse holpriger. Viele Menschen leben in verschiedenen Dörfern inmitten des Virunga und leben von ihm. Meist durch Landwirtschaft, aber auch Holzfäller sehen wir, seltener Viehherden.
Ein Relikt aus alten Zeiten, Thematik manchmal leider aber immer noch aktuell.
Wir verlassen die Hauptstrasse und fahren den Hügel hoch. Das Land wird, je höher wir kommen, immer fruchtbarer. Bauern bestellen die Felder und die Kinder winken uns zu (oder seltener, betteln uns an).
Fruchtbares Ackerland, grüne Umgebung. Sieht aus wie zu Hause.
Nach gut zweieinhalb Stunden Fahrt kommen wir in der Gorilla-Basecamp Bukima an. Neben Picco und mir sind heute noch sechs weitere Gäste anwesend. Wir acht Besucher werden in zwei 4er-Gruppen eingeteilt. Es erfolgt ein ausführliches Briefing in Französisch und Englisch: die Gorillafamilie, die unsere Gruppe besucht, besteht aus insgesamt neun Einzeltieren, u.a. aus drei Silberrücken, zwei Weibchen, zwei Teenies und zwei Babys. Im Weiteren sollen wir sieben Meter Abstand von den Tieren halten, aus Respekt. Schon ein bisschen wenig, denke ich. Da wusste ich noch nicht, wie hier sieben Meter gemessen oder definiert werden.
Unten Ackerbau, oben Wald. Unser Marsch über die Felder Richtung Regenwald
Wir wandern los über die Felder und halten Richtung Regenwald zu. Die Trennung zwischen Landwirtschaft und Wald ist klar getrennt: einerseits mit Drahtseil und andererseits mit aufgeschichteten Steinen. Einen Eingang gibt’s nicht, wir quetschen uns zwischen den Drahtseilen durch und laufen hinein in den Regenwald. Ich kann mich noch nicht an die neue Umgebung gewöhnen, da heisst es Mundschutz anziehen, denn wir haben die Gorillas gefunden. Unglaublich! Da stelle ich mich auf eine zweistündige Wanderung ein und nicht einmal 10 Minuten später und 20 Meter tief im Wald sind wir bei den Tieren. Vom Feld her sind noch die Stimmen der Menschen zu hören. Bei den Gorillas sehen wir zuerst ein Männchen, ein Silberrücken.
Guten Morgen, Herr Gorilla, dürfen wir eintreten in die gute Stube?
Aber ich weiss nicht, ob das jetzt der dominante Herrscher in der Familie ist. Sehr gross kommt er mir jedenfalls nicht vor. Nichtsdestotrotz, dennoch beeindruckend, wenn er sich erhebt. Wenn die Tiere sitzen, kommen sie mir irgendwie schwerfällig und plump vor. Aber beim Gehen wirken sie absolut kräftig und dynamisch. Links vom Silberrücken raschelt es. Ein Ranger schneidet mit der Machete einen Weg durch das Dickicht und einige Zeit später sitzen vor uns zwei Weibchen (so schätze ich als Nichtexperte die Tiere ein). Nun sind wir nicht mehr bei den Gorillas, sondern stehen mitten drin, wobei wir von den erwähnten Mitgliedern nur ein Silberrücken, zwei Weibchen, ein (oder beide?) Teenie und ein Baby sehen. Die anderen sind zwar durch das Blätterrascheln zu hören, bleiben aber im Dickicht verborgen. Wie war das jetzt nochmals mit dem Respektabstand von sieben Meter? Der Silberrücken sitzt ca. drei Meter links von uns, die Weibchen und das Junge sind auch nicht weiter entfernt.
1, 2, 3, 7 Meter. Passt! Nicht nur die Ranger waren so nahe dran an den Tieren, auch wir
Wie die alten... äähh antiken Römer: liegend wird gespiesen...
So nahe habe ich die Tiere nicht erwartet. Die Ranger schlagen mit ihren Macheten Pfade in den Regenwald, so dass wir besser Sichtkontakt zu der Gruppe haben und wir sie begleiten können. Die Gorillas verhalten sich äusserst ruhig, fressen, liegen herum, schauen mal zu uns, um dann gleich wieder zu fressen. Nur einmal wird’s spannend, als der Silberrücken wortwörtlich an uns vorbeirauscht (ich spürte noch sein Fell an meiner Hose) und gleich vor dem Ranger niedersitzt. Die Ranger ihrerseits geben öfters mal Gorilla-Laute von sich. So sind wir in ihrer Nähe akzeptiert.
Mampfpause, das heisst: zurücklehnen und entspannen
Ist keine schwarz angemalte Budda-Statue, sondern tatsächlich ein Silberrücken...
Ein Teenie sucht sein Essen in luftiger Höhe
Der Jüngste von allen ist aber der Grösste. Er fauxt und klettert auf allem herum, wo man sich irgendwie halten kann, Bäume, Sträucher, Äste, sogar die Mama muss herhalten, obwohl sie schlafen will. Zum Zeigen, wer hier im Wald der Chef ist, schaut er uns an und trommelt demonstrativ mit seinen Händen an seine Brust. Herrlich! Ja, Kleiner, du musst noch ein bisschen warten bis du hier einen auf dicke Hose machen kannst! Unter dem Mundschutz leise zu lachen ist nicht so einfach.
Ich versteck mich mal hinter dem Blatt, dann sieht mich keiner.
Wo hab ich nur mein Fahrrad stehen lassen? Und...
@Bele: der/die/das schielt ja auch...
...was soll ich mir zu Weihnachten wünschen?
Erst mal raufklettern und Überblick verschaffen, ....
... vielleicht sehe ich ja mein Fahrrad von hier oben.
Leider ist die Stunde zu schnell um und wir verabschieden uns von den Gorillas und laufen zur Base zurück. Ein tolles Erlebnis, diese Tiere in freier Wildbahn zu beobachten.
Die Rückfahrt ist die gleiche wie die Hinfahrt, ausser das am Stadtrand in Goma ein geordnetes Chaos auf den Strassen herrscht. Der Stärkere hat Vorfahrt. Fussgänger suchen einen Weg über die Strassen und Trottoirs, Händler mit ihren Karren oder Velos werden an den Strassenrand gedrückt, Motobikes drängeln und schlängeln sich durch jeder sich bietende Spalt und gehupt wird sowieso bei jeder Gelegenheit. Es ist laut und stinkig.
Im Kreisverkehr gerade aus, schnurstracks ins Gewimmel...
Öfters sehen wir UN-(Panzer)Wagen oder Blauhelmtruppen (teils mit Sturmgewehr am Anschlag), aber das ist das einzige, was uns erinnert, hier in der Stadt in einem „Krisengebiet“ zu sein. Zum Glück fährt Jean bald mal raus in eine Nebenstrasse und von dieser in die Hauptstrasse, und siehe da: plötzlich kein Puff, kein Lärm, nichts.
Und plötzlich wird's ruhig auf den Strassen
Wir fahren zurück ins Hotel und erhalten von Jean ein Briefing über den morgigen Tag. Unter anderem ordern wir einen Koch, der für uns die Mahlzeiten auf dem Berg zubereitet. Wir beenden die Besprechung mit der restlichen Schlusszahlung und genehmigen uns einen kleinen Snack.
Zum Glück hatte ich nach meinem "kleinen Snack" kein Blinddate...
Anschliessend geht’s ans grosse Umpacken, was kommt mit auf den Berg, was bleibt unten zurück.
Zum Nachtessen treffen wir uns wieder im Hotelrestaurant. Die Bedienung ist heute aber nicht gerade aufmerksam oder freundlich. Später eintreffende Gäste werden zuerst bedient und wir werden über 45 Minuten nicht beachtet.
Da versteckt man sich doch lieber hinter dem Tresen. Was haben wir nur falsch gemacht? Gestern war noch alles paletti, die Mitarbeiter super freundlich und heute ist es wie umgekehrt. Irgendwann nach Zurufen kriegen wir dann doch noch was, aber Getränk und Essen wird irgendwie lieblos hingeknallt. Ist aber das einzige unangenehme oder negative Erlebnis hier im Kongo.
Auf ein Trinkgeld verzichte ich trotzdem und gehe zurück auf’s Zimmer. Bonne nuit!