28.01.2022 – Murchison Falls Nationalpark bis Kidepo Savannah Lodge
Heute heißt es wieder einmal früh aufstehen. Wir haben eine der beiden längsten Strecken der gesamten Reise vor uns. Ca. 8 Stunden reine Fahrtzeit sind es von der Murchison River Lodge bis zum Kidepo Nationalpark im Nordosten Ugandas. Da sind wir froh, nicht selbst fahren zu müssen. Schon praktisch wenn man unterwegs einfach mal die Augen schließen und ein Nickerchen halten kann, wenn man müde ist. Und echt Luxus, wenn man sonst in der Regel immer Selbstfahrer war.
Ein kleines Stück fahren wir noch durch den Murchison Falls Nationalpark. Wir biegen ab, auf eine Strecke, die wir bisher noch nicht gefahren sind. Hier sind keine anderen Touristen unterwegs und aber auch kaum Tiere zu sehen. Nur dann und wann ein Vogel, wie dieser Rotkehlspint (Red-throated Bee-eater).
Dafür faszinieren uns die Weite der Landschaft und die Palmen im Morgenlicht.
Charles macht für uns noch einen kurzen Stopp an einer durch Bodenerosion entstandenen Steilkante, die ich unbedingt fotografieren möchte.
Mit roten Termitenhügeln und Wald sieht die Landschaft ein paar Kilometer weiter auf einmal ganz anders aus. Die Vielfalt des Parks begeistert mich immer wieder aufs Neue. Einige Geier sehen wir in der Luft kreisen. Andere nutzen einen Erdhaufen als Ausguck.
Dann heißt es leider Abschied nehmen von diesem schönen Park.
Aber in einem fremden Land ist für mich sowieso immer der Weg das Ziel. Und gerade auch die Fahrt abseits der Hauptstraßen finde ich spannend. In jedem kleinen Dorf, das wir durchfahren, gibt es eine Wasserpumpe, um die sich Trauben von Menschen scharen. Davon habe ich leider kein verwertbares Bild während der Fahrt machen können. Dafür ein paar andere Eindrücke von unterwegs.
Da kann man auch so manch skurrile Entdeckung machen. Zum Beispiel, was man alles auf einem Boda-Boda (den kleinen Motorrädern hier) transportieren kann. Hauptsache der nicht sichtbare Fahrer vorne hat den Überblick.
Ich habe auch schon einen Mann mit einem kompletten Sofa oder eine fünfköpfige Familie mit drei Kindern auf einem Boda-Boda gesehen. Oder auch im letzten Urlaub einen Mann der sich ein lebendes, großes Schaf um den Bauch geschnallt hatte. Charles meint lachend, dass es hier so gut wie keine Regeln im Straßenverkehr gibt und erst recht wenige, die eingehalten werden.
In der Stadt Gulu machen wir einen Mittagsstopp im schattigen Garten eines Cafés. Hier dürfen wir unsere mitgebrachten Lunchpakete verzehren, weil wir dazu Getränke bestellen. Bernd ist leider seit heute früh gesundheitlich angeschlagen und kann nur trocken Toast essen. Er meint, dass er das scharfe Chili gestern beim Abendessen vielleicht nicht vertragen hat. Da ich das Gleiche gegessen und trotz empfindlichen Magen nichts habe, befürchte ich, dass es eher von den Malaria-Tabletten kommen könnte. Davon hatte ich jedes Mal im Urlaub nach ein paar Tagen so heftigen Magen-Darmprobleme, dass ich sie bei diesem Urlaub auf eigenes Risiko ganz weggelassen habe.
Kleiner Exkurs: Über den Ort Gulu hatte ich vorher gelesen, dass hier zu Zeiten des langen Bürgerkriegs in Norduganda jeden Abend zum Sonnenuntergang tausende von Kindern in die Stadt strömten. Sie schliefen, wo sie einen Platz finden konnten. Auf den Veranden der Häuser, vor Läden und Restaurants, im Busbahnhof, vor Krankenhäusern und Zelten der Hilfsorganisationen. Die Stadt war geradezu überschwemmt von den schutzsuchenden Kindern, die von Ihren Eltern jeden Abend auf den Weg geschickt wurden. Pendler-Kinder wurden sie genannt. Grund war, dass die Rebellengruppe LRA (Lord´s Resistance Army) im Norden ihr brutales Unwesen trieb und unter anderem versuchte in den Dörfern nachts Kinder zu entführen, um sie zu Kindersoldaten zu machen. Was für eine furchtbare Zeit das gewesen sein muss! Mir fällt auf, dass tatsächlich besonders viele Hilfsorganisationen in Gulu ansässig sind. Charles meint, dass es immer noch viele traumatisierte und kriegsversehrte Menschen aus diesen Zeiten in der Region gibt. Der Krieg wurde erst 2006 nach fast 20 Jahren beendet.
Wir verlassen die Stadt mit der schlimmen Vergangenheit und nach einem langen Stück asphaltierter Schnellstraße geht es wieder auf kleineren, holprigen Nebenstraßen unserem Ziel entgegen.
Die Kidepo Savannah Lodge erreichen wir erst zu später Stunde. Es ist schon fast dunkel. Sie liegt erhöht auf einem Hügel mit Weitblick nicht weit vom Parkeingang. Von der schönen Aussicht können wir jedoch kaum noch etwas erkennen. Hier haben wir ein Zelt mit richtigem Betten und angrenzendem gemauerten Bad. Rustikal, aber schön. Wir essen noch schnell und fallen dann müde von der langen Fahrt und der Hitze hier oben im Norden ins Bett.