Fortsetzung
15. Tag
Samstag, 29. Juli 2017
Vulkantrekking Nyiragongo (DR Kongo)
Teil 2/4: Nyiragongo – der Aufstieg
Kurz vor 10 Uhr sind wir beim Kibati Ranger Camp des Virunga National Parks. Es ist Wochenende und fast ausgebucht, von möglichen 24 Plätzen für das Vulkan Trekking sind 23 besetzt. Hier treffen wir auch Amani, unseren privaten Koch, der für unsere Mahlzeiten während des Trekkings sorgen wird. Sowohl Tresor, unser privater Guide, als auch Amani, unser Koch, sind uns sehr sympathisch. Auf dem Trekking werden uns 3 bewaffnete Ranger begleiten, von denen Jean Paul der Chef der ganzen Expedition sein wird. Er wird ganz vorne laufen, er bestimmt das Tempo und die Pausen, er verteilt die Hütten, er trifft alle Entscheidungen. Es stehen auch noch etliche Jungs da, die das Gepäck tragen sollen, sogenannte Porter. Für 24 USD kann man einen Porter engagieren, der ein Gepäckstück von maximal 15 kg trägt. Wir können unseren Augen nicht trauen, als wir sehen, was für Gepäckstücke manche Touristen abgeben wollen. Ein Mitarbeiter von der Parkverwaltung läuft herum und spricht die Leute an. Eine Frau holt aus ihrem riesigen Rucksack 3 Wasserkanister a 5 Liter raus. Allein das wäre schon das maximale Gewicht! In den seitlichen Taschen sind Bücher zu sehen. Einige Teilnehmer tragen Sachen, die für ein Trekking nicht geeignet sind, Jeans und Straßenschuhe. Das wird noch weh tun...
Ich und Matthias haben jeweils einen leichten Rucksack mit Sachen, die auf dem Weg nach oben sofort greifbar sein müssen (Regenjacke, Regenhülle, Fleece-Jacke) und noch einen großen Rucksack mit Gepäck für die Übernachtung, der aber keine 6 kg wiegt und den wir einem Porter geben werden. Tresor entscheidet, dass er unseren Rucksack trägt, während der Porter den Rucksack mit Wasser, Lebensmitteln und unseren 2 Schlafsäcken bekommt. Dieser Rucksack ist schwerer, aber noch in Grenzen. Uns wird Joseph als Porter zugeteilt, ein sehr junger Mann, schüchtern, der uns sofort ebenfalls sympathisch ist.
Ein Mitarbeiter von der Parkverwaltung erklärt uns ein paar wichtige Sachen, unser Guide Tresor übersetzt auf Englisch, denn hier scheinen die meisten nur Französisch zu sprechen.
Das Trekking soll wie folgt verlaufen:
Der Startpunkt ist in circa 2000, der Endpunkt in circa 3500 Meter Höhe, insgesamt werden wir 1500 Meter Höhenunterschied auf einer Länge von 8 km durchlaufen.
In der ersten Etappe werden wir in 1 1/2 Stunden 200 Höhenmeter durch den Wald laufen.
In der zweiten Etappe steigen wir weitere 500 Höhenmeter auf einem Pfad mit Lava-Geröll.
In der dritten Etappe sind 400 Höhenmeter durch Wald und wieder über Lavageröll zu bewältigen.
Die letzten 400 Höhenmeter werden über Lavafelsgestein erklommen.
Zwischen den Etappen machen wir eine Viertel Stunde Pause.
Geschätzte Laufzeit 5-6 Stunden.
Einfahrt zu Virunga NP, früher Albert NP:
Am Startpunkt mit Tresor und Amani:
Am Startpunkt:
Am Startpunkt:
Bereit für den Start:
Um 10:30 Uhr ist es so weit und wir gehen los auf dem schmalen Pfad, einen nach dem anderen hinter unserem Anführer Jean Paul.
Nach kurzer Zeit bin ich aus der Puste, das Steigen kostet mich viel Energie. Ich versuche, das Tempo mitzuhalten, was dazu führt, dass ich kaum noch atmen kann. Eigentlich brauche ich nur öfter kurze Pausen, so circa 10 Sekunden, aber die Leute rennen an mir vorbei und ich möchte nicht zu weit zurückfallen. Wurde uns heute beim Briefing nicht gesagt, "This is not a competition!" ?? Außerdem wurde gesagt, dass die Stärksten hinten und die weniger Starken vorne laufen sollen, damit alle das Tempo mithalten. Davon ist hier nichts zu sehen! Vorne hat sich ein starker Kern gebildet, der das Tempo bestimmt. Fallen die letzteren zu weit zurück, wartet Jean Paul mit seiner vorderen Elitentruppe, bis wir sie eingeholt haben, dann starten sie sofort wieder, sodass wir aus dem hinteren Teil nie zu einer Pause kommen. Ich sage unserem Guide, dass ich eine kurze Pause brauche. Er ruft und pfeift, bis er Jean Paul erreicht und ich kriege meine Pause. Die reicht aber nicht mal, um einen Schluck Wasser zu trinken, wir werden zum Weitermarsch verdonnert! Nach eineinhalb Stunde sollten wir den ersten Pausenplatz erreichen, wir sind aber schon nach einer Stunde da. Das zeigt doch ganz deutlich, dass das Tempo zu schnell ist.
Der Koch und der Guide kommen zu mir und versuchen mit Obst und Keksen, mich zum Essen zu animieren. Mir ist aber übel und ich bin so aus der Puste, dass ich nicht mal antworten kann. Matthias übernimmt meinen Rucksack, jetzt muss er 2 Rucksäcke tragen, aber das hilft auch nicht viel, denn eigentlich wiegt mein Rucksack keine 3 kg. Ich kann mit diesem Höhenunterschied, mit dieser Steigung nicht umgehen. Zu Hause jogge ich regelmäßig 10-12 km und habe keine Probleme, als Vorbereitung bin ich sogar noch öfter joggen gewesen, hier gehts aber nur nach oben. Schwer, für Flachlandmenschen wie mich. Später hat mir Matthias gesagt, dass ich kreidenweiss im Gesicht war und schon blaue Lippen hatte.
Erster Pausenplatz, Amani macht gute Stimmung:
Und weiter auf dem Lavageröll:
Langsam, langsam:
Auf der zweiten Etappe hilft mir Matthias immer öfter, er zieht mich hoch und entweder Tresor oder Amani, einer ist immer hinter mir, um zu helfen. Ich will nicht zum Problemfall werden, vor allem weil ich weiß, dass kurze Pausen eine Lösung sind. So hat die Rangerin auf dem Dian Fossey Trail gemacht und es hat sehr gut funktioniert. Bei der nächsten Pause spreche ich Jean Paul direkt an, ich sage ihm, dass wir zu schnell sind und wir öfter eine kurze Pause brauchen. Jean Paul grinst ganz doof, sagt nichts und bei der nächsten Etappe ändert sich nichts. Inzwischen sind auch andere am Ende ihrer Kräfte. Der eine Mann, der Straßenschuhe trägt, kann kaum noch laufen. Ein anderer hat seinen großen Rucksack seinem Porter gegeben, der schon einen Monster-Rucksack trägt. Auch Joseph, unser Porter hat sich angeboten, meinen Rucksack zu übernehmen, aber das können wir nicht machen, denn, wie ich sehe, trägt er außer dem Rucksack mit Lebensmitteln, Wasser und Schlafsäcken auch noch eine rote Kiste um die Schulter, wo unser Koch Essen für unterwegs hat.
Der zweite Pausenplatz:
Da, ganz oben...
Kurze Pause:
Jetzt wird es besser:
Nach der nächsten Pause wird es etwas besser, denn ich warte nicht mehr, bis ich nicht mehr atmen kann und mache immer Pausen von 6-7 Sekunde, das hilft, ich finde langsam aber sicher mein Tempo. Außerdem habe ich eine Banane und Traubenzucker gegessen und Matthias hilft mir ständig.
Sehr, sehr ernst:
Ich bin so weit zurück gefallen, dass wir jetzt zusammen mit den Portern laufen:
Und noch eine kurze Pause:
Ein erloschener Krater - die Landschaft ist wirklich schön:
Irgendwann erreichen wir die alten Hütten und Tresor sagt, dass wir sehr schnell waren, wir werden schon um 16 Uhr das Ziel erreichen. Normalerweise sind sie erst gegen 17 Uhr da. "This is not a competition" wurde beim Briefing gesagt...
Jetzt ist es nur noch ein relativ kurzes Stück bis zu den Hütten, wir sehen sie schon, aber das ist der schlimmste Teil, es wird 45 – 60 Minuten dauern. Es geht nur noch steil, ganz steil nach oben über große, scharfkantige Lavasteine und einen Pfad gibt es nicht mehr, jeder klettert, wie er kann. Tresor und Amani gehen schon vor, sie müssen sich um die Hütte und die Kochstelle kümmern und jetzt ist es unser Porter Joseph, der uns von der Seite nicht mehr weicht und die Arme bereit hält, um uns zu helfen. Auf diesem Stück hält Matthias die ganze Zeit meine Hand fest und nach insgesamt 5 1/2 Stunden sind wir angekommen! Ohne seine Hilfe hätte ich es nie geschafft! Zurück wäre ich aber auch nicht gegangen!
Man sieht schon die Hütten:
Bereit für das letzte Stück - Pause an den alten Hütten: