THEMA: Leoparden hautnah (Tansania 2016/2017)
02 Feb 2017 14:00 #462020
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Jambo!

Jetzt bin ich schon seit einer Woche zurück aus dem heißen Tansania im kalten Deutschland. Es wird Zeit mit dem Reisebericht zu beginnen. Diesmal waren wir wieder einmal in Tansania. Ähnliche Route wie beim letzten Mal, aber mit 10 Tagen mehr Zeit und komplett anderem Klima. War es vor 4 Jahren extrem regnerisch, so war es diesmal extrem trocken. Normales Wetter scheint es auch in Tansania nicht mehr zu geben. So hatten wir aber oftmals das Gefühl wo ganz anders zu sein. Es ist unglaublich, wie sich die Landschaft zwischen Regen- und Trockenzeit verändert.

Warum schreibe ich eigentlich Reiseberichte? Hauptsächlich aus ganz egoistischen Gründen. Man erlebt so die Reise ein zweites Mal und lässt die vielen Erlebnisse noch einmal in Ruhe zu Hause Revue passieren. Daneben möchte ich dem Forum aber auch aktuelle Informationen zur Verfügung stellen, die anderen Reisenden hoffentlich bei ihren Touren helfen können. Gerade bei Tansania ist mir das als Selbstfahrer ein wichtiges Anliegen, denn noch immer halten sich hartnäckig die Gerüchte, man könne Tansania gar nicht, bzw. nur unter größten Schwierigkeiten und Entbehrungen als Selbstfahrer bereisen. Wir haben das nicht so empfunden, aber urteilt selbst.

Wir waren diesmal zu viert. Mit Hans & Hedda hatten wir diesmal zwei Afrika-Rookies mit dabei. Fernreiseerfahrung auf anderen Kontinenten war bei den beiden aber reichlich vorhanden. Mit den beiden machen wir schon seit vielen Jahren gemeinsame Kletterreisen und jetzt wollten wir auch mal etwas anderes zusammen unternehmen.

Wie immer freue ich mich über einen lebendigen Reisebericht. Jeder Kommentar ist willkommen. Egal ob Ihr Fragen, Anmerkungen, Vorschläge, Ratschläge, Hinweise oder was auch immer habt - haut in die Tasten.

Für alle, die den Reisebericht pur lesen wollen, scheint die Sonne.

Kwaheri
Thomas
Letzte Änderung: 06 Feb 2017 16:16 von Topobär.
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06 Feb 2017 16:20 #462671
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Anreise + 1.Tag (Fr./Sa. 23./24.12.2016)
Hannover – Arusha – Arusha National Park
94km mit dem Auto

Wie bei allen unseren Ostafrika-Reisen sind wir wieder mit KLM geflogen. Die Verbindung von Hannover über Amsterdam direkt zum Kilimanjaro International Airport ist einfach unschlagbar. Da schauen wir beim Preis dann auch nicht mehr auf den letzten Euro.

Sehr angenehm bei KLM ist, dass wir pro Person 2 Gepäckstücke je max. 23kg mitnehmen können. Das nutzen wir auch voll aus und stehen mit 4 Gepäckstücken am Check In. Zwei Dufflebacks mit Klamotten, so dass wir auch bei fast 5 Wochen Reise nicht unterwegs waschen müssen. Eine Küchenkiste mit Utensilien, Lebensmitteln und Zutaten, die man in Ostafrika nicht bekommt. Unser Bodenzelt mit Tarp ist das vierte Gepäckstück.

Beide Flüge sind pünktlich und die Maschinen gut ausgelastet. Das Entertainmentprogramm lässt keine Wünsche offen und das Essen ist für Bordverpflegung absolut in Ordnung.

Da es letztes Mal mit dem Visum vor Ort sehr schnell ging, haben wir auch dieses Mal darauf verzichtet, schon in Deutschland das Visum zu beantragen. Würde ich nächstes Mal anders machen, denn es hat ganz schön gedauert. Vor allem, da sich die Reiseleiter einiger Gruppen mit den Pässen der ganzen Gruppe vorgedrängelt haben. So sind wir fast die letzten die zum Gepäckband kommen, wo unser Gepäck schon auf uns wartet. Auch bei Hans & Hedda ist alles angekommen. Danach wartet schon die nächste Schlange auf uns. Das gesamte Gepäck muss vor Verlassen des Flughafens noch einmal geröntgt werden. Das unser Zeltsack nicht durch den Apparat passt interessiert auch niemanden, dann wird das Gepäckstück eben nicht geröntgt. Wozu die Nummer gut war entzieht sich sowieso meinem Verständnis. Ich verbuche es unter Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme.

Unser Shuttle von 4x4 Adventures wartet bereits auf uns und nach weniger als eine Stunde, um 23:00Uhr, können wir schon im African Tulip Hotel einchecken. Danach noch das erste Tusker des Urlaubs als Schlummertrunk und ich falle ins Bett.

Das Frühstücksbuffet am nächsten Morgen ist riesig und lässt keine Wünsche offen. Es sollte auch auf der gesamten folgenden Reise nicht mehr getoppt werden. Auch ansonsten hat uns das Hotel sehr gut gefallen und wir würden es immer wieder für die erste Nacht in Arusha wählen. Ein weiterer Vorteil ist, dass man in 5min. am Office von 4&4 Adventures ist.

Die Fahrzeugübernahme ging diesmal ruckzuck. Man kennt sich. Da wir mit 4 Personen unterwegs sind, haben wir diesmal die Langversion mit 4 Sitzreihen. Wunschgemäß wurden die letzten beiden Sitzreihen und auch das Gitter, welches den Gepäckraum normalerweise abtrennt demontiert. So haben wir ein riesiges Gepäckabteil, welches wir aber auch brauchen.

Dann stehen die üblichen Erledigungen an, ohne die man nicht auf Safari gehen kann. Als erstes Bargeld ziehen und dann eine einheimische Simcard kaufen. Dabei haben wir ein wenig unterschätz, wie billig telefonieren in Tansania ist. Trotz zahlreicher Telefonate vor Ort, aber auch nach Deutschland schaffen wir es in 5 Wochen noch nicht einmal die Hälfte des Guthabens von 50€ zu vertelefonieren.

Dann kommt der Großeinkauf. Der ehemalige Shoprite ist jetzt ein Nakumatt. Die Auswahl an Lebensmittel ist besser geworden, dafür gibt es keine Campingausrüstung mehr. Was beim Einkauf sofort auffällt – die Plastikflasche hat Einzug in Tansania gehalten. Dominierten vor 4 Jahren bei Softdrinks noch Glasflaschen, so wurden diese jetzt komplett von Plastikflaschen abgelöst. Für die Umwelt sicher nicht ideal, aber zum verpacken im Auto tausendmal besser. Wenn ich da an das Gescheppere unserer letzten Tour denke…

Mit 3 randvollen Einkaufswagen und einer Rechnung von 700 Euro verlassen wir den Supermarkt. Alles was haltbar ist, haben wir schon hier eingekauft, denn Supermärkte, wie man sie aus Europa oder dem südlichen Afrika kennt, gibt es nur in Arusha und Daressalam.

Es dauert einige Zeit, bis alles im Auto verstaut ist. Selbst unsere riesige Gepäckfläche ist jetzt durchgehend bis auf Höhe der Kopfstützen vollgepackt.

Durch dichten Verkehr geht es aus der Stadt. Trotzdem ist der Weg zum Arusha National Park schnell gefahren. Der Eintritt kann per Kreditkarte gezahlt werden. Ruckzuck sind wir im Park.

Unser erstes Ziel ist die Campsite. Vorher müssen wir allerdings noch kurz am Headquarter halten, um die Schlüssel zu den Sanitäranlagen abzuholen. Die Campsite liegt sehr romantisch auf einer Lichtung im dichten Bergwald.



In den Bäumen rund um die Campsite toben jede Menge Colobus-Affen. Da sie sich aber vornehmlich in den Baumkronen aufhalten und ständig in Bewegung sind, ist ein vernünftiges Foto nicht möglich. Wir genießen es aber auch, die Tiere einfach nur zu beobachten.

Nach einer verspäteten Mittagspause machen wir uns auf den Weg, zu einem kurzen nachmittäglichen Gamedrive. Unser erstes Ziel ist der Ngurdoto Crater. Wir steuern den Leitong Viewpoint an, die höchste Erhebung des Kraterrandes. Pünktlich mit unserer Ankunft am Parkplatz des Aussichtspunktes fängt es an zu regnen. Wir lassen uns davon nicht abhalten, zum Aussichtspunkt hoch zu laufen, auch wenn die Aussichten eher trübe sind.




In den Wäldern am Hang des Kraters sehen wir immer wieder Diadem-Meerkatzen. Eine von ihnen hält sogar so lange still, dass ich sie auch fotografieren kann.



Unser nächstes Ziel sind die Momella Seen. Unterwegs sehen wir viele Wasserböcke, die hier sehr häufig vorzukommen scheinen. Ich mag diese puscheligen Antilopen sehr.



An den Momella Seen finden sich wieder sehr viele Flamingos. Da die Seen tiefer als andere Salzseen sind, sieht man die Vögel nicht nur stehend, sondern auch schwimmend bei der Nahrungssuche. Ein seltener Anblick.






Im Bereich der Seen finden sich auch viele Antilopen und Büffel, aber das Wetter lädt einfach nicht zum fotografieren ein.

Zum Abendessen entzünden wir ein kleines Lagerfeuer und ich koche Rindergeschnetzeltes mit grünen Bohnen in Pfefferrahm.

Später wird dann noch ein bewaffneter Ranger auf der Campsite abgesetzt, der die Nacht über uns wachen soll. Er macht es sich im Küchengebäude bequem und wir haben ihn nicht weiter gesehen.
Letzte Änderung: 06 Feb 2017 16:35 von Topobär.
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09 Feb 2017 17:38 #463110
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2.Tag (So. 25.12.2016)
Arusha National Park – Mambo
310km


Die Nacht war sehr ruhig und auch von den Temperaturen her sehr angenehm, so dass wir alle gut geschlafen haben.

Beim Frühstück und Abbau des Camps werden wir dann allerdings von sehr aggressiven Ameisen geplagt, deren Biss sehr schmerzhaft ist. Wo kommen die denn plötzlich her, damit hatten wir am gestrigen Abend noch keine Probleme.

Den Himmel hat es über Nacht blank gefegt. Es ist keine Wolke zu sehen.

Wir verlassen den Park nicht auf direkten Weg, sondern fahren zunächst zum Boma La Megi Viewpoint. Von hier hat man einen klasse Blick auf den alles überragenden Mount Meru sowie auf die unter uns liegenden Momella-Seen. Im Laufe des Tages wird der Berg sicherlich wieder in den Wolken verschwinden, aber jetzt am frühen Morgen zeigt er sich in seiner vollen Pracht.




Nachdem wir uns von diesem schönen Flecken Erde losreißen können, verlassen wir auf direktem Wege den Park und fahren auf gutem Asphalt nach Same. Von unseren früheren Reisen kann ich mich nicht daran erinnern, dass es schon immer so viele Tempo50-Zonen gab. Es reiht sich eine an die andere. Da passiert es schnell, dass man mal eine solche Zone übersieht und schon werden wir geblitzt. Ich hatte an der Stelle nicht gewusst, dass wir noch in einer Tempo50-Zone waren. Das Foto zeigt 69km/h und so darf ich 30.000,-TSH zahlen.

In Same verlassen wir die Fernstraße Arusha – Daressalam und fahren lieber die landschaftlich wesentlich schönere Strecke östlich der South Pare Mountains. Dafür nehmen wir auch gerne in Kauf, dass weite Streckenabschnitte raue Naturpiste sind.

Inzwischen mussten wir auch feststellen, dass unser Kühlschrank nur sehr wenig Leistung bringt. Er schafft max. 15°C Temperaturdifferenz gegenüber der Umgebungstemperatur. Bei Tagestemperaturen jenseits der 30°C nicht so gut.

Dann kommen so langsam die Usambara-Mountains ins Blickfeld. Wir fahren direkt auf die höchste Erhebung zu, auf der unser heutiges Tagesziel, die Mambo View Point Lodge liegt. Obwohl es Luftlinie nur wenige Kilometer sind, haben wir noch rund 50km Fahrstrecke vor uns.


Oberhalb der markanten Felswand liegt die Mambo Viewpoint Lodge.

Wir fahren auch dieses Jahr wieder die Abenteuer-Strecke, welche im Nordwesten der Usambara-Mountains von Mnazi direkt hoch nach Mtae führt. Die größten Schwierigkeiten haben wir entgegen meiner Erwartungen noch im Dorf Mnazi. Hier hat es zum Teil metertiefe Erosionsrillen und es ist mehrmals Zentimeterarbeit, um zwischen den Hütten und den Erosionsrillen hindurch zu passen. Dann finden wir die Einfahrt ins Bachbett nicht. Ein PikiPiki-Fahrer hilft uns weiter. Ein umgestürzter Baum liegt in der Einfahrt, so dass sie nicht mehr zu erkennen war. Auf Kosten einiger Büsche können wir den Baum umfahren und kommen ins Bachbett, wo wir Mittagspause machen.



Die nun folgende Auffahrt ist dagegen trotz großer Felsstufen, steiler Steigung (1000 Höhenmeter in 6km) und reichlich grobem Geröll gut zu fahren. 1./2. Gang in Untersetzung gepaart mit ausreichend Gelassenheit lassen uns ganz gemütlich den Berg hochtuckern. Hans & Hedda waren bislang noch nie mit dem Auto im Gelände unterwegs und staunen, was für Strecken man mit einem Auto so fahren kann.

Skurile Situation unterwegs: Wie beim letzten Mal sehen wir kein einziges Auto auf der Strecke, wohl aber einige PikiPikis. Auf halber Strecke am Berg kommt mir ein PikiPiki entgegen und der Fahrer zeigt sich stark beeindruckt, dass wir mit dem Wagen sie Strecke fahren. Ich hingegen war noch viel beeindruckter, dass er mit einer Straßenmaschine und insgesamt 3 Personen diese Strecke fährt. Selbst mit meiner Erfahrung aus mehreren Motorrad-Rallyes würde ich hier nur sehr ungern die in dieser Konstellation unterwegs sein.

Als wir an der Mambo View Point Lodge ankommen, tritt dort gerade ein Kinderzirkus auf. Wie wir später erfahren, handelt es sich dabei um eines der vielen lokalen Projekte der Lodge. Bevor wir einchecken und die Zelte aufbauen, schauen wir uns erst einmal die Vorstellung an. Mindestens ebenso interessant wie die Vorstellung selbst, ist es die Zuschauer zu beobachten. Die schauen alle so gebannt zu, als würde es sich um eine Vorstellung des chinesischen Staatszirkus handeln.






Diesmal haben wir eine gemütliche windgeschützte Campsite, die wir auch mit dem Auto anfahren können. Bis zum Restaurant und den Sanitäranlagen sind es nur 20m den Berg hoch. Trotzdem ist die Campsite außer Sicht- und Hörweite.



Zum Abendessen gibt es ein sehr leckeres, abwechslungsreiches und reichhaltiges Buffet. Das ist eine deutliche Steigerung gegenüber unserem Aufenthalt vor 4 Jahren. Auch das Restaurant ist seitdem neu gebaut worden. Dem Küchenpersonal sieht man deutlich an, dass sie direkt an der Quelle arbeiten. Mir sind ja dicke Köchinnen immer sehr sympathisch. Da weiß man, dass sie sich mit ihrer Arbeit identifizieren.

Beim Essen setzt sich Herman, der Besitzer der Lodge, zu uns an den Tisch. Es entwickelt sich ein sehr interessantes Gespräch, bei dem wir viel über die Lodge und das Leben in den umliegenden Dörfern erfahren. Herman und seine Frau waren früher in der Entwicklungshilfe tätig und haben auch jetzt noch etliche von ihnen initiierte Projekte in der Umgebung laufen.

Nach dem Abendessen singen und tanzen einige Frauen des Dorfes auf der Terrasse vor dem Restaurant. Hedda als leidenschaftliche Chorsängerin ist gleich mit dabei.
Letzte Änderung: 09 Feb 2017 18:10 von Topobär.
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15 Feb 2017 15:12 #464215
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3.Tag (Montag 26.02.2016)
Mambo
20km Mountainbike & 5km zu Fuß

Bereits 2h vor Sonnenaufgang nervt der Muezzin. Am schlimmsten ist, dass er es nicht bei einem kurzen „Allahu akbar“ belässt, sondern über eine viertel Stunde ins Mikro brüllt.

Nach einem leckeren Frühstück begann einer der anstrengendsten Tage seit langen. Wie anstrengend, war mir zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht klar. Schon im Vorfeld unserer Reise haben wir für heute eine halbtägige Montainbike-Tour und anschließend eine halbtägige Wanderung gebucht.

Bei der Topografie der Landschaft war von vornherein klar, dass die Mountainbike-Tour kein Zuckerschlecken wird. Es geht gleich von der Lodge steil hinunter ins Dorf und man hat danach die ganze Zeit im Hinterkopf, dass man sich hier ganz am Ende der Tour wieder hochkämpfen muss.



Im Hintergrund sieht man ganz oben auf den Hügel die Lodge.

Mit Gijs haben wir einen tollen Guide. Der Niederländer betreut viele Projekte der Lodge und hat vor allem zu den Kindern einen sehr guten Draht. So wundert es uns nicht, dass er auch hinter dem Projekt des Kinderzirkus steht. Nachdem wir das Dorf durchquert haben, fahren wir lange durch ein sehr fruchtbares Hochtal. Wir kommen gut voran, denn es geht die ganze Zeit leicht bergab.





Bald kommen wir zu einem Aussichtspunkt. Von hier kann man einen weiten Blick in die Ebene unter uns, aber auch auf die bewirtschafteten Hänge werfen. Hier wird jeder Fleck genutzt. Selbst an steilsten Hängen wird Gemüse gepflanzt. Terassenfeldbau ist dabei unbekannt.




Überall stehen kleine Gehöfte verteilt und es wimmelt nur so von Kindern, die uns zuwinken und laut „Muzungu“ schreien. Die Hälfte der Bevölkerung Tansanias ist unter 12 Jahren. Was diese Bevölkerungsentwicklung für die Zukunft des Landes bedeutet, mag man sich gar nicht ausmahlen. Es ist meiner Meinung nach eine der größten Zukunftsrisiken des Landes.

Nach dem Aussichtspunkt geht es dann erstmals bergauf, gleich so steil, dass ich teilweise Probleme habe dass Vorderrad am Boden zu halten und zum Schluss wie alle anderen das Rad schiebe.



Meine Kondition ist nicht die Beste. Es ist schon über 10Jahre her, dass ich das letzte Mal auf dem Fahrrad gesessen habe und ich bin ordentlich am schnaufen. Viel schlimmer ist aber mein Hinterteil. Auf dem schmalen Sportsattel kann ich schon nach zwei Dritteln der Tour nicht mehr sitzen und muss von da an entweder im stehen fahren oder schieben. Kathrin hat ganz andere Probleme. Da sie auch zu Hause regelmäßig Mountainbike fährt, hat sie konditionell keinerlei Probleme. Dafür verschaltet Sie sich an einer besonders steilen Stelle mit der ungewohnten Gangschaltung, erwischt einen zu hohen Gang und fällt stumpf um, wobei sie sich heftig das Knie aufschürft. Da heißt es für den Rest des Tages Zähne zusammenbeißen.

Den steilen Schlussanstieg zur Lodge versuche ich erst gar nicht zu fahren, sondern entscheide mich von Beginn an fürs schieben. Abschließend muss ich aber betonen, dass die Räder absolut top waren. An denen war nichts auszusetzen. Die persönlichen Unzulänglichkeiten ließen sich leider nicht auf das Material abwälzen.

Zurück auf der Lodge sind erst einmal 2 Stunden Pause angesagt, bevor die Wanderung losgeht. Ich hadere stark mit mir, die Wanderung ausfallen zu lassen, kann mich letztendlich aber doch aufraffen mitzugehen.

Das wichtigste elektronische Gerät auf Reisen ist für mich mein E-Reader. Entsprechend groß war mein Entsetzen, als er keinen Mucks von sich gab, als ich in der Pause ein wenig lesen wollte. Ich hatte den E-Reader im Auto hinter der Windschutzscheibe liegen lassen und ich vermute, dass er sich dadurch überhitzt hatte. Ich konnte ihn zunächst nicht in der Hand halten, so heiß war das Gerät. Erst als er sich abgekühlt hatte und nach vielen Resets konnte ich ihn wieder zum Leben erwecken. Der Urlaub war gerettet.

Wir werden wieder von Gijs begleitet, der aber noch 3 Jungs aus dem Dorf angeheuert hat, die jetzt in den Ferien Zeit haben, sich gut auskennen und die Tätigkeit als Guide erlernen wollen. Gijs kümmert sich darum, ihnen näher zu bringen, worauf es Touristen bei einem guten Guide ankommt.

Von der Strecke her ist die Wanderung nicht weit, aber es geht zunächst 500 Höhenmeter runter und die wollen später auch wieder bergauf bewältigt werden.




Ziel der Wanderung ist ein großer Felsüberhang auf halber Höhe zwischen der Ebene und den Bergen. Hier gibt es auch einige Kultstätten, die aber für fremde tabu sind. Auch wenn die Bewohner alle Christen oder Moslems sind, haben die alten Kulte trotzdem überdauert.



Sind wir bergab noch den Haupt-Fußweg von Mambo in die Ebene gegangen, so geht es jetzt fast weglos und sehr steil wieder bergauf. In einem kleinen Hain scheuchen wir dabei eine Eule auf, die leider gleich davon fliegt.




Ich schnaufe mal wieder wie eine Dampflock wogegen Kathrin mit Ihrer super Kondition keinerlei Problem hat. Für irgendetwas muss Ihr tägliches Joggen ja gut sein. Dafür kämpft sie mit dem weglosen Gelände, was mir überhaupt nichts ausmacht. So hat jeder seine Stärken und Schwächen, wodurch wir unterm Strich gleichermaßen gut bzw. schlecht vorankommen.

Auf dem letzten Stück der Wanderung nutzen die Jungs noch die Gelegenheit und schneiden nebenbei Grünfutter für die Haustiere, die hier jeder besitzt. Nach getaner Arbeit machen sie es sich dann auf der Dorfwiese gemütlich




Ich bin völlig fertig und froh, dass ich mich die nächsten Tage kaum bewegen muss.

Nach dem wieder sehr leckeren Abendessen konnten wir noch einem sehr interessanten Vortrag von Herman beiwohnen. Er referierte sehr kurzweilig und informativ über die aktuelle Situation in Tansania, die Arbeit der NGO’s im Land und die Projekte der Lodge. Dabei zeigte sich, dass aufgrund des neuen Präsidenten eine positive Aufbruchsstimmung im Land herrscht, gleichzeitig aber ein Berg von Problemen zu bewältigen ist. Auf den Vortrag folgten interessante Gespräche für den Rest des Abends.
Letzte Änderung: 15 Feb 2017 15:32 von Topobär.
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21 Feb 2017 15:48 #465071
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4.Tag (Di. 27.02.2017)
Mambo – Ushongo Beach
242km


Wir verlassen Mambo, um über Lushoto die Usambara Mountains zu verlassen. Vorher gibt es aber noch ein Abschiedsfoto. Das macht Herman von allen seinen Gästen.

Die Strecke nach Lushoto ist etwas besser als vor 4 Jahren. Die sehr abenteuerlichen Holzbrücken wurden durch solide Betonkonstruktionen ersetzt. Ab Lushoto geht es dann über Asphalt aus den Bergen hinaus in die heiße Ebene. Der Klimaunterschied ist schon heftig.

Auf einer großen Raststätte machen wir Pause. Die unterscheidet sich nicht großartig von den Raststätten in Europa. Hier findet mach auch nur die wohlhabenden Reisenden. Matatus sucht man vergebens. Dafür halten hier die großen Überlandbusse. Einer hubt als ich direkt daneben stehe; :evil: solch eine laute Hupe habe ich noch nie gehört. Das ist schon Körperverletzung und wäre in dieser Lautstärke in Europa sicher nicht erlaubt.

Überall blühen die Flammenbäume. Leuchtende Farbtupfer in einer ansonsten ausgedörrten Landschaft.



Die Fähre über den Pangani River will gerade ablegen, wartet dann aber noch, bis auch wir an Bord sind.




Ich muss feststellen, dass die Arretierung des Scheibenwischers sehr schwach ist. Bei Wellblech, oder Speed-Riffeln schaltet er sich häufig von selbst an. Je nach Situation kann das mehr als nur nervig sein.

Gegen 15:00Uhr erreichen wir das Beach Crab Resort, für mich der Inbegriff eines Südseeparadieses.




Den Campingbereich haben wir komplett für uns allein, so dass wir uns die schönsten Plätze aussuchen können. Im Schatten unter Bäumen, mit Blick auf dass nur wenige Meter entfernte Meer.




Es gibt ein neues Waschhaus und das Leitungswasser ist nicht mehr so salzig, da ein neues Bohrloch weiter im Landesinneren in Betrieb genommen wurde.

Schnell baue ich das Zelt auf und springe dann gleich ins Meer. Das Wasser selbst stellt keinerlei Abkühlung dar. Die stellt sich erst beim Verlassen des Wassers durch die Verdunstungskühle ein.

Danach mache ich noch einen kleinen Strandspaziergang. Ein bisschen Bewegung tut gerade an den langen Fahrtagen besonders gut.




Ich nehme mir dabei auch die Zeit, auf Fotopirsch nach den scheuen namensgebenden Strandkrabben zu gehen. Sowie man nur in ihre nähe kommt verschwinden sie in Ihren Löchern. Ich lege mich direkt neben ein Loch, in dem eine der flüchtenden Krabben verschwunden ist und dann heißt es Geduld zu haben. Ich werde aber belohnt und bekomme die Krabbe formatfüllend vor die Linse



Da ich bei dem Spaziergang auch an der Bar vorbei komme, gönne ich mir erst einmal ein Kaltgetränk. Damit kann unser Kühlschrank nämlich nicht dienen, was bei den hier herrschenden Temperaturen ziemlich ärgerlich ist.

Zum Abendessen gehen wir ins Restaurant. Es gibt ein sehr leckeres Fisch-Curry. Die Portionen sind so großzügig, dass hinterher noch nicht einmal mehr ein Absacker reinpasst. Trotzdem sitzen wir noch lange vorm Zelt. Jetzt sich die Temperaturen angenehm, denn es weht eine leichte Brise vom Meer.
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24 Feb 2017 15:04 #465470
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5.Tag (Mi. 28.12.2016)
Ushongo Beach – Bagamoyo
144km


Die Nacht habe ich nicht gut geschlafen. Die Stelle an der ich das Zelt aufgebaut hatte war nicht optimal. Zwar hatten wir Schatten und einen traumhaften Blick aufs Meer, dafür ging es aber zum Kopfende hin leicht bergab. Damit ich gut schlafe, muss der Kopf eher etwas höher liegen. Den Rest der Reise werde ich darauf besonders achten.

Beim Frühstück müssen wir gut auf unsere Lebensmittel achten und ich lege auch lieber die Schleuder als Warnung auf den Tisch. Grund dafür ist die Gruppe Meerkatzen, die uns nicht aus den Augen lässt und auf einen Moment der Unachtsamkeit lauert.

Wir wählen den direkten Weg durch den Saadani National Park. Kostet uns zwar den Eintritt, aber ansonsten müssten wir einen Umweg von mehreren Stunden hinnehmen. Der Park ist genauso tierarm, wie vor 4 Jahren. Absolut tote Hose.

Gegen Mittag erreichen wir Bagamoyo und suchen uns einen schönen schattigen Platz zum zelten. Die Wiese ist riesig und wir sind die einzigen Camper. So haben wir die freie Auswahl.



Bereits beim einchecken haben wir nach einem Guide für eine Stadtführung durch die koloniale Altstadt gefragt. Wir haben kaum die Zelte aufgebaut, da stellt sich Tobias vor. Mit ihm werden wir die Stadt erkunden. Wir verabreden uns für 16:00Uhr.

Bis es losgeht verbringen wir einen chilligen Nachmittag auf der Campsite und am Strand vor der Campsite. Hier am Stadtrand ist natürlich sehr viel mehr los, als am einsam gelegenen Beach Crab Resort. Dafür gibt es auch mehr zu sehen.






Das Lodgegelände selbst ist parkähnlich angelegt und es finden sich jede Menge exotischer Planzen.


Wer kann mir sagen, um war für eine Frucht es sich bei diesem prächtigen Exemplar handelt? Ich habe so etwas vorher noch nie gesehen. Es ist eine Padanus (danke Strelizie).

Pünktlich um 16:00Uhr ist Tobias wieder da. Die Altstadt ist ziemlich runtergekommen und strahlt einen morbiden Charme aus. Ich mag so etwas ja sehr gerne. Das ist nicht so steril und lässt einen das Alter der Gebäude anschaulicher werden. Viele Häuser sind dem Verfall Preis gegeben. Vor allem die Häuser in privatem Besitz.




Die öffentlichen und religiösen Gebäude sind da schon besser gepflegt.



Die alte deutsche Boma wird gerade frisch renoviert.



Aber wir schauen uns nicht nur alte Gebäude an, sondern besuchen auch den Fischereihafen. Darunter darf man sich aber keinen Hafen im klassischen Sinne vorstellen. Hier gibt es keine Kaimauern, Piers oder ähnliches. Der Hafen ist lediglich ein Stück Strand vor dem die Fischerboote vertäut sind und an dem der Fang angelandet und sofort verkauft wird. Was sich nicht sofort verkaufen lässt, wird gleich vor Ort weiter verarbeitet und mittels trocknen und räuchern haltbar gemacht.





Danach gehen wir weiter zur alten Karawanserei. Dies ist ein vorkoloniales Gebäude, in dem die arabischen Sklavenhändler ihre „Ware“ vor der Verschiffung gefangen hielt. Heute befindet sich hier ein kleines Museum.



Auf dem Weiterweg kommen wir noch an einem Fußballplatz vorbei, auf dem sich Sportler und Kühe den Rasen teilen. Solch ein Bild würde ich gerne mal bei uns in Deutschland sehen.



Als es anfängt zu dämmern sind wir am anderen Ende der Stadt. Die Zeit verging viel zu schnell, denn Tobias war ein sehr guter Guide, der viel zu erzählen wusste. Wir gehen noch bis zum direkt am Strand gelegenen alten deutschen Friedhof und nehmen uns von dort ein Taxi zurück zur Lodge.

Zum Abendessen gehen wir ins Restaurant der Lodge. Wie es sich hier an der Küste gehört, entscheiden wir uns alle für Fisch oder Seafood.

Meine mit dem Hinflug begonnene Erkältung hat sich inzwischen leider ziemlich verstärkt und ich bin die ganze Zeit am bellen. Ziemlich nervig für mich und meine Mitreisenden.
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