3. Februar, vormittags: Viele Cheetahs und ein Schock
Ein neuer Tag beginnt, wieder hat es in der Nacht heftig geregnet. Doch als wir gegen sechs Uhr in der Früh zu neuen Abenteuern aufbrechen, ist es trocken. Diese Morgenstimmung in Afrika - wie hier am Lake Ndutu - haut uns immer wieder um.
Erste Begegnungen am Morgen.
Diese kleine Gabelracke hat einen Moskito erbeutet - gut gemacht!
Wie schon am Vortag fahren wir in die Marsh, und es scheint so, als hätten sich sämtliche Cheetahs der Gegend hier verabredet.
Erneut beobachten wir eine Jagd, die sogar von Erfolg gekrönt ist. Wir halten großen Abstand und er wird immer noch größer, weil sich die Tiere von uns weg bewegen. Diesmal gibt es kein großes Anschleichen, kein Taktieren, wir können kaum schnell genug gucken, dann ist alles vorbei.
Wir fahren näher ran, doch der Gepard hat sein Opfer ins Gestrüpp gezogen und wir haben keine ideale Sicht. Außerdem versammeln sich sehr viele Autos. Abraham will weiter. Einverstanden.
Wir müssen nicht lange suchen und finden eine Mutter mit ihrem schon beinahe erwachsenen Sohn. Ziemlich lange scheinen sie ohne Plan zu sein, dann gehen auch sie gemeinsam jagen.
Wir warten lange ab, was sich tut. Beide finden aber nicht das richtige Zielobjekt, dafür haben inzwischen nicht weit von uns zwei andere Geparde einen Riss gemacht. Als Abraham in die Richtung fährt, scheint es, als sei ein Bann gebrochen. Während wir langsam zum Ort des Geschehens fahren, schießen rechts und links viele andere Fahrzeuge an uns vorbei, die vorher mit uns aus gebührender Distanz das Mutter-Sohn-Gespann beobachtet haben. Wir fassen es nicht. Doch es kommt schlimmer. Wir sind noch nicht ganz da, als wir eine Cheetah fliehen sehen. Die andere ist mutiger, vielleicht auch hungriger, und hält noch einen Moment tapfer bei ihrer Beute aus. Doch als ein Auto fast in sie hineinrast, ist es um ihre Fassung geschehen. Panisch sucht sie einen Ausweg aus der Wagenburg, die sich um sie herum gebildet hat und rennt schließlich davon. Nachdem wir nun mehrfach beobachten konnten, wie viel Ausdauer und Geduld die Geparde brauchen, bis sie ein Tier erbeutet haben, tut es uns wahnsinnig leid, dass ihnen der Mensch so dazwischenfunkt. Ohne jeden Grund. Die Cheetahs hatten gerade erst mit dem Fressen begonnen und wären bei mehr Umsicht und Verantwortungsbewusstsein noch einige Zeit an Ort und Stelle geblieben - und satt geworden.
Abraham sagt nichts, ist aber merklich sauer. Beide Geparde werden keinesfalls zum Fressen dorthin zurückkehren, erklärt er uns. Stattdessen werden sich Hyänen über den Riss hermachen. Wir sind geschockt und fühlen uns auch irgendwie schuldig. Schließlich sind wir auch hier. Was richten wir an? Eine seeeeehr schwierige Frage, auf die es sicher keine einfache Antwort gibt. Bedrückt fahren wir zur Lodge.
Beim Lunch komme ich mit einer netten Frau aus Süddeutschland ins Quatschen, die gemeinsam mit ihrem Mann ebenfalls vorzugsweise Afrika bereist. Ich erzähle ihr von unserem Erlebnis und sie ist noch geschockter als ich: Sie saß in dem Auto, das die Geparde unfreiwillig vertrieben hat. Offenbar ist im Anschluss großer Trubel ausgebrochen, Gäste und Fahrer anderer Jeeps haben ihren Guide wüst beschimpft. Er war sehr beschämt und entschuldigte sich, sie hatte nun aber große Sorge, dass er nicht weiß, was er tut. Angetrieben hatten sie ihn jedenfalls nicht. Im Laufe unserer Tour haben wir das Paar übrigens noch mehrfach getroffen. Der Guide hatte seine Lektion gelernt.
Fazit dieses denkwürdigen Vormittags: Ndutu ist und bleibt eine Sensation für uns, die Sichtungen sind der Hammer. Allenthalben mehr Rücksicht hätten wir uns eben häufiger gewünscht - auch im weiteren Verlauf der Reise. Touristen, die pfeifen, damit eine Katze sich fotogen umdreht, Guides, die - vielleicht auch auf Druck ihrer Gäste hin - jede Vernunft fahren lassen: haben wir alles erlebt. Schon längst wussten wir, was wir an Abraham hatten. Wir hätten bitten, betteln und drohen können: Gewisse Wünsche hätte er uns schlichtweg nicht erfüllt. Gut so!
Noch ein paar "versöhnliche" Zebras auf dem Weg zur Lodge zur Nervenberuhigung