THEMA: Reisebericht Tansania: Gnus, Geparde und Geburten
08 Apr 2016 16:46 #426850
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7. Februar: Angriff der Tsetse-Fliegen

Am Morgen verabschieden wir uns vom Kati Kati Ndutu Camp und machen uns auf ins Schwesterncamp Kati Kati Seronera in der zentralen Serengeti. Ob es uns wohl ebenso gut gefallen wird? Die Messlatte liegt hoch. Dieses kleine Camp mit seiner intimen Atmosphäre, dem Blick über den See, seiner Abgeschiedenheit, seinem Busch-Feeling, tollen Essen und seinen netten Menschen war schlichtweg großartig.

Noch einmal brechen wir auf in Richtung Nabi Gate, wieder hat es in der Nacht geregnet, doch der Tag verspricht Sonne.



Begegnungen unterwegs:

Gleitaar - Black-shouldered Kite


Steppenfalke


Rötelfalke






Als wir nach Seronera kommen, sind wir erstaunt, wieviel wir nach unseren ersten Besuch vor sechs Jahren wiedererkennen. Der Airstrip, die Forschungsstation, die Tankstelle - wir fühlen und fast zuhause. Offroad fahren ist ab sofort tabu, und diesem Prachtburschen auf seinem Baum in sicherer Entfernung dürfte das nur recht sein.





Gegen Mittag fahren wir zum Camp.





Junger Kampfadler




Es ist noch ein ganzes Stück zu fahren, doch die hügelige, grüne Landschaft ist wunderschön. Allerdings: Mit der Idylle ist es schnell vorbei. Wir passieren ein kleines Waldstück - und werden von Tsetse-Fliegen regelrecht überfallen. Sie sind überall, wir können sie gar nicht so schnell erschlagen, wie wir gestochen werden. Kurz darauf ein Schild: Reception. Na toll! Die rundherum postierten blau-schwarzen Fallen zeigen an, dass wir das Problem noch längst nicht los sind.

Abraham beruhigt uns: "There are no Tsetse-Flies in the Camp." Das stimmt im Großen und Ganzen, sieht man einmal von einzelnen Exemplaren ab. Doch dummerweise kleben die Biester am Auto fest. Sie folgen jedem Objekt, das sich bewegt - also auch dem Jeep. In den nächsten Tagen klappen wir das Autodach erst hoch, wenn wir die kritische Zone verlassen haben beziehungsweise schließen es, bevor wir auf dem Rückweg in sie hineinfahren. Das hilft sehr, löst das Problem aber nicht zur Gänze: Kaum steigen wir aus dem dann unbeweglichen Auto, stürzen sich die Fliegen auf uns. Und kaum halten wir an, um das Dach zu öffnen, wechseln die Mistviecher auf die sich dann bewegenden Objekte - auf uns. Ein paar Stiche kriegen wir fast immer ab.

Ich muss zugeben: Wir waren zuerst sauer. Wer baut ein Camp in eine solche Nachbarschaft? Doch das Problem ist wohl relativ neu, ausgelöst durch den ungewöhnlich heftigen Regen der vergangenen Monate. Explizit sei erwähnt: Die Zelte waren komplett insektenfrei, auch beim Essen oder abends bei einem leckeren Drink am Feuer war Ruhe. Aber Ankunft und Wegfahrt waren keine Freude, weil man die Fliegen eben immer noch stundenlang mitgeschleppt hat.

Blick aufs Camp - leider an einem anderen Tag bei sehr schlechtem Licht. Bei unserer Ankunft standen wir zu sehr unter dem Eindruck der Fliegen, um aktiv zu werden.



Insgesamt haben beide Camps aber große Ähnlichkeit, im besten Sinne. Das Zelt ist so identisch, dass wir dort drinnen fast vergessen könnten, woanders zu sein. Auch das Essen ist fantastisch.

Nach dem leckeren Mittagessen fahren wir wieder los. "Unser" Leopard ist noch da und wir verbringen Stunden bei ihm.











Zwischendurch sieht es so aus, als würde er seinen Baum verlassen. Doch er wechselt nur die Position.





Auf dem Heimweg treffen wir noch diesen Elefanten im schönen Abendlicht.





Was die Tiersichtungen angeht, sind wir mit dem ersten Tag in Seronera sehr zufrieden. Nur auf die fiesen Stechfliegen hätten wir gut und gern verzichten können...
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09 Apr 2016 10:22 #426902
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8. Februar: Baby-Boom, Teil I

Unser erster Morgen in der zentralen Serengeti beginnt bei trübem Licht. In der Nacht hat es (mal wieder) geregnet, und bei geschlossenem Dach (auch wegen der Tsetses) machen wir uns auf den Weg, der im Schlamm und Morast teilweise versunken ist. Abraham schimpft auf die Parkverwaltung, die die Wege seiner Ansicht nach nicht vernünftig pflegt. Die Driver-Guides sind deshalb genötigt, immer neue Pfade rechts und links der eigentlichen "Straßen" herauszufahren; was natürlich letztlich zu Lasten der Natur geht - für Abraham ein Graus.

Die Sicht ist nach dem Regen von unten wahrscheinlich besser als von oben...



Diese Löwen haben sich ein trockenes Plätzchen gesucht - so...



...oder so.




Topi-Familie...


...mit Nachwuchs


Perlhühner mit Kindergarten


Wir treffen einen Kollegen von Abraham, seine Besatzung starrt per Fernglas ins hohe Gras. Warum? Sie haben eine Gepardin gesichtet und der Guide nimmt an, dass sie Nachwuchs dabei hat. Wir beschließen zu bleiben und zu schauen, was passiert. Wir warten und warten, schließlich setzt sich die Gepardin in Bewegung und steuert geradewegs auf die Straße zu. Erst als sie den Weg schon beinahe erreicht hat, sehe ich einige kleine Cheetahs in ihrem Schlepptau. Meine Güte, sind die drollig; doch als sie über die Straße purzeln, ist uns plötzlich die Sicht versperrt. Hä? Wo kommen denn plötzlich all die Autos her? Blöd. Wenigstens laufen die kleinen Geparde im hohen Gras noch einmal an uns vorbei.





Kaum sind sie verschwunden, verstreuen sich die Autos in alle Winde. Nur wir und ein anderer Jeep bleiben übrig. Abraham nimmt eine Abzweigung und tatsächlich können wir die Cheetahs noch einmal ganz in Ruhe - wenn auch weit weg - beobachten. Die Mutter, das ist klar zu erkennen, sucht nach potenziellem Futter.





Nach einer Viertelstunde zockelt das Quartett weiter.



Abraham biegt erneut ab, ist sicher, dass die Familie spätestens in einer halben Stunde hier vorbeikommen wird. Doch, oh nein, wir stehen inmitten von Akazien und die Tsetses machen uns schon wieder den Garaus. Sorry, kleine Cheetahs. Ihr seid wirklich süß, aber noch nicht einmal für euch halten wir das aus. Wir müssen weiter.
P.S.: Abgesehen vom Weg zu unserem Camp war dies in den drei Tagen in Seronera die einzige Stelle, an der wir solche Probleme mit Tsetses hatten. Ansonsten war Ruhe.

Das war unzweifelhaft eine tolle Sichtung, wenn vielleicht auch nicht ideal im Verlauf. Abraham hat aber noch einen Joker in der Tasche. Was es ist, will er uns nicht verraten. Wir fahren und fahren, fast eine Stunde lang. Zügig, keine Stopps. Autos begegnen uns schon lange nicht mehr - und auch nicht in den nächsten Stunden.

Endlich, wir werden langsamer, Abraham sucht die Bäume an der Straße ab. Das Gras ist plattgelegen, aber niemand Zuhause. Dann schließlich das:



FORTSETZUNG FOLGT...
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09 Apr 2016 17:36 #426953
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8. Februar: Baby-Boom, Teil II

Die Löwen-Babys sind höchstens zwei Wochen alt, sagt Abraham, und ein gut gehütetes Geheimnis unter einigen wenigen Guides. Wohl nicht, um den jeweiligen Gästen Exklusivität zu bieten, sondern um die Familie vor allzu viel Rummel zu bewahren. Wir zählen drei Löwinnen, davon zwei Mamas, zwei prächtige Löwenmänner und acht Cubs. Es tut uns natürlich leid für die Touristen, die das nicht erleben können. Andererseits sind wir froh für die Tiere, dass dieses Idyll nicht zerstört wird.

















Zwei Stunden verbringen wir mutterseelenallein beim Rudel, das sich nicht die Bohne für uns interessiert. Umgekehrt sieht das natürlich anders aus. Immer wieder nehmen wir zwischendurch unsere Lunchboxes in Augenschein, meistens greifen wir aber lieber zur Kamera statt zum gekochten Ei.















Bei den Kleinen genießt das Thema Essen eine deutlich höhere Priorität. Der Kampf um die Milchbar ist im vollen Gange.









Schließlich trennen wir uns schweren Herzens und machen uns überglücklich auf den Rückweg.









Schicke Büffelformation zum Abschied.


Klippspringer


An diesem Tag kann eigentlich nichts mehr kommen. Ich sehe durchs Fenster die Landschaft an mir vorbeiziehen, bin völlig gedankenverloren und rufe eher instinktiv: "Stopp!" Abraham bleibt stehen, setzt ein Stück zurück. Ich bin sicher, zwischen dem hohen Gras den Rücken eines Servals erkannt zu haben. Nicht, dass ich schon einmal einen gesehen hätte, aber für einen Leoparden zu schmal, für einen Gepard zu dunkel, für eine Wildcat zu hoch - er war da! Man muss dazu sagen, dass ich mir sehr gewünscht hatte, einen Serval zu sehen. Beide Männer wissen das und ich ahne, sie trauen meiner Wahrnehmung nicht. Thomas schon gar nicht, schließlich hatte ich vor sechs Jahren im Tarangire steif und fest behauptet, ein Nashorn gesehen zu haben und ließ mich erst eines Besseren belehren, nachdem mir unser damaliger Guide glaubhaft versichern konnte, dass es Rhinos dort gar nicht gibt. Dann plötzlich eine Bewegung, und für einen kurzen Moment sehen wir die schöne Katze alle. Na also, hab ich doch gleich gesagt!



Weitere Wegbegleiter






Diese Meerkatze ist kein Baby mehr, aber offenbar in der Pubertät: Guckt mal, was ich da habe...
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11 Apr 2016 19:15 #427229
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9. Februar: Happy Hippos

In der Nacht hat es - natürlich - wieder geregnet. Als wir zu unserem Ganztagesdrive aufbrechen, ist es zwar trocken, das Licht bleibt aber trüb. Die ersten Sichtungen des Tages: Vögel.

Starweber (Danke Konni!)


Graufalke


Zwei Tawny Eagle unterschiedlicher Färbung in einem Baum.


Schwarzhalsreiher




Am Weg stehen zwei Autos. Warum? Im Baum relativ weit weg waren zwei Leoparden. Einer ist schon heruntergesprungen, der andere folgt kurz darauf. Leider ist die ziemlich Entfernung groß und das Licht schlecht, mehr als ein Beweisfoto ist nicht drin. Abraham meint, dass es sich um ein Paar handeln muss, das jetzt im Gras den Leopardenbestand in der Serengeti sichert, dann aber in den Baum zurückkehren wird. Schließlich liegt dort noch ein Kill. Sein Rat: abwarten.



Keine Viertelstunde später hat er seine Meinung geändert. Immer mehr Autos sind angekommen. Und weil es nichts zu sehen gibt, entstehen Ungeduld und Langeweile. Die Japaner nebenan streiten (oder unterhalten sie sich nur angeregt?), Gruppen, die auf verschiedene Autos aufgeteilt wurden, halten über drei Wagen hinweg ein Pläuschchen und einige ganz besonders nervige Exemplare der Gattung "Touri" klettern sogar aufs Dach, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen - was natürlich misslingt. Abrahams Gesicht - wir kennen das nun schon - verfinstert sich. Die scheuen Katzen, sagt er, werden bei diesem Trara keinesfalls auf den Baum zurückkehren. Wir hauen ab - nix wie weg!

Wir sind noch nicht weit gekommen, als wir diesen schönen Sattelstorch entdecken.



Wir bleiben, bis er verschwunden ist. Einige Autos rauschen heran, halten kurz inne, identifizieren nach kurzer, aber eingehender Prüfung den Storch als Grund unseres Stopps, und düsen weiter zu den unsichtbaren Leoparden. Ein Weg, der sich nicht lohnt: Wie wir am Abend erfahren, haben andere Campgäste stundenlang dort ausgeharrt in der Hoffnung, dass noch etwas passiert. Fast überflüssig zu sagen: vergebens.



Begegnungen unterwegs:







Zebramangusten




Dieser Bulle ist schon in die Jahre gekommen, aber keineswegs altersmilde. Mit geblähten Nüstern droht er uns. Als er dann noch ein paar Schritte in unsere Richtung macht, überlassen wir ihm lieber das Feld...



Super, wir fahren zum Retina Hippo Pool!



Vor sechs Jahren waren wir schon einmal da. Es war Trockenzeit, sehr heiß und im seichten Wasser lagen die Hippos Seite an Seite und rührten sich kaum. Ganz anders diesmal: Die Nilpferde rangeln, kämpfen, spielen, es ist richtig was los.











Mein Lunch auf dem benachbarten Picknickplatz fällt rekordverdächtig kurz aus. Ich muss da hin! Der Großteil der Fotos stammt übrigens von Thomas, nicht, dass da Missverständnisse aufkommen...













Hmmmmm, lecker!











Manch einer nimmt das alles sehr gelassen oder langweilt sich sogar...









Einen Kindergarten und Erziehungsmaßnahmen gibt's auch...









Wir bleiben gefühlt ewig und genießen diese Show, mit der einfach kein Fernsehprogramm dieser Welt mithalten kann.













Wieder zurück, setzen wir uns wie jeden Abend ans gemütliche Feuer, sozusagen dem gesellschaftlichen Treffpunkt des Camps. Ein Paar aus dem Ruhrgebiet ist zum dritten Mal hier in der Gegend und aufs Neue begeistert, zwei Amerikaner haben vor wenigen Tagen den Kili erklommen - wie spannend das alles ist. Auf dem Weg ins Zelt - wie immer in sicherer Begleitung - müssen wir Hyänen verscheuchen, die es sich vor unserer "Haustür" gemütlich gemacht haben. Ach, wir könnten ewig so weitermachen!
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12 Apr 2016 19:20 #427386
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10. Februar: Abschied von der Serengeti

Heute verabschieden wir uns von nicht nur vom Kati Kati Camp, sondern auch von der Serengeti. Das Camp hat uns wirklich gut gefallen, so mitten im Busch, tolles Essen, nette Menschen, zwar unprätentiöse, aber penibel saubere Zelte mit einem guten Grundrauschen an Komfort. Ganz unser Geschmack. Nur die Tsetse-Fliegen auf dem Weg hin und zurück, damit konnten wir uns nicht anfreunden. :(

Sie waren allerdings wohl auch der Feuchtigkeit geschuldet. In der vergangenen Nacht hat es geschüttet, mühsam bahnt sich Abraham den Weg durch Schlamm und Schlick und muss leider immer wieder ein wenig abseits der eigentlichen Spur fahren, um durchzukommen. Unterwegs treffen wir einen Konvoi von drei Autos mit voller Touri-Besetzung, ein Wagen ist steckengeblieben und die Fahrer wissen nicht recht weiter. Sie möchten, dass Abraham das Auto herausfährt, doch der gibt lieber klare Anweisungen und Handzeichen. Das Problem ist schnell gelöst und der Jeep wieder auf Kurs. Ich beobachte, wie die drei Autos hinter uns herschleichen, doch dann steckt wieder eins fest. Abraham bleibt knallhart: "Wenn sie nicht wissen, wie man hier fährt, dann sollen sie nicht herkommen." Ende der Durchsage.

Immerhin: Es ist zwar alles pitschnass, doch es kommt kein Wasser mehr von oben.

Elsterwürger


Wiesenweihe (Weibchen; danke Elvira!)




Maskenweber- Mietshaus


Ich wähne uns auf dem Weg in Richtung Gate, die Landschaft scheint nur aus Gras zu bestehen. Doch wir sind immer noch rund um Seronera unterwegs. Abraham macht einen langen Hals: "There's a Serval Cat." Tatsächlich sehen wir die schlanke Katze etwa 30 Meter vor uns in aller Seelenruhe auf der Straße gehen. Wir fahren langsamer, ohne auf gleicher Höhe stehen zu bleiben. Hätte auch keinen Zweck gehabt, der Serval hat sich gemächlich ins hohe Gras verzogen. Ich stecke meinen Kopf durchs offene Dach, sehe nichts, bin enttäuscht und Abraham fährt einfach weiter. Mist, so eine Chance. Erst 30 Meter weiter stoppen wir und Abraham mahnt wie gewohnt zu Ruhe und Geduld. Der Mann erstaunt uns einfach immer wieder.

Nach kurzer Zeit kommt der Serval aus dem hohen Gras und dann direkt auf uns zu. Wir halten die Luft an, was gar nicht nötig wäre. Die durchnässte Katze, die auf der Straße ihr Fell trocknen will, stört sich kein bisschen an uns und marschiert in aller Seelenruhe an uns vorbei. Was für ein Erlebnis.







Wir bringen uns noch einmal in Position und das Schauspiel wiederholt sich. Dann braust ein anderes Auto heran, entdeckt die Katze und hält direkt neben ihr. Die völlig falsche Taktik: Der Serval verschwindet auf Nimmerwiedersehen im hohen Gras.









Wir machen uns endgültig auf den Rückweg, noch ein kleiner Stopp bei den Simba Kopjes, dann sind wir heraus aus der Serengeti.



Wir sind ein bisschen traurig, freuen uns aber auch auf den Kraterbesuch am nächsten Tag. Vor sechs Jahren fanden wir es richtig, richtig toll dort. Unterwegs treffen wir noch einmal die großen Herden, der Gnu-Nachwuchs lässt immer noch auf sich warten. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel...



























Klein, aber oho...




Ganz schön mitgenommen...


Wir passieren die ersten Masai-Siedlungen, legen abseits des Weges unsere Mittagspause ein.









Die Lunchboxen sind wie immer gut gefüllt, es bleibt eine Menge übrig. Die Masai-Kids freuen sich riesig über die üppigen Reste. Auf Bitten von Abraham entfernen wir sämtliche Verpackungen; die Masai werfen sie sonst achtlos in die Landschaft. Die Bananenschale bleibt aber dran - Abraham erklärt den Kindern, wie man sie vor dem Verzehr abschält.



Der Blick vom Aussichtspunkt hinunter in den Krater ist auch diesmal wieder ein Erlebnis.



Doch der Weg zur Sopa Lodge zieht sich und wir sind froh, als wir endlich ziemlich durchgeschüttelt aus dem Wagen krabbeln dürfen. Unser erster Eindruck der Lodge hinterlässt so etwas wie einen Kulturschock: ein Massenbetrieb, voll durchorganisiert, riesig groß, und dann erst all die Menschen...



Unser Zimmer ist sauber, gigantisch groß, die Möbel sind etwas in die Jahre gekommen. Aber das Bad! Und die Dusche! Dieser Wasserdruck - ich kann kaum genug kriegen und Thomas freut sich wie Bolle über die erste Rasur seit Tagen. In der Lobby gibt's Netz und wir bringen uns auf den neuesten Stand der Nachrichten. Wir essen anders als zuletzt ohne Abraham. "It's not their policy", sagt er lapidar. Hm, diese Hauspolitik liegt uns nicht. Dafür gibt es ein Wiedersehen mit dem netten Paar, dessen Guide seinerzeit so ungeschickt die Cheetahs verjagt hat. Wie lang das her zu sein scheint... Wir haben noch zwei lustige Abende miteinander, lassen es nach einem üppigen Abendessen vom riesigen Buffet aber heute nicht allzu spät werden.

Zum letzten Mal klingelt um fünf Uhr der Wecker ...
Letzte Änderung: 17 Apr 2016 16:32 von Beatnick.
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13 Apr 2016 18:42 #427527
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11. Februar: Endlich! Die Geburt der Gnus

Wir sind früh dran am nächsten Morgen, trotzdem mahnt uns Abraham zur Eile. Seit einigen Tagen kalben im Krater die Gnus. Und da diese freudigen Ereignisse in aller Regel bei Tagesanbruch über die Bühne gehen, müssen wir uns sputen. Es ist noch stockdunkel, als wir aufbrechen, und es gießt wie aus Kübeln. Schon gestern Abend habe ich den Wetterbericht gecheckt und die schlechte Prognose nur widerwillig zur Kenntnis genommen. Dass sie sich bewahrheitet, schlägt mir auf die Stimmung. Ich ermahne mich selbst, bete mir meine persönlichen Safari-Regeln vor. Die gehen ungefähr so:
- Niemals damit hadern, was andere gesehen und man selbst verpasst haben könnte. Jeder verpasst ständig irgendwo irgendwas - oder eben auch nicht.
- Die Dinge nehmen und schätzen, wie sie sind . Faktoren wie Sichtungsglück und Wetter hat man eben nicht in der Hand.
- Genießen, genießen, genießen
- Gedanklich füge ich speziell für diese Reise eine vierte Regel hinzu: Du bist bewusst in der Green Season hier. Also: Take it easy!

Nur, so richtig will das nicht fruchten. Da bin ich an einem der schönsten Plätze der Welt und dann das! Das Schlimmste für mich, die ich eine ausgesprochene Sonnenanbeterin bin: Es soll den ganzen Tag so bleiben. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Ich bin schlecht drauf.

Als zweites Auto rollen wir hinunter in den Krater. Unsere erste Begegnung: gleich drei Nashörner. Ein starker Auftakt, doch Licht und Entfernung lassen noch kein Foto zu. Wir halten uns nicht lange auf, fahren weiter zu den Gnus. Abraham erklärt uns, wonach wir schauen sollen: Gnus, die am Boden liegen und wahrscheinlich eine Gruppe von Artgenossen um sich herum geschart haben.

Wir müssen nicht lange suchen. Auf einer großen Grasfläche purzelt der Nachwuchs wie auf Verabredung fast zeitgleich. Das hat die Natur so vorgesehen, natürlich. Es ist dennoch faszinierend - der reinste Freiluft-Kreißsaal. Meine Laune bessert sich - na ja, ein wenig. Wir öffnen das Dach, es regnet noch stärker, falls das überhaupt möglich ist. Alles ist nass. Klamotten, Sitze, Taschen, wir schützen die Kameras so gut es geht.

Gnu-Kreißsaal




Regen bringt anscheinend Kindersegen.














Die Gnu-Mädels haben andere Sorgen. Manche gebären beneidenswert flott, andere quälen sich. Eine werdende Mutter tut sich besonders schwer, legt sich schließlich erschöpft hin. Aber nein, so geht es nicht! Sofort kommt die beste Freundin vorbei und drängt mit nachdrücklichen Nasenstupsern zum Aufstehen. Am Ende sehen wir fünf oder sechs Geburten - zum Glück allesamt erfolgreich. Wie schön, dass wir das noch miterleben durften!













Die Kehrseite der Medaille :(


Wir fahren weiter, der Regen drückt auf die Blase. Wir frühstücken bei geschlossenem Dach und beschlagenen Scheiben, dann endlich, gegen neun Uhr, lässt der Regen nach. Wir fahren durch ein Stück Wald, es ist tropisch hier, die Bäume und die Wiesen dampfen, eine tolle Stimmung. Meine Gemütsverfassung ist langsam wieder hergestellt. Innerlich schimpfe ich mit mir: Mensch, so tolle Dinge sehen und dann knötterig, das geht echt gar nicht.















Der Krater ist landschaftlich eine Wucht und anders als vor sechs Jahren komplett grün. Wir bilden uns ein, damals im Oktober mehr Herden gesehen zu haben, mögen uns aber auch täuschen. Es ist auf jeden Fall wieder ein tolles Erlebnis und auch das Wetter wird immer besser. Ab mittags scheint sogar die Sonne.



















Ein Nashorn sehen wir auch noch einmal. Es bleibt allerdings auf Abstand. Daher nur ein Beweisbild:


Wir konzentrieren uns dann lieber auf die schönen Kronenkraniche direkt vor uns:







Zum ersten Mal hören wir den irren Sound einer balzenden Riesentrappe. Klingt, als würde jemand die Pauke hauen.







Mittags fahren wir noch einmal am "Kreißsaal" vorbei, der nun aber völlig verwaist ist. Wo sind denn bloß alle hin? 2010 mussten wir am frühen Nachmittag den Krater verlassen, diesmal haben wir ein Ganztagesticket. Dass das überhaupt möglich ist, wussten wir nicht. Wir haben es von der Agentur erfahren, über die wir gebucht haben. Zwischen 14 und 15 Uhr ist dann tatsächlich ein Großteil der Autos verschwunden. Diese Ruhe und Stille verstärkt das Gefühl, an einem eigentlich völlig isolierten, verwunschenen Ort zu sein.







Die Zeit vergeht wie im Flug. Nur schwer trennen wir uns von einem großen Rudel Löwen, das wir am Morgen schon faul bei einem Riss entdeckt haben und das jetzt in Aktion ist.



Poah, bin ich satt...




















Jetzt müssen wir uns wirklich beeilen. Diese Elefanten im schönsten Abendlicht sind aber noch einen Stopp wert:






Erst um zehn vor Sechs - zehn Minuten vor Toreschluss - sind wir wieder am Kraterrand angelangt. "Tschüs, Ngorongoro", sage ich halblaut und klinge wohl ebenso dankbar wie traurig: "Das wird wohl unser letzter Besuch gewesen sein." Thomas hört mich und sieht das anders: "Das glaube nicht."

Heute weiß ich: Er wird wahrscheinlich Recht behalten.
Anhang:
Letzte Änderung: 13 Apr 2016 19:25 von Beatnick.
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